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Allgemeiner Anzeiger : 19.07.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190207192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19020719
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19020719
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-07
- Tag 1902-07-19
-
Monat
1902-07
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 19.07.1902
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W Mitteilungen aus Prag soll er infolge Wsüberbürdung an hochgradiger Nervosität wohlthätigen Zwecken hat der in M verstorbene Rentner Huyssen eine Summe «lüg000 M. ausgesetzt, insbesondere für Ofenhäuser und Diakomssenanstalten, dar- ^240 000 Mk. für das evangelische Kranken- (Huyssen-Stistung), 110 000 Mk. für das Mische Waisenhaus in Essen und 60 000 M für die Stad!gemeinde Essen zur Er- Mg einer evangelischen und katholischen ft^bewahranstalt. Ludolf v. Bennigsen, der am Donners- men 78. Geburtstag gefeiert hat, ist durch !Tod seiner Frau Änna geb. v. Reden in "Trauer versetzt worden. Frau v. Bennigsen, M an einem Herzschlage verschieden ist, ' ein Alter von 69 Jahren erreicht. »Ajahn-Tafel in der PaulSkirche. Die ^erschasj von Frankfurt a. M. hat be- Mn, am dem Platze, den Ludwig Jahn im M 1848 als Abgeordneter in der Pauls- ^e einnahm, eine Gedenktafel anbringen zu »An Exprehzug in Gefahr. Als am Mg früh der Expreßzug Wien - Ostende in vtaiion Herbesthal einfuhr, stand auf dem- W Teleise eine Lokomotive, deren Führer, Mahr bemerkend, Volldampf gab, um zu Wen. Als der nachfahrende Expreßzug die Mne bereits streifte, sprang der Lokomotiv- ab. Die Maschine fuhr mit offenen A und rasender Geschwindigkeit auf die Mn Bleyberg zu. Hier wurde sie auf tele- Mche Anweisung künstlich zur Entgleisung M, wodurch aber beide Geleise so völl ig zerstört wurden, daß der Verkehr erst Mittags 5 Uhr wieder ausgenommen werden W. Der Expreßzug konnte, ohne Schaden ^nien zu haben, seine Fahrt fortsetzen. Aovvv Mk. angeschwemmt. Eine Mche mit 30000 Mk. Papiergeld und Mobligationen war einem Teilnehmer an - Aetlsegeln des kaiserlichen Jachtklubs auf ' mhrt zwischen Kiel und Eckernförde über 7 gefallen. Jetzt ist die Brieftasche mit kostbaren Inhalt bei Aschaustrand an N gespült und von einem Arbeiter gefunden stv, der seinen Fund in Holsts Hotel in s ablieferte, wo der Verlierer, ein reicher Maner, abgestiegen ist. Dem ehrlichen »M wurde eine angemessene Belohnung R. ,Ermordung der Gatti»? Am Strar.de wurde die Leiche der Arbeiterfrau Marx Wm aufgesunden. Der Ehemann wurde Mordverdachts verhaftet. ^in eigenartiges Verfahren gegen gekannt" schwebt gegenwärtig bei den jf->laer Gerichten. Ein bisher nicht ermittelter Ä ließ nämlich dieser Tage für den einer "Mgerichtsfitzung präsidierenden Amtsrichter die beiden Schöffen eine Runde Bier in dem Gerichtsgebäude benachbarten Gast- Waft bestellen und in das Beratungszimmer M. Da der Urheber dieses .Scherzes" «mittelt werden konnte, so ist eine Unter- M gegen den unbekannten Spender ein» A« worden. Im übrigen wurde das Naß Anordnung des Richters sortgegossen, so H nach dem klassischen Ausspruche eines Mgen Reichstagsabgeordneten zu jenem ^gehört, das seinen Berus verfehlte, weil Wi getrunken wurde. dem Postdiebftahl, der in Langen ei bei Hannover vor einigen Wochen ver dorben, kann mitgeteilt werden, daß bei ..Ermittelungen nach dem Thäter sich der der Thäterschaft auf den Postverwalter L lenkte. Dieser ist denn auch bereits ge» eingezogen. Abgesehen von den ab- gekommenen 900 Mk. bar und einem v°00 Mk. deklarierten Geldbrief find viele Mmäßigkeiten entdeckt. Der ungetreue Me hat eingezahlte Gelder Wochen und kWe später abgeschickt, als sie ihm zuge- waren. i^ege» Geisteskrankheit als dienstuntaug- ^erte der Leutnant, die Hand deS Nns küflend. Der Ton aber, in welchem f We Behauptung aussprach, war wesent» verschieden von seinen früheren Liebes- Ölungen und ließ Zweifel darüber auf- >Wn, ob er das gerühmte Glück wirklich für »fabelhaftes" halte. t'Mtorl" sagte die Sängerin, nachdenk» tzM Haupt senkend. .Mir will es trotz» seinen, als wenn ein mir unbekanntes Etwas f^en uns beide getreten wäre, das Ihnen ^gewisse Zurückhaltung auferlegt. Sonst ^en Sie mich täglich, die Vorbereitungen Heirat zu beschleunigen, während Sie Laster Zeit kein Wort mehr darüber ver» Haben Sie Vertrauen zu Ihrer BrautI L vielleicht noch irgend ein Hemmnis da- welches sich durch meine Beihilfe be- j,'An Hemmnis? Wie kommen Sie darauf? Ü Mnen Arrangements, deren eS meinerseits H^darf, find ja leicht zu treffen," versetzte Zw verlegen. ^'^ollten Sie etwa pekuniäre Verpflichtungen Drücken, die vor unserer Vereinigung aus- k.'M werden müssen?" forschte die Künst- Leiter. .Meine Kasse ist gefüllt. Ver- ".Sie über dieselbe." Kleinigkeiten l" wehrte der junge Mann, befangener als vorhin ab. „Nicht der !i.j?ert. Ich bin von Ihrer liebenswürdigen h, "Wgkeit überzeugt, aber das drängt ja hl, Mit den nächstjährigen Revcnüen meiner werden fich die unerheblichen Rückstände ^^Lonlebens leicht begleichen lassen. Wenn von der 1. Kompanie des 87. Infanterie-Regi ments zu Frankfurt a. M.. ein Bruder des bekannten Rennfahrers gleichen Namens. Lehr batte seit längerer Zeit wegen wiederholter Fahnenflucht den Militärbehörden viel zu schaffen gemacht; er wurde mit schweren Freiheit Astralen belegt und auch in die zweite Klasse des Sol datenstandes versetzt. Nachdem er nach der ge setzlichen Beobachtungssrist von den Aerzten als geistig unzurechnungsfähig erklärt worden war, wurden sämtliche gegen ihn ergangenen kriegs gerichtlichen Urteile abgehoben, auch wurde er wieder in die erste Klasse des Soldatenstandes zurückversetzt. Hiernach wurde Lehr als dienst untauglich aus dem Militärlazarett entlassen und in Begleitung eines Unteroffiziers seiner in Lindenthal bei Köln a. Rh. wohnenden Mutter zur weiteren Fürsorge zugeführt. Der Großvater. Folgender kaum glaub licher Vorfall wird der ,Weser-Ztg/ aus einem kleinen, nicht weit von Kassel gelegenen Acker städtchen mitgeteilt: In jenem S-ädtchen sollte ein Fest geleiert werden, aus das fich jung und alt schon seit Monden freute. Es war dies auch der Fall in der Familie eines Acker bürgers, der mehrere tanzlustige Töchter, aber auch einen sterbenskranken Großvater besaß, der die große Rücksichtslosigkeit beging, gerade am Vorabend des Festes das Zeitliche zu segnen. Was thun? Wurde der Tod be kannt, so konnte man fich doch unmöglich bei dem Feste zeigen. Was würden die Leute dazu sagen! Man verschwieg also den Tod des Alten und brachte die Leiche zur Nachtzeit hinab in den Keller. Am nächsten und an den folgenden vier oder fünf Tagen genossen die Familienmitglieder die festlichen Vergnügungen dann in vollen Zügen. Erst als der letzte fest liche Tag auch vorüber, holte man die Leiche wieder aus dem Keller heraus, um sie droben in das Bett des alten Auszüglers zurück zu bringen und mit gut geheucheltem Schmerz den Nachbarn zu erzählen, daß der Großvater „so eben" verschieden sei. Attentat. Der etwa 50 jährige Schreiner meister Hirschmann wollte sich vor einigen Tagen mit seiner Tochter von Attenweiler zu einem Gerichtstermin wegen eines Alimentations prozesses nach Biberach begeben. Der Weg von Attenweiler nach Biberach führt durch den Burgwald. Als die beiden eben durch den Waldteil Bildhau gingen, fielen zwei Schüsse, von denen der eine den Vater Hirschmann, der andere die Tochter niederstreckte. Hirschmann verschied nach einer halben Stunde, die Tochter ist scher verletzt. Eine jugendliche Bestie. Im Dorfe Munweiler im Elsaß lockte ein 13 jähriger Knabe ein fünfjähriges Mädchen ins Feld unter dem Vorgeben, er wolle ihm Kirschen geben. Dort hat er das Kind ermordet, wahrscheinlich nach dem er fich an ihm vergangen hatte. Die Mutter des Mädchens sand die Leiche im Felde. Der Oberkörper war mit Erde zu gedeckt. Ein schreckliches Ende fand in der Nähe von Agram der Domherr Miljan, ein allgemein beliebter Priester, der früher Sektionschef bei der kroatischen Landesregierung war. Miljan kam in Begleitung mehrerer Herren und Damen abends zu Wagen von einem Besuch in Sveta Nedelja. Unterwegs stieß das Gefährt bei einem Gleisübergang mit einem heranbrausenden Eisenbahnzuge zusammen. Der Wagen stürzte um, und während alle übrigen Insassen unver letzt blieben, erlitt Miljan, der mit dem Kopf auf einen Stein schlug, tödliche Verletzungen. Berhaftung eines untrenen Bank beamten. Der nach Unterschlagung von über 400 000 Mk. seit Februar flüchtige Bankagem Grünert ist in Fiume verhaftet worden. Hitze in Südfrankreich. In Südfrank reich, besonders in der Provence, herrscht seit mehreren Wochen eine Hitze, wie sie seit einem Jahrhundert nicht vorgekommen sein soll. Das Thermometer hat verschiedentlich 40 Grad im Schatten überschritten und hält fich seit Tagen fortwährend in dieser Höhe. Menschen, Tiere und Felder leiden furchtbar unter dieser sengen den Glut. Aus mehreren Orten werden samum- > gleiche heftige Windstöße gemeldet, welche die Felder buchstäblich verbrennen. Ferner finden zahlreiche starke Gewitter mit Hagel- schlägen statt, die ungeheuren Schaden an richten. In der Kirche zum heiligen Franziskus in Prato (Toskana) stürzte die Loge, in der fich der Bischof befand, während des Gottes dienstes zusammen. Der Bischof erlitt eine Verletzung; aus der Menge wurde niemand beschädigt. Zwanzig Personen ertrunken. In der Nähe der Station Preobrashenskaja der Warschauer Bahn sank ein Personendampfer auf dem Lugafluß, wobei über 20 Kajütten- reisende ums Leben kamen. — Das Grnbenuuglnck in Pennsylvanien hat wahrscheinlich 200 Menschenleben vernichtet. Das Absuchen der Grube ist durch Nachschwaden so verzögert worden, daß man bisher überhaupt noch keine genaue Untersuchung anstellsn konnte. Die bei den Rettungsarbeiten Beschäftigten wurden häufig bewußtlos und mußten an die Oberfläche zurückrehren. Etwa 100 sehr ver stümmelte Leichen wurden bis jetzt an die Oberfläche gebracht, und die Szenen, die fich an dem Grubeneingang abspislen, find herz zerreißend. Frauen und Kinder suchten ver geblich aus den Fetzen der Leichen ihre Ange hörigen zu erkennen. Die Verunglückten find so verbrannt und verstümmelt, daß man kaum noch menschliche Wesen in ihnen erkennt. Es war bis jetzt unmöglich, den Schacht, der an die eigentliche Stelle des Unglücks führt, von den Trümmern, durch die er verstopft ist. zu befreien. Man glaubt, daß unter diesem Schacht wenigstens 150 Menschen eingesperrt find, von denen manche noch leben könnten. Die Cholera breitet fich in China immer weiter aus. Der Konsul der Ver. Staaten in Kanton telegraphierte an das Staatsdepartement, daß die Cholera in allen Städten am Kweilin- Flusse in der Provinz Kwangfi auftrete. In Pinglo seien 3000, in Kwellin 10 0O0 Todes fälle vorgekommen. Gerichtslialle. Augsburg. Ein reisender Schauspieler hat auf Veranlassung einiger anderer Neisenden eine Polizei straft von fünf Tagen Haft zudiktiert erhalten, weil er im Wartesaal dritter Klasse seinen Schatz nach Herzenslust geküßt hat. Die furchtbare Uebectretu^g ist als grober Unfug geahndet worden. Es scheint also, daß nun auch in Deutschland die Abschieds küsse auf den Bahnhöfen verpönt sind. (Eine penn sylvanische Eisenbahngesellschaft hat sie vor kurzem amtlich und ausdrücklich untersagt, aber nicht aus Prüderie, sondern weil das Küsten den Verkehr hemmt.) Bremen. Der Buchhalter der hiesigen neuen Sparkaffe, Göhring, wurde von der Strafkammer wegen Veruntreuungen, die im ganzen 70 MO Mk. betrugen, mit drei Jahr Gefängnis bestraft. Kopenhagen. Ein aus Deutschland stammender Mann namens Max Giese, der unter verschiedenen Vorwänden hiesige Geschäftsleute um bedeutende Summen betrogen hatte, wurde zu fünfzehn Monat Zuchthaus verurteilt. Das Geschäft vor aUew! Ein Barnum, für den es keine Hindernisse gibt, sand fich vor einiger Zeit im Buckingham- Palast ein, um die Operation, die der König von England erdulden mußte, — kinemato- graphisch auszunehmen l Die A-rzte des Königs, die es mit einem Irrsinnigen zu thun zu haben glaubten, waren natürlich sehr erstaunt. Als sie aber merkten, daß der Mann nicht gefährlich war, und außerdem erfuhren, daß ihm eine sehr hochstehende Persönlichkeit des Königreiches — ein Empfehlungsschreiben (!) miigegeben hatte, teilten fie ihm nur mit, daß er zu spät komme und daß eine solche Erlaubnis ohnehin niemals hätte erteilt werden können. „Das weiß ich ganz gut," erwiderte der merkwürdige Bittsteller, ohne fich aus der Fassung bringen zu lassen, „aber ich habe diesen Einwand schon vorhergesehen. Da der König bei der Operation nicht von vorn gesehen werden konnte, könnten wir uns ja, wenn es Ihnen angenehm wäre, im Hospital treffen, > wo Sie mich operieren würden (!), während wir einmal Eheleute find, läßt fich über solche Dinge reden, aber jetzt vor meiner Braut kann ich doch nicht wohl . . ." „Sie find, wie es scheint, außerordentlich diffizil in diesem Punkte, lieber Viktor," unter brach ihn Cora. „Aber was ist es dann, das Sie so bedrückt? Sie versuchen umsonst, mich glauben zu machen, daß alles noch sei wie früher." Der Leutnant sah nachgerade ein, daß er Farbe bekennen müsse und sagte deshalb zögernd: „Mein Gott! Wenn Sie doch einmal darauf bestehen, Teuerste — nun ja — es hat fich da noch eine kleine Fatalität herausgestellt, die mir unbekannt war, als wir uns ver lobten —" „Wie ? Und das wäre ?" fragte die Sängerin gespannt, als Viktor hier inne hielt. „Es ist mir eine unangenehme Thatsache zu Ohren gekommen, über die ich mich allerdings noch beruhigen muß, bevor ich . . ." „Bevor Sie? Warum bedenken Sie fich so lange, ehe Sie es aussprechen?" forschte das Mädchen ungeduldig. „Nun denn — bevor ich mich entschließen kann, darüber hinwegzusehen," fuhr jener fort. „Ich selbst natürlich hege keine Vorurteile, aber — man hat eben Verwandte — einen altadeligen Namen . . ." „Werde ich endlich von der Thatsache unter richtet werden, an welcher Sie Anstoß nehmen?" drängte die Künstlerin, und eine heiße Blutwelle stieg zu ihren Schläfen empor. „Riefig albernes Gerede überall — ver- blümte und doch verständliche Bemerkungen der Kameraden, wie es in solchen Fällen zu gehen pflegt — mein Gott! Cora, Sie verstehen mich ja wohl längst — Ihr Vater, der Hofmarschall von Blank und gewisse Begebenheiten auf einem fürstlichen Schlosse — ich selbst hatte davon keine Ahnung, als unsere Liaison zum Ab schlusse kam." „Ah! Das ist eS also, Herr von Dillheim?!" rief Cora, fich hoch aufrichtend. „Sie halten es, wie ich sehe, für eine Schande, die Tochter deS unglücklichen Mannes zu Ihrer Gattin zu machen, auf dessen Andenken leider ein Makel haftet? Dünkt Ihnen vielleicht eine solche Ehe nicht standesgemäß?!" „Echauffieren Sie fich doch nicht, liebe Cora!" beschwichtigte Viktor. „Ich werde mich ja mit der Zeit wohl an den Gedanken ge wöhnen können, diese allerdings nicht ganz un bedeutenden Bedenken zu überwinden. Nur müßten Ihrerseits vielleicht einige kleine Zuge ständnisse dazu beitragen, diese — wie Sie fich richtig ausdrückten — standesgemäßen Skrupel zum Schweigen zu bringen. Ich müßte zuerst auf meine O>fizierskarriöre verzichten, und da werden Sie zugeben, daß dies unvorhergesehene Verlegenheiten nach fich ziehen kann, wenn ich mich auch aus unbegrenzter Liebe zu Ihnen bereit zeige, dieses Opfer zu bringen." „So, mein Herr? Also zu diesem enormen Opfer wären Sie allen Ernstes fähig?" Die Stimme des Mädchens vibrierte bei diesen Worten. „Was thut mm nicht um des Herzens willen! Aber Sie werden doch nicht böse sein wegen meiner Aufrichtigkeit, die Sie selbst . meine Leute den photographischen Apparat arbeiten lassen. Ich habe ungefähr denselben Leibesumfang wie Majestät, und glaube außer dem dieselbe Krankheit zu haben, wie der König. Ist es nicht der Fall, so sollen Sie Ihr Honorar trotzdem bekommen . . ." Die Aerzte des Königs wollten aber das „Geschäft" nicht machen. — Die ,Lancet' macht auf die mer'- würdige Bedeutung des Dienstags für den König mfmerksam. Der König war an einem Dienstag geboren, getauft, verlobt und ver wählt. Er wurde an einem Dienstag zum Geheimrat ernannt; an einem Dienstag stellte es fich heraus, daß er an Typhus erkrankt war und an einem Dienstag wohnte er dann dem öffentlichen Dankgottesdienst für seine Genesung in der St. Pauls Kathedrale bei. An dem gleichen Wochentage gelangte er auf den Tbron und wurde zum ersten Mal die königliche Standarte auf Marlborough House gehißt. Schließlich fiel die jüngste Operation, der er fich unterziehen mußte und damit die Verlegung der Krönung auf einen Dienstag. Aus Daris. Der „König der Pariser Markthallen", Herr Omer Decugis, ist dieser Tage zu Grabe ge tragen worden. In dem Leichenzuge, der fich über die großen Boulevards bewegte und der mehrere Tausende von Personen und etliche Hundert Wagen umfaßte, bemerkte man neben den bekanntesten Pariser Restaurateuren die , b'ortg äes Salles", die fich in ihren schwarzen Röcken und hohen Cy lindern viel unbehaglicher fühlten, als in ihrer malerischen Arbeitstracht. Omer Decugis, der das hohe Alter von fieben- undachtzig Jahren erreicht hatte, war der größte Kommissionär in Lebensmitteln und Blumen des Hallenviertels und versorgte allein halb Varis. Der Verstorbene war um das Jahr 1850 aus Toulon nach Paris gekommen, arbeitete in der Rue St. Denis als Barbier- grhilfe, verheiratete fich mit der Tochter seines Dienstherrn und eröffnete ein kleines Kommisfions» geschäht, in dem er die Waren, die die Gemüse- und Obstzüchter aus der Bannmeile nach Paris brachten, direkt an die Zwischenhändler und Großkonsumenten verkaufte. Nach und nach dehnte er seine Beziehungen über ganz Frank reich aus, gründete Filialen in Marseille, Algier, Lyon, Havre und London und erwarb fich dank seiner strengen Rechtlichkeit großes Vertrauen. Er kaufte nie die Waren, sondern übernahm fie nur in Kommission zum Verkauf, und dabei schaffte er fich einen großen Reichtum. Uner müdlich in der Arbeit, war er um zwei Mr morgens in ft-nen Läden, überwachte das Ab laden der Wagen, die Absendung der ein gelaufenen Bestellungen und sorgte dafür, daß seine nach Hunderten zählenden Angestellten ihren Verpflichtungen nachkamen. Zwei Dinge konnte er nicht vertragen: Rauchen und Schnaps trinken, und darin blieb er unerbittlich. So verlieb er eine Prämie von ein Frank für jede „gedrückte" Pfefte, bis seine Fuhrleute fich das Rauchen bei der Arbeit abgewöhnten. Mt Omer Decugis verschwindet einer jener Empor kömmlinge, die, wie Boncicant, der Gründer des ,Bon Marchö', und Ruel, der Gründer des ,Bazar de l'Hotel de Ville', fich von den be scheidensten Anfängen zu den steinreichen Parisern emporgearbeitet haben. Bunkes Allerlei. Ein Ueberroh wird in der neuesten Nummer des Militärwochenblattes' zum Kauf angeboten. Daö sonderbare Inserat hat fol genden Wortlaut: „Meinen siebenjährigen, schönen, lammfrommen Hengst, mit welchem ich Versuche zur Feststellung des geistigen Könnens des Pferdes mache, will ich verkaufen. Er unterscheidet zehn Farben, liest, kennt die vier Rechnungsarten u. a. m." * * * Uater Kavalieren. ..... Ihre Ver lobung mit der reichen Bankierstocher soll wohl einstweilen noch geheim gehalten werden?" — „Selbstverständlich — nur meine intimsten Gläubiger Wissen darum l" ------------- „Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, Herr Leutnant von Dillheim," unterbrach ihn Cora, indem sie ihre durchbohrenden Blicke, die ein fast unheimliches Feuer sprühten, auf den vor ihr Stehenden richtete: „Kennen Sie den Agenten Levi Meiersohn?" Viktor erblaßte und wiederholte stotternd: „Levi — Meiersohn? Wie — kommen Sie auf ihn?" „Er scheint mir die geeignetste Person zu sein, bei welcher Sie fich über den Begriff der Standesehre Rat holen könnten." „Ich verstehe Sie nicht, auf Ehre!" „Es wäre sehr zu empfehlen, daß Sie mit der Verpfändung Ihrer Ehre in Zukunft vor sichtiger verfahren würden. Levi Meiersohn wenigstens hat auf dieselbe, wie er mir erklärte, so wenig Vertrauen mehr, daß er nicht gesonnen ist, sich mü der fraglichen Garantie Ihres bereits zweimal gebrochenen Ehrenwortes zu begnügen. Er hat deshalb Schritte gethan, um sein Gut haben von 2000 Mark auf anderem Wege zu erlangen, denn auf die nächstjährigen Revenüen Ihrer Güler — wo liegen fie doch? Ich weiß es in der That nicht — scheint er sich gleichfalls nicht viel Hoffnung zu machen." Viktor von Dillheim war von diesen, mit eisigem Hohne gesprochenen Worten nieder gedonnert. „Eine ganz unbegreifliche Impertinenz von jenem Menschen l" stammelte er. „Wie kann er fich nur unterstehen, derartiges zu behaupten?" (Schluß folgt.)
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