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fürs deutsche Volk. kill o« oo 0^ praktischer Wegweiser für alle Zweige des wittschaftlichen Lebens, nr. Gartenbau, Hauswirtschaft, Landwirtschaft, Spie! und Sport. Verlag: Stadt und Land, Berlin 8)V. 11, Hallesches Ufer 3. — Fernsprecher: Amt Lützow Nr. 9092. Verantwortlich für den Inhalt Max Wundermann, Berlin. — Rotationsdruck: R e i n h. Richter, Peitz N.-L. » — " (IS. Fortsetzung.) „Vater, was soll das heißen?" fragte Ilse mit bebender Stimme. „Das soll heißen," entgegnete der Ober förster grollend, „daß ich die Zudringlichkeit .dieses Memchen zurückgennesen habe, und Daß ich von dir mehr Zurückhaltung und Stolz verlange. Die Liebelei mit dem Herrn Künst ler muß aufhören ..." „O Vater, was hast du getan?" „Nur meine Pflicht." Ilses Stolz empörte sich. Sie warf den Kopf in den Nacken und wollte Hans nach. ,Der Alte faßte sie jedoch derb am Arm und sprach mit zürnender Stimme: „Genug jetzt des Scherzes. Ich bin es jetzt müde, ein Spielzeug deiner mutwilligen Laune zu sein. Ich habe heute mit der Frau Gräfin gesprochen, sie findet ebenfalls, daß du deine Freiheit all zusehr gemißbraucht hast, und befiehlt dir, morgen zu ihr zu kommen. Ich halte es in dessen für besser, du gehst heute abend noch zu ihr; deshalb ließ ich den Kutscher nicht Ausspannen, der dich noch heute abend zu der Frau Gräfin bringen wird. Mach' dich zu recht, binnen einer Viertelstunde fahren wir, denn ich werd? dich begleiten, lamit du nur .nicht wieder entwischt. Deine übrigen Sachen können morgen nachgeschickt werden." Ilse wußte vor Erstaunen nicht, was sie erwidern sollte. Plötzlich lachte sie laut auf. „Du schickst mich fort, Väterchen?" fragte sie spöttisch. „Das ist allerdings leicht, sich der Last der Erziehung seiner Tochter zu entledi gen. Aber so leicht wirst du mich nicht los. Ich werde dich nicht verlassen — ich werde nicht zur Frau Gräfin gehen. Wie käme ich dazu, einer mir fern stehenden Dame lästig zu Zallen? Ich bleibe bei dir, meinem Vater, sund ich gedenke, morgen wirst du schon mit dir reden lassen." „Nun denn," entgegnete der Oberförster Lernst, doch nicht mehr streng, „so muß ich dir denn das Geheimnis deines Lebens jetzt schon Prinzessin Ilse. Roman von O. Elster. verraten, so ungern ich es tue, und so schmerz lich es mir ist, vielleicht deine kindliche Liebe dadurch zu verscherzen. Du bist nicht meine Tochter -- ich bin nicht im geringsten mit dir verwandt —" Eine Totenblässe überzog das blühende Antlitz Ilses. Sie erhob wie abwehrend die Hände, dann schlug sie diese plötzlich vor ihr Gesicht und weinte bitterlich. Der Alte nahm sie liebreich in die Arme. „Beruhige dich, meine liebe Ilse," sprach er jetzt wieder m seinem früheren, zärtlichen Tone, „ich bin nicht dein Vater, ich habe dich doch lieb, wie meine leibliche Tochter. Gehe jetzt und ziehe dich an, damit wir zur Frau Gräfin fahren kön nen. Sei folgsam, sei ein gutes Kind — glaube mir, es ist zu deinem Glück." Ilse blickte auf. „Zur Frau Gräfin?" fragte sie tonlos. „Was soll ich bei ihr? — Welches Recht hat sie auf mich? Wenn ich deine Tochter nicht bin, wessen Kind bin ich denn? Und weshalb trennst du mich von Hans? O wie schrecklich ist alles das!" „Ich kann dir jetzt nicht mehr sagen, lie bes Kind. Die Rätsel deines Lebens werden sich in nächster Zeit lösen — zu deinem Glück — und dann wirst du mir dankbar sein, daß ich dich vor einem unbesonnenen Schritt be hütet habe. Willst du jetzt mit mir zur Frau Gräfin kommen?" „Was soll ich dort?" „Du gehst deinem Glück entgegen. — Komm!" Wie in einem Traum befangen folgte Ilie dem alten Weidmann zu dem Wagen. Sie wagte nicht mehr zu widersprechen, nicht mehr zu fragen, still und geduldig, scheu und furcht sam wie ein gefangenes Vögelchen saß sie da, während der Oberförster sie mit heimlichen Lächeln beobachtete, das er hinter einer dich ten Tabakswolke aus seiner Pfeife verbarg. Hans Dobeneck verbrachte eine schlaflose Nacht. Auf dem Heimwege sah er, am Wat- (Nachdruck verboten.) desrand stehend, den Wagen des Oberförsters auf der Straße drunten im Tal vorübersahren. Er glaubte neben dem Oberwrster die zarte Gestalt Ilsens zu erkennen, indessen konnte ihn auch das flimmernde Mondlicht getäuscht haben. Er sah den Wagen nur wenige Minuten, dann verschwand dieser im Schatten des Waldes. Hans bereute, daß er sich durch die Derb heit des Oberförsters hatte vertreiben lassen und nicht darauf bestanden hatte, noch einmal mit Ilse zu sprechen. Er überlegte, ob er jetzt, nachdem der Oberförster wieder fortge- sahren war, nicht noch einmal nach der Ples- senburg zurückkehren sollte, um Ilse zu sehen und zu sprechen. Aber abgesehen davon, daß es unsicher war, ob er Ilse treffen würde, mußte seine Rückkehr nach dem Forsthaus den Pflegevater Ilses noch mehr erzürnen. Hans konnte es dadurch für immer mit dem starr köpfigen Alten verderben, und so schritt er langsam dein „schwarzen Hirsch" in Ilsenburg entgegen, wo er spät in der Nacht anlangte. Lange Zeit ging er ruhelos in seinem Zim mer auf und ab, über die Mitteilungen des Oberförsters nachdenkend und vergeblich über die Lösung des Rätsels im Lehen Ilses nach sinnend. Schließlich aber behielt die erschöpfte Natur doch ihr Recht. Hans warf sich er müdet auf sein Lager und entschlief mit dem tröstenden Gedanken, daß der morgende Tag ja die Lösung des Rätsels bringen würde. Am anderen Morgen erschien ihm auch der Starrsinn des Försters in einem weit milderen Lichte. Die Hindernisse, welche sich einer Ver bindung mit Ilse entgegenstellten, waren gewiß leicht zu überwunden, zumal wenn Hans der Gräfin genaue Auskunft über seine Familien- und Vermögensverhällnisse gab. Er war ja nicht allein auf den Erwerb aus seiner Kunst angewiesen, das Vermögen seiner verstorbenen Mutter, über das er frei verfügen konnte, ge stattete ihm ein sorgenfreies Leben. So be reitete er sich denn in froher Zuversicht für