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Allgemeiner Anzeiger : 14.11.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191411144
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19141114
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19141114
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-14
-
Monat
1914-11
-
Jahr
1914
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 14.11.1914
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k)a6 gegen England. Was schiert uns Rufle und Franzos? Schuß wider Schuß und Stoß uin Stoß, Wir lieben sie nicht, wir hassen sie nicht. Wir schützen Weichsel und Wasgenpaß, Wir haben nur einen einzigen Haß. Wir lieben vereint, wir hassen vereint, Wir haben nur einen einzigen Feind, Den ihr alle wißt, den ihr alle wißt: Er sitzt geduckt hinter grauer Flut Durch die Wasser getrennt — die sind dicker als Blut — Voll Neid, voll Wut, voll Tücke, voll List. Wir wollen treten in ein Gericht, Einen Schwur zu schwören Gesicht in Gesicht, Einen Schwur von Erz, den verbläst kein Wind, Einen Schwur für Kind und Kindeskind. Vernehmt das Wort, sagt nach das Wort, Es wälze sich durch ganz Deutschland sort r Wir wollen nicht lassen von unserem Haß, Wir lieben vereint, wir hassen vereint, Wir haben alle nur einen Feind: England! Nimm Du die Völker der Erde in Sold, Baue Wälle aus Barren von Gold, Bedecke die Meerflut mit Bug bei Bug, Du rechnetest klug, doch nicht klug genug. Was schiert uns Russe und Franzos? Schuß wider Schuß und Stoß um Stoß! Wir kämpfen den Kampf mit Bronze und Stahl Und schließen Frieden irgend einmal. Dich werden wir hassen mit langem Haß, Wir werden nicht lassen von unserem Haß. Haß zu Wasser und Haß zu Land, Haß des Hauptes und Haß der Hand, Haß der Hämmer und Haß der Kronen, Drosselnder Haß von siebzig Millionen. In Liebe vereint, in Haß vereint, Sie haben alle nur einen Feind: England! Dieses Gedicht, das das Empfinden aller Deutschen wiedergibt, stammt von einem Sol daten des 10. bayrischenJnfanterieregiments und ist auf Befehl des Generalkommandos an alle bayrischen Truppen im Felde verteilt worden. Nie hat ein Volk solchen Haß gegen sich er weckt wie England in diesem Kriege. Und die Gluten dieses Hasses werden auflodern zu gierigen Flammen und dieses Volk, das eine ganze Kulturwelt verschlingen wollte, ver nichten. Lebt beute noch ein Deutscher zwischen Maas und Memel, Etsch und Belt, der nicht als das letzte und höchste Ziel dieses Krieges, als eine heilige Sehnsucht die Ver nichtung Englands kennt? Angeregt durch den prachtvollen Armee befehl des bayrischen Kronprinzen wurde das Gedicht „Haß gegen England" an die Truppen verteilt. Es sollte in 60 Millionen Exemplaren an alle Deutschen verteilt werden. Denn es gibt nur einen Weg, einen einzigen, der zum Ziele führt: Den Haß zu schüren, den flammenden, vernichtenden Haß. daß er glühe und auflodere, bis die heilige Stunde kommt, da wir betend und dankend es hier ausjauchzen dürfen in alle Welt: »Deutsch lands Truppen sind an Englands Küste ge landet und kamen nun dem Feind an das ver räterische Herz, das alles Menschliche und Natürliche leugnet, das alles leugnet, was jemals Menschen heilig war." Dann ist auch die Stunde gekommen, wo wir mit dem hinterlistigen Gegner das Konto Tsingtau begleichen können, denn das Kapitel Tsingtau ist noch nicht zu Ende. Von den zerstörten Forts, aus der beschossenen unbe festigten kleinen Stadt, von dieser ganzen Schöpfung deutscher Kultur steigt etwas auf, das sowohl den Schleichern in London und den Räubern in Tokio unbekannt ist: daß nämlich Menschenwerk zerstört werden kann, daß aber der Geist unzerstörbar ist. Und so sind die Helden von Tsingtau, als sie unter lagen, doch Sieger geblieben, denn ihr Blut ist Zeuge geworden einer Liebe, die nie versagt, einer Treue, die der Tod nicht brechen kann, einer Pflichterfüllung, die Wunden und Qualen überdauert, eines Fleißes, der deutsch und so mit unüberwindlich ist. Die hinterlistigen Makler am Themsestrand und die Räuber Nippons dachten. Deutsch lands Macht in Ostasien, sein Einfluß in China ist vernichtet, wenn das Bollwerk Tsingtau zerstört ist, und schon jetzt müssen sie erleben, daß auch diese Rechnung falsch war: denn der Geist der Helden, Lie für Deutschlands Ehre im fernen Orient fielen, ist eine wunder bare Saat geworden, deren Früchte schon jetzt aufgehen. Alle chinesischen Blätter rühmen die deutsche Tapferkeit, den deutschen Helden mut. die Treue, die Ausdauer, den Fleiß, die Kulturarbeit der Deutschen und bedauern, daß diese Arbeit, die für China segensreich war, unterbrochen wird. Ja, sie wird nur unterbrochen, denn das Kapitel Tsingtau ist noch nicht zu Ende. Kaiser Wilhelm hat einmal, nach der Besetzung Tsingtaus (1898) gesagt: „Wo der deutsche Aar Besitz ergriffen und die Krallen in ein Land hineingeschlagen hat, das ist deutsch und wird deutsch bleiben immerdar." An einem Kaiserwort soll man nicht drehen und deuteln! Tsingtau soll deutsch bleiben. Das muß das deutsche Heer unseren viellieden Vettern überm Kanal in ihrer Hauptstadt nachdrücklich in die Ohren schreien. Wir können keinen Frieden schließen, ohne Genugtuung für diesen Raub, den zwar die Japaner ausführten, der aber von Eng land angestiftet wurde. Kapitän zur See Meyer-Waldeck, der Gouverneur von Kiautschou, wurde in dem letzten Kampf verwundet. Unser Sieg wäre ein halber, trotz aller Heldentaten und Erfolge, wenn wir nicht die Ehrenpflicht erfüllten, das Stückchen Erde, auf dem so vieler Helden Blut geflossen ist, für uns zurückzufordern. Freilich wird England in eine üble Lage kommen, denn wahrscheinlich hat man die Beute des Raubzuges den Räubern versprochen. Aber was schadet das? Was hat England nicht schon alles versprochen, ohne es zu hallen! Sein Wachstum ist die Geschichte gebrochener Eide, zersetzter Verträge, abgeleugneter Vereinbarungen und schnöde gebrochener Versprechen. Mögen sie sich mit Japan auseinandersetzen. Das Kapitel Tsing tau ist für uns erst beendet, wenn unsere Flagge wieder auf dem Stückchen Erde weht, das den größten Heldenkampf der Weltge schichte sah und das Zeuge war, wie aus der deutschen Lammsgeduld der Haß gegen Eng- verschiedene Uriegsnachrichten. Der Kaiser zum Falle Tsingtaus. Von dem Kaiser ist bei dem Reichstags- Präsidenten Dr. Kaempf nachstehendes Telegramm eingetroffen: „Ich danke Ihnen für den Ausdruck der Gefühle des Schmerzes und des Vertrauens auf die Zukunst, von dem der Reichstag und alle deutschen Herzen angesichts des Falles von Tsingtau erfüllt sind. Die heldenmütige Verteidigung der in langjähriger Arbeit geschaffenen Muster stätte deutscherKultur bildet ein neues Ruhmesblatt sür den Geist der Treue bis zum Tode, den das deutsche Volk mit seinem Heer und seiner Flotte in dem gegenwärtigen Verteidigungskampf gegen eine Welt von Haß, Neid und Begehrlichkeit schon so mannigfach — will's Gott, nicht vergeblich — betätigt ha§ — E^i^je Zeitungen bringen noch einige Einzelheiten über den Fall von Tsingtau. Der englisch-japanische Angriff begann am Donnerstag und wurde bis zum Freitag äbend ununterbrochen fortgesetzt. Die Verbündeten hatten enorme Verluste. Am 7. d. Mts. morgens 1 Uhr 40 Min. setzte der Hauptangriff der In fanterie mit Pionieren unter Führung des Gene rals Aosimi Aamade ein. Gleichzeitig über schütteten schwere Belagerungsgeschütze das Fort Iltis, den Schlüssel der deutschen Stellung. Unter dem furchtbaren Geschoßregen brach schließlich der hartnäckige Widerstand des deutschen Forts zu sammen, bas die Japaner ö Uhr 10 Min. morgens stürmten. Gleichzeitig wurde auf dem linken Flügel ein Sturmangriff ungeheures MassenJnfanterie, unterstütztvon Artillerie, angesetzt, und ein dort liegendes Fort genommen. Die deutschen Verteidiger fügten den An greifern ungeheure Verluste zu, bis die weitere Verteidigung in den zu Trümmerhaufen zusammengeschossenen Stellungen unmöglich war. Um 7 Uhr morgens ergaben sich bann die Verteidiger des Obseroatoriumberges. Der Sturm kostete den Verbündeten mehr, als die ganze Besatzung Tsingtaus betragen hat. * Verluste der Engländer und Indier. Der Pariser .Temps' verherrlicht die Hal tung der englischen und indischen Truppen. Einzelne englische Kavallerie-Regi menter verloren in wenigen Stunden die Hälfte ihres Bestandes, hätten aber nichtsdestoweniger mit Todesverachtung weitere Angriffe ausgeführt. Die Indier wurden nicht weniger hart mitgenommen, blieben aber auch nicht weniger standhaft. Besonders während der ersten acht Tage nach ihrer Ankunft vor dem Feinde erlitten sie stellenweise ungeheure Ver luste. — In Verdun wurde nach amt licher Mitteilung eine Batterie weittragender Marinegeschütze aufgestellt und alle Flücht linge aus der Umgebung und aus der Stadt entfernt. Die Stadtbeoölkerung ist von 18 000 auf 2000 herabgegangen. * Der heilige Krieg im Orient. Immer lauter werden die Stimmen in der Türkei, die betonen, dah der Kampf gegen ihre Feinde eine gemeinsame Aufgabe aller Mohammedaner und eine religiöse Pflicht sei. Auch Persien müsse am Kriege teiluehmen. Wenn auch Persien infolge der englischen und russischen Machenschaften heute über keine reorganisierte Armee verfüge, würden doch die tapferen Stämme der Karadaghs, Schachsewennen, Bachtiaren und Kasch- gais den Feinden sehr gefährlich werden können. Vom Scheich ül Islam, dem höchsten Geistlichen der Türkei, wird in einer Fetwah (religiöses Gebot) ein reli giöser Aufruf an alle Mohammedaner vorbereitet, der besagt: Wer gegen die türkische Armee und deren Verbündete schiesst, ist kein Krieger, sondern ein Mör der und hat die religiösen Folgen zu trage». Im Anschluß an diese Fetwah sott der heilige Krieg im ganzen Orient erklärt werden. * Griechenland mit England im Bunde? Die englische Regierung hat an Griechen land das Ersuchen gerichtet, fünfzig - tausend Mann griechischer Htlfs- truppen nach Ägypten zu entsenden. Nach Londoner Blättermeldungen soll die Athener Regierung unter der Bedingung zu gestimmt haben, daß England für die Er haltung des Friedens auf dem Balkan sorgt. Vie mrernationale L,age. So ganz anders haben sich unsere Feinde den Vernichtungskrieg gegen Deutschland ge dacht. Frankreich und Rußland sollten in unaufhaltsamem Siegeslauf den „Spazier gang von ein paar Tagen" über die Trümmer der rettungslos überrannten deutschen Heere nach Berlin zurücklegen, während England in knapp zwei Wochen oder, wie noch törichtere Schreier prahlten, bevor auch nur die Kriegs-1 erklärung nach dem Festlande gelangt sei, die „kümmerliche" deutsche Flotte bis auf die letzte Nußschale vernichten wollte. Und heute? Deutschlands Boden ist frei von Feinden! Weit drinnen in Feindesland stehen die deutschen Truppen in aussichtsreichem Kampfe gegen die russischen Seeresmassen, gegen das europäisch - afrikanisch - asiatische Völkergemisch in Frankreich. Schwere Nieder lagen haben die Deutschen auf beiden Kriegs schauplätzen ihren Feinden beigebracht und damit ihre Gegner entmutigt, sich selber aber eine Sieghastigkeit und eine Erfolgsicherbeit gewonnen, die schon jetzt das glückliche Er reichen des Endzieles verbürgen dürfte. Zur See haben deutsche Schiffs die englische Handelsflotte durch kriegsgerechte Kaperarbeit aufs schwerste geschädigt, das Märchen von der unbezwinglichen englischen Flotte in mehr fachen Seestegen schon jetzt ein für allemal gründlich zerstört und durch einen kühnen An griff auf Englands Küste den Kampf bereits erfolgreich bis ins Herz des Feindes getragen. Schon haben auch deutsche Militärflieger die ersten Bomben auf englischen Boden herab geschleudert, so daß also auch der gefürchtete Luftangriff den Engländern schreckliche Gewiß heit geworden ist. Am schlimmsten ist von dieser Entwicklung England enttäuscht, und es kann nicht wunder- nehmen, wenn man in England immer nervöser wird, wenn sich des ganzen Landes eine immer steigende Aufregung bemächtigt. Denn nicht allein die Erfolge der Deutschen machen den Engländern Kovfzerbrechen. Ist es doch, als ob die ganze Weltenordnung sich gegen Eng land verschworen hätte! Wohin man auf Gottes Erdboden steht — fast überall ergeben stch für John Bull Mißhelligkeiten über Miß- Helligkeiten aus diesem Weltkriege, den er doch so schlau und kühl berechnend gegen Deutschland angestiftet, und bei dem er sich so gewaltig verrechnet hat! In Südafrika nimmt die Burenerhebung einen Umfang und einen Ernst an, daß Eng land mit gutem Grunde Angst haben muß. diese vor zwölf Jahren mit soviel Geld und Blut erlangte Kolonie wieder zu verlieren. Durch den Türkenkrieg ist Ägypten gleichfalls aufs ärgste gefährdet, und wenn unter der er hobenen Fahne des Propheten der ganze Islam sich mit all seinem Fanatismus erhebt, so dürfte auch Indiens Zukunft als „englisches Kaiserreich" sehr in Frage gestellt sein. Ferner kann auch die rufsenfeindliche Entwicklung in Persien nicht ohne folgenschwere Rückwir kungen bleiben, und die unerwarteten Schwierigkeiten in der Durchführung des englisch-japanischen Schurkenstreiches auf Kiautschou mit der jetzt drohenden Ein mischung Chinas sind auch nicht geeignet, die Nöte John Bulls zu verringern. Vor allem aber hat England stch durch die niederträchtige Behandlung der neutralen Staaten sich viele heimliche Feinde gemacht. Schrieb doch erst vor wenigen Tagen ein an gesehenes nordisches Blatt: „Wenn wir fünfzig Unterseeboote hätten, dürfte England nicht wagen, uns so zu behandeln." Schwede», Norwegen, Dänemark erheben lauten E>»- sprach, die Ver. Staaten haben wiederholt diplomatische Schritte in London unter nommen, Spanien bleibt allen Lockungen Englands gegenüber kühl, sxit man in Madrid erfuhr, daß den Portugiesen als Lohn für ihr etwaiges Eingreifen in den Krieg eine spani sche Provinz versprochen wurde. Bleibt noch das kleine Portugal, das man noch jetzt, in höchster Not. mit Versprechungen und Drohungen zu gewinnen sucht. Ob das portugiesische Heer auf Frankreichs Schlacht feldern mitmacht oder nicht, spielt keine Rolle. Aber es scheint, als ob man sich in Lissabon doch noch besonnen hat. weil man weiß, daß außer Englands fragwürdiger Freundschaft nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren ist. Und Italien? Man hat im Dreiverband etwas von dem Kabinettswechset erhofft, aber man ist enttäuscht worden: Italien bleibt nach wie vor neutral. So nimmt man denn noch immer die letzte Zu flucht zur Lüge. Und soweit ist England ge sunken, daß es noch jetzt die neutrale Welt belügt, nachdem jedermann weiß, daß diese Lügenmeldungen überall gebrandmarkt sind, wo England nicht herrscht. Von den Neu tralen kann England nichts mehr erwarten. Vock glücklick geworden. 24j Roman von Otto El st er. „Zeigen Sie mir den Wechsel!" „Vorläufig werde ich ihn in meinem Geld schrank da behalten. Oder sind Sie gekommen, um ihn einzulösen?" „Nein — ich werde ein gefälschtes Papier nicht einlösen. Wir sind Sie zu dem Wechsel gekommen?" „Nun, ich habe ihn mit anderen gekauft." „Sie haben ein falsches Spiel getrieben, Herr Martini — oder Sie sind selbst betrogen — auf alle Fälle muß ich darauf bestehen, daß sie mir den Wechlel zeigen und mir den jenigen nennen, von dem Sie ihn gekauft haben." „Ich werde beides nicht tun, Herr Ham mer." „So werde ich Sie dazu zwingen!" „Durch wen?" „Durch das Gericht." „Sie wollen die Sache anhängig machen?" „Ja . . ." „Nun, mir kann es recht sein, wenn Sie sich in Ler Leute Mäuler bringen wollen. Aber um Ihnen zu zeigen, daß ich es gut mit Ihnen meine, will ich Ihnen einen Vor schlag machen. Der Wechsel lautet, wie Sie wohl wissen werden, über zweitausend Mark..." „Ich weiß von nichts!" „Nun gut — dann hören Sie es jetzt. Also der Wechsel lautet über zweitausend Mark. Sagen Sie Ihrem Vater oder Ihrer Schwester, daß er oder sie mir diese Summe zahlt und ich überliefere Ihnen den Wechsel. Dann ist die Geschichte aus dec Welt." „Weshalb haben Sie, als meine Schwester sich erbot, meine Schulden zu tilgen, ihr den Wechsel nicht mit überliefert, wenn Sie so fest überzeugt waren, daß ich ihn ausgestellt hatte." Herr Martini lächelte schlau. „Nun," sagte er boshaft, „man gibt nicht gern sein letzte Waffe aus der Hand." „Ah — Sie sind ein ..." „Halt, junger Mann," zifchte der Alte, seine dürre Hand auf den Arm Herberts legend, „sprechen Sie lieber das Wort nicht aus. Es könnte unserer Freundschaft endgültig ein Ende machen. Ich habe alles getan, um Ihren leichtsinnigen Streich nicht an die Öffentlichkeit zu bringen ..." „Ich habe die Öffentlichkeit nicht zu scheuen!" „Wirklich nicht?" „Nein — der Beweis mag Ihnen sein, daß ich von Ihnen direkt zum Staatsanwalt gehen werde, um mich selbst zu denunzieren, damit eine Untersuchung eingeleitet wird. Ob Ihnen das angenehm sein kann, weiß ich nicht — ist mir aber auch gleichgültig. Ich will meine Ehre nicht durch heimliche Verdächtigungen beschmutzen lassen." Martinis Augen schweiften unruhig umher. Eine Untersuchung der Angelegenheit war ihm durchaus nicht angenehm: es konnten da Dinge seines Geschäftsbetriebes zur Sprache kommen, die höchst peinlich sür ihn werden mußten. „Wollen wir die Sache doch nicht lieber unter uns abmachen?" sragte er. „Nein," war die entschiedene Antwort Herberts. „Was verlangen Sie denn?" „Ich will den Wechsel sehen. „Nun, der Wunsch soll Ihnen erfüllt werden." Damit schlich er zum Geldschrank, öffnete ihn und holte mehrere Papiere hervor. „Da — sehen Sie den Wechsel. Er trägt die Unterschrift Ihres Vaters; und hier ist das Protokoll des Protestes, in dem Ihr Vater erklärt, daß seine Namensunterschrift ge fälscht sei." „Aber wie kommen Sie auf den Ge danken, daß ich diese Fälschung begangen haben sollte?" „Sehr einfach. Der Mann, dem ich den Wechsel abkaufte, sagte mir, daß Sie ihm den Wechsel selbst Übergaben." „Wie heißt dieser Mann?" „Karl Wilhelm Vollmerding . . ." „Ich kenne den Mann nicht. Wo wohnt er?" „In Berlin. Rothenturmstraße . . ." „Nun gut, ich werde den Mann selbst auf suchen und von ihm Aufklärung verlangen. Wollen Sie mir den Wechsel anvertrauen?' „Ja — aber. . „Ich stelle Ihnen eine Empfangsbescheini gung aus und gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich Ihnen Las Papier in drei Tagen zurücksenden werde." Die entschiedene Haltung Herberts übte doch einen Einfluß auf den alten Martini aus. Er wurde nun auch zweifelhaft, ob Herbert der Aussteller des Wechsels war, andererseits fürchtete er, um sein Geld zu kommen, wenn er den Wechsel aus der Hand gab. „Wenn Sie auf meinen Vorfchlag nicht eingehen, muß ich den Staatsanwalt benach richtigen", sagte Herbert mit drohender Ent schlossenheit. „Das ist nicht nötig", entgegnete Martini nach einigem Nachdenken. „Ich will Ihnen aber einen anderen Vorschlag machen: wir fahren zusammen nach Berlin und sprechen mit dem Mann. Da er behauptet, Sie persön lich hätten ihm den Wechsel übergeben, muß er Sie ja wiedererkennen» wenn seine Be hauptung der Wahrheit entspricht. Wenn das nicht der Fall ist. so ist er das Opser eines Betrügers geworden." „De: Vorfchlag läßt sich hören." „Sie sind einverstanden?" „Ja — aber ich kann nickt lange warten. Wir müssen noch heute die Reise antreten." „Ist einer Stunde bin ich bereit. Um vier Uhr kommt der Schnellzug hier durch, um sechs Uhr können wir in Berlin sein." . „Gut. Ich werde Sie auf dem Bahnho: erwarten. Aber merken Sie sich, wenn Sie mich im Stich lassen, gehe ich direkt vom Bahnhof zur Staatsanwaltsckaft." „Ich werde kommen — mir liegtjebtselbst an der Aufklärung dieser seltsamen Geschichte. „Nun denn — auf Wiedersehen um mer Uhr auf dem Bahnhof . . 19. Nach einem langen, tiefen Schlummer er wachte der alte Hammer. Sem Auge suchte unruhig umher, seine Lippen bewegten sick murmelnd.
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