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Ich habe dann überall im Hause weitergesucht und alles, was ich an wirklich wertvollem Porzellan oder Kristall fand, hier zusammengetragen. Hier, sehen Sie, dies wundervolle Sövres-Geschirr dürfte der Vater von Annemarie Malchwitz Ihrer Großmutter 1814 aus Paris mitgebracht haben. We bittert worden war, den die Gestalt dieses Vorfahren darauf geworfen hatte. „Und inin, Kusine, wenn es Ihnen nicht zu viel geworden ist, möchte ich Ihnen noch Vorschlägen, mit nur nach dem Jugendbildnis meiner GrSßmutter zu suchen, das, wie Onkel Wedig gestern sagte, irgendwo auf Ausmarsch wiederhergestellter Verwundeter ins Feld, nm ihrem Regiment wieder eingereiht zu werden. Es ist bewundernswert, wie die Soldaten, die bereits einmal ver wundet waren, jetzt mit noch größerer Freude in den Kampf zurücklehren. dem Boden.stehen muß- Ich bin be gierig zu erfahren, ob Sie ihr wirk lich so ähnlich sehen." Maltes Stimme hatte auch etwas seltsam Gepreßtes. In schweigender Befangenheit stiegen die beiden die Treppen zum obersten Boden empor. Der feine, herbe Duft von Aepseln schlug ihnen bereits von weitem ent gegen- Annemarie war glücklich, ein neues Gesprächsthema zu finden, — wie der Ertrinkende an den Stroh halm klammerte sie sich daran, und erzählte nun Malte, wie das Obst das erste Objekt gewesen sei, daß sie Sinskes Herrschaft streitig gemacht hatte, wie sie dann durch das Obst mit dem Doktor und Wolf eigentlich erst befreundet worden sei, und wie — hier stockte sie: das letzte Glied der Gedankenkette war doch Koczie- rowski, der niemals nach Malchentin gekommen wäre, wenn sie nicht da mals mit dem Arzt und Wolf Freund schaft geknüpft hätte. „Nun, Kusine — auf einmal so Und hier endlich —" Annemarie hatte, wie ein bezahlter Beim Auswerfen von Schützengräben in der Verteidigungsfront. sein, mit der er „Armer, bedauernswerter Ahne," sagte Malte leise vor sich ; Aufschub seines Todesurteils erhält, als Matte m M. Seine und Annemaries Gedanken flogen hinüber zu dem unter allerlei Gerümpel das gesuchte Bild entdeckte, alten Manne, dessen langes Leben durch einen Schatten ver- (Fortsetzung folgt.) unglückliche Wedig Malchwitz gewesen lein, der Großvater unseres Ürgrotz- Uaters, der schließlich seinem bösen Temperamente zum Opfer fiel. Sehen Äe, er hat eine'sprechende Aehulichkeit M Großpapa und mit —" mir! Sagen Sie's nur ruhig, Kusine," ergänzte er lächelnd das ver- Mn dreinschauende Mädchen, „was ist im Schlimmes dabei, wenn drei Malch- ^itze, von denen jeder einem anderen Jahrhundert angehört, einander ähnlich sehen? Deshalb brauche ich doch nicht öleich das unglückliche Erbe mitbe- Munen zu haben. Vielleicht soll ich nn Gegenteil manches wieder gut machen, Ms durch die beiden zerstört worden w-, Tenn an dem Zerwürfnis zwischen seinem Großvater und Onkel Wedig hl in letzter Linie doch der alte Herr ° oben schuld!" Und Malte wies aus finster dreinblickenden hageren Ritter, in seinem schwarzen Küraß noch "whender aussah. Seine Rechte griff hoch dem mächtigen Raufdegen, der in Autrotem Wehrgehänge stak — es Mochte vielleicht dieselbe Waffe gewesen IVäter seinen eigenen Bruder erschlug. Kastellan alles hererzählt, was sie von Bildern wußte, „das hier muß der nigstens nach den Initialen .4.. Äl. Amalie Malchwitz Ferdinand (Malchwitz). Dort hängt das Ehepaar — Amalie und Ferdinand Malchwitz, Ihre Großeltern mütterlicherseits. Ferdinand war Kapitän bei den Bayreuther Dragonern und hat, wie Sie an der Fußnote an seinem Bilde sehen, den Einzug 'M Paris in Blüchers Gefolge mitgemacht." In etwas überstürzter Weise erklärte und schilderte Anne marie dem Vetter die gemeinsamen Ahnen. Ihre innere Un- whe trieb sie zu immer neuer Rede an, sie sprach, wie Kinder hugsn, die'allein im Walde gehen und sich fürchten. Aber alle ihre Anstrengungen konnten Malchwitz doch nicht daran hin dern, daß er seine Aufmerksamkeit in weitaus höherem Maße auf die lebende Malchwitz neben ihm, als auf die toteu Malch- Mitze an der Wand richtete. spät — meine Zukunft gehört bereits einem anderen!" Und dann —? Sie war glücklich wie der Gefangene, der einen kurzen Aufschub seines Todesurteils erhält, als Malte in einer Ecke in Gedanken/* sagte Malte, dem ihr plötzliches Verstummen auffallen mußte. — „Ach — ich dachte daran, was ich alles in den kurzen zwei Jahren erlebt habe, die ich nun hier in Malchentin zubringe." „O, — man erlebt, scheint es, sehr viel hier! Ich habe in den wenigen Tagen mehr erlebt, will mich dünken, als vorher in meinem ganzen Leben zusammengerechnet." Annemaries Seele zitterte. Sein Blick, sein ganzes Wesen — alles verriet ihr, daß er sie bereits als die Seine betrachtete, daß nur ein einziges Wort noch die Schleuse öffnen müßte, da mit all die große Zärtlichkeit sich über sie ergoß, die der Manu an ihrer Seite für sie fühlte. Ihr inneres Selbst wand sich in Qualen. Es war ihr ein unendlich süßes Bewußtsein, daß Malte, der so in seiner ganzen Art wie ein Teil von ihr war, sie liebte — und doch — er durfte, er sollte es ihr nicht sagen — sie mußte ihm vorher — noch in letzter Sekunde zurufen: „Zu 44"