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str Dienst in den Trancheen und Batterien .hart. Die Leute müssen die langen, kal- ^Herbstnächte, oft bis an die Knie in Mer und Schlamm stehend, arbeiten. Der ^arf an Fußbekleidungen ist gar nicht zu, — 287 — Offizier eines hessischen Regiments zu Fuß von Portugal nach Rußland marschiert und bei dem Uebergang über die Beresina mitge wesen war. Der noch sehr rüstige Greis rä- sonnierte weidlich darüber, daß, während sich Lur MbUmaMung äes äeulkken Heeres: Den letzte Kutz vor äer lstbtakrt. Nut äen Ssknköfen spielen Nck viele weh mütige Srenen beim Nbübieä ab. Nier umarmt ein Vater rum letzten Mal lein Ueib unä seine Kinöer. clort ein Sruäer seine Sckwester oäer äer kelervill leine Sraut. Ober immer geht es mit einer ge- wislen Liegerruversickt hinaus, um äen ?einä an veutwlsnä; örenren rurückru- KKIsgen Möge äiele LuverNckt nickt ru sckanäen wcrclen. Jeden Morgen kommen die ar- m ^erle zu uns ins Depot und bitten und um warme Socken und Strümpfe, kklir wird zum guten Teil von Land- tzx belagert. So sind es denn meist äl- T.^sute mst gefurchten Zügen und kräftigen ^Ppelbärten, die daheim ein Geschäft und und Kinder haben, und wer kann es un- mit anhören, wenn so ein Mann, noch durch raren von der nassen Herbstnacht, ien!> Stimme einem seine Sappeu-r- j ue oder Kanoniertätigkeit schildert und um t., wollene Unterjacke oder ein zweites Paar ch?u.twtitioniert. Ich habe nun die abscheu- Gewohnheit, zu geben, so lange was da in diesen Liberalismus in Woklsasien iin Ä meinem dermaligen Vorgesetzten, im .^u^nniter, bereits in empfindlichen Mei- ^ttreit geraten und habe mir ernstliche zugezogcn. Jacken und Strümpfe und kostbare Dinge sollen durchaus Zuehr an einzelne Leute, sondern nur h» o^wvebeln kompagnieweise abgegeben wec- sind nämlich erstaunliche Fälle vor- chswwen, daß einzelne Mannschaften sich wie- chwu mit gestrickten oder auch gewirkten Fuß- ch^dungen, Pulswärmern und anderen der- Dingen haben begeben lassen, dieselben , ^wegs angelegt, sondern an andere ,! waten oder auch an Dorfbewohner um ein >chlges verkauft und den Ei^ös vertrunken, wie man das Verfahren in der Depot- tzwche nennt, „inwendig angezogen" haben, zum „inwendigen Anziehen" waren selbst Kmderstrümpfe für vierschrötige Landwehr- lun recht geeignet. , ^n Berlin war im Jahre 1870 die Zw chung von Liebesgaben organisiert durch s 'Komitee, an dessen Spitze der pensionierte lleral Webern stand, ein alter, sehr origi- Herr, der bereits im Jahre 1812 als im Sommer und in den schönen Tagen des Herbstes alle möglichen Elemente zu diesen Liebesgabentransporten meldeien, mit Eintritt der Winterwitterung, die freilich damals un gewöhnlich streng war, sich niemand mehr zur Begleitung der Transporte fand, lind dabei sollte nun zum Weihnachtsfeste der größte die ser Transporte abgehen, um den vor Paris agernden deutschen Truppen ein Weihnachts fest heimatlicher Art zu bereiten. Es fand sich schließlich in Sebastian Hensel, dem Sohne der Fanny Hensel und Neffen von Felix Mendelssohn-Bartholdi, der Mann, der diesen Riesentransport von Liebes gaben leitete, und der uns über diesen und die Ausführung seiner nicht leichten Aufgabe ausführliche Mitteilungen in seiner Autobio graphie macht. Die Hauptsachen bildeten die vom Komitee angeschafften Waren: Schreibfedern, Papier, Siegellack — diese Dinge zeigten sich üach Hensels Mitteilungen als aguz besonders be gehrt, da Schreibmaterialie^n Frankreich gar nicht aufzutreiben waren —, Messer, Scheren, Pfropfenzieher, Bleistifte, Notizbücher, Porte monnaies mit Geld; Pfeifen, Zigarrenspitzen, Tabak und Zigarren, Schinken, Würste, Pfef ferkuchen, Wein und Spirituosen aller Sorten, Tee, Kaffee, Schokolade, warme Kleidungs stücke, Leinwand, Matratzen, Wolldecken usw. Die kleinen Gefchenkgegenstände waren in hüb schen Verpackungen und mit Vignetten und lustigen Versen von hervorragenden Berliner Künstlern geziert. Dazu aber kamen noch zahlreiche Einzel- sendumgen, die Hensel übergeben wurden. Hensel erzählt: „Eine große Kiste von der Fürstin Radziwill für ihren Sohn bei den Gardepioniercn. Ein altes Frauchen kam und brachte ein Paar wollene Strümpfe für ihren Sohn Wilhelm. Wo dieser Wilhelm Schulze stände, darüber hatte sie, außer der denn doch sehr vagen» Bezeichnung „in Frankreich" keine Ahnung. Ich machte ihr begreiflich, daß es doch einigermaßen schwer fallen würde, ihren Wilhelm aufzufinden; ich würde mir alle Mühe geben, bat aber um die Ermächtigung, die Strümpfe allenfalls auch einem andern Schulze — und wenn er selbst Müller hieße — zu geben. Erst als ich sonst die Gabe überhaupt zurückwies, willigte sie mit schwerem Herzen- ein. Natürlich habe ich den Sohn nicht aus findig gemacht, konnte aber die Strümpfe, wenigstens einem Namensvetter Schulze, der aber den Vornamen Karl hatte, einhändigen." So gingen damals unter Hensels Leitung viele tausend Kollis, die sieben Waggons vom Boden zur Decke füllten, nach Paris. Nur für Hensel und seine zwei Begleiter war in einem der Waggons Raum zum Schlafen und Kochen freigelassen. Es war ihnen freige stellt, in einem Abteil zu fahren, aber Hensel lehnte das ab, und er meint, daß es sehr gut gewesen, dies getan zu haben, denn er hätte wenig von den Sachen nach dem Bestimmungs ort gebracht, wenn er nicht immer unmittel bar bei den Wagen geblieben wäre. . Selbst so war es ihm schwer, bei den vielen Um rangierungen seine Waggons zusammenzuhal ten, und es gelang nur dadurch, daß er sie schließlich mit Tannenbüschen schmückte, wo durch sie jederzeit weithin sichtbar und immer leicht zu finden waren. „Auch nachher m Lagny erwiesen sich," so sagt Hensel, „diese Tanuenbüsche als sehr praktisch: ich wies die W.igen der Truppenteile, die die Geschenke ab- zuholen kamen, zu den „sieben Tannenbüschen" zu fahren. Auf i st- Weise konnten sie mich auf dem vollm'pu^ieu Bahnhof leicht aus findig machen." Der Transport, der bei grim miger Kälte drei Wochen lang dauerte, war mit unendlichen Schwierigkeiten verknüpft. Aber Hensel konnte sich schließlich sagen: „Viel- Freude unter unseren Soldaten hatte ich ver breiten können, mein Auftrag war gut aus- gesührt: ich hatte die Genugtuung, von den Tausenden von Einzelstücken nur über zwei oder drei nicht genaue Rechenschaft dem Ko mitee ablegen zu können, da sie sich verkrü melt hatten." Natürlich gingen außer solchem großen Transporten von Liebesgaben auch viele ein zelne nach dem Kriegsschauplatz. Es waren wohl nur wenige im Felde, die, wenn sie lange irgendwo lagerten, nicht von liebenden Angehörigen Liebesgaben bekamen. Besonders erhielten solche die Belagerer von Paris, die freilich mehrere Monate dort ausharren muß ten. Berühmt waren auch die Zigarren, die Herr von Bleichröder mehrmals während der Belagerung nach Versailles an Bismarck und die anderen Mitglieder des Auswärtigen Amts sandte, die aber als „Friedenszigarren" immer nicht geraucht werden konnten und daher vom Spender mehrmals erneuert wurden. Vielfach hatten Handel und Industrie besondere Lie besgabenpakete hergestellt, die aber oft recht unnütze Dinge enthielten, deren Hersteller sich kaum eine Vorstellung machen mochten, was Krieger im Felde wohl brauchen können und mögen. Wie es beim Schenken eben überhaupt darauf ankommt, bei dec Wahl Verstand und Gemüt zu Vereinen, so besonders, bei solchem Auswählen von Geschenken für den Kriegs schauplatz, wo das Nützliche und Praktische zum Luxusartikel wird, der begehrt ist, und wo es ganz besonders heißt, Goethes Wort „Leget Anmut in das Geben!" zu beher zigen.