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Allgemeiner Anzeiger : 28.05.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190205286
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19020528
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-05
- Tag 1902-05-28
-
Monat
1902-05
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 28.05.1902
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Justfzminifier Dr. Friedberg vorgestellt wurde, machte der Herrscher Persiens eine fragende Miene, als ob er nicht recht verstünde, was das sei, Justizminister. Endlich fiel ihm das Richtige ein, und er meinte: „Ah, nun weiß ich" — und dabei machte er das Zeichen des Hängens. — Der jetzige Schah wird als sehr intelligent gerühmt; er spricht gut französisch nnd auch ein paar deutsche Brocken fließen öfter in die Unterhaltung ein. Im vergangenen Jahre modellierte ihn Bildhauer Görling zu Narienbad. Die persische Majestät gewährte ihm zwei Sitzungen. Dabei wurden gleich die allerhöchsten Wünsche zum Ausdruck gebracht. So wollte der Schah, daß die Schnurrbart- spitzen etwas höher ausliefen — „aber," fügte n wörtlich hinzu, „nicht: ES ist erreicht l" So ist die deutsche Kultur schon nach Persien gedrungen. Die Stätte des Neuster Eisenbahn- «mglücks, bei dem mehrere Personen getötet, andere schwer verwundet worden find, ist am Donnerstag gerichtlich besichtigt worden. Es waren dazu außer den Behörden vom Neußer Amtsgericht der Staatsanwalt aus Düsseldorf nnd der Eisenbahndirektions-Präfident aus Köln eingetroffen; später kamen noch dazu Beamte aus dem Neichseisenbahnamt. Es wurde fest gestellt, daß das Unglück herbeigesührt worden ist durch ein Mißverständnis zwischen dem Stationsasfistenten und dem Weichensteller, der °ie Weiche für den Güterzug zu bedienen hatte. Der Weichensteller soll die telephonische An- irage des Assistenten, der Güterzug könne wohl wich abgelassen werden, als Auftrag dazu, das Abfahrtssignal zu geben, aufgefaßt haben. Auch bestimmte Vorschriften sollen nicht beachtet, fowie an der betreffenden Weiche die vor geschriebene Sicherheitsvorrichtung nicht ange bracht worden sein. Der Humbert-Schwindel. Der mit der Untersuchung der Schwindelaffäre Humbert be iraute Untersuchungsrichter vernahm am Donners- iag Madame Parayre, welche interessante Mit- Ölungen über die Entstehung der falschen Mdert-Millionenerbschaft machte. Aus ihren Mitteilungen geht hervor, daß Madame Humbert tatsächlich eine Million geerbt hat. Auf diese «umme lieh sie dann nach und nach immer höhere Summen, bis sie schließlich das Märchen von den ihr zufallenden 100 Millionen erfand. Eine Sechzigjährige — liebeSkrauk. «ar einem Londoner Gericht halte sich Miß mara Schild ans Whetstone, KO Jahre alt, Wiederum wegen Belästigung des Geschäfts- Arers der dortigen Brauerei zu verantworten. M Vernehmung ergab, daß letzterer im Ver- Me der letzten 15 Jahre Tausende von Licbes- Mfen von der Angeschuldigten erhalten hatte. Alles war von seiner Seite geschehen, um die Mende „Junge D^me" zu entmutigen und Mr Illusionen zu berauben, doch sie ließ nicht und machte dem von ihr Geliebten so viele Annehmlichkeiten, daß er sich endlich veran- M sah, den Schutz des Gesetzes anzurmcu. Atzt war Miß Schito geladen, um 200 Mark Fusion zu hinterlegen. Sie erschien, so jugend- U wie möglich gekleidet und erklärte dem Wer, daß es ihr gänzlich fern gelegen habe, Ar. Horn durch ihr Nachlaufen zu belästigen." Aber wolle sie ins Gefängnis gehen, als dem Mebten Unannehmlichkeiten bereiten. Der Achisanwalt drs Klägers beantragt, man möge ^dier Wochen einspeiren und während dieser W auf ihren Geisteszustand untersuchen lassen. Ar Richter verschob den Urteilsspruch, da eine MUehmung der Verwandten der Angeklagten ^wendig sei. — Miß Schild: „Dari ich ihm Wgsteuö „Guten Abend" sagen?" Sie Me ersucht, sich ohne dies zu entfernen, und N thränenüberströmlem Antlitz wurde die greise Abeskranke von einem Schutzmann aus dem ^al geführt. Eine dramatische Szene spielte sich jüngst N einem Londoner Polizeigericht ab, eine Mene, wie man sie sonst nur in Romanen zu M gewohnt ist. Ein Gastwirt namens Fooks von seiner Frau wegen Mißhandlung ver- M worden und gab zu seiner Verteidigung daß die Frau, die ihn beschuldigt habe, ^nicht seine rechtmäßige Gattin sei. „Ich f^bn s machen, daß ich gehorcht habe, was A. keineswegs die Sache der Eva Greißler pflegt. Nein! Ich habe mich nie viel anderer Leute Thun und Treiben ge- Avtert. „Was dich nicht brennt, das blase Das war immer mein Wahlspruch." L-Wo haben Sie denn gehorcht, Frau ff,'Mr?" fragte Gabriele ungeduldig; denn ein, daß sie sonst vielleicht noch lange die Hauptsache erfahren werde. H -Beim Herrn Baron! Sie wissen ja, daß Allemal die an das Wohngemach stoßende »Mfstube für die Nacht richte. Als ich nun dies wiederum that, hörte ich, wie ein ^"Mr — wissen Sie, ich merkte das gleich Geklirre, das diese Herren vom M litär Machen — ja, wie ein Offizier ins Neben- eintrat und vom Herrn Baron empfangen ^ve. Man hört jedes Wort herüber, auch jA.die Thür verschlossen ist, aber das schadet Achts, denn ich horche nicht absichtlich, wie ^ANen vorhin sagte, und wenn ich auch ein- ih. etwas erfahre, was nicht für meine Ohren fAmt ist, nun, dann kann die Greißlern ^ schweigen. Heute aber, Gabrielchen, heute p lauschte ich ausnahmsweise doch; denn N die ersten Worte, die ich wider meinen h A vernahm, erregten meine Aufmerksamkeit, handelte fich — erschrecken Sie nicht — ich bas bald los, um den Vorgang von vor» A abend, wissen Sie, um die dumme Ge- auf der Straße mit dem unartigen von der Sie mir erzählten, als ich anmerkte, daß etwas vorgegangen sein und nicht eher uachgab, bis Sie eö be höbe Beweise," sagte er, als die Frau fich auf ihren Trauschein berief, „daß der recht- mäßige Gatte fich hier im Saale befindet.' Elizabeth Fooks hatte vor mehr als 16 Jahren als die Witwe des Brauereiarbeiters Green den Angeklagten geheiratet, und gab auf Be- fragen des Magistrats an, die Mutter ihres ersten Mannes habe ihr gesagt, er sei an den Folgen eines Unglückssalles gestorben, und sie habe auch nie wieder etwas von ihm gehört. Unmittelbar darauf entstand eine Bewegung :m Zuhörerraum und ein kleiner alter Mann trat vor den Richter mit der Angabe, er sei Georg Green, Brauerei-Arbeiter, und habe im Jahre 1875 die Klägerin geheiratet. „Ist das Ihr Mann?", fragte darauf der Richter die Frau, Auch auf Gl. Vincent regt eS fich wieder fixier. Dienstag abend vernahm man dort e. furchtbares Getöse, begleitet von heftigen Ekdstößen und elektrischen Entladungen. Aus dem Krater drangen dichte schwarze Wolken hervor. Um 8 Uhr 30 Min. erhob sich eine leuchtende Wolke aus dem Krater und ver schwand nach Norden; alsdann erfolgte bis Mitternacht ein feiner Aschenregen. Der Be wohner hat fich eine große Panik bemächtigt; fie fliehen, wohin fie können. Nach weiteren Meldungen bedeckt der neue Ausbruch des Sousriöre alles mit Asche zwei Fuß hoch bis sechs Meilen von Kingstown. Außerdem hat St. Vincent einen neuen Vulkan, Bonhomme, unweit Kingstown erhalten, der Rauch ausstößt. Der am 13. d in Kiel ringemrihtr Gedenkstein für die in den chinestsche« Mirren Gefallenen. Einen sehr guten Appetit scheint man am spanischen Königshofe zu haben, wenn folgende Mitteilungen, die der .Revue hebdomadaire' von einem ehemaligen Küchenchef des jungen Königs gemacht wurden, auf Wahr heit beruhen: Um 8 Uhr morgens findet daS erste Frühstück statt, be stehend aus Thee, Schokolade, Kaffee mit Milch, Butterkuchen, gerösteten Brot schnitten und kaltem Fleisch. Um 11 Uhr zweites Frühstück: Suppe, zwei Entrees, Braten, Gemüse und Nachtisch. Um 4 Uhr Lunch: Thee, Kuchen, belegtes Brot, spanische Weine. Um 7 Uhr großes Diner, zu welchem mehrere Gäste geladen find: zwei Suppen, zwei Entrees, zwei .Msvös", Braten, Gemüse, Eis, acht Teller mit Dessertgebäck, Käse, Obst. Feine Weine und Champagner. Um 9 Uhr 30 Min. Vesperbrot: Thee, Weine, kaltes Fleisch, Gebäck. Die ganze Nacht hindurch hat ein Koch Dienst, der immer noch ein Gericht in Bereit schaft halten muß, und es kommt sehr wt vor, daß ein oder das andere Mitglied der königlichen Fa milie trotz der fünf großen Tages mahlzeiten nicht satt ist und auch noch in der Nacht einmal speist. (Das ist entschieden des Guten zu viel gethan.) die mit Staunen und Widerwillen auf den Arbeiter heruntersah und fich offenbar höchst unbehaglich fühlte. „Er ist sehr verändert," stammelte fie schließlich, „ich habe ihn 23 Jahre nicht gesehen, seit er einen Monat Zwangs arbeit bekam, weil er mich gemißhandelt hatte. Bin ich Ihre Frau?" wandte fie fich dann zu dem Manne. „Ja, Elizabeth, das bist du," erwiderte dieser feierlich, worauf der Richter er klärte, daß damit der Fall vorläufig erledigt sei, es wäre aber interessant für ihn, zu hören, auf welche Weise Fooks von der Existenz des ersten Mannes seiner Frau Kenntnis erhalten habe. „Ich wußte es seit drei Jahren," ant wortete dieser, „aber ich hätte ihr nie im Leben etwas davon gesagt, wenn fie mich nicht ange- zeigt hätte." Sttäfliugsrevolte. In Kowno (Ruß land) fand im dortigen Strafhause eine Ver schwörung der politischen Häftlinge statt, weil mehrere internirte Studenten brutal behandelt wurden. Die Fensterscheiben und Eisengitter des Gefängnisses wurden zertrümmert. Das Gefängnispersonal konnte der Revoltierenden nicht Herr werden, weshalb Militär zur Her stellung der Ruhe requiriert wurde. Die Teil nehmer an der Verschwörung wurden schweren Züchtigungen unterworfen, was unter der Be völkerung große Aufregung hervorrust. Auf Martinique dauern die Ausbrüche des Mont Pelee fort. Der französische Marine- Minister erhielt am Dienstag von dem Komman danten des „Suchet" aus Fort de France ein Telegramm folgenden Inhalts: Heute vor mittag erfolgte ein heftiger Ausbruch; es fielen Steine nieder. Der Ausbruch verursachte eine starke Panik in Fort de France. Ich besuchte die Küste bis zur großen Bucht bin. Umge kommen ist niemand, der Schaden ist erheblich. Von Carbet und den benachbarten Ortschaften kamen gegen 250 Menschen hier an. Zahlreiche Einwohner verlassen die Kolonie, obwohl Fort de France nicht bedroht ist. Auffindung eines Diamanten von 33« Karat. Kimberley hat jetzt seine Sensation. In der dortigen OttoS Kopje-Mine wurde ein Diamant von obigem Gewichte ge sunden. Ob er thatsächlich diese Größe hat, oder ob es fich überhaupt nur um ein Manöver h ndelt, um den englischen Kapitalisten, die in Südafrika festfitzen, wieder ein wenig Mut zu machen und fie nötigenfalls zu neuen Opfern geneigt zu machen, läßt fich augenblicklich noch nicht übersehen. Der neue Diamant ist stroh gelb gefärbt und hat die Form eines flachen Achtecks. So lange der Diamant ohne Schliff ist, läßt fich sein genauer Wert schwer be stimmen; immerhin dürfte eS ein nettes SümMhen sein. In der Reihe der großen im Kapland gefundenen Diamanten wird der „Diamant von Kimberley" erst an dritter Stelle stehen. Der größte ist der 1893 gefundene „Excelfior", der ein Gewicht von 971'/« Karat hat. Nach ihm kommt der Diamant „Viktoria", gefunden 1884 (roh 457, geschliffen 180 Karat.) GerichtshaUe. Berlin. Wegen versuchter Verleitung zum Mein eide stand die Schankwirtin Emma Held vor der Strafkammer des Landgerichts. Die Angeschuldigte ist Inhaberin eines Schanklokals mit Damenbedte- nung. Im Herbst v. überschritt fie die Polizeistunde. Ein Schutzmann stellte dies fest und erstattete An zeige, worauf Frau Held ein polizeiliches Strafmandat in Höhe von 8 Mk. erhielt. Die von ihr beantragte richterliche Entscheidung fiel zu ihren Ungunsten aus, da selbst ihre beiden Kellnerinnen fie belasteten. Die letzteren schieden später von ihr in Unfrieden und zeigten nun an, daß Frau Held versucht habe, sie in der Uebertretungssache zu einem Meineide zu verleiten. Der Gerichtshof hielt die» auch auf Grund der staitgehabten Beweisaufnahme für er wiesen und verurteilte die Angeklagte zu dem zulässig niedrigsten Strafmaß, einem Jahr Zuchthaus. Bochum. Wegen unerlaubter Veranstaltung einer öffentlichen Ausspielung war der Kaufmann der jedem 10. Käufer, ver am Eröffnungstage richteten. Denken Sie nur, Kind, nun muß fich der gute, arme Mann um seiner edelmütigen Gesinnung wegen auch noch der Gefahr aus- setzen, eine blaue Bohne in den Leib zu be kommen! Ach! Es ist ein rechtes Unglück, daß aus der leidigen Sache solche schrecklichen Folgen hervorgehen I" Gabriele halte atemlos auf den Bericht der Frau gelauscht und bei den letzten Worten ihr Gesicht mit beiden Händen bedeckt. Als die Alte hier etwas inne hielt, raffte fich das Mäd chen rasch auf und faßte sie krampfhaft bei der Hand. „Das ist gräßlich!" stöhnte fie unter dem Zeichen des größten Schmerzes. „Und um meinetwillen soll das geschehen? Nein! Es muß verhindert werden — um jeden Preis! Sagen Sie alles, was Sie etwa sonst noch vernommen haben, Frau Greißler! Aber rasch, ich bitte Sie!" „Sie sollen alles erfahren, Kindchen l Mein Golt! Ich sehe ja, wie nahe es Ihnen geht, daß Sie unschuldiges Lamm die Ursache find, die dies heibeisühren mußte. Morgen nach mittag um zwei Uhr in dem abgelegenen Buchenwäldchen links an der Klingenreuther Straße soll die nicht-'würdige Schlächterei, zu der man den unglücklichen Baron zwingt, vor fich gehen. Jener Dillheim, der abscheuliche Mensch, hat ihn durch den andern, welchen ich belauschte, auf Pistolen fordern lassen und noch auf Barriere dazu, oder wie das Ding hieß, was weiß eine schlichte Bürgersfrau wie ich von den gottlosen Mordgeschichten l" Gabriele Halle den Mitteilungen zuerst noch einige Augenblicke unthäng zugehört, dann aber griff fie plötzlich nach Hut und Ueberwurf, und nun, als die Greißler zu Ende war, stand fie schon zum Ausgehen gerüstet da. Ihre Abficht war, zur Braut Oswalds zu eilen und dieser den ganzen Sachverhalt offenherzig zu erzählen. Mit ihr wollte fie dann beraten, was geschehen könne, um dem drohenden Unglück vorzubeugen. Cora war ja die einzige, welche möglicherweise handelnd vorgehen konnte, obwohl sich Gabriele in einer sogenannten Ehrensache, bei den An fichten, welche ein großer Teil der Männer über dieselben hegt, von weiblichem Einflüsse wenig versprach. „Wo wollen Sie denn hin, mein armer kleiner Liebling?" fragte die Berichterstatterin. „Ich will das einzige thun, was ich unter nehmen kann in dieser furchtbaren Situation," entgegnete das Mädchen. „Aber fragen Sie nicht weiter, Frau Greißler, jetzt wenigstens nicht l" „So gehen Sie, gutes Kind, obwohl ich nicht weiß wohin und was ein Persönchen wie Sie da noch ausrichten will. Wenn es Ihnen aber gelingen würde, dem Zweikampfe vor zubeugen, so wäre mir ja alles recht, selbst wenn es herauskommt, daß ich an der Thüre . . . aber horchen Sie. . . holl nicht jemand angeklopft?" Es war in der Thcll so. In diesem Augen blick erscholl nochmals ein kräftiges Pochen. Aus Gabrielens „Herein!" erschien ein Besuch, der das höchste Erstaunen der anwesenden Frauenspersonen erregte. „Wohnt hier Fräulein Gabriele Rudorfs?" bet ihm erschien, ein Geschenk versprochen hatte, vom Landgericht auf die Anklage der Veranstaltung einer Ausspielung freigesprochen worden. Zu einer Ver teilung der Geschenke war e» nicht gekommen, da die Polizei dazwischen getreten war. DaS Landgericht hielt eine Ausspielung nicht für vorliegend. Von einem Einsatz könne keine Rede sein, weil die Preise für die verkauften Waren angemessen waren. Ter Angeklagte habe auch keine unsichere Aussicht auf einen Gewinn gemacht, sondern im Vorau» bestimmten Personen ein Geschenk versprochen. — Auf die Revision de» StaalSanwaltS hob das Reichsgericht diese» frei sprechende Urteil auf und verwies die Sach« an da» Landgericht zurück, da nach der Rechtsprechung des Reichsgericht» der Einsatz in dem Kaufpreise zu er blicken sei ohne Rücksicht darauf, ob er angemessen sei oder nicht. Nürnberg. Ein Landwehrmann, der während der Landwrhrübungen in betrunkenem Zustande in Baireuth einen Unteroffizier in der Kantine be schimpft und nach ihm mit dem Seitengewehr ge worfen Hane, ist zu zweieinhalb Jahr Gefängnis verurteilt worden. Die obdachlose MiUiormrstochter. In Paris wurde kürzlich eine planlos in den Straßen umherirrende junge Frauensperson festgenommen, die fich vor dem Polizeirichter als Tochter einer sehr reichen Familie von altem französischen Adel zu legitimieren ver mochte. Sie legte außerdem einen Trauschein vor, demzufolge fie vor fünf Jahren die Gattin eines Bankbuchhalters namens DouglaS Willard geworden war. Frau Laura Willard, geborene de Verneuil, hatte eine traurige Geschichte zu erzählen, die der Romantik nicht entbehrt. Als schönes, vielumworbenes Mädchen machte fie bei einem Besuch in der Seinestadt — ihre Eltern lebten in der Provinz — die Bekannt schaft eines jungen Bostoners, der in einer der großen amerikanischen Banken in Paris mit einem bescheidenen Gehalt angestellt war. Da Laura wußte, daß ihr geld- und adelsstolzer Vater nie seine Einwilligung zu einer Heirat mit Douglas geben würde, ließ fie fich heimlich mit diesem trauen. Die Voraussetzung der jungen Leute, nachträglich den Segen und die Mitgift von den Eltern zu erhalten, erwies fich als irrig. Man verzieh der undankbaren Tochter nicht, obwohl fie das einzige Kind war, und nach Verlauf von drei Jahren empfing die junge Frau ein Dokument, aus welchem sie er sah, daß man fie endgültig enterbt hatte. Bald darauf verließ Willard sein Weib und kehrte nach Amerika zurück. In einem zurückgelassenen Schreiben gab er der ohne jegliche Subsistenz« mittel dastehenden Frau die Versicherung, daß er an ihrer Person nichts auszusetzen habe, daß aber sein Salair zu gering sei, um ihr und sich daS Leben angenehm zu machen. Er gab ihr den Rat, allein zu ihren Eltern heimzukehren. Dies that die Verlassene jedoch nicht, sondern suchte durch Nähereien für Geschäfte soviel zu verdienen, wie fie zum Existieren brauchte. Großen Entbehrungen preisgegeben, wurde die Unglückliche schließlich krank, und da fie keine Miete zahlen konnte, trieb man fie aus ihrem armseligen Logis hinaus. Auch jetzt noch zu stolz, ihre Angehörigen um Hilfe zu bitten, irrte fie Tag und Nacht durch die Straße«. Als man fie wegen Vagabundierens verhaftete, hatte die Aermste seit 48 Stunden nichts mehr genossen. Sie brach nach dem Verhör zu sammen und mußte in die Krankenabteilung deS Asyls für Obdachlose übergeführt werden. Die polizeilich benachrichtigten Eltern eilten zwar sofort herbei, doch fanden fie ihre Tochter so schwer erkrankt, daß fie die Wiedergefundene vorläufig noch nicht mit nach Hause nehmen dürfen. Kuntes Allerlei. Paffender Litel. „Wissen Sie schon, daß der frühere Direktor unseres Elektrizitäts werkes seine Lebenserinnerungen geschrieben hat ?" — „Nein, aber die müssen ja sehr inter essant sein! Wie heißt denn das Werk?" — „Ut mine Stromlid !" Zu liebenswürdig. „So, das Personal im Hotel ist sehr aufmerksam?" — „Ja, sogar durchs Schlüsselloch beobachtet es einen!" ------»------ fragte die tiefe Baßstimme eines Polizei beamten; denn als solchen ließ die Uniform den Eintretenden sofort erkennen. „Ja," entgegnete diese. „Ich bi« eS selbst. Was steht zu Ihren Diensten, mein Herr?" „Haben Sie de« Juwelier Berger ein Medaillon in sehr wertvoller Brillantfassung übergeben?" „Allerdings," versetzte Gabriele, um einen Ton blasser werdend und mit etwas unsicherer Stimme. „Ich war heute vormittag zu diesem Zwecke bei ihm." „Dann thut eS mir leid, daß ich Sie auf- fordern muß, mir sofort zu folgen, denn ich bin genötigt, mich Jbrer Person für so lange zu versichern, bis Sie am zuständigen Ort ge nügende Aufklärungen gegeben haben werden." „Mein Gott! Man wird doch nicht am Ende glauben, daß ich . . ." ertönte es von Gabrielens Lippen. „Sie haben fich zugestandenermaßen im Be sitze einer entwendeten Sache befunden," unter brach fie der Beamte, „und ich kann daher nicht umhin, von diesem Derhaftsbefehl Gebrauch zu machen." Bei diesen Worten überreichte der Mann des Gesetzes ein Papier; aber fie vermochte nicht, es zu lesen, denn der gegen fie erhobene Verdacht raubte ihr fast die Sinne. „Gabrielchen! Um des lieben Heilands willen! Was haben Sie gethan?" rief nun die bisher vor Bestürzung sprachlose Frau Greißler. (Fortsetzung folgt.»
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