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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050225023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905022502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905022502
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-02
- Tag 1905-02-25
-
Monat
1905-02
-
Jahr
1905
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raten im Laufe von drei Dezennien Eigentümer deS Böden» zu rverden. hat einigen englischen Ministern nicht geringen Schaden zugefügt. So holte der Herzog von Devonshire große Liegenschaften in den Äraflchatten Cork und Waterford, und andere Staatsmänner sind von jeher nicht minder in Landspekulationen interessiert gewesen. Mr. Balfour ist der Eigentümer von 84 356 Acres, aus denen er «inen jährlichen MielzinS von 320 000 Bkark be zieht. Daneben Le ützk er «inen kanadischen Großgrundbesitz, der in Winnipeg liegt und von Jahr zu Jahr im Werte steigt, ^'ord Lansdowne, der britische Minister des Auswärtigen, verfügt über 142 916 Acres bezw. ein jähr liches Einkommen von nahezu 1A Millionen Mark. Lord Cadogan sder frühere irisch« Statthalter) ist Großgrund besitzer in dem Londoner Stadtteil« Chelsea, Lord Onslow (der Minister für Landwirtschaft) besitzt 8000 Acres und Mr. A k e r s-D o u g l a S (Minister des Innern) und Mr. Walter Long (Minister der öffentlichen Arbeiten) follen über je 15 000 Acres verfügen. Mr. Loria bezieht aus seinen Gütern jährlich mcht weniger als 140 000 Mark Mietzins. Lord Balfour os Burteigh (nicht mit dem britischen Premierminister zu verwechseln) ist der Eigentümer von 3000, Lord Dudley (der gegenwärtig« irisch« Lord-Leutnant) von 25 554 Acres; Mr. Brodrick (früherer Kriegsminister) wird nach dem Tode seines Vaters etwa 800 Acres durch Erb schaft erlangen. Lord Curzon, der irische Vizekvnig, ist einer der wenigen Staatsmänner, die über einen Großarund- besitz nicht verfügen; wenn er jedoch einen seiner nächsten Verwandten überleben sollte, wird «r 10 000 Acres sein eigen nennen können. Di« Mitglieder der letzten liberalen Partei regierung besaßen Ländereien im Umfange von über einer halbe Million Acres, davon der Premierminister allein 23 299 Acres, Lord Roseberys Schwiegersohn, Lord Crewe, damals irischer Statthalter, hatte 30 000 Acres, urch Mr. Acland war an 36 586 Acres beteiligt. Lord Carrington befaß 25 809, Sir George Trevelyan 28 000, Lord Ripon 28 000 und Lord Spencer 24000 Acres. Sir Edward Grey verfügt ^nur" über 8000 Acres, und Sir Henry Campbell-Bannerman, der heutige Führer der. Opposition, beanüat sich gar mit 1000 Acres. Lord Reay, ein anderer liberaler Pair, hat 15 000 Acres, Lord Gork dagegen, unter liberalem Regime zweimal königl. Oberstallmeister, be sitzt 40 000 Acres. Der Marquis von Breadalbane hatte im letzten liberalen Kabinett aus Liegenschaften das höchste Jahreseinkommen, nämlich über eine Million Mark. Lord Spencer folgte mit 865 000, Lord Carrington mit 850 000 Mark. In dem großen London sind die Verhältnisse noch krasser, weil der Grurch- und Bodenwert natürlich ungemein höher ist. Den Westend-Stadtteil, in dem dte teuersten Jahresmieten erzielt werden, besitzen -um großen Teile vier Pairs, nämlich die Herzöge von Portland, Bedford, Westminster und Lord Portmau. Der Herzog von Bedford bezieht aus dem Covent Garden Markt eine Jahres, rente von ^Millionen Mark, und jede Apfelsine und Kar toffel, jeder Blumenstrauß, die dort umgesetzl werden, tragen nnttels einer zollpflichtigen Abgabe zu seinem Einkommen bei. Der Herzog verfügt über 118 Acres in der Metropole. Der Herzog von Bedford hat 300 Acres, der Herzog von West- mintter, einer der reichsten Männer in England, verkaufte wiederholt einen Ouadrotfuß Landes für 130 Mark. Lord Salisbury ist Eigentümer eines großen Teiles des Strand, aber viel bedeutender ist der Besitz des Herzogs von Nor folk in den belebteren Verkehrsstraßen der Themsestadt. DaS Endergebnis der rumänischen Wahlen. Aus Bukarest schreibt unser 8.-Korrespmdent: Di« Parlamentswahlen, welche sich jetzt ihrem Ende nahen, fallen fast durchweg zugunsten der neuen Regierung aus. Am Sonnabend, wo das III. Kollegium für die Depu- tiertenkammer wählte, erhielten nur 2 oppositionelle Kandi daten Pkandat«, bei den am Dienstag stattgehabten 5 Stich wahlen des I. Kollegiums wurden durchwegs Konservative lind s>ei den Binklen keä I. nnd II Kollegiums für — - ntag und Mittwoch gingen insgesamt 89 Konservative gegen 13 Oppositionelle bei 7 Stichwahlen als hervor. Schmerzlich für di« Negierung war nur, ... Premierminister Cantacuzino bei der Senatswahl in Pitesti unterlag, doch war dies weniger eine Folge der politischen Gegnerichaft als der Verwirrung, die dadurch unter den Wäylern.«ntstanhen war. daß Cantacuzino bereits ' . ..eputiertenkammer ge- daß ein Premierminister ;ne ... . 'ter ^nüber dem damaligen Prenner- ' iteren Irgend eine gewählt und bei den Wahlen des I. und II. Kollegiums für den Senat am Montag und Mittwoch gingen insgesamt 89 Konlervat'.ve gegen 1? "1. 7 ' - " _'7 Gewählte hervor. Schmerzlich für di« Negierung war nur, daß der Premierminister Cantacuzino bei der Senatswahl polttilchcn Gegnerichaft als ... unter den Wählern entstanden war. daß Cantacuzino ,— vorher in einigen Wahlkreisen in di« Deputiertenkam wählt worden war. Der Vorgang, daß ein Premierminist bei den Senatswahlen unterliegt, ist hier übrigens nicht oh Beispiel. Im Jahre 1879 wurde der jetzige Premierminist Cantacuzino in Plaestr gegenüber dem damaligen Prei Minister Bratiaen in den Senat gewählt, was den letz nicht hinderte, bis 1888 im Amte zu bleiben. Irgend politische Folge hat also dieses partielle Mißergebnis nicht, umsoweniger, als die Wahlen in ihrer Gesamtheit einen glänzenden Erfolg der Regierung darstellen. Viel bemerkt wird, daß der mit der Opposition gehende Führer der Juni misten, der frühere Ministerpräsident Earp, weder für die Leputiertenkammer noch für ven Senat ein Dkandat zu er langen vermochte. Bei der Senatswahl der Bukarester Uni versität dürft« fedoch die Wahl auf den früheren junimistischen Minister Maiarescu fallen, da die Konservativen von der Aufstellung eines eigenen Kandidaten abgesehen haben, trotz der 30 Anhänger, die sie unter den hiesigen Universitäts professoren besitze«. Deutsches Keich. Dresden, 25. Februar. * Zu den Landtagswahlen. Wie verlautet, wird der lang jährige Landtagsabgeordnete Stadtverordnetenvor steher Justizrat Dr. Stöckel, der seinerzeit in der Zweiten Ständekammer jene berühmte ,,Le b e w o bl-R e d e" an den Finanzminister v. Watzdorf hielt, aus dem parlamentari schen Leben scheiden. Er will eine Kandidatur für den nächsten Landtag nicht mehr annchmen. An Stöckels Stelle beabsichtigt die konservative Partei den Stadtverordneten Maschinenfabri- kanten Ernst Hermann Kunath als Kandidaten für den 5. Landtagswahlkreis aufzustellen. Mit Kunaths Kandidatur wird sich voraussichtlich auch die Reformpartei einverstanden erklären. Vertin, 25. Februar. * Der Graf-Regeut vo« Lippe »nb da» Berlin» Domsesi. Vereinzelte Blätter machen eS dem Äraf-Regenteu von Lippe zum Vorwurfe, daß er an der Einweihung de» Berliner Dome» nicht ietlnimmt, weil das schiedsgerichtlich« Verfahrrn noch schwebt. Der Graf-Regent bat aber die Einladung de» Kaisers in einer Form abaelebnt, dte jeden Zweifel daran ausschließt. daß das Nichterscheinen de» Graf-Regenten keinerlei Spitze gegen den Kaiser bedeutet. Anderseits ist e» vollkommen selbstverständlich, wenn da» schwebend« Verfahren den Graf-Regenten zur Ablehnung der Einladung bestimmt. ES würde für den Grafen Leopold immer eine recht peinliche Erinnerung sein, erschiene er beim Domkeste in der Reihe der Äundesfürsten und würde er später durch richterliche Ent scheidung aus dieser Reihe wieder ausgeschlossen. AngesichP einer solchen Möglichkeit erscheint der Entschluß deS Graf- Regenten als ebenso natürlich, wie die Begründung deS Ent schlusses korrekt ist. Anderseits beweist die Absendung der Einladung an den Graf-Regenten, daßman auch in Berlin die Korrektheit gegenüber dem Graf-Regenten durchaus zu wahren wünscht. * Strasprozcßresorm. Die Reichskommission zur Ab änderung des Strafprozesses, die am Dienstag, 21. Februar, im Neichsjustizamt in 17. Tagung zusammentrat, wird ihr« diesmaligen Beratungen heute beenden. Die Kommission tritt nur noch zu einer letzten Tagung zusammen. * Vom BundeSrat. In der am 23. Februar unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Dr. Grafen von Posadowsky ab- gehalrenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde ein Schreiben des Reichstagspräsidenten, wonach der Reichs tag in der Sitzung vom 22. d. M. die Zusatzverträge zu den bestehenden Handelsverträgen mit Italien, Belgien, Rußland, Rumänien, der Schweiz, Serbien, Oesterreich-Ungarn, sowie das Viehseuchenübereinkommen mit Oesterreich-Ungarn in un veränderter Fassung angenommen bat, zur Kenntnis ae- genommen. Den zuständigen Ausschüssen wurden überwiesen die Gesetzentwürfe für Elsaß-Lothringcn, betreffend die Pen sionen der Witwen und Waisen der Professoren an der Kaiser Wilhelms-Universität Straßburg, betreffend das öffentliche Vereins- und Versammlungsrecht, sowie die Erteilung von Unschädlichkeitszeugnissen, ferner die Vorlage, betreffend Ver leihung der Rechtsfähigkeit an die Major Christ-Stiftung, und das Schreiben des Fürstlich lippischcn StaatSnnni te- riums, betreffend die Fortdauer der Regentschaft des Gra en Leopold zur Lippe-Biesterfeld. Die Mitteilung des Äeichs- tagspräsidenten über den Reichstagsbeschluß zu oen zum Etat des Reichsamts des Innern für 1904 eingeorachten Resolu tionen, betreffend die Verbesserung der Gesetze zum Schutze des Mittelstandes im Gewerbe, wurde dem Reichskanzler überwiesen. Die Zustimmung sanden der Gesetzentwurf, be treffend die Aenderung des § 113 des Gerichtsverfassungs gesetzes, sowie ein Antrag wegen Gewährung von Zollfreihoit sür die aus der Schweiz nach Deutschland zum Bau der Rhein- brücke zwischen Nheinheim und Zurzach einzuführenden Ma terialien. Außerdem wurden mehrere Kommissare für die Beratungen im Reichstage bestellt und verschiedene Eingaben durch Beschlußfassung erledigt. * Zum Inkrafttreten der neue« Handelsverträge wird der „Köln. Volksztg. berichtet: Sofort nach der Annahme des russischen Handelsvertrages in dritter Lesung ist nach Peters burg telegraphiert worden, damit von Seiten der Botschaft durch die Vermittlung des russischen auswärtigen Amts die Unterschrift des Zaren^zur Vollmacht Nr die Ratifikation er beten werden kann. Sofort nach Vollziehung dieser Unter schrift wird ein besonderer russischer Kurier die Vollmacht nach Berlin bringen, wo alsdann durch den russischen Botschafter die Ratifikationsurkunde mit dem deutschen Reichskanzleramt ausgewechselt werden wird. Erst nach diesem Akt wird der bestehende Handelsvertrag mit Oesterreich-Ungarn gekündigt werden können. Es ist gelungen, durch diplomatische Ver handlungen von Oesterreich zu erreichen, daß der 1. März 1906 als Termin akzeptiert wurde, an welchem der neue Handelsvertrag in Kraft treten soll. Dieser Termin wird nunmehr eingeyalten werden können, jedoch nur, wenn alles aufs prompteste erledigt wird und bei den einzuhaltenden diplomatischen Förmlichkeiten nirgends mehr eine unerwartete Verzögerung eintrikt. In den übrigen Handelsverträgen ist vorgesehen, oaß der Vertrag in Kraft treten soll, sechs Mo nate von dem Tage ab, an dem die beiden vertragschließenden Teile sich zu diesem Zwecke verständigt haben werden. Doch soll diese Frist nicht nach dem 1. Juli 1906 liegen. Diese Bedingung kann nunmehr ohne weiteres eingehalten werden. Wenn jetzt die Verträge, außer dem russischen, von den be treffenden Volksvertretungen genehmigt werden, so kann man damit rechnen, daß die Wirkung der neuen Handelsverträge gegenüber Rußland und Oesterreich-Ungarn -um 1. März 1906, gegenüber den übrigen Vertragsstaaten spätesten» zum 1. Juli 1906 in Kraft treten wird. * Jobst-Leutwcin. Wie die „T. R." aus angeblich glaub würdiger Quelle erfährt, beruht die durch einen Teil d«r Presse gegangene Nachricht, daß die Beschwerde des Oberstleutnants Jobst gegen Oberst Leutwein (wegen dessen scharfer Kritik über den in Warmbad gefallenen Leutnant Jobst) beigelegt sei, durchaus auf Irrtum. Die Untersuchung der Angelegenheit ist eingtzleitet und kann noch längere Zeit dauern, da nicht nur m Berlin, sondern auch in Afrika Zeugen vernommen werden müssen. * Ncueinteilung der preußischen Wahlkreise. Die Wahl- kreiSnovelle ist im Ministerium des Innern ziemlich fe r t i gg est e l l t, so daß ihre Vorlage in baldiger Aussicht steht. Sce trägt dem Anwachsen der Bevölkerung durch eine gerechtere Verteilung und entsprechende Vermehrung der Ab geordnetenzahl Rechnung. * Lotterieverträge. Dem Abgeordnetenbause sind zur Ge nehmigung die Staatsverträge mit Mecklenourg- Schwerin, Mecklenburg-Strelitz und Lübeck zur Regelung der Lotterieoerhältnisse -»gegangen. Den Verträgen zufolge werden die mecklenburg-schweriniche Landeslotterie und die lübeckische Staatslotterie mit dem Ab schluß der laufenden Lotterien eingestellt. Die drei Staaten verpflichten sich, nur die preußische Klassenlotterie zuzulassen. Schwerin erhält dafür eine'jährliche Rente von 400 000 Mark, Lübeck 200 000 Mark und Strelitz 67 000 Mark. Di« Verträge treten am 1. Juli 1905 in Kraft. ftrell in Haimover. Da» Ergebnis der »ev den Ausschüssen der Professor«» und 4« Beilegung de» Konflikt» an der Hoch» ie Absenkung folgenden Telegramm» an ntereffe der ra „Lw. Erzellenz Litt«) der Ausschuß der Professoren in Gemeinschaft mit den Vertrauensmännern der Studenten schaft ebrerkietigs ein« Cnttchridung über dir Eingabe oom 22. d. Mts- betreffend dl« Bestrafung der Studenten Heile und Zimmermann baldmöglichst zu treffen und uns im Interesse der ra chen Wiwerberstelluna deS akademischen Frieden», insbesondere der Wiederaufnahme dn: Vor lesungen «ine telegraphische Antwort zuteil werden M taffen." Wenn hierauf ein« befriedigende Antwort erteilt wird, sollen am Montag die Vorlesungen wieder besucht werden. Voraussetzung für di« Herstellung deS Friedens ist i«doch, daß in dem neuen Verfahren das erste Urteil aufgehoben wird und daß die Studentenschaft auch bezüglich der übrigen For derungen ein Entgegenkommen findet. An dem Kultus ministerium wird es letzt sein, den Weg zum Frieden anzu bahnen. DaS soll anscheinend auch geschehen, denn am Frei tag abend wurde Geheimrat Launhardt telegraphisch zur Kon ferenz beim Kultusminister berufen. Herr Launhardt ist hettte früh nach Berlin abgereist. * Osterode, 24. Februar. Die Landtags«rsatzwahl im Kreise Osterode-Neidenburg wird am 31. März bezw. 11. April stattfinden. * Jena, 24. Februar. AIS Nachfolger deS auS seiner Stel- lung als Oberstaatsanwalt am thüringischen Oberlandesgertcht hier am 1. April zurücktretenden Geb. Justizrats Dr. jur. L o m m e r ist der weimarische Geh. Justizrat Traulvetter in Aussicht genommen worden. Ausland. Oesterreich - Ungarn. * Der Mißerfolg de- Grafen Audraffh. Von seinem „be sonderen Korrespondenten" läßt sich das Wolffbureau aus Wien melden: „Gras Julius Andrassy hat heute dem Kaiser denVorschlag der Bildung eines Koalltionskabinetts unterbreitet, dessen Mitglieder aus der jetzigen Mehr- heit der koalierten Opposition gegen die bisherige Re gierung zu entnehmen seien. Für den Fall, daß der Kaiser den Vorschlag nicht genehmigt, bat er um Enthebung von seiner Mission als Vertrauensmann der Krone. Der Kaiser hat sich die Entscheidung Vorbehalten." In einer daran sich anlehnenden Zeitungsdepesche ttnrd mitgeteilt, daß der Monarch der Bildung eines ungarischen Koalttionsmini- steriumS zustimmte, die verlangten militärischen Kon- zessionen aber entschieden ablehnt. Selbst die berusss- mäßlgcn Schönfärber sehen ein, daß Graf Andrassy mrt diesem Bescheid bei dem Versuch der Bildung eines Ministe riums auf die größten Schwierigkeiten stoßen wird. * Das AuSwanderuugswcscn. DaS Subkomitee des volkswirtschaftlichen Ausschusses des öster reichischen Parlaments beschloß, wenn möglich, noch vor Ostern die Veranstaltung einer Untersuchung deS Aus- wanderungSwesenS. Italien. * Eisenbahnervorlage und Eisenbahnerausstand. Wie das Woffbureau römischen Blättern entnimmt, machte sich ays Anlaß der Eisenbahnvorlage auf verschiedenen Bahnhöfen bereits unter dem Personal von Güterzügen «in« Störung bemerkbar, die darauf ausgebt, den regelmäßigen Gang des Dienstes und den Verkehr der Züge zu erschweren. Die parlamentarischen Gruppen der Republi kaner und Radikalen haben sich im Prinzip für die Verstaatlichung der Bahnen, aber gegen alle Bestiuz- mungen ausgesprochen, welche einen Aus st and unter sagen. Einen ähnlichen Beschluß faßte die s o z ia l ist i s ch « Gruppe und erklärte dazu, daß sie sich mit allen Mitteln, selbst, falls es notwendig sein sollte, durch Obstruktion., allen Bestimmungen widersetzen werde, welche einen Ausstand der Eisenbahnbeamten untersagen würden. Nach einer an deren Meldung ist die Entscheidung der Kommission der Eisenbahner noch nicht gefmlen. Die parlamentarisch« Fraktion fordert die Arbeiter auf, im Falle der Annahme der Entwürfe durch die Kammer in den Generalstreik zu treten. Der Parteivorstand erläßt ein Manifest an die So zialdemokraten Italiens, welches zu energischem Kampfe für die Arbeiterrecht« gegenüber der Reaktion auffordert. Wie endlich einer römischen Korrespondenz der „Köln. Ztg." zu entnehmen ist, äußern die Sozialisten in ihrer Presse den allerdings etwas grausamen Verdacht, die Verstaatlichungs vorlage unter vorläufigem Ausschluß der 2000 lcm der Adriatischen Gesellschaft sei nur eine geschickte Vorspiegelung, auf die schließlich in der Tat der Uebergang des gesamten italienischen Bahnbetriebs an letztere Gesellschaft folge» werde. Zur Begründung dieses Verdachts, dem eine ernsthafte Bedeutung kaum beigelegt werden kann, wird än- aeführt, einmal die Absicht der Regierung, den Betrieb des ÄdriM'tischen NetzeS vorläufig dieser GMellschaft zu belasset, die sich tatsächlich durch Solidität und Ordnüng vor den andern vorteilhaft auszeichnet, dann die viekverbreitete Meinung, daß der Staat sich auf die Dauer nicht fähig erweisen werde, einen umfassenden Dienst zu leiten, der so hohe Anforderungen in bezm; auf Pünktlichkeit, Ord nung, technische Sicherheit usw. stellt. Die Interessenten des Gesellschastsbetriebs haben jedenfalls die Honnung noch nicht ausaegeben, das Heft doch in Händen zu behalten oder wiedgr in die Hände zu bekommen, wie daraus ersichtlich ist, daß sie große Opfer bringen, um die verbreitetsten Blatter ist ihren Dienst zu stellen und gegen die Verstaatlichung des Be triebs zu mobilisieren. Viel besprochen wird hier u. a. eine auffallende Schwenkung der „Tribuna", die lange Zeit eine Verehrerin Giolittis war, jetzt aber schon beginnt, die wichtigste Vorlage seiner Regierung in dieser Tagung ent schieden zu bekämpfen. Großbritannien. * Nach der irischen Aktion im Unterhaus. Seit der letzten Abstimmung ist in parlamentarischen Kreisen und in Irland in den Blättern aller Baratts«, die mltonistifchen nicht «S- genommen, nur von Amtsniederlegungen dte Rebe. Der Unterstaatssekretär Mac Don/nell, der Btzekönia und der Minister selbst werden um die Wette und vielfach sogar alle drei namhaft gemacht, und eS ist kaum zu be zweifeln, daß daS Kabinett Balfour, ob nun die drei geben oder bleiben, ein« starke Einbuße an Ansehen erlitten hat. Auf Setten der Opposition iSumt man, wie der „Köln. Zig." gemeldet wird, mcht, au» der ganzen Angelegenheit lärmend Kapital zu schlagen. Die „Westminster Gazette", daS beste Blatt dn Partei, tut die- zwar sehr ruhig, aber nur um so wirksamer. „Wir baden heute", schreibt sie, „Herrn BalfourS Bezeichnung deS Dunravenschen Planes als Hom« Rule-Projekte» vor unS. Wir befinden unS ferner der Tatsache gegenüber, daß Str Antonv Mac Donnell und der Bizekönia m di« Angelegenheit des Home Rule-ProjekteS mit verwickelt war«», und wir haben schließlich die entschiedensten Ableugnungen der NücktrittS- gerüchte und die Versicherung vor uns, daß die ganze Ange- egenheit keine weiteren Folgen haben werde. Daß der Unter- taatssekretär und der VrzekSnig an einem Home st ule-Projekt Anteil hatten, soll ihrem Ver reiben in einer unionistischen Verwaltung nicht im Wege tehen, und doch sucht Herr Balfour zu Welcher Zeit und im elben Atem seinen liberalen Gegnern allen erdenklichen Scha ren durch den Vorwurf zuzufügen, daß sie mit der schlimmen Home Rule-Ketzerei und allem daraus folgenden Unheil be haftet feien." LS ist schwer, gegen diese Anschuldigung an zukommen. Man empfindet das Im ministeriellen Lager nicht minder wie im Gefolge der Opposition, und deshalb waren die letzten Tage recht schlimme Tage für die Stellung der Ne gierung. Serbien. * Junaradikaler Eifer. Wie auS Belgrad gemeldet wird, erklärte gestern in der Skupschtina der Minister de» Innern in der Beantwortung einer Interpellation des Jung radikalen Ploitsch, das Vorgehen der Polizeiorgane ber der gewaltsamen Absetzung des zum Abgeordneten gewählten Ge meindevorstehers von Rekovak, Peritsch, sei korrekt ge wesen, denn die Vereinigung beider Interpellationen sei ver- fafsunasgcmäß unzulässig. Als der Interpellant darauf dem Minister zurref, er verdiene acht Jahre Gefängnis, das Volk dulde keine Tyrannei, ertönte von der Galerie lauter Beifall. Die Galerie wurde geräumt. Zwischen den Abgeordneten der beiden radikalen Gruppen erhob sich ein lärmender Streit, so daß die Sitzung abgebrochen wer- den mußte. Türkei. * Die Truppenbewegung nach Makedonien. Soweit eS möglich ist, Meldungen militärischen Inhalts in Kon stantinopel auf ihre Richtigkeit zu prüfen, will der Ge- währsmann der „Köln. Ztg." die Gerüchte von umfangreichen Truppenbewegungen nach Makedonien als unrichtig be zeichnen. Nicht ein einziger Linientrupventeil aus Asien ist nach Europa versetzt, kein Redifbataillon von Asien nach Europa gesandt worden. Dagegen sind einige Nach schübe in Makedonien anaekommen, um dort zur Erhaltung einer Stärke von etwa 650 Mann für das Bataillon zu dienen. Ebenso scheinen allmählich die Stäbe und Stämme der Redifformationen 2. Klasse zu entstehen^ und auch ihre Waffen, und Bekleidungslager sollen Fortschritte »lachen. Die in Skutari eingeschisfte Gebirgsbatterte ist nach Demen gesandt worden. Planmäßig sollen allmählich alle Dtannschasten der Redifformationen 2. Klasse, die man viel leicht mit der früheren deutschen Lrsatzreserve vergleichen kann, wenigstens einen Monat zu Ueoungen einaezogen werden, in Wirklichkeit herrscht hier keine sorgsam« Ordnung, und während manche Rcdifbatvillone 2. Klasse mehrere Monate versammelt bleiben, scheint die Einberufung anderer Bataillone aufgegeben zu sein. Irrtümlich ist jcken- ^lls die Auffassung, daß die Türkei sich darauf vorbereite, Bulgarien zu überfallen. Man ist froh, wenn man m Ruhe gelassen wird, und denkt an nichts weniger als an den Angriff und Ueberfall. Das gilt für die bestimmen den Stellen; unter den jungen Offizieren mag immer hin die Lust verbreitet sein, einmal einen frischen, fröhlichen Krieg zu fuhren. Kanada. * Zwei neue kanadisch« Provinzen. In Ottawa machte Sir William Laurier vor voll besetztem Hause be kannt, daß die Regierung zwei neue Provinzen auS den Nord westterritorien zu bilden beabsichtige. Diese Provinzen er halten die Namen Alberta und Saskatchewan. Die Grenzen würden sein im Norden der 60. Breitegrad, im Westen die Rocky MountainS, im Osten die Grenze von Ma nitoba und im Süden die internationale Grenze. Jede der Provinzen würde etwa 580 000 ginn groß sein. ManitobaS Wunsch, sein Gebiet nach Westen auszudehnen, könne nicht berücksichtigt werden, dagegen werde es demnächst möglich sein, Manitoba, Ontario und Ouebec nach Norden bis zu den Ufern der Hudsonsbucht zu vergrößern. Jede Provinz erhält eine gesetzgebende Versammlung von 25 Mit gliedern. Hauptstadt von Saskatchewan wird Regina und von Alberta vorläufig Esdmonton. Die Errichtung erfolgt am 1. Juli. China. * Abberufung de- chinesischen TibetkommissarS. Nach einer Reuterdepesche auS Peking ist der Taotai Tongtechaoyi, der gegenwärtig als chinesischer Kommissar in Indien weilt, um mit der indischen Regierung wegen der Zustimmung Chinas §um Tibetvertrag zu unterhandeln, zum chine sischen Gesandten in London ernannt worden, und wird angeblich nach Erledigung der Tibetangelegenheit, wahr- scheinlich um deren Vertagung zu erzielm, von Indien nach London gehen. Chile. * Ein Konflikt mit Pern. AuS Santiago de Chile meldet das Reutersche Bureau, die Meldung, daß Peru gegen die auf die Gebiete von Tacua und Arica be-üglichen Be stimmungen des Vertrages zwischen Chile Und Bolivien Einspruch erhoben habe, habe allgemeine Ent rüstung hervorgerufen. Chile sei mehr denn ie entschlossen, diese strittigen Provinzen niemals zurüageben. „Ich will mit Ihnen zurückfahren", antwortete er entschlossen. Da schüttelte sie wehmütig den Kopf und wehrte ab. „Leben Sie wohl!" Sie hielten noch immer ihre Hände. „Ich begreife etwas nicht", begann Otto. Fragend sah Valeska ihn an. „Warum sich -ie Menschen das Leben so schwer machen —" „Vittel" sagte sie flehend. Ta drückte er ihr noch einmal 'die -Hand und schwieg. Wenige Minuten später fuhr sie nach Neustadt zurück. Sie fast auf demselben Platz wie vorhin und wollte sich einbilden, es sei wirklich dasselbe Abteil, in dem Otto sie geküßt hatte. Doch die Vorstellung wollte nicht in der gewünschten Deutlichkeit in ihr lebendig werden. Tie Sonne fiel anders auf die Polster als heute mittag, und nebenan unterhielten sich ein paar Kaufleute laut von ihren Geschäften. Vorüber! sagte sie sich. Vielleicht die schönste Glücks minute deines Lebens. Aber du darfst keine ähnliche mehr suchen. Du mußt sort. — Abend war es. Valeska lag in ihrem Bett neben AgneS. Ach, »venn du doch so ruhig schlafen könntest wie Agnes! dachte sie. Was sind dock) deren Kämpfe gegen deine! Ein wenig anders ihr Leben gestalten, daS ist alles, rvas sie zu bedenken hat; im übrigen wurzelt sie fest bei Mann und Kinder» und weiß, wohin sie gehört. Nun hat er sich sogar auf ihre Seite begeben, und sie wird haben, tvas sie nur wünschen kann, einig mit ihm, den sie liebt. Wie glücklich ist sie doch! Ta schrak Valeska zusammen, ein schluchzender Ton erklang vom Bette der jungen Frau her, und noch einer — und wieder einer — wie gedämpft, wie unter drückt. — Valeska richtete sich auf. Von Agnes war nur eine Seite des Kopfes zu sehen und der blonde, lange Zopf, der über das Kopfkissen fiel. Das Gesicht hielt sie in die Decke vergraben. „Agnes!" rief Valeska erschreckt, sich ganz empor richtend. „Agnes, tvas ist dir?" „Oh — nichts!" klang es leise zurück. „Du weinst ja, Agnes? WaS weinst du so still in dich hinein, a5s wenn du kreuzunglücklich wärst? Du hast nun doch alles, WaS du wünschen kannst, ich begreife dich nicht." Sie streichelte den Kopf der jungen Frau, und diese wendete sich halb zu ihr um und drückt« ihr die Hand. „Ich habe wohl geträumt —" antwortete fl». Weiter sprachen sie nichts, Sie lagen beide und hingen ihren Gedanken nach. Gedanken, die der Einen kamen, weil sie nicht liebe» wollte, der Anderen, well sie nicht lieben sollte, — und beide trugen doch solch' sehn süchtiges Verlangen danach. XI. Es war am nächsten Vormittag. Agnes saß m der Kanzlei bet ihr« Arbeit. Aber sie arbeitet« nicht. S« fand, daß die Stunden unerträglich langsam dahin schlichen. Neuerdings hatte sie daS schon ost empfunden und auf mannigfache Art versucht, sich die Zeit nach Möglichkeit abzukürzen. So kam sie zum Beispiel ein wenig später und ging ein wenig früher, verbrachte geraume Zeit mit Zurechtlegen ihres Materials, mit dem Anspitzen der Bleistifte (und freute sich beinahe, wenn die Spitzen öfter abbrachen, weil sie sich dann noch etwas länger bei dieser Beschäftigung aufhalten konnte), frühstückte sehr gemächlich, trat hin und wieder ans Fenster, um die grünende Linde zu betrachten, versuchte bei ihren Briefen und Adressen verschiedene Hand- schriften, einmal steil, einmal schräg, einmal stark, ein mal fein, wodurch die Arbeit -och immer wieder etwas neuen Reiz bekanfl dennoch lasteten die Wände dieses kleinen KanzleizimmerS gar ost und heute ganz besonder- mit beängstigendem Druck auf ihr. Zu Hause hatte eS doch hin und wieder einmal ge- klingelt, der Briefträger, die Gemüsefrau, der Fleischer waren gekommen, auch wohl ein Besuch; sie hatte zwischen durch nach der Kleinen, nach ihrer süßen, kleinen Ilse sehen können, auch einige Kapitel lesen, in die Küche gehen, abwechslungsreicher war'» trotz vieler Un- zuträglichkeitm gewesen. Jetzt wußte si« ja gar nicht, wie eS zu bestimmten Lag«»zeiten draußen in der Welt auSfah. Tag für Lag war sie eingeschlofsen in die» u»- freunÄiche Zimmer mit der traurigen Aussicht, Tag für Tag von Acht bi» Zwölf und von Drei bi» Sech», etwa» Md«M «lsbt» fi» nur tn der Rtttaggpauft oder abends, wenn der Tag bald zu Ende war. Oft überkam sie eine unwiderstehliche Sehnsucht, einmal während der Kanzleistunden durch die Straßen zu gehen. Früher hätte sie das nach Belieben haben, hätte einkaufen, auf den Markt gehen können. Besuche machen, den Jungen von dar Schule abholen. . . . Ach, das hätte sie doch öfter tun sollen! Warum hatte sie's nur nicht getan? Ein tiefes Mitleid mit den Leuten, denen es ähnlich wie ihr ging, erfaßte sie heute. Einst hatte Tante Lotte gesagt, der Beruf der meisten Männer sei viel einseitiger und öder als derjenige der Hausfrau. Damals konnte sie daS nicht begreifen, der Mannesberuf hatte ihr wie in Verklärung vorgeschwebt. Nun konnte sie sich's eher vorstellen. Von morgen- bis abends im Bureau und Zahlen schreiben — nichts weiter als eine lebendige Schreibmaschine — oder von morgens bis abends in der Fabrik immer wieder an demselben Gegenstand feilen, oder den Käufern im Laden Tag für Tag dieselben ge schmacklosen und unwahren Anpreisungen machen, oder in geistiger Frohnarbeit sein Bestes hingeben und andere mästen mit dem eigenen Herzblut, von einem unwilligen Kranken zum andern laufen und immer mrr Elend, Krankheit und Tod sehen, als Recht-beflissener mitten in Streit und Verbrechen der Mitmenschen stehen, all' solch Mannestun erschien ihr jetzt in ganz anderem Lichte al» früher. (Fortsetzung folgte
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