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Allgemeiner Anzeiger : 15.02.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190202151
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19020215
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1902
-
Monat
1902-02
- Tag 1902-02-15
-
Monat
1902-02
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 15.02.1902
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Politilche Rundschau. Deutschland. *Der Kaiser beg'R sich am 15. d. mit größerem Gefolge nach Hubertusstock Mr Jagd. Die Kaiserin wird ihren Gemahl dort hin begleiten. * Prinzessin BathNdis vonSchaum- burg-Lippe, die Mutter der Königin von Württemberg, ist am Montag nachmittag in Nachod (Böhmen) aestorben, nachdem sie kurz zuvor einen Schlaganfall er litten hatte. Sie hat ein Alter von 64 Jahren erreicht. *Die Ministerkrisis in Sachsen ist beendet. Der König hat das Entlassungs gesuch des FinanMinisters v. Matzdorff an genommen. Die übrigen Mitglieder des Ministeriums bleiben' im Amt. Einstweilen ist dem Justizminister Rn eg er die Leitung des Finanzministeriums übertragen worden. *Aus Anlaß dersächsischcnMinister- krisis haben 76 Mitglieder der Zweiten Kammer einen Antrag eingebracht, die Staats regierung zu ersuchen, daß sie den Kammern einen Gesetzentwurf vorlege, der über die Staatsb au 8h altung s - Kontrolle und die Oberrechnungskammer ähnliche Be stimmungen, wie solche für Preußen und das Reich bestehen, enthält. ' *JnderZolltarilkommission laben die sozialdemokratischen Mitglieder folgenden Antrag eingebracht: „Ans den Er trägnissen der Zölle, die bei der Einfuhr von Waren in das deutsch? Zollgebiet erhoben werden, find jährlich 60 Millionen zur Verbesserung der Berkehrsveroältnisse unter Berücksichtigung, der Bedürfnisse der Klein bauern, insbesondere durch Verbess erung und Bau von Landwegen und Kanälen zu verwenden. Ueber die Art der Verwendung hat alljährlich der Reichstag zu beschließen." * Der „Bund der Landwirte" hielt am Montag in Berlin (Zirkus Busch) seine Jahresversammlung ab, die von etwa 6000 Personen besucht war. Es wurde eine Reso lution angenommen, die die Agrarsätze der Tarifvorlage für unzureichend erklärt; sollten dieselben nicht erhöht werden, so erwartet der Bund Ablehnung der Vorlage. *Um die Verkehrsverschiebung zu studieren, die die Fortsetzung der Mainkanalisie rung im Gefolge haben kann, war im vorigen Jahre eine Kommission Ms bäurischen und preußischen Eisenbaimbsamten zusammengesetzt worden. Sie hat vor kurzem ihre Tbätigkeit abgeschlossen. Es darf somit erwartet werden, daß nunmehr die Verhandlungen über den Ab schluß eines Staatsvertrages der Mainuferstaaten bald wieder aufge nommen werden. Oesterreich-Ungarn. *Die Ungarn find verstimmt darüber, daß sich in der Begleitung des Thron folgers nach Petersburg keinUngar befindet. Der Erzherzog hatte den Grafen Zichy zur Mtiahrt eingeladen; gegen diesen hatte aber die ungarische Regierung Einspruch erhoben. Da nun der Erzherzog den Grafen wieder „ausladen" mußte, so hat er gar keinen Ungarn mitgenommen, worüber in Budapest arge Verstimmung herrscht. Frankreich. * Nachdem das liebenswürdige England durch flagrante Lügen die Annäherung zwischen Nordamerika und Deutschland vergeblich zu stören versucht hat, bringt sich auch Frank reich den Pankers gebührend in Erinnerung. Destournelles, Abgeordneter und früherer Gesandter, ist nach Chicago abgereist und wird dort der Feier des 170. Geburts tages Washingtons beiwohnen. Die Amerikaner haben beschlossen, das Fest zu einem französisch-amerikanischen zu stem peln, und den Mitkämpfer Washingtons, Lafayette, ebenfalls zu feiern. Destour nelles wird im Namen Frankreichs sprechen. *Jn der französischen Deputiertenkammer sprach am Momag bei Beratung des Justiz etats der Abg. Dumas für Abschaffung der Todesstrafe. Der Justizmmister Monis, der diese Frage nicht für so nebenhin zu erledigen erachtete, bekämpfte den Antrag, der dann auch mit 332 gegen 210 Stimmen abgelehnt wurde. Italien. *Wie verlautet, soll zur Besprechung der Erneuerung des Dreibundes sowie des Abschlusses neuer Handelsverträge nach Ostern in Venedig eine Zusammenkunft der leitenden Staatsmänner Italiens, Deutsch lands und Oesterreichs stattfinden. Holland. * Daß die drei Burendelegierten in Holland, wie ein am Montag im Haag ver breitetes Gerücht wissen wollte, freies Ge leit nach Südafrika verlangt hätten, w'rd durch ein Telegramm des .Reuterschen Büreau' als vollkommenunbegründet bezeichnet. Auch sei keineswegs die Rede von einer Erkaltung der Beziehungen zwischen dem Präsidenten Krügerund den Burendelegierten, noch auch von einer Abficht Krügers, sich in Genf niederzulaffen. Russland. * Das Gymnasium in Siedlec in Russisch- Polen, in dem die polnischen Schüler wegen des in russischer Sprache er teilten Religionsunterrichts aufsässig geworden find, wurde kurzer Hand geschlossen; ein Staats anwalt traf zur Einleitung der Untersuchung in Siedlec ein. Balkanstaaten. * Nach Berichten der Konsuln ist die Lage aufSamos keineswegs bedrohlich, nur zwischen einzelnen Mitgliedern des Senats bestehen Meinungsverschiedenheiten, die durch diejenigen hervorgerufen find, welche nach der Würde des Fürsten von Samos streben. Die Pforte beabfichiigt nicht, den ungerechtfertigten Klagen der vier Senatoren Folge zu geben, vielmehr den jetzigen Fürsten auf seinem Posten zu belassen. *Jn der serbischen Skupschtina wurden am Montag allerlei fragwürdige Schiebungen des früheren, jetzt im Auslande befindlichen Finanzministers Petrowitsch aufgedeckt, durch die er den Staat um große Summen geschädigt hat. Amerika. *Wie dem.Standard aus Washington ge meldet wird, genehmigte Roosevelt alle von den Militärbehörden in ihren Berichten vor geschlagenen Ernennungen und Ehrenzeichen zur Belohnung derimKriegegegenSpanien geleisteten Dienste, nur die ihm zugedachte Rangerhöhung zum Brigadegeneral, die ihm in Anerkennung der von ihm auf Cuba bewiesenen Tapferkeit zu teil werden sollte, ge nehmigte er nicht. Ein ähnlicher Fall dürfte noch nicht vorgekommen sei. Afrika. . * De Wet ist den Engländern abermals entkommen. Nicht weniger als 23 britische Kolonnen waren gegen ihn ausgeboten. Ein großes Kesseltreiben wurde gegen ihn abge halten. De Wet aber wandte wiederum seine bekannte Methode an, seine Mannschaften in kleine Trupps aufzulösen und jede auf eigene Hand operieren zu lassen. Er selbst mit wenigen Mannschaften und einer Viehherde marschierte laut einer ,ReuteA-Meldung auf die Blockhaus linie Kroonstad-Lindley, trieb in der dunklen Nacht das Vieh gegen den Drahtzaun und brach mit dem Vieh durch. Er hatte drei Tote und verlor 25 Pferde und ziemlich viel Vieh. In der folgenden Nacht wurden noch viele Durchbruchsversuche von anderen Burentrupps gemacht, eine Abteilung verlor zehn Tote bei einem Durchbrnchsversuch in der Nähe von Heilbron. Insgesamt sollen die Buren 283 Tote, Verwundete und Gefangene verloren haben, ebenso 700 P-erde und viel Vieh. Die englischen Verluste betragen zehn Mann. Asten. * Ueber einen neuen Angriff gegen eine deutsche Mission in China wird > aus Clinton berichtet. Danach find die Gebäude der Berliner Missionsgesellschaft in Fayuen bei Canton von einem christenfeindlichen Volkshaufen niedergebrannt worden. Der Leiter der Mission Bähr rettete fich und ist mit seiner Familie wohlbehalten in Canton angekommen. (An Stelle der „Boxer" und der „Räuber" find jetzt „feindliche Volkshaufen" getreten; das ist der ganze Unterschied gegen früher. Aus dem Reichstage. Der Reichstag überwies am Montag die Vorlage betr. Schutz deS Genfer Neutralität? Zeichens (Rotes Kreuz) an eine Kommission. Zum Etat der Reichs justizverwaltung, Titel „Staatssekretär", wurden weiterhin dieselben Themata der Rechtspflege er örtert, wie am 8. d. Besonders ausgiebig wurde die Duellfrage besprochen auf Grund der Gröberschen Resolution zum Etat der Reichsjustizverwaltung. Am 11. d. wird die zweite Beratung des EtatS deS Reichsjustizamts fortgesetzt. Abg. Bayer (Zentr.) ist der Ansicht, daß der Advokatenstand feit 1879 zurückgegangen sei. In der bayrischen Kammer sei die Aeußerung ohne Widerspruch geblieben, daß die Advokaten sich nur auf ihr gutes „Maulwerk" verließen, die Leute ver hetzten und die Prozesse in die Länge zögen. Durch die freie Advokatur seien viele Männer in diesen Stand gelangt, welche dafür ung-etgnet seien. Ab hilfe könne nur die Einführung einer Karenzzeit zwischen dem Affefforen-Examen und der Advokatur schaffen. Abg. Beckh - Koburg (ft. Vp.) bedauert, daß der Vorredner hier die Interessen des bayrischen Advo katenstandes herborgekehrt habe, für welche die bay rische Kammer oder der deutsche Juriftentag der geeignetere Ort wären. Abg. Stadthagen habe so Unrecvt nicht, wenn er von einer Klassenjustiz spreche, denn es seien wirklich schlimme Fälle vorgekommen, die eine Reform unterer Strafrechtspflege als recht nötig erscheinen ließen. Diese dürfe natürlich nicht dabin geben, daß die Schwurgerichte verschwinden sollen. Am dringendsten sei nach wie vor die Reform des Strafvollzuges. Redner berührt dann die Duellsrage, das Zeugniszwangkverfahren gegen Redakteure und die noch immer nicht gewährte Ent schädigung unschuldig Verhafteter. Staatssekretär Rieb erd ing stellt verschiedene Behauptungen des Vorredners richtig und betont dann, daß an eine Regelung der Frage der Ent schädigung kür unschuldig erlittene Untersuchungshaft erst nach dem Abschluß der Reform des Strafvollzuges herangetreten werden könne. Abg. Spabn (Ztr.) nimmt u. a. Bezug auf den Kasseler TrebertrocknungS Prozeß zum Beweis dafür, daß die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches über die Buchführung nicht ausreichten. Abg. Frhr. v. Maltzahn (Hosp. d. Kons.) ersucht um Regelung des Verkehrs mit Automobilen, nament lich hinsichtlich der Haftpflichtfrage. Staatssekretär Ni eberding erklärt sich für unzuständig hinsichtlich dee Regelung des Automobil- Verkehrs, da dies zum Gebiet der Verkehrspolizei geböre. Die Regelung der Haftpfltchtfrage werde ge- prüft werden. Abg. Herzfeld (soz.) wirft den Konservativen vor, sich in der Automobilsrage für die Haftpflicht frage zu interessieren, weil sie selber einmal zu Schaden kommen könnten; träfe dagegen die Arbeiter ein Unfall, so interessierten sich die Konser vativen um einen wirklich anSreichenden Schaden ersatz nicht im geringsten. Redner geht sodann mit der Regierung ins Gericht wegen der Hartnäckig keit, mit der sie alle notwendigen Reformen ver zögere. So namentlich auch das Strafvollziehungs- gesetz. Sei des dem Zentrum mit dicker Reform Ernst, so sollte es doch Sirasvollzugsbestimmungen in ! en Zolltarif hinciuschieben. Statt gegen die Gewerkschaften und ihre Mitglieder sollte man gegen Trusts und Kartelle wegen „Erpressung" Vor gehen. Abg, Oertel-Sachsen (kons.): ES ist nchtrg, daß wirtschaftliche Not mitwirkt, aber die Haupt ursache des Verbrechertums ist die Neigung zur Sünde. Und die Rückkehr zur Religion, zum Christentum ist die Vorbedingung für Ab- nabme des Verbrechertums. Den fliegenden Gerichtsstand der Presse verurteile er mit seinen Freunden ebenso wie alle andern Parteien im Hause. Die Frage sei doch wahrlich genug geklärt. Wo sei denn eigentlich der Haken? Auch dem, was von links gegen den Zeugniszwang für Redakteure gesagt sei, stimme er zu. Man erziehe mit diesem Zeugniszwang nur eine wenig vornehme, geradezu unanständige Gesinnung. Er glaube auch, viele seiner Parteifreunde würden ihm darin beipflichten. Mit einer Heraufsetzung des Strafmündigkeitsalters sei er nicht einverstanden. Was die Duelle anlange, so sei es vielleicht richtig, das Strafmaß zu erhöhen. Aber jedenfalls müßten dann auch die BeleidigungS strafen erhöht werden. Auch dürfe die oast»L» Koussis, für den Zweikampf nicht völlig beseitigt werden, wie der Antrag Gröber es wolle. Deshalb könnten seine Freunde der Gröberschen Resolution nicht zustimmen. Nach wie vor sei er für Wieder einführung der Prügelstrafe, denn gegen RoheitS- verbrecher sei Humanität nicht angebracht. Abg. Gamp (sreikons.): Ich bin Herrn von Maltzan dankbar, daß er die Frage der Automobile zur Sprache aebracht hat. Das Polizeipräsidium in Berlin hat hier viel schärfere Verfügungen erlassen als das Publikum ahnt. DaS Automilfahren bringt viele Leute in ernste Lebensgefahr, und der Staats sekretär würde sich unseren Dank verdienen, wenn er auf diesem Gebiete die geeigneten Vorschläge machen würde. Ich möchte auch den Staatssekretär bitten, die Akten des in Kassel spielenden Treber- trocknungsprozesseS genau zu prüfen, vielleicht ziebt er daraus die erforderlichen Konsequenzen. Bei einzelnen Gesellschaften sind die Direktoren nur Be amte, und der Schwerpunkt der Verwaltung liegt im Aufsichtsrat. DaS einzelne AufsichtSratsmitglied muß daS Recht haben, sich an de» Handelsrichter zu wenden und eine Revision zu beantragen. DaS Hauptübel ist, -daß die Mitglieder psr majora ge wählt werden und die Minoritäten an der Ver waltung der Aktiengesellschaft keinen Anteil haben. Es wäre richtig, ein proportionales Wahlsystem für diese Gesellschaften einzuführen. DaS Aktiengesetz muß auf dieser Grundlage reformiert werden. Abg. DaSbach (Zentr.): Der Vorschlag de» Vorredners, das proportionale Wahlsystem für die Wablen zum Aufsichtsrat einzuführen, bat sehr viel für sich. Ein Unfug ist es, daß, wie es beißt, ei« Berliner Großkaufmann AufsichtSrat von 20 Aktien gesellschaften ist. Zur Frage der Beseitigung deS Zeugniszwanges sollte sich die ganze konservative Fraktion schlüssig machen, damit wir dem Bundes rat mit einem möglichst einstimmigen Beschluß mt- g-gentreten können. Beleidigungen sollten auch nach meiner Meinung schärfer bestraft werden, aber es muß dafür gesorgt werden, daß derjenige, der öffentliche Mißstände unter Wahrung öffentlicher Interessen rügt, nicht sofort wegen Beleidigung be straft wird. Darauf wird die wettere Beratung vertagt. Im Abgeordnetenhaus wurde am Montag der Geft»entwurf betr. die Umlegung von Grundstücke« in Frankfurt a. M. an eine Kommission verwiesen. Es handelt sich in dem Entwurf um die zwangs weise Zusammenlegung von an fich zur Bebauung ungeeigneten Grundstücken zum Zweck der Schaffung von geeignetem Bauterrain. Minister v. Thielen empfahl die Annahme des Entwurfs, der eine« wesentlichen Fortschritt zur Lösung der Wohnungs frage in den großen Städten bedeute. Uon Nah und Fern. Zur Amerikareise. Von der amen- kan'schen Begeisterung für den Prinzen Heinrich, dessen Besuch in Amerika bevorst-bt, profitiert die deutsche Industrie zur Zeit sehr stark, da sie jetzt, wie der ,Konf/ berichtet, in ungeheuren Mengen Mützen- und Hutbänder, die in Berlin und Barmen angefertigt und mit dem Namen des Prinzen Heinrich bedruckt werden, nach Amerika, wo man diese Bänder jetzt in Massen trägt, exportiert. Aber noch bedeutendere und völlig unerwartete Anregungen hat das Geschäft in Amerika selbst durch die Ankündigung dieses Besuches erhalten. In den verschiedensten Branchen find Neuheiten auf den Markt gebracht worden, denen man als beste Empfehlung den Namen oder das Bildnis des Prinzen Heinrich — Prince Henry nennt ihn der Amerikaner — mit aus den Weg gegeben hat. So sieht man jetzt den Namen „Prince Henry" in den Schau fenstern von Tausenden von Geschäften für die verschiedensten Artikel. Es gibt Prince Henry- Kravatten, PrinceHenry Kragen und Manschetten, Prince Henry-Taschentücher, Prince Henry- Stöcke, Prince Henry-Hüte, Prince - Henry- Nadeln mit seinem Bildnis, Prince - Henry- Medaillen und Münzen aus Aluminium, die am schwarz-weiß-roten mit der deutschen und amerikanischen Marineflagge geschmückten Bande getragen werden, auf der Vorderseite das Bildnis des Prinzen, aus der Rückseite die Abbildung der neuen Jacht zeigen und der gleichen mehr; auch die deutsche Marineflagge allein findet man als Schmuck vieler Artikel, ebenso wie die Jacht des Kaisers und deren Taufpatin Miß Alice Roosevelt, die die Neu schaffung und Benennung vieler Artikel ver ursacht haben. Zwei Waare. Roman von C. Köhler. (Fortsetzung.) Die Baronin hingegen hatte so viel mit fich zu thun, über ihre Kränklichkeit, die Lange weile, die fie empfand, zu klagen, daß ihr keine Zeit für die Tochter blieb. Dora wußte selbst nicht, was ihr fehlte; fie sehnte fich von Hause sort und dachte doch wieder ungern an eine Entfernung vom Rosenhofe. Eines Tages war Fritz bei Tisch unge wöhnlich lebhaft und gesprächig; er hatte einen äußerst vorteilhaften Getreideverkauf ab- geschiossen. „Du bist heut so gut gelaunt, Fritz," be merkte die Baronin; „ach Gott, wer doch auch so fröhlich sein könnte! Aber meine Nerven spielen mir wieder schlimme Streiche, dazu diese eintönige Lebensweise, man hat ja in dieser Wildnis nicht die geringste Ansprache, kein Ver gnügen." Gewöhnt an solche Jammerreden, achtete Fritz deren nicht sonderlich; heut aber meinte er bei fich, der Mama könnte eine kleine Zer streuung wohl gut thun. Sein Blick glitt über Dora, das Mäd chen sah ja ganz bleich und ernst aus. Auch ihr würde eine Veränderung wohl bekommen. „Wißt ihr was?" rief er munter, „wir wollen uns einige gute Tage gönnen. Nach dem Weihnachtsfest muß ich für einige Zett nach Breslau. Ihr beide — du, Mama, und Dora, kommt mit. Wir können vierzehn Tage dort bleiben und Dora soll Bälle, Konzerte, Theater besuchen, vorausgesetzt natürlich, Mama, daß du mit dieser Einteilung einver standen bist." Die Baronin errötete vor Vergnügen. Dora sagte gar nichts, aber ihre Augen blitzten — fie hätte kein junges Mädchen sein müssen, wenn die Aussicht auf Bälle, Konzerte und Theater ihr nicht Freude bereitet hätte. Fritz von Rosen betrachtete lächelnd die beiden Damen. „Nun, Dora, du sagst ja nichts? Ist dir mein Vorschlag nicht angenehm?" fragte er. „O gewiß, Fritz, ich freue mich sehr," ver sicherte das junge Mädchen eifrig, aber ihre Stirn umdüsterie fich sofort, als die Baronin sagte: „Vielleicht kehrst du als Braut heim, Kmd — das wäre meine höchste Freude —" „Ach, die bewußte gute Partie," unterbrach Dora fie bitter. „Mama, vergälle mir meine Freude nicht, sonst bleibe ich wahrhaftig lieber daheim." „Nun, da sehe doch einer das Kind an," murmelte die Baronin; „'mal mußt du doch daran denken zu heiraten!" „Ruhe, Frieden, Frieden, meine Damen!" sagte Fritz halb belustigt, halb geärgert. „Vor läufig denke nur daran, dich zu unterhalten, Dora, und laß dir deine Jugendlust nicht durch unnütze Sorgen verkümmern. Mama, hast du schon an deine Toilette gedacht? Ich werde dir eine bescheidene Summe zur Venügung stellen, damit müßt ihr aber auskommcn." Die Baronin war sofort Feuer und Flamme sür diesen Gedanken. „Ja, ja, daran müssen wir denken!" stimmte sie bei. „Alice, wir wollen heute noch be raten, wie alles am besten und billigsten zu beschaffen ist." Fritz hörte eine Weile geduldig zu, dann stand er auf und ging nach seinem Zimmer. Vor dem alten schweren Schreibtisch aus dunklem Eichenholz, einem Erbstück noch von Großvaters Zeiten her, blieb er stehen. Nach einer Weile bückte er fich, um ein ge heimes Fach aufzuschließen, in einem Papier umschlag lagen darin zwei Tausendlhalerscheine — seine Schuld an die Marchesa Lubiani. Wo mochte fie jetzt weilen? Wie mochte es ihr ergehen. Einem Geizhals gleich hatte er gespart und Tbaler um Thaler zusammengescharrt. Durch Geduld und festen Willen war es ihm ge lungen, und mit einem Ausdruck tiefer Dank barkeit dachte er an die edle Frau zurück. Sie war damals sein rettender Engel — fie hatte ihm die Angen über sein leichtsinniges Treiben geöffnet. Wie lange noch hätte dieses flotte Leben dauern können — dann wäre der Zusammenbruch dagewesen, nicht sür ihn allein, für fie alle: für die schwache Mutter, die jugendliche Schwester — wie war er doch so Herz-- und gewissenlos gewesen! Fritz von Rosen verschloß wieder sorgfältig das Fach. Binnen wenigen Monaten war er ein ganzer Mann geworden; er hatte Freude an der Arbeit, er dachte und urteilte über viele Dinge so ganz anders als früher. Vielleicht konnte er der Frau, deren auf richtige Beichte diese Veränderung in ihm be wirkt hatte, nie mehr danken, ihr we nicht sagen, was fie eigentlich an ihm gethan, und doch hätte er ihr so gern diese Freude be reitet. Enn leises Pochen an der Thür unterbrach ihn. Frau von Rosen rauschte herein. „Ich störe dich doch nicht, Fritz?" «ragte ste liebenswürdig. „Ich habe mit Alice ge sprochen. Wenn" — fie drehte die Ringe av ihren schlanken weißen Fingern etwas erregt hin und her — „wenn du mir Geld gebe» wolltest — es ist doch viel zu besorgen und die Zeit eigentlich sehr kurz; Weihnachten stebl vor der Thür und der Ballstaat ,ür ein junges Mädchen — auch brauche ich unbedingt ein neues Seidenkleid —" Fritz unterbrach fie mit einem herzlichen Lachen. „Du willst das Eisen schmieden, ft lange es heiß ist, Mama," rief er, „sei unbe sorgt, ich halte mein Versprechen. Morgen sollst du das Geld haben. Aber, München, nicht über die Schnur hauen! — wir bleiben höchstens vierzehn Tage in Breslau. Ein längerer Aufenthalt wäre zu kostspielig iür unsere Verhältnisse." Die Baronin nahm eine gekränkte Miene an. „So unvernünftig bin ich denn doch nicht," schmollte fie; „ich gehe eigenllch nur Doras wegen mit. Glaub' mir, Fritz, in' Grunde genommen bliebe ich am liebsten da heim." „Willst du etwa Alice als Anstandsdame mitgehen lassen?" „Es gebührt nur einer Muller, die erste«
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