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Allgemeiner Anzeiger : 26.02.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190202269
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19020226
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1902
-
Monat
1902-02
- Tag 1902-02-26
-
Monat
1902-02
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 26.02.1902
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PolttNche Rundschau. Deutschland. * Das Kaiserpaar ist am 22. d. aus Hubertusstock wieder in Berlin einge- troffen. *Jn der Zolltarifko mmission hat Gras Posadowsly die Erklärung abgegeben, daß der sog. Kompromißanirag, die Erhebung der Mindestzollsätze für Getreide, für die Negierung in jedem Stadium der parla mentarischen Verhandlungen unannehmbar sein würde. Die Zollsätze des Ent wurfs seien die äußerste Grenzlinie. Damit ist also auch die Aussicht abgeschnitten, daß die Regierung etwa in der zweiten Lesung der Kommission oder späterhin im Plenum dem Kompromißantrag entgegenkommt. * Eine kaiserliche Kabinetts-Ordre erklärt die Zeugnisse der Real-Gymnasien und Ober-Realschulen mit denen der Gym nasien als gleichwertig für den Offiziers- beruß *Mit der Ausgabe der neuen Ein heit s m a r k e n mit der Inschrift „Deutsches Reich" wird am 20. März begonnen werden; jedoch find die neuen Postwertzeichen nicht vor dem 1. Avril zur Frankierung gültig. Die bis herigen Postmarken werden schon mit Ende März außer Kurs gesetzt und dürfen nach dem 31. März nicht mehr zur Frankierung benutzt werden. Sie können aber bis Ende Juni gegen neue Postwertzeichen nmgetauscht werden. Eine Einlösung gegen bar ist dagegen ausgeschlossen. Oesterreich-Ungarn. * Das österreichische Abgeordnetenhaus setzte die Generaldebatte über das Budget kort. Gregr erklärte, die Tschechen forderten Gut- machung des an ihnen durch die Aufhebung der Sprachenverordnungen verübten Unrechts ohne Rücksicht darauf, ob dies jemand gekalle oder nicht. Die Regierung dürfe sich nicht hinter dem Vorwand der Neutralität ver stecken. * Die Gemeindevertretung vonGr. - Livpen beschloß, den ReichsratS-Abgeordneten Wolf aus der Liste ihrer Ehrenbürger zu streichen. Schweiz. *Die Schweizer Po st Verwaltung bat das Ansuchen der japanischen Ge- sandschait in Wien, eine Anmbl lunger Javaner zum Unterricht in den Postdienst aufznnehmen, in zustimmendem Sinne beantwortet und bereits einige Japaner in Dienst genommen, die nach erlangter Ausbildung die japanische Post nach Schweizer Muster umgestalten sollen. Italien. *Zur Feier des 25. Jahrestages der Er wählung des Papstes Leo wurde am Donnerstag in der Peterskirche ein feierliches Tedeum abgeh aßen. Der Feier, die vom Kardinal - Staatssekretär Rampolla celebriert wurde, wobnten 24 Kardinäle, etwa 40 Bischöfe und die päpstlichen Nobelgarden in Galaunilorm bei. Eine Menge von etwa 20000 Köpfen füllte die Kirche; es waren etwa 300 Vertreter der katholischen Vereine Roms erschienen, die brennende Kerzen trugen, ferner viele Ab ordnungen religiöser Anstalten J'aßens und des Auslandes. Als der Papst nach der Feier h'Mer einem Fenster seiner Gemächer stehend, zusah. wie die Teilnehmer die Basilika verließen, wurde er von der Menge, die Hüte und Tücher schwenkte, ehrfurchtsvoll begrüßt. Dem Popit, der sich sehr wohl befindet, find sehr zahlreiche Glückwunsch'Depeschen aus allen Teilen der katholischen Christenheit zugegangen. * Die italienische Thronrede kündigt einen Gesetzentwurf über den Arbeits vertrag und eine Justizreform an, sowie eine Vorlage, die die Ehescheidung ermög licht. Die Regierung sei bestrebt, streng die Trennung der kirchlichen und staatlichenOrdnung aufrecht zu erhalten. In bezug auf die Beziehungen zu den aus wärtigen Mächten heißt es in der Thronrede: Eine Politik, die all unserer Rechte, all unserer Pflichten eingedenk ist, hat uns große Sympathie und schmeichelhafte Beweise der Achtung eingetragen, in welcher unser Vaterland bei den Völkern steht. Verteidigung unserer Interessen, Treue gegenüber unsern Bündnissen und gegenüber den Benden herzlicher Freundschaften lassen fich so vollkommen Vereinen mit dem erhabensten Ziele, das Italien verfolgt, dem Frieden. — Das Entlassunosgesuch des Ministers für öffentliche Arbeiten Giusso, der gegen die Ehescheidung ist, hat der König genehmigt. *Da die Präsidentenwahl in der Depu tiertenkammer nicht nach dem Wunsche der Regierung ausfi.'l, so hat das Kabinett Zanar- delli den König um Entlassung gebeten. Die meisten Stimmen erhielt allerdings der Re- gierungsanhänger Vilta, aber es wurden zugleich so viele unbeschriebene Zettel abge geben, daß der Sozialist Costa (der nur 25 Stimmen erhalten hatte) mit ihm in die Stichwahl hätte kommen müssen. Spanien. * In Spanien erwächst dem Ministerium die Geiahr, durch die Unruhen in Barcelona hinweggeschwemmt zu werden. Alle Gruppen der parlamentarischen Opvofition find darin einig, die Regierung als unfähig zur Lösung des Konflikte« zu erklären; das Kabinett müsse durch ein anderes ersetzt werden. Dies wird sicher der Fall sein, wenn wie befürchtet wird, der Ausstand auf die Provinz Saragossa ausgedehnt wird, oder gar am 1. März ein allgemeiner Ausstand in ganz Spanien ausbricht. Die Lage in Katalo nien und besonders in Barcelona hat fich verschärft. Die Aufregung ist ungeheuer; Zusammenstöße finden häufig statt. *Die Königin-Regentin wird bestürmt, dem General Weyler die Diktatur vor läufig für mehrere Provinzen anzuvertrauen. Dies wird vermutlich auch geschehen. Weyler konferierte bereits mit der Regentin und hatte auch eine Unterredung mit den Militärbehörden. Ruhland. *Eine bedeutsame russische Verfügung be züglich des deutsch-russischen Krenz verkehrs wird jetzt bekannt. Danach hat das russische Finanzministerium verfügt, daß das Gepäck von Reisenden, die fich nach einem im russischen Jnlande gelegenen größeren Orte begeben, im Interesse eines geregelten Bahn- verkchrs nicht auf den Zollkammern revidiert zu werden braucht. D'e Zoll kammern find angewiesen worden, aus Wunsch des Reisenden die Zoll- oder Steuerbehörde der Endstation von der Ankunft telegraphisch zu verständigen, damit diese einen Beamten zur Uebernahme der Revifion nach der Station entsendet. Balkanstaaten. * Die „Hoffnung des Landes", die fich an die Verheiratung des Königs Alexander mit seiner Draga bezüglich der Thronfolge knüpfte, soll nach gewollt indiskreten Meldungen aus Belgrad nun doch in einigen Monaten in Erfüllung gehen. * Miß Stone fitzt noch immer in Ge fangenschaft. Die Nachricht von ihrer Freilassung wird wieder einmal widerrufen. Amerika. *Die amerikanische Regierung hat vor Ab schluß des englisch-japanischen Bündnisses eine sehr scharfe Note an Rußland gegen den geplanten Mandschureivertrag ge richtet. Afrika. *Vom südafrikanischen Kriegs schau v l a tz meldet Lord Kitchener vom Mitt woch schon wieder aus Pretoria eine Unglücks- botschait. General Gilbert hatte, während er sich ans dem Marsche nach Nigel befand, bei Klippan ein Geiecht mit dem Feinde, in dessen Verlauf ein Teil der zweiten Dragoner, der nach dem linken Flügel detachiert worden war, umzingelt und abgeschnitten wurde. Zwei Offi ziere wurden schwer verwundet, zwei Mann wurden getötet, sechs verwundet und 46 ge fangen genommen, später aber wieder sreigelassen. Hamiltons Abteilung war zu schwach und konnte deshalb den Feind nicht aus seiner starken Stellung vertreiben. * General Elliots rückwärts dirigiertes Kess eltreib en auf die Brede-Linie, welches geplant war, um die bei dem vergeblichen Kesseltreiben auf deWet nach Osten durch gebrochenen Buren zu fangen, verfehlte den Zweck, irgend welcher größeren Buren abteilungen habhaft zu werden. Nur wenige Geiang-ne wurden gemacht. Ans dem Reichstage. Der Reichstag setzte am Donnerstag die Beratung des Militärctats fort. Das „Gehalt des KriegS- mintsters" wurde bewilligt und die vom Abg. Lenz- manu eingebrachte Duellresolution gegen die Stimmen der Rechten angenommen. ES wurde wieder über Soldatenmißbandlungen, das Duellunwesen, Kan tinen- und Proviantfragen gesprochen, ohne daß die Debatte irgendwelche bemerkenswerte Momente er geben hätte. Am 21. d. wird die zweite Beratung des MilitSretatS beim Kapitel „Kriegsministenum" fortgesetzt. Berichterstatter Graf v. Roon ftons.) referiert über die Verhandlungen der Kommission. Die Kommission habe Abstriche im Gesamtbeträge von 9 790199 Mk. gemacht. Diese Abstriche seien Haupt- sächlich veranlaßt durch Streichung von vier Fuß- artillerie-Komvanien und einem BekleidungSmnt. Beim Titel „Büreaubeamten des Kriegsministe- riumS" wünscht Abg. Oertel (kons.), daß die Kanzlei-Beamtm im sächsischen Kriegs Ministerium ebenso wie die preußischen gestellt würden. Sächsischer Major Vitzthum v. Eckstädt erwidert, daß das sächsische Kriegsministerium sicher diese Bitte einer eingehenden Prüfung unterziehen werde. Nach kurzer weiterer Debatte wird der Titel bewilligt, ebenfalls ohne Debatte eine Reihe weiterer Titel. Beim Kapitel „Militär-Justizverwaltung" bringt Abg. Kirsch (Zentr.) die Vorgänge beim Elber felder MilitärbefreiungS-Prozeß zur Sprache. Doktor Schimmel sei verhaftet worden, obwohl er neunmal gegen seine Verhaftung protestiert hätte. Geheimer KriegSrat Wolff erwidert, daß die Akten über die Verhaftung des Dr. Schimmel der Militär-Justizverwaltung noch nicht zugegangen seien. Da es sich jedoch in diesem Falle um ein Verbrechen handle, war der Haftbefehl durchaus berechtigt. Beim Kapitel „Geldverpflegung der Truppen" fordert Abg. Müller-Sagan (frs. Vp.) bessere Be soldung der preußischen Roßärzte und der Lazarett- angeßelltcn. Gebeimrat Herz erwidert, als 1898 die allge meine Gehaltsaufbesserung zu Ende geführt worden sei, habe allgemeines Einverständnis geherrscht, daß neue Aufbesserungen nicht stattfinden sollten. Abg. Müller- Sagan erhebt Widerspruch da gegen, daß die Gehaltsaufbesserungen allgemein als abgeschlossen anerkannt worden seien. Abg. Oertel Lebt hervor, daß trotz der Aus führungen der .Berliner Korrespondenz' im Lande doch über Unterosfiziermangel geklagt werde. Man müsse die Feldwebel und Wachtmeister auch schon deshalb besser stellen, damit sie gegen hrrantretende Versuchungen besser geschützt werden. Major Goltz weist nach, daß durchaus kein Unteroffiziermanael herrsche. Vielmehr seien 1200 Unteroffiziere Ueberschuß über den Etat. Abg. Horn-Goslar (nat.-lib,) wünscht Besser- iellurg der Miliiär-Kapellmcister. Bei den Ausgaben für „Pferdebeschaffung" hebt Abg. v. Massow (kons.) hervor, daß die starke Ausfuhr von Pferden nach England nicht ohne Be denken für unseren Armeepferdeersatz ist, ganz ab gesehen von der etwaigen politischen Bedeutung dieser lufuhr. Bei den Ausgaben für die „Kadettenanstalten" sragt Abg. Eickhoff (frs. Vp.) ob es richtig ist, daß den Abiturienten der Oberrealschulen jetzt bedingungs los dieselben Berechtigungen erteilt worden sind, als den Abiturient!n der Gymnasien. Der Lehrplan der Kadettenanstalten decke sich angeblich nicht mit dem Lehrplan der Realgymnasien. Generalmajor v. Einem weist auf die Kabincttsordre hin, nach der die Abiturienten der Ob-r-Realschulen dieselbe Berechtigung zur Offiziers lautbahn haben wie die Abiturienten der Gym nasien und Realgymnasien. Der Lehrplan der Ka dettenanstalten soll den Lehrplänen der Real gymnasien angepaßt werden. Bei dem Kapitel der „Technischen Institute der Artillerie" empfiehlt Abg. P a u l i. Potsdam (kons.) eine Beffer- iellung der Meistergehtlfen, die in der Regel erst nit 35 Jahren diese Stellung bekämen und jahre lang warten müßten, bis sie eine feste Beamten- stellung und das Höchstgehalt erhalten. Zwei H^aare. vj Roman von C. Köhler. <8orUktzuüg.> Als Dora mit ihrer Mutter heim sollte, konnte sie fich doch nicht enthalten, der falschen Freundin zuzuflüst-rn: „Ich höre, du bist Braut, Emmy — warum Haft du mir nichts gesagt?" »Woher weißt du es ?" fragte Emmy hastig. „Gras Hohenstein sprach davon, deine Mama soll es ihm selbst gesagt haben. Auch nannte er den Namen deines Verlobten." Emmy biß die Zähne zusammen. „Also alle Brücken find hinter mir abge brochen," murmelle fie. Der Abschied der beiden Freundinnen war kurz und kühl. Am andern Tage war man wieder daheim auf dem Rosenhof. Die Baronin klagte über Kopfschmerz und blieb in ihrem Zimmer; Fritz ging seinen Ge- schäitcn nach. Dora blieb somit fich selbst überlassen. Aus purer Langeweile fing fie an, Tante Alice zu Helsen, und es gewährte ihr eine gewisse Be fliedigung, mit dieser Beratungen zu pflegen und sich nützlich machen zu können. Ja, fie ärgerte fich sogar nicht, als bei dem ersten Besuch, den Pro essor Hochfeld mit seinem Neffen aus dem Rosenhof machte, die Herren fie mit vorgebundenerHausbaltungsschürze trafen und fie lächelte, als Alice fie ihre fleißige, ge treue Gehllfin nannte. Das Wiedersehen zwischen dem ältlichen Fräulein und Professor Hochfeld verlief pro saisch genug. Alice machte einen altmodischen Knix, er reichte ihr die Hand, von Rührung oder Auflegung keine Spur. Frau von Rosens Kopfschmerz hatte fich so weit gebessert, um Gäste empfangen zu können, fie lud die Herren sogar ein, bald wieder zukommen. Wenige Tage später traf Emmys Verlobungs anzeige mit dem jungen Möller ein. Frau von Rosen war einfach entsetzt über diese Mißheirat. „Die Landrätin macht fich ja in der Gesell schaft unmöglich I" rief fie, „diese Möllers find doch eine ganz gewöhnliche Familie." „Aber fie find reich," bemerkte Dora achselzuckend, „und Frau von Strehlen wollte ja nur immer, daß ihre Tochter eine reiche Heirat schließe." „Geld ist gewiß nicht zu verachten, aber man darf doch nicht so tief unter seinen Stand steigen," rief die Baronin noch immer erregt. „Der alte Möller ist ein sehr ehrenwerter Mann," nahm jetzt Fritz das Wort, „es ist nur die Frage, ob der Sohn zn erhalten verstehen wird, was des Vaters Fleiß erworben. Der Junge soll ein eifriger Sportsman sein und für Pferde und Wetten mehr ausgeben, als seinem Vater lieb ist." „Da hat man's," sagte Frau von Rosen hitzig, „und wenn das Geld alle ist, dann bleibt nich: 'mal ein guter alter Name oder ein vornehmer Titel als Emschävigung zurück." Dora dachte an den Gra'en Hohenstein; eine bittere Empfindung wollte in ihr auf wallen, aber fie unterdrückie dieselbe tapfer. Sie gewann es sogar über fich, an Emmy zu schreiben; freilich den alten, natürlichen Ton konnte fie nicht wieder finden, aber im Grunde ihres Herzens bemitleidete fie die Freundin. Wider Erwarten erhielt fie von Emmy schnell eine Antwort. „Beurteile mich nicht falsch," schrieb Fräu lein von Strehlen, „einmal werde ich dir viel leicht alles sagen können — heut vermag ich's nicht." Sie teilte noch mit, daß die Hochzeit ur sprünglich im Frühling bestimmt gewesen, der alte Möller sei jedoch vor wenigen Tagen in Nizza gestorben und fie, Emmy, bestehe nun darauf, die Trauerzeit einzuhalten. Der Minter ging dahin, schon wehten lauere Lüte. Dora stand an dem Fenster ihres hübschen Mädchenzimmers und blickte binab in den Park. Sie hatte das Kindliche, Unfertige an ihrer Erscheinung fast ganz abgestreift. Etwas voller und größer war fie geworden. In den letztverflossenen Monaten hatte fie sich inniger an Alice geschlossen, nicht zu ihrem Schaden — und dabei entdeckt, welch' unversiegbaren Born von Milbe und Herzens- güte das alternde Fräulein in fich barg. Alice hatte ihr die Geschichte ihrer Liebe er- äh!en müssen. Sie war so einfach und doch so rührend. Der arme Student, das arme adlige Fräu'ein, fie beide hatten nichts als chre Liebe. Alice halte frühzeitig ihre Eltern verloren, fie aß das bittere Gnadenbrot bei Verwandten, Abg. Zubeil (soz.) führt Beschwerde über die „horrenden" Zustände in den ArMerie-WerkstSüex in Spsndau. Wir kommt es, daß in diesen Werk stätten bis vor wenigen Tagm dec ArbeiterauSschaß gestreikt hat? Die Arbeiter würden zu eine« solchen Mittel nicht greifen, wenn nicht horrend« Mißstände dort herrschten. Ein Maschinenarbeit« kommt jetzt bei äußerster Anstrengung auf 4,50 Mk, ein Schlaffer höchstens auf tünf Mark. DaL Kolonnensystem ist in der Geschützgießerei erst am meine Veranlassung hin abgeschafft worden. Die jenigen Arbeiter aber, die sich für die Abschaffung erklärt hatten, wurden durch Zuweisung schlechter Arbeit, Gehaltsabzüge rc. bestraft. Redner bringt dann noch eine Reihe anderer Einzelbeschwerden Lbfl Mängel in dem Spandauer Betrieb, über mangel hafte Badeeinrichtungen, über die Verhängung van Geldstrafen, über die Vergebung von Sattlerarbeiten l an Unternehmer, die die Arbeiten an Zwitchen- meister weiter geben und diese wiederum an Heim arbeiter, wodurch die Löhne auf ein Minimum hin untergedrückt werden, vor. General v. Einem erklärt die Beschwerden deS Vorredners für unbegründet. Lohnherabsetzung«« seien allerdings vorgekommen infolge der neue« Lohnordnung. Sie seien aber bald wieder inhibiert worden. ES liege jetzt eine neue Lohnordnung den Ausschüssen der Arbeiter zur Prüfung vor; die Kriegsverwaltung habe das Bestreben, die Arbeiter zufrieden zu stellen. Abschaffung der Nachtschicht werde erwogen. Was die Wohlfahrtseinrichtung«« betrifft, so find diese, abgesehen von den großartigen Errichtungen bei Krupp, nirgends besser als in Spandau. Maffenkündigungen seien allerdings er folgt. Hoffentlich werden sie nicht alle zur Aus führung kommen. Abg. P auli-PotSdam polemisiert lebhaft gegen Zubeil, der überhaupt gar kein Mandat von den Spandauer Arbeitern habe, ihre Interessen hier so zu vertreten. In Wirklichkeit seien diese militär technischen Betriebe in Spandau Muster-Institute. Wären dieselben in sozialdemokratischen Händen, würde cS in denselben viel schlimmer auSsehen. Abg. Zubeil: Die Spandauer Arbeiter wissen ganz genau, an wen fie fich mit ihren Klagen zu wenden haben. An uns, und nicht an Herrn PaM Sie haben, Herr Pauli, zwar das Mandat des Wahlkreises, wir aber haben das Vertrauen der Spandauer Arbeiter. Redner hält seine Angaben, wonach jene Betrieb« nichts weniger als Muster- Institute seien, aufrecht. Ohne Debatte wird dann der Rest des Ordi- nariumS nach den KommisfionSvorschlägen erledigt. DieBeratung des Extra-OrdinariumSwird vertagt. Preußischer Landtag. DaS Abgeordnetenhaus überwies am Donnerstag zunächst die Bergwerksvorlage an die Budgetkomssfio«. In der Begründung der Vorlage wies HandekS- minister Möller darauf hin, daß der Staat sich eine« gewissen Einfluß auf die Preisbildung des Kohlen- shndikatS fiebern müsse. Eine allgemeine Verstaat lichung der Kohlengruben werde nicht beabsichtige. In der sodann fortgesetzten Beratung des JustizetstS beim Kapitel „Land- und Amtsgerichte" wurde in folge ausführlicher Erörterung von Spezialfragen dies Kapitel noch nicht erledigt. Am Freitag erledigte das Abgeordnetenhaus nach kurzer Debatte den Rest des JustiretatS und begann die Beratung des Etats des Ministeriums des Innern. Abg. Träger (fr. Vp.) brachte die Mcht- bestätigung Kauffmanns zum zweiten Bürgermeister von Berlin zur Sprache. Minister Frhr. v. Hammer stein erklärte, daß in der That schwerwiegende Be- denken gegen ein« Bestätigung der Wahl Kauffmanns Vorlagen, daß er es aber mit aller Entschiedenheit ablehmn müsse, über die Gründe hier irgendwelche Auskunft zu geben. Uon Uah imd Fern. Eine eigenartige Ehraug des Prinzen Heinrich haben eine Anzahl Dollarmillionäre in New Dork geplant. Die Leutchen werden de« Prinzen Heinrich zu Ehren ein Bankett ver anstalten, bei welchem nur Champagner serviert werden soll. Die Tafel wird mit sechs Silber bechern geschmückt sein, in denen fich je zehn Tansend-Dollarnoten befinden, welche zum An zünden der echten Havana-Zigarren dienen sollen. In Milwaukee, der deutschesten Stadt des Landes, war eine ähnliche Ovation be schlossen, doch wurde dieses Projekt, auf Ein- spruch einsichtsvoller Leute, wieder fallen ge lassen. Das Völkerschlachtdenkmal beiLeipzig. Die Gründungsfläche des Denkmals nimmt einen Raum von 6300 Quadratmeter und der sich davor ausbreitende See eine Fläche von 9500 Quadratmeter ein. Der zur ganzen An lage des Denkmals von der Stadt Leipzig und obwohl fie fich nach Möglichkeit nützlich z« machen suchte, so war fie doch immer nur eäe Geduldete. Als ihre Liebe zu Hochfeld entdeckt wurde, gab es einen furchtbaren Stuem; die ganze Verwandtschaft empörte fich gegen das arme Mädchen. Nun hatte man endlich ei«« Vorwand gefunden, fich ihrer zu entledigen. Alice mußte die Stadt, die Gegend verlasse«, man schickte fie unter fremde Leute, fich dort ihr Brot zu verdienen. Sie ging als Gesell schafterin ins Ausland, doch bevor fie schied, gab fie Hochfeld sein Wort zurück. So hatten fie fich getrennt — hoffnungslos, mutlos, ohne Aussicht auf ein Wiedersehen. „Nun habt ihr euch aber doch wiedergcsekrn^ rief Dora, als Alice ihre Erzählung geendet hatte. — „Ja, Kind, das wohl — aber mit ergraute« Haar, mit erkaltetem Herzen," meinte das Fräulein wehmütig; „er hat es weit gebracht, er ist ein angesehener Mann geworden, aber ich bin dieselbe geblieben — überall nur eine Geduldete." „Sprich nicht so, Tante Alice!" rief Dora eifrig. „Was thäten wir denn, wenn wir dich nicht hätten!" „Kein Mensch ist unersetzlich," bemerkte Alice sanft, „auch hier wäre ich zu entbehren." „Du am allerwenigsten I Was würde Mams ohne dich beginnen?" Das iragte Dora fich auch jetzt, alb fie in die knospende, werdende Frühlingsschönbeit hinausblicktt. In ihrem Köp chcn hatte sich längst der Gedanke festgesetzt, Professor Hochfeld müsse Alice doch noch zur Frau nehmen.
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