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Allgemeiner Anzeiger : 01.02.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190202015
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19020201
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1902
-
Monat
1902-02
- Tag 1902-02-01
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Monat
1902-02
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 01.02.1902
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PolttisHr Rundschau. Deuts(bland. * Aus Anlaß seines Geburtstages hat derKaiser einer Reihe von Regimentern neue Namen verliehen, die sich auf land schaftliche und historische Verhältnisse beziehen; der Prin, von Wales wurde zum Cbef des „8. Rheinischen Kürassier-Regiments Graf Geßler" ernannt; der General v. Bock und Polach bat den Schwarzen Adler orden erhalten. Auch sonst sind die Aus zeichnungen seitens des Monarchen sehr zahlreich gewesen. *Nach seinem am Dienstag in Neu strelitz abgestaiteten Familienbesuche ist der Prinz von Wales am Mittwoch über Berlin nach London zurückgekehrt. *Große Manöver wird in diesem Jahre das 5. Armeekorps vor dem Kaiser ab halten, wie der kommandierende General von Stülpnagel am Montag bei dem Festmahl zu Kaisers Geburtstag in Posen mitteilte, er svrach dabei zugleich die Hoffnung aus, daß der Kaiser bei dieser Gelegenheit „in der S t a d t P o s en Hof halten" werde. *Zur Zeit sollen Verhandlungen zwischen der deutschen und der englischen Regierung wegen Uebermittelnng der in Deutschland ge sammelten Gelder, Kleidungsstücke, Arznei- ftoffc rc. an die in den Konzentrations lagern in Südafrika weilenden Buren- samilieu schweben. Man gibt sich hier der Hoffnung hin, daß der lediglich humanitäre Zweck, der deutscherseits beabsichtigt ist, sich im Einverständnis und unter der Mitwirkung der englischen Regierung leicht erreichen lassen wird. An barem Gelbe sollen 10V 000 Mk. überwiesen werden. * Der Reichstags-Abg. Frhr. v. Heyl hat seinen Austritt aus der Zolltarif- Kommission angemeldet. Zu diesem Schritt soll ihn die Wahrnehmung bestimmt haben, daß er bei seinen Bestrebungen, erhöhten Schutz iür die Landwirtschaft zu erlangen, nicht in der wünschenswerten Weise durch die nationalliberale Reichstagstraktion unterstützt werde. Als sein Nachfolger in der Kommission ist der Abg. Sieg bestimmt worden. "Bei der Reichstagsersatzwahl in Döbeln-Roßwein siegte der sozial- demokratiche Kandidat Grünberg (11700 Stimmen) über Vogel (nat.-lib., 6000) und Sachse (kons., 5200 Stimmen). "Die Stichwahl in Schaumburg- Lippe findet schon an diesem Freitag, den 31. d., statt. * Betreffs der Kruppschen Geschütz lieferungen an den Oranje-Staat erklärt der stellvertretende Generalkonsul des Freistaats in den Niederlanden im Gegensatz zu den Behauptungen des Staatssekretärs Frhrn. v. Richthofen, „daß thatsächlich am 17. Oktober 1900, als Dr. Müller persönlich nach Essen gegangen war, um die Lieferung der zur HLlite bereits bezahlten Kanonen u. s. w. zu fordern, diese an Ort und Stell? durch Krupps Vertreter verweigert wurde mit der Begründung, die deutscheRegierung habe ihm Lieferungen an den Oranje-Freistaat oder eine autoritative Persönlichkeit dieses Staates verboten." Dazu wird nun wohl die Firma Krupp oder der genannte Staats sekretär das Wort nehmen. Oesterreich-Ungar«. * Eine angebliche Aeußerung des Thron folgers Erzherzog Franz Ferdinand zu Gunsten der deutschen Staats sprache wird nun wirklich dementiert! Die offiziöse Presse stellt, allerdings nur nach -tschechischen Blättern", fest, daß der Erzherzog seit Wochen nicht die Gelegenheit wahrgenommen habe, einen der „leitenden Staatsmänner", (zu denen er die Aeußerung gethan haben sollte), zu empfangen und zu sprechen. Frankreich. * Wie nunmehr definitiv festgestellt ist, erfolgt die Reise des Präsidenten Loubet nach Petersburg im Mai auf dem Seewege. Der Minister des Aeußern Delcassö wird den selben begleiten. *Die französische Kanalvorlage ver langt 663 Mill. Frank, wobei der Bau des Kanals, der den Ozean mit dem Mittelmeer verbindet, einbegriffen ist. Mit dem Bau d'eser Wasserstraße büßt für Frank reich die Meerenge von Gibraltar einen großen Teil ihrer Bedeutung ein. *Wie aus Algier berichtet wird, befinden sich unter den Mördern der beiden fran zösischen Hauptleute zwei Söhne des Arabersührers Abdalah, welcher im Jahre 1900 von der Kolonne Bollet erschossen worden ist. Maland. "Der wie unbeweglich scheinende Stein der südajrikanischenAngelegenheiten ist nun dank der Anstrengung der nieder ländischen Regierung endlich in Be wegung gekommen. Lordschatzkan-ler Baffem machte am Freitag im Unterbause die Mit teilung, es sei eine „Mitteilung" genannter Regierung eingegangen, die gegenwärtig er wogen würde. ES verlautet mit Bestimmt heit, daß auch König Leopold von Belgien, wenn auch nicht o'fi iell, auf König Eduard im Sinne des Friedens eingewirkt habe! Italien. * Der junge KönigViktorEmanuel stellt sich an die Spitze der Bestrebungen, Er sparnisse im öffentlichen Haushalt zu er zielen. Der König setzte durch ein Dekret eine Anzahl militärischer Ho Smter au? die Hälfte herab. Die Zahl der Generaladjutanten und Flügeladjutanten wird von 15 auf 7 herab gesetzt. Man glaubt, daß diese Sparsamkeits maßnahmen auch einen Verzicht auf vier Millionen Lira vom Betrage der königlichen Zivilliste einleiten. Amerika. * Das vom Mayor von New Dork ein gesetzte, aus 150 Bürgern bestehende Komitee, welches die Vorbereitungen zum Empfange des Prinzen Heinrich von Preußen trefffn soll, hat einen Ausschuß eingesetzt, welcher die Einzelheiten der gevlanten Festlichkeiten zu ordnen hat. Das Staatsdepartement hat mit der Pennsylvania - Railroad-Company Verein barungen getroffen wegen Stellung eines Sonderzuges für die Fahrten des Prinzen. * Eine verhängnisvoll eDynamit- Explosion hat am Montag in New Jork in einem Vorratshause der 40. Siraße stattge funden Dabei find sechs Personen sofort ge tötet, 75 schwer und gegen 100 leicht verletzt worden. Afrika. "Der Burengeneral Ben Viljoen nebst zwei seiner Adjutanten und der Kommandant Hans Botha (nicht mit Louis Botba zu verwechseln) find von den Engländern geiangen worden. — Minder erheblich ist die Meldung der Engländer, daß ihre Truppen wieder einen großen Distrikt eingekreist haben. In dem „Sich-Auskreisen" besteht ja eben die Taktik der Buren. * „Von dem Wunsch geleitet, den Krieg bald beendet zu sehen," hat der Buren general Vilonel, welcher Wynburg be fehligt und sich im Jchre 1900 ergeben hatte, nach einer .Reuter'-Meldung aus Johannes burg von Kitchener die Erlaubnis erbeten, ein Korps von 1500 Burghers für Eng land anwerben zu dürien. Kitchener gab natürlich seine Genehmigung und Vilonel schrieb darauf an Steijn, da letzterer hartnäckig darauf bestehe, den Verzweiflungskampf fortzusetzen, werde jetzt der Bürgerkrieg im Oranje-Frei staat beginnen. (Sollte sich diese Nachricht be stätigen, dann würde die Geschichte einen Galgen mehr nötig haben.) AKen. * Der chinesische Hof wies Juantschikai (den Nachfolger Li Hung-Tschangs) einen jährlichen Kredit von fünf Millionen Taels zur Unter haltung einer Armee von 100000Mann in Petschili an. Juantschikai, welcher that- sächlich die Kontrolle über die Armee und die Marine aukübt, beantragte, England um Instrukteure für die Marine und Iapan um solche für das Heer zu ersuchen. 40 japanische Offiziere find bereits in amtlichen Stellungen! Regierung werde wohl erst kommen, wenn der Zoll tarif fertig sei. Abg. v. Staudy (kons.) erblickt auch in der Zulassung der Jesuiten eine schwere Gefahr für de« konieisionellen Frieden. Abg. Fürst Radziwill (Pole) erklärt, seine FrakiionSaenossen seien in dieser Frage eins mit dem Papste und den Katholiken des gesamten Weltalls. Abg. Büsing (nat.-lib.) erklärt namens der National-Liberalen, daß sie bedauern, daß der Bundesrat auf die Beschlüsse des Reichstages so lange keine Antwort erteile. Zur Sache sind sie gegen die Wiederzulassung der Jesuiten, zum Teil aber für Aufhebung des 8 2 des Jesuitengeseyes. Abg. Schrader (frs. Vgg.) gibt eine ähnliche Erklärung Mr die freisinnige Vereinigung ab. Ein Teil derselben sei allerdings für Aufhebung deS ganzen Gesetze». Abg. Richter (frs. Vp.) erklärt, daß auch in der freisinnigen Volkspartei die Meinungen über 8 1 deS Gesetzes geteilt sind, daß aber seine Freunde alle für Aufhebung des 8 2 find. Abg. Bachem (Zentr.) bedauert, daß sich der Reichskanzler in einer so wichtigen Frage ver'reten lasse und daß sich Graf Posadowsky nach seiner Rede entfernt habe. (Der Staatssekretär erscheint kurz darauf wieder.) Der BundeSrat habe doch Zeit genug zur Entscheidung gehabt. .Abg. Delsor (Els.) bezeichnet das JeMiten- gesetz als den Bruder des Diktaturvaragraphen. Abg. Stöcker (wildkons.) spricht für Friede« zwischen beiden Religionen. Staatssekretär Gral Posadoowsky ver breitet sich noch aus Anlaß der Bachemscheu Be merkungen über die staatsrechtliche Stellung de» BundeSrat». In diesem werde nur abgestimmt nach den Anweisungen der einzelstaatlichen Regierungen. Und verantwortlich sei niemals ein einzelner, auch nicht der Reichskanzler, sondern die Gesamtheit der verbündeten Regierungen. Nach einigen kurzen Bemerkungen der Abgg. Bachem und Schrader wird der Gegenstand verlassen. Das Hau» setzt die zweite Beratung des Etat» des ReickSamtS des Innern „Gehalt des Staats sekretärs 50 000 Mk." fort. Abg. Stolle (soz.) geht auf die gewerkliche Kinderarbeit und auf die Frauenarbeit ein, ebenso auf die Mißstände im Baugewerbe, hauptsächlich um nachzuweisen, daß von ernsthaften Wirkungen der Sozialresorm bisher noch nichts zu spüren sei. Besonder» auch deshalb, weil von den Verwaltung», behörden zu willfährig Ausnahmen bewilligt wür den und die Gewerbeaufsicht noch nicht ausgiebig genug sei. Sächsischer Bevollmächtigter Dr. Fi s ch er wendet sich gegen die Ausführungen des Vorredners und verteidigt insbesondere auch die Gewerbeaussicht in Sacksen. Abg. Pauli- Potsdam (wilbk.) beklagt lebhaft, daß die neue HandwerkSorganisotion dem Handwerk gar nicht» nütze, weil gerade die leistungsfähigste« Betriebe den ZwangSinnungm nicht beizutreten brauchten. Bedauerlich sei namentlich die Entschei dung, welche der neue HandelSminister in einem solchen Streitfälle im Gegensatz zum Oberpräsidenten von Brandenburg gefällt habe, indem er den be treffenden Betrieb al» nicht - innungSpflichtigen Fobrikbetrieb betrachtet habe. Weiter plaidiert der Redner noch für den Befähigungsnachweis im Bau gewerbe. Abg. Esche (nat.-lib.) fragt, Wie er mit einem zu erlassenden Trunksucktsgesetz, so wie es der „Deutsche Verein zur Bekämpfung der Trunksucht" wünscht, namentlich hinsichtlich der strittigen Frage de« KonzessionSwesen» und Ker Regelung de» „Be- dürsnisseS", stehe. Wir müssen dem NlkoholiSmuS endlich energisch zu Leibe gehen, namentlich im Inter esse der Wehrhaftigkeit deS Heeres. Darauf wird die Beratung abgebrochen. bei dem chinesischen Heere. Das find eigen artig große Rüstungen für Cffna. Auch Geld, das bei den Medeusverhandlung-n so ^napp war, hat man jetzt auf eigentümliche Art erlangt: „Die Behörden sanden den Schatz von mehr als 100 Millionen Taels in Gold und Silber, welchen man im Palais vor der Flucht versteckt hatte, unversehrt wieder vor; es vergingen mehrere Tage, bis man ihn aus gegraben hatte." (!) *Jm japanischen Repräsentantenhaus wurden verschiedene Anstagen belr. die Not wendigkeit der Räumung der Man dschurei durch die Russen und einer Verständigung bezüglich Koreas eingebracht. Prenftischer xandtag. Im Abgeordnetenhause begann am Dienstag die Beratung deS Etats der landwirtschaftlichen Ver waltung. In der Debatte wurde auch die Frage des QuebrachozollS berührt. Minister v. Podvielski meinte, daß der gute Eichenschälwald immer kon kurrenzfähig bleiben würde. teilen nicht en'behrt werden könne, daß in der auS- hilfsweben Thätigkeit jener Prediperorden vielmehr eine notwendige Forderung zur Befriedigung der konfessionellen Bedürfnisse der katholischen Kirche liege. Anderseits hegen weite Kreise der protestan tischen Bevölkerung auf Grund geschichtlicher Ent wickelung gegen die Wiederzulassung des Jesuiten ordens lebhafte Besorgnis. Wenngleich unter der modernen einz-lstaatlichcn Gesetzgebung die Stellung der einzelnen Konfessionen eine wesentlich andere ge- worden ist, so bleibt doch die Thatsache bestehen, daß jene Befürchtung ziemlich tief im Volke einge wurzelt ist. Man wird diesen Widerstreit der Meinungen auch nicht beseitigen können durch den Hinweis dar auf, daß in modernen Staaten die verschiedensten ethischen Richtungen im geistigen Kampf ihr Gegengewicht und ihren Ausgleich finden müssen, und baß ein solcher Kampf die natürliche Voraussetzung für die fortgesetzte Auf frischung des geistigen Lebens einer Station sei. Unter solchen Umständen ist eS erklärlich, daß die einzelstaatlichen Regierungen auf dem streitigen Ge biete erst nach reiflicher und längerer Erwägung Entschließungen soffen können gegenüber Anträgen, welche eine Abänderung deS gegenwärtigen gesetzlichen Zustandes erstreben. Es ist zu erwarten, daß sich die verbündeten Regierungen noch im Laufe der gegenwärtigen Session zu der schwebenden Frage schlüssig machen werden. Es wird der Beschluß der verbündeten Regierungen demnächst in der bisher üblichen Form mitgeteilt werden. Aus Antrag des Abg. Rintelen (Zentr.) tritt daS Haus in eine Besprechung der Anfrage ein. Abg. Stockmann (freikons.) gibt namens seiner Partei die Erklärung ab, daß sie noch heute die gleiche Stellung zur Sache einnehme, wie vor drei Jahren. Sic erblicke in der Rückkehr der Jesuiten eine Gefahr für Deutschland. Furcht sei bei ihr ausgeschlossen, aber sie glaube im Interesse des deutschen Vaterlandes zu handeln, wenn sie sich gegen die Zulassung erkläre und sie würde es mit großer Genugthuung begrüßen, wmn der Bundes Uon Malz mrd Fern. ttZeschenk Kaiser Wilhelms an die Stadt Rom. Der Kaiser hat anläßlich seines Geburtstages am Montag an den Sindaco von Rom, Fürsten Colonna, ein Telegramm gerichtet, in welchem er ankündigt, daß er in dankbarer Erinnerung an seinen Empfang in der Stadt Rom eine Marmorstatue Goethes, „des Deutschen, der unser Volk immer auf Italien hingewiesen und damit deutschem Idealismus rat zu einem bündigen Nein'komme. ! neue und hohe Ziele gesteckt hat", übersandte Abg. Blos (wz.) meint, die Antwort der i znr Ausstellung auf einem öffentlichen Platz. Deutscher Reichstag. Am 28. d. übermittelt vor Eintritt in die Tagesordnung Präsident Graf Ballestrem dem Hause den Dank des Kaisers für die Glückwünsche zum Geburtstag. Sodann teilt er, während die Mitglieder sich von den Plätzen erheben, mit, daß der Abg. Graf Klinckowström gestorben ist. Auf der Tagesordnung steht zunächst die Anfrage deS Zentrum» nach dem Schicksal der Beschlüsse deS Reichstages betr. Aufhebung des Jesuiten gesetzes. Staatssekretär Graf Posadowsky erklärt sich bereit, die Anfrage sofort zu beantworten. Zur Begründung führt Abg. Spahn (Zentr.) aus, daß das deutsche Volk die Haltung des Bundes rats nicht verstehe, und daß hier das Ansehen des deutschen Reichstags in Frage komme. Das Jemiten- gesetz habe sich als verwe'fiich, unwürdig, geradezu widersinnig erwiesen. Die Thätigkeit des Jesuiten ordens beruhe vorwiegend auf wissenschaftlicher Arbeit. Gerade dieser Orden habe für das Deutsch tum viel gethan. DaS erste deutsche Protektorat in China über die Christen sei aus den Anregungen der Jesuiten hervorgegangen. Jetzt verhindere man diesen Orden, deutsche Bildung in sich aufzunehmen, um sich im AuSlande wieder zu verbreiten. Die Verantwortung für die Zustände trage der BundeS rat; möge er sich seiner Verantwortlichkeit be- mußt sein. Staatssekretär Graf Posadowsky: Ich habe in Stellvertretung des Herrn Reichskanzlers folgende Erklärung nbzugeben: Die Anträge, welche Gegen stand der vorliegenden Interpellation sind, unter liegen der eingehenden Prüfung der einzelstaatlichen Regierungen. Es ist von katholischer Seite wieder holt darauf hingewiesen worden, daß die Thätigkeit der Predigerorden, insbesondere des Jesuitenordens zur Ergänzung und Unterstützung der OrdenSparochial- seeOorge in gewissen Fällen und gewissen Landes Iwei 'Aaare. >) Roman von C. Köhler. <DorUeh»na.t „Gewonnen, im Spiel — du weißt, ich habe im Spiel ste s sabelhaftes Glück gehabt," gab er mir zur Antwort; «wir haben nun wieder für einige Wochen zu leben, das weitere wird sich staden." Ich konnte nicht recht froh werden, eine bange Ahnung bedrückte mich, die sich leider nur zu bald erfüllte. Mein Gatte fand es nicht mehr der Mühe wert, einen Posten zu suchen; er verlegte sich ganz aufs Spiel und das Glück blieb ihm wirklich treu. Nach einigen Wochen richtete er sich einen Spielsalon ein, wir empfingen Gäste, besaßen eine feine Wohnung, lebten sogar von einem gewissen Ueb rfluß umgeben — aber es war doch ein erbärmliches, armseliges Dasein. Was soll ich Ihnen noch weiter erzählen? Der erste Schritt auf abschüssiger Bahn war gethan, nun ging es rasch abwärts. Den Winter über blieben wir in Paris, die wärmere Jahreszeit führte uns in die Mode bäder — ach, es ist ein ruheloses Leben voll Schmach und Erniedrigung, und das Ende — o, ich wage es gar nicht, an das Ende zu denken." Die schöne Frau seufzie schmerzlich aui, dann fuhr sie in fast hartem Tone fort: „Ein Verwandter meines Galten starb, der ihm einige tausend Thaler hinterließ, die hier in Breslau zu erheben waren. Deshalb ^amen wir hierher; Kolafinski ließ es sich nicht nehmen, auch hier einen Spiel salon zu eröffnen — doch werden wir nicht lange mehr bleiben — der Boden ist ihm hier zu unsicher, dann ziehen wir wieder fort — Gott weiß wohin und welchem Schicksal ent gegen." Heiße Thränen füllten die Augen der Mar- chesa, sie trocknete diese hastig mit ihrem feinen Spitzenluch. Der Baron nahm ihre Hand in die seine und drückte einen achtungsvollen Kuß auf die schlanken bebenden Finger. „Ich danke Ihnen," sagte er bewegt. „Ich werde Ihre Warnung beherzigen." „Sie wollen nicht mehr spielen?" fragte Maria hastig. „Mein Ehrenwort, ich habe heut zum letzten Mal eine Karte berührt/ Ueber das schöne Antlitz der unglücklichen Frau flog ein Heller Freudenfchimmer. „Sie wissen nicht, wie glücklich Sie mich durch Ihr Versprechen machen!" rief fie. „Und nun, Baron, mü en Sie auch von mir die zweitausend Thaler annehmen — nicht als Geschenk, als Darlehn bloß — ich habe das Geld, vor kuzem erhielten wir die Erbschatt ausbezahlt — mit der Rückgabe brauchen Sie sich nicht zu beeilen — ich selbst Welde das Geld nie anrühren, es gehört jemand, den ich sehr liebe, als Notpfennig." In das Gesicht des jungen Mannes stieg eine dunkle Röte. „Frau Marchesa," sagte er betreten, „wie könnte ich so etwas annehmen." „Nein, nein, Sie müssen! Zu meiner Be ruhigung — Sie wissen nicht, welch eine Wohl thar Sie mir erweisen, wenn Sie meinen Vor schlag annehmen," flehte fie; „o thun Sie es doch, nehmen Sie das Geld, ich werde Sie tausendmal dafür segnen." Fritz von Rosen kämpfte einen harten Kampf. Das Anerbieten der Marchesa bedeutete für ihn die Rettung aus einer entsetzlichen Lage. Er hätte nicht gewußt, woher die zweitausend Thaler beschaffen, die ihm hier förmlich auf gedrungen wurden. Und doch wieder sträubte sich etwas in ihm, gerade von der Marchesa das Geld zu nehmen. Es schien, als hätte ste seinen Gedankengang erraten, denn fie sagte mit flammenden Wangen: ^Baron, es ist ehr lich erworbenes Geld; kein Makel haftet daran. Der Verwandte meines Gatten war ein Ehren mann." Er sah, daß eine Weigerung für fie eine Beleidigung war. „Nun wohl, gnädige Frau," sprach er ge preßten Tones, „ich nehme Ihr gütiges An erbieten an. Ich werde Ihnen einen Schuld schein ausstellen und Sie werden die Frist be stimmen, binnen welcher ich Ihnen das Geld zurückzuzahlen habe." „Gut l" riei sie, zusriedcngestellt; „eins kann ich bestimmt versichern: vor einem Jahr brauchen Sie nicht an Rückzahlung zu denken." Sie erhob sich von ihrem Sitz und eilte flüchtig davon. Schon nach wenigen Augenblicken kam fie zurück, mehrere Banknoten in der Hand haltens. „Hier," flüsterte sie, „so — nun stellen Sie mir den Schuldschein aus, das Geld darf nur dem Ueberbringer des Scheines ausgezahll werden." Im Hintergrund des Zimmers stand ein kleiner Schreibtisch — die Marchesa gab dem Baron ein Zeichen, die dort befindlichen Schreib- gerätschasten zu benutzen, fie selbst schob leise den Vorhang zurück und sah in das Spiel zimmer hinein. Die Spieler waren alle noch eifrig be schäftigt. Maria wandte sich seufzend ab, eineu Augenblick lang preßte fie beide Hände vor das Geficht, dann ließ fie dieselben rasch finken und trat zu dem Baron. Mit einem traurigen Lächeln nahm ste den Schuldschein in Empfang. „Und nun, Baron," sagte fie leise, „lasten Sie uns Abschied nehmen, wahrscheinlich für immer. Denken Sie an Ihr Versprechen und halten Sie fest daran, Gott segne Sie und die Ihren." Sie reichte ihm die Hand, die er gerührt a« seine Lippen Zog. „Wie soll ich Ihnen danken?" murmelte er. „Durch strenges Festhalten an Ihrem Wart!' unterbrach fie ihn. „Jetzt gehen Sie — nicht durch das Spielzimmer — hier — kommen Sie." Die Marchesa öffnete eine kleine Tapetenthür, die gerade auf einen schmalen Gang mündete. „Die nächste Thür links führt ins Vor- zimmer," sagte fie, „dort finden Sie auch den Diener, der Ihnen die Treppe hinableuchte« wird. Gott befohlen l" Sie nickte ihm wehmütig zu und schob ch« sanft hinaus.
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