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D?.s Schulwesen in Polen. — Ein Stück dcutschcrKuIturarbeit. — Die Kullnrarbeit der Deutschen in Polen wird am sichtbarsten im Schulwesen. Im Generalgouvernement Warschau leben bei einer Gesamtbevölkerung von 6Vr Millionen Seelen 70 °/o oder mehr als 4Vr Millionen Leute, die weder lesen noch schreiben können. Nach einer russischen statistischen Nachweisung gab es im Jahre 1911 in dem Gebiete, das ungesähr dem des jetzigen Generalgouvernements entspricht, 1455 öffentliche Volksschulen mit 108 057 Schul kindern. Auf jede Schule kamen demnach 74 Zöglinge. Bedenkt man, daß Berlin im Jahre 1908 bereits 294 Gemeindeschulen mit 5125 Klassen zählte, in denen 113 000 Knaben und 115 000 Mädchen, zusammen 228 000 Kinder, also mehr als die doppelte Zahl wie im polnischen Gebiet, unterrichtet wurden, so kann man sich einen Begriff davon machen, wie unter der Russenherrschast das öffentliche Schul wesen in Polen im argen lag. Die Privat- fthulen überwogen. Uber ihre Zahl besitzen wir aus russischer Zeit leider keinerlei Angaben. Der Unterricht wurde in russischer Sprache er teilt. Im übrigen herrschte der sattsam be- ikninke russische Schlendrian insbesondere im Lehrkörper. Am 24. August 1915 erliest die deutsche Verwaltung auf Grund der Bestimmungen der Haager Konvention eine deutsche Schulordnung, die auf dem Bestehenden aufbaute und es aus zugestalten erstrebte. Die deutsche Verwaltung hob den Zwang des russischen Unterrichts völlig auf uud errichtete konfessionelle und paritätische Schulen mit mehrjährigem Klaffenaufbau nach deutschem Muster. Die Unterrichtssprache war nunmehr, je nach der Art der Schule, polnisch, deutsch, gemischt oder jiddisch. Das hatte die gute Wirkung, daß die Privatschulen in immer steigendem Maße den Gemeindeschulen Platz machten. Die Zahl der Schulen wurde.dauernd ver mehrt. Am 1. Oktober 1915 zählte die deutsche Schulverwaltung im Generalgouvernement 3328 öffentliche und private Volksschulen mit 5175 Klassen, die jüdischen ReligionSschnlen hierbei nicht einbegriffen. Ende September 1916 be standen bereits 5491 Schulen mit 8503 Klassen, in denen von 8196 Lehrern 403 956 Kinder, 217 386 Knaben und 186 570 Mädchen, unter richtet wurden. Die Zahl der Schulen hatte sich im Laufe des ersten Schuljahres bereits um 65°/o vermehrt. Das neue Schuljahr, das im Oktober 1916 begann, wurde mit 5954 Schulen eröffnet, d. h., nach Verlauf des ersten Schuljahres hatte eine Zu nahme der Schulen um 75 N statt gefunden. Diese Zahl ist heute bereits auf 79°/o gestiegen. Der Erfolg ist vor allem dem rührigen Leiter des Schulwesens beim Generalgouvernement, Herrn Schulrat Otto, zu verdanken. Besondere Fürsorge wandle die deutsche Verwaltung der Sicherung des deutschen Schulwesens zu, einer Frage, die sür uns Deutsche um so größere Bedeutung hat, als demnächst das gesamte Schulwesen in die Hände der polnischen Staatsverwaltung gelegt werden soll. In Polen leben an 600 000 Deutsche, sür die die Gefahr besteht, völkisch unterdrückt zu werden. Ein in Vorbereitung befindliches Schulgesetz, das die deutschen Minderheiten sichert, soll diese Gefahr beseitigen. Viel Sorge hat der deutschen Verwaltung das jüdische Schulwesen gemacht. Es ent brannte die Frage, ob die Unterrichtssprache jiddisch, d. h. jüdisch-deutsch, oder polnisch sein sollte. Heute steht die Verwaltung auf dem Standpunkte, daß sie es den Gründern jüdischer Schulen freistellt, welche Sprache sie einführen wollen. Die jiddische Sprache ist in gewissem Maße notwendig, weil viele jüdische Kinder kein Polnisch können, wenn sie zur Schule kommen. Die polnischen Juden, die von westeuropäischer Kultur nichts wissen wollen, schicken ihre Knaben nicht in die Volksschulen, sondern in dis sogenannten Chederschulen, um das männliche Geschlecht dem Glauben der Väter möglichst treu zu erhalten. Diese Chederschulen sind Religionsschulen, wo die Knaben vom frühen Morgen bis zum Vie eiserne ^sot. M Ivj KriegSroman von G. v. Brockdorss. Gorl-chm!,.) - „Nennen Sie meinen Namen nicht. Be keidigen Sie mich nicht/' Sie hatte die Hände wie stehend erhoben. „Gehen Sie doch nur! Gehen Sie doch!* Verwirrt und aufgeregt ging Sabine in den großen Saal zurück. „Sie ist mehr eine Verrückte als eine Unglückliche. Es war ein närrischer Gedanke von mir, sie mit meiner Freundschaft behelligen zu wollen. Sie scheint ja einen förmlichen Haß auf mich zu haben?* Sie sah über die weißen Betten hin. „Ob ihr irgend jemand schlechtes von mir erzählt hat?" Einen Augenblick dachte sie nach. - Der Sanitätsrat? Der war ein ergebener Freund des Groteniusschen Hauses, und von den Verwundeten war ihr erst recht kein einziger feind. Hier konnte Schwester Franziska nichts Nachteiliges erfahren haben. Sabine Nusmussen zuckte unmutig die Achseln. Wozu sich über eine unglückliche oder halb törichte Person, wie die Schwester es augen scheinlich war, den Kopf zergrübeln. Sie hatte wirklich ihre Pflicht getan, um das merkwürdige Geschöpf zu versöhnen und ihr zu helfen. Nun war es das Beste, einen Strich unter die ganze Geschichte zu machen. Aber das kleine Erlebnis hatte doch eine tiefere Verstimmung in ihr ansgelöst, als sie es sich selbst eingestehen wollte. Es war wie der erste Nachtreif, der' sich auf ihr neues Glück legte. „Sie sind trauria. Schwester.* iaate der Nur die römische ,Tribuna' hält es für nötig, einen größeren Trumpf auszuspielen, indem sie erklärt, die österreichische Front sei auf dem Karst in bedeutender Ausdehnung durchbrochen und ihr Zentrum bedroht. ,Corriere della Sera' findet es natürlich, daß die ruhmreiche Offensive nicht einen sofortigen Sieg zur Folge habe. Aber, fügt das Blatt mit einem Seitenblick auf die Verbündeten hinzu, niemand könne be haupten, daß die Erfolge bei Görz und Mon- falcone geringer seien als diejenigen bei Ipern oder Verdun oder daß die Schwierigkeiten am Jsonzo geringer seien als die in Flandern. Blinde, als sie ihm abends den Verband wechselte. Sabine schüttelte den Kopf. „Nicht eigent lich traurig. Aber ich stehe vor einem Rätsel, das mir zu denken gibt, und das ich mir gern aus dem Kopf schlagen möchte." Sie wollte ihm von Schwester Franziska sprechen, aber im letzten Augenblick besann sie sich und schwieg. „Erzählen Sie mir von Ihrer Mutter,* bat sie. „Das bringt auf andere Ge danken und macht ruhig. Und Ruhe gebrauche ich jetzt." Als sie am Abend in ihre Wohnung zurück- kehrte, kam ihr das Hausmädchen mit verstörtem Gesicht entgegen. Beate hatte nach oben ge schickt und Sabine Herunterbitten kaffen, war dann selbst heraufgekommen, um nachzufragen, ob die Schwägerin zurück sei. Sabine nahm sich nicht die Zeit, Mantel und Haube abzulegen. Wie sie ging und stand, eilte sie die Treppe hinab. Unten wurde sie ohne Anmeldung zur Haus frau geführt. Beate saß in ihrem kleinen Salon, der nur vom grünen Licht der Schreibtischlampe erhellt war. An dem bleichen Gesicht der Schwägerin sah Sabine sofort, daß Hans gesprochen hatte. „Gott sei Dank," dachte sie. „Nun ist end lich Klarheit zwischen ihnen. Beate fiel der Schwägerin bei deren Eintritt schluchzend um den Hals. „Ich weiß alles, Sabine, alles." „Du mußt jetzt ruhig sein, Beate.* Sie führte die Weinende zum Sessel. Die blonde, üvviae Frau war völlia faffunasloS. Japanische Schiffsverluste durch U-Boote. Nach der,Japan Mail' betrug die bis An fang April d. I. amtlich sestgestellte Zahl größerer durch deutsche U-Boote versenkter japanischer Handelsschiffe 14 mit einem Gesamttonnengehalt von 57 371. Die meisten dieser Schiffe ivurden im Mittellän dischen Meer versenkt. , Italienische Enttäuschung. Die italienische Presse sucht ihr Publikum auf die verschiedenste Weise über die Tatsache des Ausbleibens von tatsächlichen Siegesnachrichten hinwegzutrösten. Für die meisten sind die bisherigen Kampftage erst die Einleitung zur großen Offensive, und bei den riesigen Schwierigkeiten dürfe man sich nicht über die Langsamkeit der Erfolge wundern. Verschiedene Uriegrnachrichten. Keine Vernichtung Deutschlands. Die Londoner .Daily Dews' schreiben über dis Rede des Reichskanzlers Michaelis: Der wichtigste Teil der Rede war nicht der Note des Papstes gewidmet, sondern den Gründen, die es Deutschland unmöglich machen, an Friede» zu denken. Michaelis sagte, Deutschlands Feinde seien entschlossen, es zu vernichten, und es sei sür Deutschland nur eine Haltung möglich, nämlich die entschlossene Selbstverteidigung. Die leitenden Staatsmänner Englands und der anderen verbündeten Länder haben wiederholt erklärt, daß weder die Absicht, noch der Wunsch besteht,Deutschland zu' Boden zu schmettern. Abgesehen von dem Vorschlag der Rückgabe Elsaß-Lothringens an Frankreich hat niemand verlangt, daß Deutschlands Gebiet in Europa auch nur um einen Zoll breit verkleinert wird. Was die deutschen Kolonien betrifft, so ist ihre Zukunft eine offene Frage. Das einzige, worin alle übereinstimmen, ist, daß ihre Ver waltung, wem immer sie anverlraut werden möge, vor allem auf die Wohlfahrt der Völker, die sie bewohnen, gerichtet sein muß. Diese Frage liegt nicht im Vordergründe der Dis kussionen über den Frieden. ,Daily Erpreß' schreibt: Die Feinde Deutschlands wünschen es nicht zu vernichten. Kein noch so starkes Volk könnte hoffen, ein Volk von einigen 70 Mil lionen zu vernichten. Wir wünschen, die ge panzerte Faust, das Verlangen nach militärischer Oberherrschaft und die gefühllose Gier nach Weltherrschaft zu beseitigen. — Es sind die ersten englischen Zeitungen, die öffentlich von dem Gedanken an eine Vernichtung Deutsch- lands abiücken. Das läßt hoffen, daß langsam die Vernunft in immer weitere Kreise dringen wird. * Ter Artilleriekampf vor Verdun. Der Schlachte ndonnervonVerdun wird in der Rheinpfalz deutlich gehört, und auf dem Wendelstein im Chiemgau wird das Ge töse der schweren Kaliber und das Einschlagen ganzer Salven von der Jsonzo sch lacht vernommen. Im kreichstagz-haupLümschuß. Erledigung der „Zwischenfalls". Berlin, 23. August. Die heutige Sitzung des Reichstags-Haupt- ausschusses begann mit einer Auseinandersetzung über Indiskretionen der Presse, die Mitteilungen aus dem vertraulich erklärten Teile der vorigen Sitzung gemacht habe. Diese Auseinander setzung wurde für vertraulich erklärt. Im Auftrage der Reichstagsmehrheit er klärte dann ein for 1 schrittlicher Abge ordneter, daß die Erklärung der Parteien in Punkt 1 unnötig gewesen wäre, wenn man bereits den Wortlaut der (nachher veröffent lichten) Kanzlererklärung gekannt hätte. Der Redner billigte dann bei der fortgesetzten Be sprechung der auswärtigen Politik die Haltung des neuen Staatssekretärs des Auswärtigen, der insbesondere Prüfung der öffentlichen Meinung des Auslandes als eine Hauptaufgabe der auswärtigen Politik erklärt habe. Endlich verteidigtederRedner noch ein mal die Friedensresolution der Mchrheitsparteien. Noch eingehender befaßte sich mit diesem Thema der Abg. Haußmann (Fortschr. Vp.), der u. a. erklärte, es sei das Problem unsrer aus wärtigen Politik dem Ausland zugleich maß voll und stark zu erscheinen. Es kommt jetzt sür uns alles darauf an, einig zu sein. Staats sekretär des Äußeren v. K ü hlmann teilt mit, daß zu gegebener Zeit unseren Feinden nach sorgfältiger Buchführung die Rechnung über alle Schäden, die sie unserem Handel zugefügt haben, vorgelegt werden müßte. Ausführlich besprach Staatssekretär des ReichsmarineamtS v. Capelle die Aussichten und die Wirkung des U-Boot-Krieges. Der augenblickliche Bestand unserer U-Boote ist um 10 °/o höher als zu Beginn des ver schärften U-Boot-Krieges. Durchschnittlich sind monatlich 920000 Tonnen versenkt worden, ein Ergebnis, das die Erwartungen der Marine um mehr als 50 °/o übertrifft. Unsere Feinde haben noch kein wirksames Abwehrmillel gefunden. Vizekanzler Dr. Helfferich schilderte die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands zur stärksten Macht des Festlandes und sah gerade« darin den Grund sür Englands Teilnahme am Kriege, das als wichtigstes Kriegsziel Deutsch lands wirtschaftliche Unterdrückung habe. Dr. Helfferich bestritt, jemals über die Wirksamkeit des U-Boot-Krieges sich auf Prophezeiungen eingelassen zu haben und trat den Zahlen Lloyd Georges entgegen, die Spiegelfechterei seien. Der ungeheure Ansturm an der West front mit jeinem Masseneinsatz an Material und Menschen könne nur erklärt werden durch das Gefühl einer unmittelbaren intensiven Bedrohung Englands trotz der Aussicht auf die amerika nische Hilse im nächsten Frühjahr. Diese Be drohung aber liege nicht so sehr auf dem Laude oder in der Luft als vielmehr auf dem Wasser. Nachdem noch ein sozialdemokra tischer Abgeordneter an der Rede des Vizekanzlers Kritik geübt und ein konser vativer Redner die wahre Lage der Landwirtschaft geschildert hatte, vertagte sich der Ausschuß. Politische Kunälckau. Deutschland. «Über das Schicksal Elsaß-Loth- ringens sind die verschiedensten Lesarten fpNen Weeb sn Vertrieben langer Arbeitszeit lediglich damit beschäftigt werden, religiöse Texte aus Bibel und Talmud aus dem Hebräischen in den jiddischen Jargon zu übersetzen. Sieben bis achtjährige Knaben behandeln die kniffligsten Fragen des Eigentums-, Ehe-, Wechselrechts u. a. m. Diese Schulen, in schmutzigen Häusern und Zimmern untergebracht, sind Brutstätten von Krankheit und Ungeziefer. Die Lehrer sind auch meist verkrachte Existenzen. In einzelnen Cheder schulen ist durch die deutsche Verwaltung schon etwas Elementar-Unterricht eingeführt worden. Das ist unbedingt nötig. Bei dem religiösen Fanatismus der polnischen Juden kann aber eine derartige Entwicklung nur ganz allmählich vor sich gehen. — Die Kindesseele der Mädchen scheint den Juden gleichgültig zu sein. Das jüdische Mädchen wird modern erzogen und in die Volksschule geschickt, wo eS polnisch assimi liert wird. In der Ehe kommt es dann wieder mit dem orthodoxen Manne im langen Kaftan zusammen, und schwere Konflikte sind die Folge. „Ich habe noch nicht Zeit gehabt, mich zu fassen. Erst vor einer halben Stunde hat er mir'S mstgeteilt." Sie schluchzte wieder auf. „Unser armer, kleiner Johannes!* Die junge Frau fühlte sich merkwürdig be rührt von diesem AuSruf der Schwägerin. Beate war doch weniger egoistisch, als Hans und sie selbst es geglaubt hatten. Beruhigend streichelte sie die Hände, die das kostbare Spitzentaschentuch achtlos zerknüllten. „Wir wollen nicht unnötig klagen, Beate. Das hat nun doch keinen Zweck mehr. Wir wollen der Sache ruhig ins Auge sehen und zusammen überlegen, was sich tun läßt.* Ihre ruhige Art wirkte besänftigend auf die Nerven der Aufgeregten. Beate trocknete ihre Tränen. „Du bist so anders, Sabine, als wir alle hier. Aber du hast recht, wir wollen überlegen, waS zunächst zu tun ist." Sabine lächelte. „Zunächst, liebe Beate, schlage ich dir vor, die melancholische Schreib- tischlampe auSzudrehen und den Kronleuchter anzuzünden. DaS verbessert die Stimmung.* Beale gehorchte schweigend. „Dann wollen wir ein Verzeichnis der Sachen aufstellen, die verknust werden sollen.* „Verkauft?" Beate machte große, er schrockene Augen. Sie sah in diesem Augen blicke aus wie ein hilfloses Kind. „Unsere Sachen sollen verkauft werden? Aber warum denn?* „Liebe Beate, du kannst dir doch nachher unmöglich wieder eine Zwölfzimmerwohnung mieten." v verbreitet. So veröffentlicht v. a. ein Berliner Blatt eine Mitteilung, nach der über dir künftige Staats- und VerwaltungsresorM Elsaß-LothringenS bestimmte Beschlüsse gefaßt seien, auch der Reichskanzler sich sür eine be stimmte Lösung dieser Frage festgelegt habe. Diese Nachricht ist unzutreffend. Der Reichs kanzler hat in seinen Gesprächen mit den Parteiführern diese Frage zwar erörtert, aber sich nicht in bestimmter Richtung festgelegt, sondern auf bevorstehende Verhandlungen zwischen den Bundesregierungen verwiesen. Wahrscheinlich wird die elsaß-lothringische Frage auch im Großen Hauptquartier erörtert worden sein, wo der Kanzler am 24. d. Mts. weilte. * Das Zentrum hat im Interesse des ge- werbstchen Mittelstandes folgenden Antrag tm Hauptausschuß des Reichstages «mgebracht: Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, baldigst Maßnahmen zu treffen, durch welche 1. ausreichende Hilfeleistung des Reiches für die zwangsweise geschlossenen Be triebe des gewerblichen Mittelstandes vor gesehen wird; wobei insbesondere sür Erleichte rung der Wiedereröffnung dieser Betriebe nach Beendigung des Krieges Sorge zu tragen ist; 2. eine umfassende Kreditorgau isa- tion für den Wiederaufbau des gewerblichen Mittelstandes geschaffen wird. Polen. *Wie bereits bekanntgegeben worden ist, erfolgt am 1. September d. Js. die Über gabe der Justiz in Polen an den Provisorischen Staatsrat. Es werden jedoch die deutschen Gerichte noch eine gewisse Zeitlang fortbesteheu. Reichsdeutsche Prozeß«. Parteien sind in der Lage, sich die Erledigung ihrer Prozesse in allen Instanzen durch die bis herigen deutschen Gerichte zu sichern, wenn sie ihre Klage bis zum 19. Oktober 1917 dort ein reichen und spätestens am 19. Oktober 1917 die Erklärung abgeben, daß sie die Erledigung des Rechtsstreits durch deutsche Gerichte bean tragen. England. * Nach Londoner Meldungen wurde dem Ministerpräsidenten Lloyd George in den letzten Tagen eine Denkschrift überreicht, in der die englische Regierung ersucht wird, ehestens eine Gelegenheit zur Einleitung von Verhandlungen zwecks Herbeiführung eines gerechten und dauerhaften Friedens zu suchen. Die Denkschrift trägt die Unterschriften von fast einer Viertelmillion Personen sowie von Arbeiterverbänden mit zusammen 900 000 Mitgliedern. Das Begleitschreiben führt aus, daß die russische Revolution, der ' Eintritt Amerikas in den Krieg und die Friedens- eutschließuug des Deutschen Reichstags eine eue internationale Lage geschaffen hätten. Ruhland. * Um der Gefahr einer Gegen revolution wirksam zu begegnen, hat die provisorische Regierung einen Gesetzentwurf an genommen, in dem u. a. gesagt wird, daß aus Petersburg neben Krankenhäusern und Wohl tätigkeitsanstalten alle Elemente entfernt werden sollen, dis eine Gefahr im Hinblick auf eine Gegenrevolution bilden. Ausgewiesene Per sonen dürfen ohne besondere Erlaubnis nickst nach Petersburg zurückkehren. Das Gesetz ist sofort in Kraft getreten. Kleine Nachrichten. — In der holländischen Zweiten Kammer wurde mstgeteilt, daß 16 000 deutsche und englische Gefangene ausgewechsclt und in Holland un!cc- gcbracht werden sollen. — Die zwangsweise Zivilehe in Ruß land ist durch einen Erlaß der provisorischen Regierung eingeführt worden. — Der rumänische Senat und die Kammer sind in Odessa augekommen, wo sie zeit weilig verbleiben werden, bis das Parlament nach Cherson übersiedelt. — Die Negierung der Ver. Staaten hat die Bankiers davon unterrichtet, daß sie nunmehr zu der Regierung Carranzas volles Vertrauen gewonnen hat, so daß auch die moralische Unterstützung einer Anleihe an Mexiko gerechtfertigt erscheine. „Mieten? Mem Gott —* Sabine ergriff die beiden Hände und hielt sie fest. „Sieh ein mal, liebe Beate, wir müssen sür die nächsten Jahre überhaupt auf alles verzichten, wag Luxus heißt. Wenigstens vorläufig." Beate seufzte. „O dieser sürchterliche Krieg." „Dieser Krieg wird vielleicht für uns all« ein unendlicher Segen werden," sagte Sabine ernst. Dann setzte sie sich an den Schreibtisch uud stellte ein Verzeichnis der Sachen von Beates. Salon auf. Bei jedem Stück, das sie notierte, gab eS kleinen Kampf zwischen ihr und der Schwägerin. Schließlich legte Sabine die Feder nieder. „Höre, liebste Beate, so geht es nicht weiter. Dabei reiben wir uns beide auf." Sie stand auf und zog sich einen SssssS neben den der Schwägerin. „Wir wollen sür heute mit dem Aufschreibeil aufhören. Es wird nichts daraus. Du bist noch zu mitgenommen von all dem Neuen und Schrecklichen." Beate betupfte sich die Stirn mit Kölnischem Wasser und schwieg. „Wir wollen von etwa? anderem reden," sagte Sabine. „DaS gibt dir vielleicht die Kraft, stark zu sein. Ich will dir erzählen, WaS ich selbst in den letzten Tagen an mir ersahren habe." Und sie schilderte ihre Erlebnisse im Lazarett, sprach von dem blinden Lehrer, von dem Leut nant OSwaldt, der seine furchtbaren Schmerzen mit zusammengebissenen Zähnen ohne einen Laut ertragen hatte, sprach von all den grauen- hast' Verstümmelten,-.die sich draußen auf