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Eine neue Wesermündung. Kürzlich in dem Gebiet der Wesermündung vorgenommene neue Peilungen haben das überraschende Er gebnis gebracht, daß der bisherige Münduugs- lauf bei Niedrigwasser nur noch eine Tiefe von 4,5 Meter besitzt und daß sich eine westlicher belegene Fahrrinne östlich vom Notesand-Leucht- tum gebildet hat, die an der Fahrwassergrenze eine geringste Tiefe von 4,9 Meter und mitten im Fahrwasser eine solche von 6 Meter hat. Es ist nun deshalb von der zuständigen See behörde beschlossen worden, die bisherige Mün dung der Weser aufzugeben und damr die neue westliche Fahrrinne für die Schiffahrt her zurichten. Zu diesem Zweck find aus dem alten Mündungslauf alle Seereichen rc. entfernt wor den und für das neue Fahrwassergebiet schwarz und rot gestrichene Baken aufgestellt. Für das Befahren dieses neuen Wasserlaufes zur Nacht zeit hat das Tonnen- und Bakenamt soeben eine neue Segelanweisung herausgcgeben. Wie wichtig Legitimationspapiere selbst bei einer Vergnügungsreise find, mag folgender Vorfall, der sich erst dieser Tage in Groß almerode zutrug, illustrieren. Aus Frankfurt a. M. befand sich ein Bankbeamter namens Schmidt im genannten Ort, der einige Aehn- lichkeit mit dem verschwundenen Generaldirektor Adolf Schmidt haben soll. Der letztere Um stand war es nun, der dem sich seines Er holungsurlaubes erfreuenden Bankbeamten ver hängnisvoll werden sollte. Die Hüter des Ge setzes hatten schon längst ein Auge auf ihn ge worfen, der Verdacht verstärkte sich, man hielt ihn schließlich für identisch mit dem General direktor, und da er sich, eben infolge Mangels jeglicher Leginmationspapiere, auch nicht ge nügend ausweisen konnte, wurde er kurzerhand nach Kassel transportiert, wo man allerdings sofort den Fehlgriff erkannte. Der harmlose Schmidt aus Frankfurt a. M., der sich in be greiflicher Entrüstung seiner Verhaftung und Transportierung widersetzte, entging nur mit Mühe und Not dem Schicksal, geschlossen in Kassel seinen unfreiwilligen Einzug zu halten. Im Zimmer ertrunken. Das zweijährige Kind der Müllerschen Eheleute in Lüdenscheid ßürzte in einem unbewachten Augenblick in den im Zimmer stehenden Waschkübel und ertrank, bevor ihm Hilfe gebracht werden konnte. Nach Verübung von Wechselfälschun gen im Betrage von 80—100 000 Mk. ist nach einer Meldung aus Bamberg der Holzhändler Han aus Ebensfeld eniflohen. Schlagende Wetter. Auf der dem Grafen Magnis gehörigen Rupengrube in Kohlendorf entzündeten sich auf bisher noch unerklärliche Weise trotz Sicherheitslampen schlagende Wetter, durch die fünf Bergleute lebensgefährliche Ver letzungen erhielten. An ihrem Aufkommen wird gezweifelt. Mehrere andere wurden leicht verletzt. Eingestürzt ist am Donnerstag vormittag in Königsberg i. Pr. das Gerüst an dem Ehren- Empfangsgebäude des Ostbahnhois und zwar an verschiedenen Stellen. Drei Maler fielen auf die Lokomotivschiebebühne; einer von ihnen wurde getötet, zwei wurden verletzt. Ein vierter Herabgestürzter konnte sich an Balken fcsthalten, bis er gerettet wurde. Die Ursache des Ein sturzes ist noch nicht sestgestellt. Schatzgräber haben dieser Tage der alten Grun auf dem katholischen Friedhöfe zu Nyslowitz einen Besuch abgestattet. In dieser Gruft ruhen die Gebeine der früheren katholi schen Pfarrer, und es hatte sich die Legende gebildet, daß dort auch größere Schätze ver graben seien, die in unruhigen Zeiten vor den Nachforschungen Beutelustiger auf diese Weise gesichert worden sein sollten. Trotzdem nun die oberschlefische Bevölkerung einen hohen Repekt vor Gespenstern hat und obgleich gerade an dieser Stelle solche sich — der gleichen Legende zufolge — gerne aufhalten, mußte man doch dieser Tage die Entdeckung machen, daß nächtlicherweile Fensterscheiben an der Gruft zerschlagen worden und etliche Personen mit Hilfe einer Stange in das Grabgewölbe hinabgeklettert waren. Bei der näheren Unter suchung ergab sich, daß der Fußboden der Schwoob hatte Esterhazy im Verdacht, un günstige Artikel gegen ihn in die englische Presse gebracht zu haben. Er ließ daher Efter- Der berüchtigte Exmajor Esterhazy hat kürzlich in London Prügel bekommen. Es geht ihm nämlich seit einiger Zeit wieder besser, weil es ihm gelungen ist,' sich an einer Gold minenspekulation zu beteiligen. Er verband sich hazy zu sich bitten und prügelte ihn mit Hilfe einiger Freunde tüchtig durch. Esterhazy hat wegen dieser Mißhandlung eine Klage eingereicht, die zu einem interessanten Prozeß führen dürfte. Gruft an verschiedenen Stellen aufgewühlt war. hierfür mit einem wegen Fälschung von Bern- Ob die mutigen Schatzgräber ihr lichtscheues stein verurteilten Mann namens Schwoob, der Thun auch belohnt gefunden haben, ist unbe- sich jetzt Ackermann nennt. Es ging jedoch kannt; an den Särgen der dort beigesetztem.nicht alles glatt ab zwischen den beiden. Pfarrer sind keine Beschädigungen gefunden worden. Hitze, im hohen Norden. Es scheint, daß in diesem Jahre auch die Gegenden des Polareises von ungewöhnlicher Hitze heimgesucht worden sind, die dort ungeheure Mengen von Eis und Eisbergen losgelöst und in den Mittel atlantischen Ozean getrieben hat. Das ergibt sich aus den Berichten der Kapitäne der zwischen Europa und Nordamerika fahrenden Dampfer, die in der letzten Zeit in der Fahrt nach New Jork und Kanada Dutzenden von Eisbergen in der ungewöhnlichen Höhe bis 150 Fuß bc- Die Krooklyner Hängebrücke, die sich gesenkt hatte und nun wiederhergestellt ist. gegnet find. So berichtet der Führer des Ham burger Dampfers „Teutonia", daß er auf der Fahrt nach Montreal sehr viel schweres Pack eis und ebenfalls sehr viele Eisberge von un geheurer Größe gesehen habe. Die Straße von Belle Isle habe den Eindruck gemacht, als sei sie gänzlich von Eis blockiert. Die auf der vielbesuchten Route der europäischen Post dampfer jetzt herumschwimmenden Eisberge be deuten natürlich eine Gefahr für die Schiffahrt, die den Schiffsführern die größte Vorficht zur Pflicht macht. Ein folgenschweres Unglück. Unver zeihlicher Leichtsinn hat in Caldas da Rainha, dem portugiesischen Modekurort und gleichzeitig dem Verbannungsorte der gefangenen Boeren- familien, zu einer furchtbaren Katastrophe ge führt. In der Nähe deS Städtchens wurde eine religiöse Festlichkeit abgehalten, zu der Tausende hinausgeeilt waren. Auf dem Dach eines Omnibus, der nach Caldas da Rainha fuhr und in dem 37 Personen Platz genommen hatten, befanden sich Fenerwerkskörper, von denen viele Dynamit enthielten. Sie sollten am Abend verwendet werden. In dem Augen blick, da man auf dem Festplatz anlangte, er folgte eine furchtbare Explosion, der Omnibus wurde zerschmettert, zehn der Insassen wurden sofort getötet, die andern und einige Umstehende zum Teil tödlich verletzt. Der Kopf eines der Getöteten wurde einer etwa 50 Meter von dem Explofionsorte auf dem Nasen fitzenden Dame in den Schoß geschleudert, die vor Schrecken starb. Gerichtshalle. Gumbinnen. In der Mordsache v. Krosigk begannen am Donnerstag in der Berufsinsianz die Verhandlungen gegen Hickel und Marten. Für den Prozeß find fünf Tage in Aussicht genommen. Nürnberg. Der Viehhändler Prager wurde wegen eines in 58 Fällen begangenen fortgesetzten Vergehens der Unterschlagung und ferner wegen dreier Vergehen des Betrugs zu 1 Jahr 6 Monat Gefängnis und 3 Jahr Ehrverlust verurteilt. Huntes Allerlei. Abzeichen der Freiwilligen Feuer wehren. Ueber die vom Kaiser festgesetzten Abzeichen für die als Hilfsorgane der Polizei anerkannten Freiwilligen Feuerwehren und Pflicht-Feuerwehren in Preußen find jetzt nähere Bestimmungen ergangen. Die Abzeichen, die in einer Zusammenstellung von Feuerwehr-Kappe, Beil und Axt bestehen, find von den Mann schaften der uniformierten Feuerwehren am linken Oberarm, von den Chargierten auf den Achselstücken zu tragen. Die Mitglieder der Feuerwehren find zur Anlegung der Abzeichen bei Ausübung des Feuerlöschdienstes verpflichtet. Jedes unbefugte Tragen der Abzeichen und Achselstücke ist strafbar. Gefahren der Telegraphie ohne Draht. Kaum ist eine Errungenschaft modernen Erfinder geistes reif geworden für die Praxis, so stellen sich allerlei Bedenken ein, die beachtet werden wollen. Sehr interessant ist in dieser Hinsicht eine Anfrage des französischen Kriegsministers bei der Pariser Akademie der Wissenschaften. Diese soll nach der ,Nature' ihr Urteil abgeben über die Gefahren, welche eventuell den Pulver oder Sprengstoff-Magazinen aus der Errichtung von Stationen für drahtlose Telegraphie in ihrer Nähe erwachsen. Es würde denselben gegebenenfalls durch besondere Form und Art der Sprengstoffbehälter begegnet werden müssen. Wohl der älteste und zugleich der größte Baum in Europa ist die riesige Platane bei Vostizza in Griechenland, deren Alter man auf mehr als 2000 Jahre schätzt. Jeder ihrer Zweige ist so stark wie ein mächtiger Eichbaum, und ihr Stamm, der hohl ist, gewährt einer Gesellschaft von zehn Personen bequem Naum zum Aufenthalt. Als der griechische Befreiungs krieg gegen das türkische Joch im ersten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts ausbrach, bekam der Baum, der schon die glorreichen Zeiten des großen Alexander von Macedonien gesehen haben mag, dadurch eine historische Bedeutung, daß ihn dis griechischen Freiheitskämpfer zum Sammel platz erwählten: das ganze griechische Heer, das damals allerdings nur nach Hunderten von Leuten zählte, konnte im Schatten seiner Zweige lagern. Um den ehrwürdigen Zeugen zwei tausendjähriger griechischer Geschichte zu schützen, haben die Einwohner von Vostizza um den Stamm der Platane eine ziemlich hohe Ring mauer bauen lassen. Gute Antwort. Lehrer: „Kannst du mir sagen, wann die Schlacht bei Cannä war?" — Schüler: „Bedau're, Herr Lehrer, das weiß ich selber nicht'" den Garten zu machen. Unbemerkt wollte sie sich zurückziehen, aber der Baron bat sie dringend Um ihre Begleitung; so peinlich es ihr war, sie mußte dieser Aufforderung folgen. Sie schloß sich daher der Gesellschaft an, die Garten und Haus mit großer Aufmerksamkeit und vielen Ausdrücken der Bewunderung für die behagliche und schöne Einrichtung des Ganzen besichtigte. Fräulein Alice besonders faßte alles, was sie sah, mit dem lebhaften Interesse auf, stets wandte sie sich fragend, lobendj anerkennend an den Baron, dessen ganze Aufmerksamkeit so peinlich von ihr gefesselt wurde. Ein Bildwerk aus Bronze, das den heiligen Georg im Kampfe mit dem Drachen darstellte, schmückte den freien Platz vor der Veranda. Fräulein von Rütz blieb vor dem selben stehen und betrachtete es lange. „O wie hübsch," sagte sie sich, an den Baron Wendend, „wie hübsch, daß Sie bei allem Sinn für das Praktische doch auch die Künste lieben und beschützen. Es ist in der That eine sehr freudige Ueberraschung für mich, ein solches Kunstwerk, wie dieses hier in Ihrem Besitz und so würdig aufgestellt zu sehen." „Seit wann hast du das Ding, Ebendorf," fragte Bronikowski, jetzt näher tretend und es durch die Lorgnette betrachtend. „Erst seit kurzem," erwiderte der Baron, »es ist ein Geschenk meiner Schwester; Sie Khen, mein Fräulein, daß ich das Lob, das Sie mir eben gütig erteilten, nicht verdiene. Zu meinem Bedauern verstehe ich wenig von den bildenden Künsten; die einzigen Künste, Ulst denen ich mich in meinem Leben zu be ¬ schäftigen Gelegenheit hatte, sind Musik und Poesie." „Sie wissen aber doch jedenfalls, Herr Baron," fuhr Alice mit anmutigem Lächeln fort, „welcher Künstler der Schöpfer dieser Gruppe ist. Ich interessiere mich gerade besonders sür Skulptur und Malerei, da ich selbst in beiden Künsten etwas gepfuscht habe." „Leider muß ich auch hierin meine Unwissen heit bekennen, gnädiges Fräulein," entgegnete der Baron. „Armer Ebendorf," lachte Bronikowski. „Wie können Sie aber auch verlangen, mein gnädiges Fräulein, daß wir, die wir täglich ein ganzes kleines Reich zu regieren haben, daß wir unser Gedächtnis noch zum Namenregister der Künstler machen sollen. Wir freuen uns an ihren Werken, wenn wir sie sehen, ist das nicht genug?" Frau von Lützen hatte die Unterhaltung ge hört, sie trat jetzt näher und wandte sich in be scheidenem, freundlichen Tone zu Alicen: „Ich freue mich, gnädiges Fräulein, Ihnen die gewünschte Auskunft über dieses Bildwerk geben zu können, ich war zufällig in der Resi denz, als das Modell zu demselben ausgestellt wurde und sich allgemeine Anerkennung erwarb. Ein junger, italienischer Künstler, Giovanni mit Namen, hat es gefertigt; es war zur Aus schmückung eines Platzes in der Resivenz be stimmt und ist, soviel ich weiß, auf demselben bereits aufgestellt worden. Dieses hier ist eine verkleinerte Kopie davon. Fräulein von Rütz hatte den Worten Frau von Lützens überrascht zugehört; eine leichte Nöle bedeckte ihre Wangen, sie biß sich auf die Lippen und schaute die Sprechende mit messen dem Blicke an, als wollte sie sagen: „Schon wieder du? Kommst du mir immer in den Weg?" Doch sich gewaltsam überwindend, dankte sie mit leichtem Neigen des Hauptes, nnd den Arm der neben ihr stehenden Frau von Bronikowski ergreifend, verließ sie schnell mit derselben den Platz. Alles folgte ihr, Helles Lachen drang zu den Ohren Frau von Lützens, die stehen geblieben war und den Davoneilenden nachblickte; keiner hatte ein freundliches Wort für sie gehabt, keiner, selbst der Baron war von den andern mit fortgezogen worden, die Gene ralin hatte ihn in Beschlag genommen und es war ihm unmöglich gewesen, ohne aufzufallen, ein Wort an Frau von Lützen zu richten. Bald war die ganze Gesellschaft hinter einer hohen grünen Hecke verschwunden; jetzt verließ auch Frau von Lützen den Platz, aber nicht um der Gesellschaft zu folgen; langsam lenkte sie ihre Schritte nach dem Hause zurück, sie wußte ja, daß niemand unter den Gästen sie vermissen würde. Und doch wurde sie vermißt, schmerzlich ver mißt; zwei Augen suchten sie vergeblich, ein Herz schlug in glühender Sehnsucht nach ihr, aber sie ahnte es nicht. Oben auf einer Anhöhe waren Wein und Früchte zur Erfrischung aufgestellt. Man setzte sich um den einladend gedeckten Tisch, pries des Barons sinnige Anordnung, hier auf diesem anmutigen Platze eine Erfrischung servieren zu lassen. Von der einen Seite hatte man die Aussicht auf die See, die hinter dem niedrigen Gehölz in ihrer ganzen Majestät sich ausbreitete, auf der andern sah man über den Garten und seine schattigen Baumpariien hinweg nach dem Herrenhause, das mit seiner Veranda, dem breiten Frontspitz und den ausgedehnten Flügeln einen imposanten Anblick bot. Die Früchte waren köstlich, der Wein von ausgezeichneter Qualität, und so wurde die Stimmung bald eine gehobene, heitere. Fräulein von Rütz war sehr lebendig, die Gegenwart Frau von Lützens störte sie nicht mehr. Alle befanden sich in angeregter Laune; Scherz und Lachen wechselten miteinander ab, Toaste wurden ausgebracht und hell klangen die Gläser zu sammen. Nur der Baron war still. Fräulein Alicens Auge ruhte oft forschend auf ihm, er bemerkte es nicht; ihrem weiblichen Scharfblick war es nicht entgangen, daß ihr in Fran von Lützen eine gefährliche Nebenbuhlerin entstanden war. — Sollte diese Frau wirklich ihre Pläne durchkreuzen ? Doch nein, es war nicht möglich; selbst wenn der Baron Frau von Lützen liebte, würde der stolze Mann, der reichste Besitzer der Umgegend, der Schwager eines Ministers, seine Untergebene, eine hergelaufene, mittellose Person zu seiner Gemahlin erheben? Un möglich. Bei diesem Gedanken suchte Alice sich zu beruhigen und doch fühlte sie immer mehr, daß sie ihre Macht über den Baron ver loren hatte. Vergeblich bot sie heute ihm gegen über alle ihre Liebenswürdigkeit auf, der so selten jemand zu wiederstehen im stände war' er blieb still und einsilbig. JL 7 (Fory-sung folgt.)