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Allgemeiner Anzeiger : 26.06.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-26
- Sprache
- Deutsch
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- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190106267
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1901
-
Monat
1901-06
- Tag 1901-06-26
-
Monat
1901-06
-
Jahr
1901
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 26.06.1901
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Politische Pnndschon. Die chinesischen Wirren. *Die Entschädigungen, die China an die Mächte zu zahlen hat, waren bei den Verhandlungen vor zwei Monaten über die Feststellung einer Gesamtsumme bis zum 1. Mai berechnet. Da sich aber der Abschluß der Verhandlungen bis dahin nicht erreichen ließ und die Zurückziehung der Truppen erst im Juni beginnen konnte, so find die von den Mächten gemachten Ausgaben bis zum 1. Juli den Forderungen zu Grunde gelegt worden. Die Deuschland zu zahlende Entschädigung steigt danach von 12 Mill, auf 14 Mill. Pfund. Diese Summe entspricht auch ziemlich genau den Nachtragsetats, die vom deutschen Reichstage für das China-Unternehmen gefordert und bewilligt wurden. * CH ine fische Truppen besetzten mit Erlaubnis der Befehlshaber der verbündeten Truppen mehrere kleine Plätze in der Nähe von Jangtsun, von denen die fremden Truppen zurückgezogen worden find. *Die deutschen Gesamtverluste in China sür Heer und Flotte ergeben nach den amtlichen Listen folgende Ziffern: Gefallen sind insgesamt 62 Mann, nämlich 25 von den Schiffen, 22 von den Seebataillonen und 15 vom Expeditionskorps. Dagegen sind an Krankheiten verstorben oder ver unglückt insgesamt 277 Mann, also über vier mal so viel, davon entfallen auf die Schiffe 25 Mann, auf die Seebataillone 63 Mann, auf die kleineren Marineformationen 15 Mann, auf die Jnianterie-Regimentcr 103 Mann, auf die Kavallerie 12, Artillerie- nnd Munitions- kolonen 30, Pioniere 13 und sonstige Formatio nen des Exveditionskorps 16 Mann. Ver mißt werden 11 Mann. Verwundet sind insgesamt 258 Mann, davon 76 schwer. Die Gesamtschwächung der ostasiatischen Armee be trägt also 608 Mann, was bei Annahme eines Durchschnittsstandes unserer Armee in Ostasten von 25 000 Mann (Flotte und Landheer) nicht ganz 2 V2 Prozent ausmacht. Deutschland. * Das vor mehreren Tagen durch die Presse gegangene Gerücht, der Zar werde, einer Einladung des deutschen Kaisers folgend, den großen Manövern bei D a n z i g beiwohnen, hat jetzt festere Gestalt gewonnen, insofern nämlich, als der Zar in zwischen die an ihn ergangene Einladung endgültig angenommen hat. *Preußen sucht sich mehr und mehr das Eisenbahnmonopol in Thüringen zu sichern, nachdem die meisten Privatbahuen in seinen Besitz übergegangen sind. Wie Mini ster v. Wurmb in einer der letzten Landtags- sttzungen in Weimar mitteilte, hat Preußen dem Wunsche Ausdruck gegeben, die weimarische Regierung möchte von durch Privatunternehmer beabsichtigten Eisenbabnbanten ihr Mitteilung machen und, sofern Preußen unter denselben Bedingungen wie die Unternehmer die Bahn bauten ausführcn würde, dem preußischen Fiskus den Bau übertragen. *Jn den Besitz von etwa 50 Gruben feldern im Ruhrrevier, auf denen in absehbarer Zeit 12 his 15 Zechen errichtet wer den können, hat sich, wie aus dem Zentral verband der Industriellen gemeldet wird, der FiSkus gesetzt. Bereits im nächsten Etat werde eine Forderung nach dieser Richtung ent halten sein. * Die zweite hessische Kammer hatte an die Regierung das Ersuchen gerichtet, baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher eine feste Entschädigung für die zuUnrecht Ver hafteten vorfieht. Die erste hessische Kammer vertrat in ihrer Mehrheit gegenüber diesem Ge such in ihrer Sitzung am Donnerstag die An sicht, daß es sich hierbei um eine durch das Reich zu lösende Frage handle, und beschloß, die Regierung zu ersuchen, in dem Bundesrate für eine thunlichst baldige Vorlegung eines Gesetzentwurfs betr. die Entschädigung unschuldig Verhafteter an den Reichstag zu wirken. O^iz und Liebe. 15) Kriminalroman von W. Spangenberg. (Fortsetzung.) Der Herbst war gekommen, das Brunner- sche Ehepaar hatte seine Thätigkeit im Wein berge beendet und hielt sich ausschließlich im Hause auf, Bertram und Amalie dagegen lust wandelten an schönen Tagen mit Vorliebe im Garten, fröhlich und heiter, als habe niemals ein Wölkchen ihren Ehehimmel getrübt. Frau Brunner beobachtete das Paar mit Argus- Augen und konnte ihrer Verwunderung nicht genug Ausdruck geben über das glückliche, sorgenfreie Leben, das die beiden führten. „Schau da, wie gern er fie hat, er trägt sie ja auf den Händen/ sagte Frau Brunner eines Tages, als Bertram und Amalie von der Weinlaube kamen, er fie mit seinen Armen umschlang und einige Treppenstufen herabhob. „Weshalb sollen fie nicht, schwimmen schier im Gelbe!" brummte Brunner. „Ich mein' nur, wie lange ist's her, da schien's, als ob eins vom andern nichts mehr wissen wollte." Bertram, Amalie am Arm, mit ihr scherzend und tändelnd, ging am Fenster vorüber, fie grüßten vergnügt lächelnd Frau Brunner — ein untrügliches Zeichen, daß zwischen diesem Paare die schönste Eintracht und Harmonie ob waltete ! Rauhes, unfreundliches Wetter folgte den warmen, sonnigen Herbsttagen, die jungen Ehe leute sahen sich ans Zimmer gefesselt und darauf angewiesen, ihre Zeit dort zu ver- *Auf eine Anfrage über den Stand der' Saaten und Futtergewächse erklärte am Mittwoch der Minister des Innern in der württembergischen Kammer der Ab geordneten, der Stand der Saaten sei ein mittlerer, eine Futternot in größerem Umfange sei nicht zu besorgen, so daß in dieser Hinsicht eine staatliche Aktion nicht veranlaßt sei. Ein Antrag auf Gewährung von Beiträgen mm Ankauf von Futtermitteln an ganz besonders heimgesuchte Bezirke wurde einstimmig ange nommen. Frankreich. * Nach mancherlei klug arrangierten Spazier fahrten in Frankreich ist nun die marok kanische Gesandtschaft in Paris eingetroffen und vom Minister des Aeußeren, Delcassö, umgeben von den oberen Beamten seines Ministeriums, empfangen worden. Abdel Kerim ben Shiman dankte für den ihnen in Frankreich zu teil gewordenen herzlichen Em pfang. Sodann nahm die Gesandtschaft beim Minister das Frühstück ein. Die Gesandtschaft überbrachte als Geschenke für Delcassö marok kanische Teppiche und einen ziselierten Aatagan. *Als Beweis, daß der Kriegsminister Andrä infolge Einflußnahme Rußlands seine Pläne zur Demokratisierung der Armee aufgegeben habe, wird eine Rede des Kriegsministers im Osfizierskasino zu Trohes angesehen, in der er sagte: „Ich be greife, daß Sie konservativ sind. Ich bin ein entschiedener Republikaner, aber seien Sie ruhig, ich werde nicht weiter nach links gehen. Meine Erziehung verbietet mir das." * Neuerdings werden wieder zwischen der russischen und französischen Regierung Verhand lungen über eine neue russische Anleihe von 125MillionenNubel gepflogen. Die Ver handlungen werden von Regierung zu Regie rung direkt und auch diesmal ebenfalls nicht durch Vermittelung von Beamten geführt und — streng geheim gehalten. Die neue Anleihe soll in etwa sechs Monaten aufgelegt werden, bis zu welchem Zeitpunkte man bofft, die kürz lich abgeschlossene Anleihe vollständig unter gebracht zu haben. (Ob Frankreich seinem Ver bündeten wieder diese Gabe ohne jegliche Gegen gabe auf politischem Gebiet — Marokko? — darbringen wird?) Holland. * Präsident Krüger läßt im ,Nieuwe Rotterdamsche Courant' nochmals alle in jüngster Zeit aufgetauchten Friedensgerüchte als reine Erfindung und nunmehr endgültig ab- gethan bezeichnen. Dänemark. * Nunmehr liegt das Gesamtergebnis der diesjährigen Wahlen zum Folkething vor, nachdem bekannt geworden ist, daß aus den Faröer-Jnseln die Linke gesiegt hat. Bei diesen Wahlen verlor die Rechte 8 und die gemäßigte Linke 6 Sitze. Die Resormpartei der Linken gewann 12 Sitze und die Sozial demokraten 2 Sitze, so daß nunmehr die Reform- Partei der Linken 75 Sitze, die gemäßigte Linke 15, die Sozialdemokraten 14 und die Rechte 8 Mitglieder zählt, während zwei Mit glieder keiner Fraktion angehören. Balkanftaaten. *Eine etwas sonderbare Art von Ent schuldigungsreise werden Alexander und Draga antreten. Das serbisch - offiziöse Journal .Dnewnek' teilt mit, der Kaiser von Rußland habe eine Anfrage desKönigsAlexander und der Königin Draga behufs eines Besuches des russischen Hofes zu stimmend beantwortet. Die Abfahrt des Königs paares wird demnächst festgestellt werden. *Jn Athen herrscht die Anficht vor, daß Prinz Georg nach der letzten Note der Mächte die Erneuerung seines Mandats in Kreta auf einen Zeitraum von drei Jabren annehmen werde. (Nachdem sich die Ein verleibungstrauben als zu hochhängend erwiesen haben!) Afrika. *Der Londoner ,Sun' verbreitet die bisher jeglicher Bestätigung von anderer Seite ent behrende Meldung, daß General Botha und seine Unterführer beschlossen hätten, sich zu ergeben, und daß man im englischen Aus wärtigen Amt sogar glaube, daß die Ueber- gabe bereits erfolgt sei. * Kommandant Fourie, welcher den Boeren angeraten hatte, sich zu ergeben, ist jetzt von de Wet gefangen genommen wor den. Er wurde zum Tode durch Er schießen verurteilt, aber man glaubt, daß dieser Richterspruch noch umgewandelt werden wird. *Die Rinderpest droht die Operationen der kriegführenden Parteien zu lähmen. Laut amtlicher Bekanntmachung ist auf einer Farm im Distrikt Gr-Ytown die Rinderpest ausgebrochen und der Distrikt daher sür verseucht erklärt worden. *Jn Marokko beabsichtigen französische Gesellschaften eine Bahn zu bauen, welche Tanger und die ganze marokkanische Küste mit Oran, Algier und Tunis verbinden soll. Die marokkanische Regierung hat nach fran zösischen Blättern demPlan bereits im allgemeinen zugestimmt. Affen. * Der frühere javanische Verkehrsminister, dann Präsident des Repräsentantenhauses, Hoschi Toru, wurde am Freitag in einer Sitzung der Stadtvertretung von Jokohama durch einen Dolchstich ermordet. Die „goldene Hand". Die Aqitationsgelder der englisch-südafri kanischen De Beers-Company beschäftigten am Freitag das Berliner Schöffengericht. Es handelt sich um die bekannte Privatbeleidigungs- Klage des Berliner Vertreters der.Leipziger Neuesten Nachrichten' Dr. Paul Liman gegen den früheren Chefredakteur der ,Kölnischen Zeitung' Dr. Aug. Schmits und den Redakteur Dr. v. Loock, welche ihrerseits die Widerklage angestrengt haben. Als Ohm Krüger nach Deutschland kam und hier eine begeisterte Aufnahme bei der Bevölkerung fand, machte der Londoner .Daily Telegraph' hierzu seine Randglossen und be hauptete, daß eine ungeheure Summe von Be stechungsgeldern amgewendei worden sei, um in Deutschland künstlich Begeisterung für den Präsidenten Krüger zu entfachen. Dieser Unter stellung trat Dr. Liman in seinem Blatte ent schieden entgegen und veröffentlichte weiter einen Artikel unter der Ueberschrift: „Die goldene Hand," in welchem er folgendes mitteilte: In einem geheimen Geschäftsbericht der englisch südafrikanischen De Beers-Company pro zweites Halbjahr 1899 befinden sich Posten unter dem Rubrum „Speziaffonds für Agitationszwecke". Darin fänden sich folgende Ausgabeposten: nach Köln 1 200 000 Mk., nach Berlin sieben Millionen Mark. Der Artikel fügte hinzu: „Selbstverständlich liegen die genannten Städte nicht in Airika, sondern in Deutschland. Kommentar überflüssig." Dieser Aussehen erregende Artikel wurde von der ,Kön!schen Zeitung' so aufgefaßt, daß ihr selbst der Vorwurf gemacht werden sollte, sie habe sich bestechen lassen, um eine England freundliche Haltung einzunehmen. Sie erklärte dies für Verleumdung und forderte die ,Leip. N. N.' auf, Beweise für ihre Behauptungen zu erbringen oder ihren Gewährsmann zu nennen, damit gegen diesen vorgegangen werden könne. — Dr. Liman erklärte darauf in den ,Leiv. N. N.', daß er den betreffenden Artikel geschrieben habe, und forderte die ,Köln. Ztg.' auf, ihn wegen dieser angeblichen Verleumdung zu belangen; er sei bereit, alsdann eine Reihe von Zeugen zu nennen, die den betreffenden Artikel gelesen und auch Kenntnis von weiteren mit der An gelegenheit zusammenhängenden Vorgängen ge wonnen haben. Darauf entgegnete die.Köln. Ztg.': „Wir wären dieser Aufforderung längst nachgekommen, wenn sich nicht bis jetzt die Ver leumdung gegen die ,Köln. Ztg.' hinter einer Form verstärkt hätte, die feige darauf berechnet ist, dem Strafgesetz keine Handhabe zu bieten. Man gebe endlich dies feige Versteckspiel auf, man kleide die Verleumdung in eine Form, die uns die Möglichkeit bietet, mit festem Griff in das Lügengewebe hinein zu fassen und Herrn Dr. Paul Liman vor dem Strafrichter als Ver leumder zu entlarven". In weiteren Artikeln der .Köln. Ztg.' wurde Dr. L. noch mit anderen persönlich beleidigenden Bezeichnungen bedacht. In der Antwort, die Dr. Liman auf diese Angriffe erteilte, hieß eS u. a.: „Es ist kein Wunder, daß die .Köln. Ztg.' sich durch den Artikel getroffen fühlte, denn notorisch ist ihr Korrespondent, der Redakteur der,Südairika- nischen Zeitung', Dr. Geehl in Johannesburg, von England bestochen worden, um in der .Köln. Ztg.' kür England Stimmung zu machen. Außerdem ist es gerichtsnotorisch, daß Best und andere Häuvter der De Beers-Company, sowie ähnlicher Kompanien seit Juli 1899 dem preußischen Staat für die Kunstanstalten außer ordentlich wertvolle Geschenke gemacht haben. Daß diese Herren nicht aus eigener Tasche und aus Liebe zum Deutschen Reich, sondern aus Kosten der im südafrikanischen Kriege beteiligten Gesellschaften, um die für sie notwendigen Sympathien des deutschen Volkes zu gewinnen, dies gethan haben, dürfte wohl anzunehmen sein." Dr. Liman teilte in einem anderen Artikel noch mit: „Der erwähnte Geheimbericht der De Beers - Company trägt die Unterschrift „Lionel Philivps" und befand sich im Gom vernementsgebäude in Pretoria. Der Herr, der den Bericht gelesen, ist Gouvernementsbeamter und heißt Sluyter." Die Zeitungsfehde schloß damit ab, daß Dr. Liman gegen den Chefredakteur der .Köln. Ztg.' und gegen den Verfasser der von der .Köln. Ztg.' gebrachten Artikel die Privatklage erhob, die genannten Herren dagegen die Wider klage anstrengten. Der Redakteur der ,Köln. Z«g.' wurde zu 100 und der Herausgeber des Blattes zu 200 Mark Geldstrafe verurteilt. Ihre Gegenklage wider Dr. Liman wurde ab gewiesen. Liman will nicht behauptet haben, daß die Redakteure der .Köln. Ztg.' von Eng land aus bestochen worden seien. Dom Uals nnd Ferm. Die polizeilichen Absperrungen waren auch während des letzten Kaiserbesuchs in Ham burg ungewöhnlich umfassend. Nicht nur wM die Hamburger Schutzmannschaff, berittene und unberittene, aufgeboten, auch das ganze 76. Infanterie - Regiment wachte über die Sicherheit des Kaisers. Die Soldaten waren auf der Strecke vom Dammthor-Bahnbof bis zur Wohnung des Gesandten, des Grafen Wolff Metternich, zehn Schritte von einander entfernt postiert; sämtliche Bäume wurden militärisch bewacht, der Garten des Bahnhofs und der Bahnsteig waren vollständig abgesperrt. Die zahlreichen Arbeiter, die dort jetzt an den neuen Bahnanlagen beschäftigt find, hatten die Strecke verlassen müssen. Ein grobe Zudringlichkeit gegen den Kronprinzen verüble ein angetrunkener BüreaU- beamter auf dem Bochumer Bahnhof. Als der Kronprinz auf der Fahrt von Minden nach Bonn in Bochum eintras, schlug der Mann nm seinem Stock gegen das Fenster des Salon wagens, in dem der Kronprinz saß. Er wurde sofort verhaftet und zuerst nach dem Station?- büreau und dann auf die Wache geführt. Ek schien betrunken zu sein und gab zu seiner Ent schuldigung an, er habe nur den Kronprinzen sehen wollen. Der Vorfall wurde im Salon wagen bemerkt, aber humoristisch aufgefaßt. Die Herstellung von Zehnmarkscheine« wird seit längerer Zeit in Handelskreisen an- gestrebt, um eine für den Verkehr wichtige un» fehlende Zwischennummer zwischen den FM- und Zwanzigmarkscheinen zu besttzen; denn es find weder Fünfmarkscheine noch Goldkronen >» genügender Anzahl vorhanden. Es hat den Anschein, als ob einer kürzlich von zuständiger Stelle eingereichten Petition stattgegeben wer den soll. Wie verlautet, find nämlich bei den verschiedensten Bankinstituten Erkundigungen eingezogen, ob die Einführung von Zehnmatt scheinen sür den Geschäftsverkehr von Volte» wäre. Die meisten Banken sprachen sich die Ausgabe von Zehnmarkscheinen aus. der Verausgabung hat es dann aber imn» bringen, sonst blieb ihre Lebensweise die gleiche. Nach mehreren Wochen klagte Amalie oft über Kopsschmerzen und ein eigenartiges, unbehag liches Gefühl in den Gliedern, welche Er scheinungen Bertram auf die Entbehrung frischer Lust und den Einfluß der Zimmer-Atmosphäre zurückmhrte. „Meine liebe Amalie, dn bist zu sehr an Bewegung im Freien gewöhnt, das Stuben hocken, zu dem wir leider verurteilt sind, ist deiner Gesundheit nicht zuträglich," sagte er teilnahmsvoll, ihr zärtlich die Wangen streichelnd. Sie nickte ihm beistimmend zu. „Die Witterung ist gar so abscheulich, wird aber hoffentlich bald einen Umschlag erfahren und dann werden wir sofort unsere Exkursionen wieder ausnehmen. Vorläufig läßt sich an der Sache nichts ändern, du mußt das Unwohlsein mit Geduld ertragen. Täglich mehrere Mal einen Schluck Wein nehmen, auch außerhalb der Mahlzeiten, wird dir dienlich sein. Ec stärkt den Körper und macht ihn gegen kleine Unpäß lichkeiten widerstandsfähiger." Die junge Frau hörte solchen Reden schwei gend zu, nahm auch willig das Weinglas, -das er ihr brachte und nippte von Zeit zu Zeit daran, ohne irgend welche Wirkung zu ver spüren. Die ersehnte günstige Witterung blieb aus, statt ihrer stellten sich trübe Winterlage mit Schneegestöber ein, und mit ihnen ver schlimmerte sich der Zustand Amaliens langsam, kaum merklich, aber unaufhaltsam. Wiederholt hatte fie den Wunsch geäußert, daß ein Arzt zu Rate gezogen werde, Bertram ihr jedoch jedes mal plausibel gemacht, daß ärztliche Hilfe hier gar nichts nützen werde. Er selbst habe sich sehr eingehend mit medizinischen Studien be saßt, alle möglichen Lehrbücher gelesen und könne ihr Leiden genau beurteilen. Die Ursache desselben liege einzig und allein in dem Um stande, daß fie ans Zimmer gebannt sei, und da müsse ihre eigene Natur der zuverlässigste Helfer sein: „Es wird mir doch keinen Nachteil bringen, wenn wir auch die Ansicht eines geprüften Arztes hören," wandte fie ein. „Keinesfalls, meine süße Amalie! Ich will deinen Wunsch herzlich gern erfüllen, nur möchte ich nicht, daß dir der Arzt Medizin, Pillen oder ähnliches verordnet, denn alle Heil mittel, die man aus den Apotheken beziehen muß, find mehr oder weniger zu nichts anderem zwedienlich, als den menschlichen Körper zu ver giften." Bertram eilte fort und kehrte nach etwa zwei Stunden mit einem Herrn zurück, den er als Doktor Walz vorstellte und dessen Physiognomie - nicht sonderlich dazu angethan war, das Vertrauen eines Patienten zu er wecken. Er untersuchte die Kranke, stellte dabei eine Anzahl Fragen an sie und gab schließlich die wenig tröstliche Erklärung ab: „Da läßt sich nichts ihun, wenigstens augenblicklich nicht. Sie müssen sich möglichst viel Ruhe gönnen, diät leben und, sobald ein schöner Tag kommt, versuchen, sich im Freien zu bewegen. Damit Sie bei Kräften bleiben, trinken Sie täglich zwei bis drei Gläschen guten Wein." Bertram lächelte verständnisvoll, während der Doktor diese Verhaltungsmaßregeln g^' stimmte doch die ärztliche mit seiner DiagU»! überein. „Ich darf wohl bitten, daß Sie meine Fra» wieder besuchen und ihr Befinden prüfen, Doktor." ... „Heute über acht Tage werde ich sein !" . Als der Arzt gegangen war, sagte Vertrag' „Steh', liebste Amalie, durch das GutE» des Arztes hast du meine Ansicht bestätigt gt funden. Es gereicht mir zur großen Berub gung, daß er in deinem Leiden keine GeM sür dein mir teures Leben erblickt." „Ach, ich fühle mich aber so sehr schw» fast alle Glieder sind mir wie gelähr»" klagte fie. . „Verzage nur nicht, es wird wieder btti werden," tröstete er. ,,, Drei Tage später stellte sich bei Amal t nachdem fie mittags ein wenig Speise zu » . genommen, heftiges Erbrechen ein. BertM- reichte ihr ein Glas Wein, doch fie schob zurück mit dem Bemerken: „Ich mag ihy nicht mehr trinken, er VE mich an!" »-r- „Der Wein? Ich bitte dich dringend, v' schmähe nicht das einzige, was dich m,r zu halten vermag, bis die heilende Frühlings^ dir die völlige Genesung bringt ! „Nein, nein, Heinrich, ich kann mcht, . Wein hat einen seltsamen, widerwärtigen^ schmack. Jedesmal -, wenn rch emen getrunken, überfällt wich Fieberhitze, werde - erregt, und nachher bin ich schlaff und ma»'
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