Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 19.06.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190106192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19010619
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19010619
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1901
-
Monat
1901-06
- Tag 1901-06-19
-
Monat
1901-06
-
Jahr
1901
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 19.06.1901
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Politische Rundschau. Die chinesische« Wirren. *Grai Walder see und sein militärischer Stab sind vom Kaiser von Japan in der Abschiedsaudienz mit hohen japanischen Orden dekoriert worden. *Die Unterhandlungen in Peking dauern noch an. Eine Schwierigkeit bildet jetzt die Frage, wie China die vier Prozent Zinsen aufbringen soll. — Ein Dekret des Kaisers Kwang-Szü ordnet die Bildung einer Eisen bahn-Schutztruppe an. * Die Süh n e ° M i s s i o n desPrinzen Tschun, welcher nach Deutschland gesandt wird, um das Bedauern des Kaisers von China über die Ermordung des deutschen Gesandten v. Ketteler auszusprechen, wird nach einer Schanghaier Nachricht des .Standard' Peking wahrscheinlich Ende Juli verlassen. *Vom Kaiserhofe in Singanfu sind zuverlässige Nachrichten bis heute immer noch sehr schwer zu erhalten. Thatsache ist nur, daß die Hungersnot in dem ganzen Bezirk zahllose Opfer swdert und deshalb geradezu unerträgliche Zustände geschaffen hat. Vor kurzem hieß es außerdem, daß der Kaiser er krankt sei und Blut sveie, weshalb Hals über Kopi zuverlässige Aerzte aus Peking ver schrieben wurden. Von einem Ausbruche des kaiserlichen Hofes von Singanfu ist keine R-de und jedenfalls ist derselbe vorläufig auf unbe stimmte Zeit hinausgeschoben worden. Deutschland. * Der Kaiser ist am 15. d. früh in Cronberg zum Besuch der Kaiserin Friedrich eingetroffen. * Reichskanzler Graf Bülow empfing jüngst den Amerikaner Frederick Holls, der Sekretär bei dem Haager Kongreß war und jetzt zum ständigen Mitgliede des Schieds gerichtshofes im Haag ernannt worden ist. In der Unterredung soll Graf Bülow ge äußert haben, der Kaiser und er selbst ver sprächen sich von dem Schiedsgerichtshof eine segensreiche Wirksamkeit und erwarteten von demselben viel mehr, als die deutsche, wie die ausländische Presse bisher von ihm angenommen habe. (Der Schiedsgerichtshof fände an Süd- Afrika eine dankbare Aufgabel) * Die Untersuchung gegen den Bremenser Attentäter Weiland durch das Reichs gericht ist nabezu abgeschlossen. Die Akten werden voraussichtlich Ende dieses Monats der Oberreichsanwaltschaft zugestellt werden. * Die Besprechungen der preußischen Minister über den landwirtschaftlichen Not stand sind zu Ende geführt und haben zu einem vorläufigen Einverständnis über die zu ergreifenden Maßnahmen geführt. Dw end gültigen Entschließungen hängen natürlich von dem Ergebnis der geplanten Reise in die Not standsgebiete ab. Dem Vernehmen nach soll diese Reise der Minister am 20. Juni angetreten werden. An den Besprechungen haben der Eisenbahn-, der Finanz-, der Land- Wirtschafts- und der Handels-Minister teilge nommen. *Die neuen russischen Paß-Be stimmungen an den Grenzübergängen find nun in Kraft getreten. Alle Schritte, welche die Regierung zu Oppeln in Aussicht ge stellt und auch thatsächlich unternommen batte, um die gänzliche Aufhebung oder wenigstens Milderung der äußerst harten Bestimmungen zu Gunsten der preußischen Unterthanen zu erreichen, hatten keinen Erfolg. * Der starke Rückstrom von Arbeitern aus den westlichen Provinzen nach den östlichen in diesem Jahre bildet eine bisher nie wahr genommene Erscheinung. Täglich bringen die Züge der Hamburger und Lehrter Eisenbahn solche aus dem Osten gekommenen Arbeiter, die sich in den westlichen Provinzen vergeblich nach Beschäftigung umgesehen haben oder, nachdem sie dort längere Zeit gearbeitet, jetzt entlassen worden find. * Behufs Verbotes der Masseneinwanderung tschechischer und polnischer Land- Oeiz und Liebe. 13) Kriminalroman von W. Spangenberg. (Fortsetzung.) „Sie ist einfach, aber gemütlich eingerichtet," bemerkte Amalie beim Eintritt. Johanna ließ ihren Blick prüfend in den Zimmern Herumschweifen, rümpfte die Nase und murmelte wie im Selbstgespräch: „Einfach ja, mehr noch als daS l Aber wo steckt denn die Gemütlichkeit?" Amalie zupfte die Freundin am Kleid. „O bitte, sei still, du machst meinen Mann ärgerlich," lispelte sie, während Bertram im Nebenzimmer sich am Schreibsekretär zu schaffen machte. „Das einzige, was mir gefällt, ist dieses niedliche Schränkchen dal Welche Geheimnisse birgt es denn in sich? Zum Geldschrank für einen angehenden Millionär ist es zu klein!" Sie deutete auf ein an der Wand hängen des Schränkchen von Mahagoniholz, in dessen Thür trotz des kleinen Umfangs fich zwei Schlüssellöcher befanden. „Ich weiß es nicht, habe nie hineingesehen," flüsterte Amalie. „Auch nicht danach gefragt?" „Nein, es interessiert mich nicht." „In meinerWohnung dürfte nicht das kleinste Schächtelchen vorhanden sein, ich müßte wissen, was drmnen steckt." Bertram erschien in diesem Augenblick im Rahmen der Thür, hoch aufgerichtet, mit ge rötetem Gesicht. „Herr v. Bertram, welche Kostbarkeiten ent- und Industrie-Arbeiter nach Thüringen hat eine Reihe thüringischer Gemeinden eine Eingabe an die Reichsregierung gesandt. Oesterreich-Ungarn. * Die Prager Blätter rechnen dem Kaiser- Franz Joseph vor, daß er bei der Ant wort auf die Ansprache des Bürgermeisters Srb genau 84 tschechische und 84 deutsche Worte gesprochen hat. * Im übrigen spielt sich das kaiserliche Reise-Programm wie am Schnürchen ab; die Tschechen verstehen aber überall, etwas Wermut >ür die Deutschen in den Freudenbecher zu träufeln. * Der Jahrestag der Verbrennung des Johann Huß soll diesmal besonders festlich begannen werden. Ein hauptsächlich aus Sokoln bestehender Festausschuß fordert die Tschechen auf, aus diesem Anlaß Vorträge über Huß, die Husfitenzeit zu halten, aus den Wohnungen alles auszumerzen, was sich mit dem tschechi schen Standpunkt nicht vereinbaren läßt und dafür Bilder und Büsten von Huß, Ziszka, Prokop, Komensky u. a. anzubringen, des weiteren Straßen und Plätze nach Huß zu be nennen und am Vorabend der Verbrennung des Huß die Wohnungen festlich zu beleuchten und Höhenfeuer zu entbrennen u. dgl. m. Frankreich. * Nachdem der Kriegsminister Andrö sich in der Sitzung des Armee-Ausschusses zu Gunsten der Einführung der z w e i j ä h r i g e n D i e nst- zeit ausgesprochen, scheint die Annahme dieser Vorlage endgültig gesichert. England. * Ueber die Finanzlage Trans vaals hat der zu deren Prüfung nach Süd afrika geschickte Sir Barbour einen Bericht ab gefaßt, der am Donnerstag im englischen Parlament zur Verteilung gelangt ist. Nach ihm sei dort keine Aussicht auf Entwickelung von Landwirtschaft und Viehzucht in Transvaal, die Wohlfahrt des Landes hänge von den Minen ab. Er schlägt eine Einkommensteuer der Aktiengesellschaften von 3 Prozent, der Gold minen mit 10 Prozent vom Gewinn vor. Durch „Revision" der Steuern könne Transvaal in die Lage gebracht werden, binnen zwei Jahren die Kriegskosten zu decken. Durch „Beschränkung der Rechte" von Eigentümern mineralhaltigen Landes solle der Staat sich einen großen Gewinn anteil an dem Minenerlös verschaffen. Belgien. * Der Brief des Königs von Belgien soll auf den ehemaligen Minister-Präsidenten Bsernaert, den Führer der Opposition gegen die Congovorlaqe, tiefen Eindruck ge macht haben. Es heißt, daß er und die Mit unterzeichner des Antrages auf sofortige Ueber- nahme des Congostaates diesen Antrag zurück- ziehen würden. *Das gegen die belgischen Spiel- Höll e n sich richtende Gesetz wurde am Donners tag vom Senat mit 51 gegen 17 Stimmen bei 29 Stimmenthaltungen angenommen und geht nun wieder an die Kammer zurück. Rustland. *Das Zarenpaar will im August in Kopenhagen eintreffen, drei Wochen ver weilen und dann nach Deutschland Weiter reisen. * InFinnland macht ein „merkwürdiger" Vorfall von sich reden. Das Zollamt in Helsing- fors beschlagnahmte dieser Tage einen Koffer, in dem sich revolutionäre Schriften in schwedischer und finnischer Sprache befanden, und der einem Finnländer gehörte, der von einer Reise nach Schweden heimgekehrt war. Vom Zollamt sofort in Verhör genommen, er gab sich, daß der Reisende ein Maurer namens Läppenen, ein Handlanger des General- gouverneurs Bobrikow war und durch Vermittelung des Gouverneurs von Helsingfors, Kaigorodow, den Auftrag übernommen hatte, die revolutionären Schriften drucken zu lassen. Letztere sollen natürlich in Finnland verbreitet werden und dem Generalgouverneur eine Stütze für sein Streben sein, im Lande den Belage rungszustand zu erklären, ein Ziel, das Bobri kow bisher nicht hat erreichen können. Es faucht kaum erwähnt zu werden, daß der r^eneralgouverneur von dem Eifer des Zollamts nicht erbaut ist, sondern über die Vereitelung des Planes rasend war. Balkanstaaten. *Der bekannte ehemalige Staatsrat Ismail Kemal Bei ist nach einer Meldung aus Kon stantinopel in Abwesenheit zum Tode und Kon fiskation seines Vermögens verurteilt worden. Das Urteil erregt großes Aussehen. Ismail Kemal Bei ist einer der intelligentesten Leute in der Türkei und als Freund der Engländer bekannt. Er flüchtete vor etwa Jahresfrist auf einem englischen Schiffe ins Ausland, weil er in der Türkei nicht mehr sicher war infolge ver werflicher Intrigen seitens bezahlter Spitzel. Er bat als Albanese großen Einfluß bei den Albanesen. Als eifriger Vorkämpfer des Jung- türkentums verdammt er das jetzige Regime und ist im Auslande jedenfalls sehr gefährlich für dasselbe. * Fürst Nikolaus von Montenegro ist zur Taufe seiner Enkelin nach Rom gereist. * „Die diplomatische Lage ist augenblicklich sehr kritisch, nachdem die Mächte es ab gelehnt haben, die Adresse zu Gunsten der Einv erl eibung Kr et as in Griechen land entgegenzunehmen" — so wird aus Kanea gemeldet. Soll das etwa heißen, daß die Herren Insulaner in ihrer Wut darüber, daß man ihre kindischen Wünsche abgelehnt, ihre verrosteten Flinten vorholen wollen? — Das könnte ihnen schlecht bekommen. Auf diese Weise erreichen sie den Anschluß an Griechen land sicher nicht. Amerika. * Ueber die Zukunft der Insel Cuba soll demnächst die Entscheidung fallen. Präsi dent Mac Kinley soll die Absicht haben, die einfache Annektierung der Insel zu beantragen. Afrika. * Zur Lage inSüdafrikagab Balfour im Unterhause die Stärke der Boerenftreitkräfte, die jetzt größtenteils in Trupps von 100 bis 200 Mann ausgelöst feien, auf 17 000 Mann an. Friedensverhandlungen würden jetzt nicht gepflogen, man müsse erst den weiteren Fortgang der militärischen Operationen abwarten. Der Kampf gegen die Malaria. Major Ronald Roß, der sich schon große Verdienste um die Feststellung der Thatsache erworben hat, daß ein gewisser Zusammenhang zwischen dem Biß gewisser Moskitos und dem Malariafieber besteht, tritt nächste Woche seine fünfte Expedition nach der Westküste von Afrika an, um dort an Ort und Stelle seine Studien, die er im Auftrag der Liverpool School of Tropical Medicine ausführt, fortzusetzen. Major Roß erklärte einem Vertreter einer Londoner Zeitung, daß die Hauptaufgabe der kommenden Expedition darin bestehe, außer aller Frage nachzuweisen, daß das Malariasteber durch den Anopheles-Moskito übertragen werde, und daß die in letzter Zeit auf diesem Gebiete gemachten Entdeckungen genügten, um in jedem bestimmten Distrikt die Krankheit vollkommen auszurotten. „Wir haben schon zwei wichtige Punkte über den Moskito entdeckt," fuhr Major Roß fort. „Der eine ist, daß der Moskito sich an einem Ort fortpflanzt, wo man ihn leicht vernichten kann. Er legt nämlich seine Eier immer auf die Oberfläche eines stehenden Gewässers, wo sich die junge Brut dann von allerhand kleinen Körperchen nährt, die auf dem Wasser herum schwimmen. Der zweite wichtige Punkt ist der, daß der Moskito nicht in der Lage ist, eine längere Distanz zu fliegen." Ueber die Art der Uebertragung der Krankheit sagte Major Roß, daß man durch mikroskopische Untersuchungen festgestellt habe, daß der Moskito, wenn er einen malariakranken Menschen beißt, die Keime der Krankheit aus dem Blute des betreffenden Menschen in sich aufnimmt. In dem Magen des Insekts finden nun diese Keime gerade das, was sie für ihre schnellste Entwickelung brauchen. Sie gehen dann in das ganze System des Tieres über und werden durch weitere Bisse auf andere Menschen übertragen. Einer der hauptsächlichsten Experimente der Exoeditivn wird daher sein, in einem der Malariadistrikte während des trockenen Sommers, in einem be stimmten und begrenzten Distrikt alle Sümpfe und stehenden Gewässer zu vergiften, sodaß die Brut des Anopheles nirgends auskommen kann. Das Kolonialamt hat gerade für dieses Experi ment seine volle Unterstützung zugesagt, und es ist daher zu hoffen, daß es gelingen wird, die Anopheles-Moskitos thatsächlich aus ganzen Distrikten zu vertreiben. Sollte dann, wie man bestimmt erwartet, in einem solchen Distrikt die Malaria auch ganz verschwinden oder wenig stens so zurückgehen, daß man die Abnabme bemerken kann, so wäre der Beweis geliefert, daß die Anopheles-Theorie richtig ist, und wenn das der Fall ist, so ist es möglich, gewisse Distrikte in Westafrika von der Krankheit zu be freien und sie so sür den Auenthalt von Weißen geeignet zu machen. Don Uail imd Fern. Eine heftige Explosion sand Fr-itag vormittag in einer Patronenfabrik in Jssy Pi der Umgegend von Paris statt. Im Augenblick, als die Arbeiter gerade die Fabrik verlassen wollten, um zu frühstücken, stürzte ein 10 Meter breites und 25 Meter tiefes Gebäude der Fabrik ein. Es wurde sofort mit den Rettungs arbeiten begonnen. Aus den Trümmern sind 15 Tote und 18 mehr oder weniger schwer Verwundete hervorgezogen worden. Die meisten Opfer sind Frauen. Ein Denkmal für Ludwig Hölty ist Mittwoch nachmittag in Hannover enthüllt worden. Der Dichter wurde am 21. Dezember 1748 zu Mariensee in Hannover geboren und starb am 1. September 1776 in Hannover. Seine Lieder: „Ueb' immer Treu und Redlich keit", „Rosen auf den Weg gestreut und des Harms vergessen", sowie sein Trinklied: „Ein Leben wie im Paradies" u. a. find noch heute in aller Munde. Eine gefährliche Vorführung. Ein von den Pocken befallenes Kind wurde Mittwoch vormittag in der Berliner Charitö vom Geheim rat Prof. Gerhardt den Studierenden vorge führt. Das sechs Monate alte Kind wurde von einer Wärterin am offenen Fenster einer streng abgeschlossenen Baracke des Instituts für In fektionskrankheiten gehalten, während die Hörer Prof. Gerhardts außerhalb der Baracke standen und von hier aus den Fall beobachteten. Das Kind ist über den ganzen Körper dicht von den Pockenpusteln bedeckt, die sich aus dem Gesicht schon abzuschorfen beginnen. Wie groß die Ansteckungsgefahr ist, geht daraus hervor, daß Geheimrat Gerhardt seinen Hörern, die da? Kind in der Nähe betrachtet hatten, empfahl, sich der Schutzpockenimpsung zu unterziehen und einen Stabsarzt mit der Vornahme dieser Impfung betraute. Vor einigen Jahren, so erzählte Geheimrat Gerhardt, erkrankten bei Ge legenheit einer solchen Demonstration zwei junge Mediziner an den echten Pocken. In Bad Nauheim springt die Quelle 12 seit einigen Tagen nicht nur mit alter Kraft und Fülle, sondem liefert über 100 Kubikmeter Sprudelsoole am Tage mehr als in den letzten zehn Jahren. Der Zusammenbruch des Spar- mtd Vorschutzvereins in Kahla gelangt in Alten burg vor der Strafkammer nach fast zweijähriger Voruntersuchung zur Hauptverhandlung gegen den Direktor des Spar- und Vorschußvereins in Kahla, Kaufmann Adolf Jecke, wegen Bankrotts, Untreue, Unterschlagung, Betrugs und Urkundenmißbrauchs. Durch gröblichsten fortgesetzten Vertrauensmißbrauch hat Jecke M Gemeinschaft mit dem Direktor Franz Host' mann und seinem Sohn Alfred Jecke, der als SchriMihrer des Vereins thätig war, die Ge nossenschaft und deren Mitglieder für seine Sonderzwecke in der allerschlimmsten Weise aus zubeuten verstanden und schließlich den Zu sammenbruch der bekannten Bank, die auch den Geldvrrkehr mit der herzoglichen Landesbank in Altenburg vermittelte, herbeigeführt. hält dieses allerliebste Schränkchen, Gold und Edelsteine, Diamanten? Der doppelte Verschluß macht mich neugierig und läßt mich vermuten, daß Sie äußerst Wertvolles darin aufbewahren." „Sie irren, mein Fräulein!" antwortete er mit einer tiefen Verbeugung, die mehr Ver legenheit als Artigkeit zu verraten schien. „Was enthält es denn Wichtiges?" „Dinge, sür die Sie, überhaupt Damen — ich bitte den Ausdruck zu verzeihen — schwer lich Verständnis haben." „Halten Sie uns denn für gar so einfältig und beschränkt?" „Durchaus nicht, nämlich in weiblichen An gelegenheiten! Aber Sachen, mit denen junge Männer fich auf der Hochschule, der Universität beschäftigen, dürften nicht geeignet sein, den Wissensdurst der edlen Weiblichkeit zu be friedigen." „Ah, birgt es vielleicht — nun, nun — Ihr Doktordiplom?" „Sie scherzen wieder!" rief er lachend. „Es ist mein Ernst!" „Haben Sie Verständnis für Chemie, Fräu lein ?" „Ach, gehen Sie! Mein Vater sagt, die Bezeichnung Chemie sei eine kurze Umschreibung des Wortes Giftmischerei!" „Wissenschaft, verhülle dein Hanptl" sprach er, sein Gesicht mit beiden Händen bedeckend. Mehrere Sekunden stand er so da, dann fuhr er fort: „Sehen Sie, Fräulein Wendlin, davon wollen Sie nichts willen. Ich aber habe mich früher, und besonders während meiner Studien zeit, sehr eifrig mit Chemie beschäftigt, und dieses Schränkchen enthält verschiedene Lehr bücher, Instrumente und andere Gegenstände, deren ich zu diesem Studium bedurfte, sonst nichts." Mag ich nicht sehen," gab Johanna zurück. „Jetzt ist's aber Zeit, daß ich heimkehre; ich habe nun eure Einsiedelei gesehen und weiß, wie es hier aussteht." Auch diese Bemerkung frappierte Bertram, er andwortete mit gut erheuchelter Freund lichkeit : „Jedenfalls haben Sie sich aber auch über zeugt, daß meine teure Amalie und ich recht glücklich miteinander leben." „Natürlich! natürlich! Das Glück würde indes noch größer sein, wenn Sie Amalie recht oft gestatten wollten, uns besuchen zu dürfen. Es könnte auch Ihnen nichts schaden, wenn Sie mitkommen, statt hier Grillen zu fangen." Mit diesen Worten ging sie hinaus und eilte fort. Was sie über ihre heutigen Wahr nehmungen zu Hause erzählte, war nicht ge eignet, Bertram in bestem Lichte erscheinen zu lassen. Sein ganzes Wesen, so schilderte sie ihn, habe verzweifelte Aehnlichkeit mit dem eines Schauspielers, der seine Rolle vorzüglich in Meran gespielt habe, um, wie Johanna be hauptete, Amalie zu blenden. Das habe er denn auch fertig gebracht, jetzt jedoch, nachdem sie an ihn gebunden sei, kehre er mehr und mehr seinen wahren Charakter heraus, sei freund lich und liebenswürdig, wenn er dadurch seine Frau und andere glaube täuschen zu können, mürrisch und finster, sobald nicht alles nach seinem Willen gehe. „Kurz," so schloß Johanna ihr Urteil, arme Amalie ist nichts weniger als auf Rost» gebetter, und ich hege zu ihrem Manne kein Zutrauen." „Wie meinst du das?" fragte ihre Mutter- „Es liegt, was ich erst heute entdeckt habe, etwas Unstätes in seinem Wesen, ein unheiM- liches Feuer sprüht aus seinen Augen. Beide» aber kann man nur wahrnehmen, wenn ma» ihn, ohne daß er es merkt, scharf beobachtet. „Eigentümlich," murmelte Wendlin, „gab» in gleichem Sinne hat Lohmann — ihr keM» ihn ja — über Bertram geurteilt, als ich H« zum zweiten Male mit nach dem Klub nahm- Auch er nannte ihn einen Komödianten, dem nicht traue." „Warum hast du mir das nicht früher ge' sagt, Vater?" „Hätte es was genützt?" , „Ganz bestimmt! Ich würde Amalie em schieden abgeraten haben, fich mit Bertram s« vermählen, der sie nur genommen hat, um E Geld in seinen Besitz zu bringen. Jetzt ist leider zu spät und sie ist unglücklich. Ich sürch»' der Gram, der an ihrem Herzen nagt, brE sie frühzeitig ins Grab, der Geizhals kB dann nach Belieben mit ihrem Vermögen schalte« und walten." . „Ich muß mir den Bertram doch noch eM mal näher ansehen, und werde ihn zu diese Zweck auf Freitag nach dem Klub emladen. . „Dann hole ihn nur gleich ab, sonst E er aus seinen vier Pfählen nicht heraus. A dreht einen Pfennig erst dreimal in der Ha«« herum, ehe er. ihn ausgibt."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)