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Allgemeiner Anzeiger : 01.06.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190106015
- PURL
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19010601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1901
-
Monat
1901-06
- Tag 1901-06-01
-
Monat
1901-06
-
Jahr
1901
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 01.06.1901
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Furchtbares Grubenunglück. Bei dem fürstlich Pleßschen Hermannschacht „Hammer" ! bei Waldenburg i. Schl, brach Freitag nach- I mittag in einem Häuschen über dem Luftschacht ! Feuer aus, welches sich durch den Luftschacht ! nach unten ausbreitete und die dort arbeitenden Bergleute schwer gefährdete. Bei den Rettungs arbeiten kamen drei Bergleute ums Leben, im ganzen find 21 Mann tot. Ter schnellste Dampfer. Der Dampfer „Deutschland" von der Hamburg-Amerika-Linie, der am Mittwoch in Plymouth ankam, hat die Uebersahrt von New Dort in 5 Tagen 12 Stun den und 16 Minuten gemacht. Dies ist ein ; neuer Rekord auf der südlichen oder längeren i Route. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der ! „Deutschland" betrug 23,31 Knoten in der I Stunde. Zum Goldbarrendiebstahl. Unter dem Verdacht des Diebstahls eines Goldbarrens auf ' dem Dampfer „Kaiser Wilhelm der Große" in Bremerhaven wurde der Steward und Kapell meister Magers, derselbe, der die Prämie für die Entdeckung der bisher aufgefundenen Gold barren erhielt, verhaftet. Ein echter Oberammer-Gau—ner. Ver- ! schieden? Blätter teilten kürzlich mit, daß der Christusdarsteller Lang des Oberammer gauer Passionsspieles in Oberschlesien als ! Radaubruder verhaftet worden sei. Die Ge schichte ist unwahr. Herr Lang war nie in Oberschlefien und ist nicht dort. Der Verhaftete i ist, wie die ,Germ/ berichtet, ein Schauspieler namens Petorka, der angeblich Schauspiele j vorsührt, die dem Oberammergauer Passtons spiel ähnlich sind. Er läßt sich's ruhig gefallen, ! für einen Oberammergauer gehalten zu werden. Vom Blitz erschlagen. In dem Dorf Großwallstadt bei Aschaffenburg wurden drei Personen, welche sich während eines Gewitters i unter eine Blechhütte geflüchtet hatte, vom Blitz erschlagen. Zwölf Häuser niedergebrannt. In dem ! Dorf Book (Kreis Osterburg) brach kürzlich nachts Feuer aus, das sich in kurzer Zeit über mnf Höfe verbreitete nnd im ganzen zwölf Ge- f bäude völlig zerstörte. Ein Ehepaar ist in den ! Nammen umgekommen; von dem Vieh ist fast ! nichts gerettet worden. Der Schaden ist sehr ! beträchtlich, die Entstehungsursache unbekannt. Die Nase abgebissen. Wie aus Gnesen gemeldet wird, hat in Joachimsdorf ein Arbeiter bei einem Streit dem Dominialgärtner die Nase - Wgebissen. Den Aerzten ist es nicht gelungen, bie Nasenspitze wieder anzunähen. Ein lustiger Schweineschmnggel wird aus Bocholt i. W. berichtet. Auf nicht mehr ungewöhnlichem Wege zog ein Bauer, zwei «untere Schweinchen am Strick führend, im «chatten des WaldeS über die Grenze der Besitzung seines Freundes entgegen. Zu seiner ueberraschung sah er an der Chaussee, die ' Nabe an dem einsamen Gehöft vorbeisührt, «ehrere Grenzbeamten. Unter diesen Umständen wagte er es nicht, seinen Transport abzuliefern. El band die Ferkel einstweilen an einen Baum und schlich auf Umwegen zu seinem Freunde, bem er sein Leid klagte. Da war guter Rat Auer; denn die Grenzbeamten machten keine Anstalten, ihren Platz zu verlassen. Es mußte aber etwas geschehen, um die Ferkel, die sich durch Grunzen leicht bemerkbar machen konnten, der drohenden Beschlagnahme zu retten. Der Freund zog bedächtig einige Dampfwolken ans seiner kurzen Pfeife und sagte dann: „Lat A Püggen loopen, ick fallt wall maken I" Der Bauer that, wie ihm geheißen, und ging, den «eiteren Verlauf des Unternehmens abwartend, ümer Wege. Ein fürchterlicher Spektakel be- «ag ihn, nach der Besitzung seines Freundes Müber zu spähen. Dieser stand vor dem leeren offenen Schweinestall, aus dem er die Insassen vorher schleunigst „ausquartiert" hatte, und Zitterte. Die Grenzbeamten kamen herbei und «kündigten fich nach der Ursache des heftigen «ärms. Der Freund beteuerte, demjenigen den Hals zu brechen, der ihm vermutlich vor kaum fünf Minuten die „Püggen" aus dem Stalle Srlafsen, die nun „natürlich" in den Wald ge- lausen wären und von den Grenzbeamten be schlagnahmt würden. Die letzteren verwahrten sich gegen eine solche Zumutung und erboten sich bereitwilligst, suchen zu helfen. Es dauerte nicht lange, so waren die Ferkel gefangen und im Stalle untergebracht, der schleunigst verriegelt wurde. Natürlich ließ der Bauer es sich nichts nehmen, den gefälligen Grenzbeamten, die von der Aufregung der Jagd in Schweiß geraten waren, eine kleine Erfrischung auzubieten. Beschleunigte Justiz. Der Pariser Assisenhof hat am Mittwoch, den 22. Mai, in der kurzen Zeit von 23 Minuten nicht weniger als zwanzig Kriminalprozesse erledigt. Aller dings handelte es sich dabei nur um Kontu- mazialerkenntnisse, bei denen die Geschworenen nicht mitzureden haben und das Urteil der Richter von Rechtswegen auf Schuldig lautet. Immerhin ist es eine erstaunliche „Fixigkeit", die der Schwurgerichtspräfident entwickelt, indem er innerhalb 22 Minuten folgende Verurteilungen aussprach: 1) Todesstrafe in einem Falle; 2) lebenslängliches Zuchthaus in drei Fällen; 3) hundert Jahre Zuchthaus und 4) hundert und dreißig Jahre Gefängnis in anderthalb Dutzend Fällen; außerdem verhängte er noch eine Geldbuße im Betrage von 400 Frank. Ein interessantes Stück Alt-Paris wird nächster Zeit verschwinden, um neuen Gebäuden Platz zu machen: Der „Marchö du Temple" jener alte Trödelmarkt, der an die orientalischen Bazars erinnert und an dessen Gebäuden ein gutes Stück französischer Geschichte hängt, wird abgerissen. Der Name stammt aus der Glanz zeit des Mittelalters, wo fich an dieser Stelle die massiven Prachtbauten der Tempelritter er hoben, jenes hochadeligen Ordens, der später seiner Ueppigkeit wegen durch Philipp August aufgehoben wurde. Der älteste Turm war 1222 erbaut. Um die Ordensgebäude schloß fich bald eine ganze Stadt in der Stadt und da die Umschließungsmauern vor jeder gerichtlichen Ver- solgung schützten, war hier bald der Zufluchtsort alles Gesindels. Zur Zeit der Revolution diente der alte Turm als Gefängnis und die Erinne rung an Ludwig XVI. und die königliche Fa milie ist unauslöschlich mit seinem Namen ver bunden. 1811 wurde er abgerissen und durch das Marktgebäude ersetzt, das 1845 und 1860 erneuert wurde. Der französische Lustschiffer de La Vaulx geht mit dem Plane um, in einem Ballon, der im Parke von Meudon verfertigt wurde, von Südirankreich aus über das Mittel meer nach Nordafrika zu fahren. Major Renard, der Leiter jenes Lustschiffpacks, hält das Unter nehmen für ausführbar, weil de La Vaulx volles Vertrauen in seine Geschicklichkeit ver diene und die gerinasten Einzelheiten sachgemäß vorbereitet habe. Zu einem Mitarbeiter des ,Echo de Paris^ sagte er: „Andree ist wohl ein Wagehals, aber kein Lustschiffer gewesen. Er kam eines Tages nach dem Parke von Chalais- Meudon und bestieg einen Ballon gleichzeitig mit zwei Luftschiffern des Parks, die in einem andern Ballon die Fahrt antraten. Diese voll zogen ihren Abstieg erst in Dijon, Andree mußte schon in Melun die Anker werfen. Dadurch bewies er, daß er mit den Manövern eines Luftschiffes nicht vollkommen vertraut war." Man verspricht sich große nutzbringende Ergeb nisse von der Fahrt. Erdbeben. Im Bezirk Motril (Provinz Granada) ereignete sich ein Erdbeben, das sich auch in der Stadt Granada bemerkbar machte. Das Erdbeben, welches verschiedene Häuser zer störte und zahlreiche Mauern zum Einsturz brachte, rief unter der Bevölkerung große Be stürzung hervor. Ein Verlust an Menschenleben ist nicht gemeldet. Feuersbrunst. Wie aus Petersburg ge- meldet wird, wurden in dem Orte Sainsk im Gouvernement Ufa durch eine Feuersbrunst 600 Häuser zerstört. 3000 Menschen find infolge dessen obdachlos geworden. Ein lustiger Zwischenfall ereignete sich in New Jork bei einer Gesellschaft, die kürzlich in einem eleganten Hotel stattfand und in der man mit T-Strahlen operierte. Die Strahlen wurden plötzlich aus eine Dame gelenkt und enthüllten einen in ihrer Taille verborgenen Löffel. Es war gerade nach dem Diner der Gesellschaft, und die Dame hatte den Löffel als „Andenken" mitgenommen. Die Endeckung über raschte die Missethäterin plötzlich und verursachte große Heiterkeit. Verheerender Sturm. In dem Gebiete der Großen Seen hat, wie aus New Dork be richtet wird, während der Feiertage ein Sturm gewütet, wie er seit 15 Jahren nicht vorge kommen ist; eine Anzahl Schiffe ist gesunken, gestrandet oder stark beschädigt. Die Verluste an Menschenleben und sonstige Unglücksfälle sind noch nicht zu übersehen, da nur Berichte aus den Häfen und ihrer unmittelbaren Nach barschaft vorliegen. Zum Ausbruch des BulkanS Kelut. Nach einer amtlichen Meldung aus Batavia vom 24. d. sind bei dem Ausbruch des Vulkans Kelut drei Europäer und 176 Eingeborene ums Leben gekommen und mehrere Anpflanzungen niedergebrannt. Die Ortschaft Blitar ist mit Schlamm bedeckt. Gerichtshalle. Dresden. Der Einjährige Referendar Mehnert mißhandelte auf der KönigS-Geburtstagfeier der Garnison Königsbrück den Oberarzt Dr. Mann in gröblicher Weise, als dieser seine Duellforderung ab lehnte. Das Kriegsgericht verurteilte Mehnert zu zwei Wochen Hast und 500 Mk. Geldstrafe. Koblenz. Der Weinhändler Zimmermann aus Zell war von seinem Kommis, der wegen Unter- fchlagung entlasten worden war, der Weinfälschung denunziert worden. Z. soll durch Einhängen von Krautbüscheln in das Spundloch des Fasses dem Wein ein schönes Boukett haben geben wollen. Die hiesige Strafkammer hatte in dem Boukettieren einen Verstoß gegen das Nahrungsmittelgesetz gesunden und Z. zu 100 Mk. Geldstrafe verurteilt. Auf er hobene Revision hob das Reichsgericht das Urteil auf und verwies die Sache vor die Strafkammer in Bonn, die nunmehr den Z. von Strafe und Kosten freigespochen hat. Eger. Nach sechstägiger Dauer wurde hier der Prozeß gegen die Falschmünzer beendet. Sieben An geklagte wurden freigesprochen, die übrigen zu Kerkerstrafcn von 15 Jahr bis 10 Monat verurteilt. Uow Königsmörder Bresfi. Ueber die Art, wie Bresfi seine Strafe ab zubüßen hatte, gab Gräfin Martha Freddi in der .Neuen Freien Presse' die nachstehende Darstellung: „Die ersten sieben Jahre hat er in völliger Abgeschlossenheit, ohne sprechen zu dürfen, in seiner Zelle zu bleiben. Er soll in diesem Zeitraum derartig beschäftigt werden, daß kein metallenes Handwerkszeug noch irgend welche Muskelanstrengung dabei nötig ist; also etwa mit Strohflechten oder dergleichen. Nach diesen ersten sieben Jahren soll er den andern Gefangenen zugesellt werden, immer jedoch unter der strengen Bedingung steten Schwei gens. In der genannten siebenjährigen Periode wird er nie ein menschliches Wesen sehen, aus genommen in folgenden drei Fällen: 1) Den Direktor des Bagno, wenn er Audienz nach gesucht bat; 2) den Arzt, wenn er erkrankt ist; 3) den Priester, wenn er im Sterben liegt. Die gewöhnlichen Zellen haben eine Aus dehnung von 2 Meter 25 Zentimeter in der Breite, 4 Meter Länge und 3 Meter in der Höhe. Infolgedessen kommen den Gefangenen ungefähr 27 Kubikmeter atmungsfähige Lust zu, die durch ein von unten nach oben zu öffnendes Fenster erneuerbar ist. Dies Fenster geht ins Freie und läßt ein Stückchen Himmel sehen. Die Zelle wird durch eine starke eisenbeschlagcne TbLr und außerdem durch ein Gitter abge schlossen. In dem Raum befindet fich ein Bett, bestehend aus eisernem Rahmen und Matratze, mit Pflanzenfasern gefüllt. Tagsüber wird dasselbe mit einer Kette an die Mauer empor gehakt, damit der Sträfling fich nicht darauf ausstrecken kann. Jeder Gefangene erhält einen Krug für das Wasser, eine Waschschale, zwei Becher (einen für Wein, den andern für Oel bestimmt), einen Teller zum Fleisch, ein Schüssel- chen zu seiner Suppe und einen Topf. Alle diese Gebrauchsgegenstände bestehen aus Jrden- zeug. Kamm und Bürste find gestattet. An die Mauer jeder Zelle wird die Nummer ihres Bewohners geschrieben. Die Schlafstelle für solche Sträflinge, die tagsüber in den Arbeitssälen beschäftigt werden, ist 2 Meter 30 Zentimeter lang, nur 1 Meter 35 Zentimeter breit und 1 Meter 8 Zentimeter niedrig. Dieser Schlafwinkel hat weder Thür noch Fenster, statt deren aber ein Eisengitter, durch das von einem geräumigen Korridor her Licht hineindringt. Ein Bett, eine Holzbank an der Mauer und ein Kleiderhaken befinden fich dort. Die tägliche Kost besteht in 100 Gramm Pasta (eine Art Makkaroni oder Nudeln) und 600 Gramm Brot. Sonntags erhalten die Sträflinge Fleischsuppe nnd auch etwas Fleisch. An besonderen Festtagen, etwa drei oder vier mal im Jahre, wird ihnen Wein gegeben. In der ersten Periode ihrer Gefangenschaft dürfen sich die Verurteilten täglich für fünf Centesimi (vier Pfg.) etwas Besonderes (!) zum Essen dazu besorgen lassen. In fernerer Strafzeit für 25 Centesimi (20 Pfg. etwa). Den Sträflingen, die sich in fortwährender Einzelhaft befinden, wird in jedem Jahr ein halbstündiges Gespräch mit Verwandten gewährt. Später wiederholt fich die Gunst alle sechs Monat. Das Reglement ist derartig, daß die Lust zu einer Rebellion den Gefangenen vergeht. Trotzdem find sehr harte Strafen darauf gesetzt; die völlige Absperrung in der Zelle von sechs Monaten bis zu fünf Jahren; für Sträflinge auf Lebenszeit Einzelhaft für nicht weniger als acht Jahre, doch kann die Strafe auch auf lebenslängliche Verurteilung zu vollkommener Absperrung lauten! Die gewöhnlichen Strafen bestehen in „Strafzelle mit Wasser und Brot," „Zwangsjacke, dunkle Zelle und Eisen". — „Zwangsjacke" wird für zwei bis drei Tage zuerkannt, und nur für die kurze Essenszeit bleibt der Sträfling von ihr befreit. Dieses fürchterliche Zuchtmittel besteht in einem Kleidungsstück, dessen Aermel gleich Säcken vorn geschloffen sind. Es ist mit zwei starken Riemen versehen, mit denen die Arme auf der Brust über Kreuz so fest gebunden werden, daß jede Bewegung zur Unmöglichkeit wird. Die Ketten werden an Händen und Füßen ange wendet, je nach der Schwere des begangenen Verbrechens, und bis zu zehn Stunden täglich. Die Handschellen sür diesen Fall find schwer und stark, weil sie unter Umständen an den Eisen der Fußknöchel befestigt werden. Eine schreckliche Maßnahmel Das Zwangsbett end lich ist so entsetzlich, daß ich mich nicht sähig fühle, diesen Auszug durch die Beschreibung desselben zu vervollständigen. Nie dürfen die Sträflinge übrigens mit ihrem Namen angeredet werden. Sie entsagen diesem Namen wie ihrer Persönlichkeit und allem, was damit zusammenhängt, sobald die Kerkerschwelle von ihnen überschritten wurde. Und bei alledem find die härtesten Strafen auf Selbstmordversuche vorgesehen I" Nun hat Bresfi doch einen Selbstmord be gangen, er hat denselben durch Erhängen ver übt. Am 22. Januar d. ist Bresfi in der Nacht nach der Strafanstalt in Porto Longone, einer Stadt an der südöstlichen Küste Elbas überge führt worden. Es scheint aber, daß man sich veranlaßt gesehen hat, ihn wieder in das Bagno von Santo Stefano zurückzubringen. B»mtes Allerlei. Abgelehntes Reichsmarine - Geschenk. Vom ReichSmarineamt war kürzlich den Eltern des bei der Strandung der „Gneisenau" am 16. Dember v. verunglückten Maschinisten (Deck offiziers) Seher aus Mosbach in Baden eine einmalige Unterstützung von 100 Mk. angeboten worden. Die Annahme der Geldsumme wurde jedoch abgelehnt mit der Begründung, daß der Betrag nicht im geringsten im Verhältnis stehe zu dem Verlust, den die Eltern durch den Tod ihres Sohnes erlitten hätten. * * Kathederblüte. Professor: „. . . Die Meinungen darüber find geteilt, ich sehe die Sache mit folgenden Augen an . . ." Ein Menschenkenner. „Was meinst du, lieber Freund, soll ich heiraten?" — „Hm! Weißt du, wenn du überhaupt schon in solcher Weise fragst, so ist dir bereits nicht mehr zu raten!" Azejhe mir! — ich konnte ihn der Untreue ^schuldigen! Fritz, mein guter Fitz!" Unter fortwährendem heftigen Schluchzen Mm nun Amalie Kenntnis von dem inhalt- lchweren Briefe, der Buchhalter Lutz berichtete varin, daß Lambert vor drei Wochen eine kleine ^ise nnternommen und von dieser wohlbe- Mten zurückgekehrt sei. Tags darauf sei er Mnds ausgegangen, am nächsten morgen aber «cht im Geschäft erschienen. Mittags sei denn °vn der Polizei die erschreckende Meldung ein- Moffen, daß man den Leichnam Lamberts in Fulda aufgefunden habe, und zwar unter ^«ständen, nach denen ein Selbstmord oder Unglücksfall absolut ausgeschlossen sei. Sein Hnls sei mit einem Strick umschnürt gewesen, N dessen anderem Ende fich ein ziemlich ichwerer Stein befunden habe, so daß zweifellos «n Mord vorliege. Schließlich bat Lutz um Entschuldigung, daß Amalie nicht sofort von dem traurigen Er- Mis unterrichtet; es sei ihm dies, da er ihren Aufenthalt nicht gekannt, unmöglich gewesen. Muer ersuchte er sie, sofern fie dazu im stände, ?Mfs Regelung verschiedener Angelegenheiten , Bälde auf kurze Zett nach der Heimat zu ^«meu. . Diesem Ersuchen folgte Amalie bereits nach Nigen Tagen, nachdem fie mit ihrem väter- Uen Freunde Wendlin und dessen Gattin eine «vgere Beratung gehabt und den Entschluß Wßt hatte, in Stuttgart bleibenden Wohnsitz N nehmen. In Begleitung Wendlins, der ihr ^Neu Beistand bei Regelung ihrer Vermögens- ^hältnisfe angeboten hatte, trat fie die Reise an. In ihrer Vaterstadt angekommen, war ihr erster Gang nach dem Friedhöfe, wo fie lange Zeit in stillen Gedanken an dem noch frischen Grabe des Geliebten und der Ruhestätte ihrer Eltern und Geschwister verweilte. Welch' eine Füllefreudiger und tief schmerzlicher Erinnerungen zugleich knüpften fich an diese geweihten Stätten, die all' ihr Glück, ihre schönsten Hoffnungen für immer umschlossen hielten! In dieser Stunde wurde sie mehrfach in ihrem Entschlusse wankend, hielt aber doch nach reiflichem Ueber iegen daran fest und gab einem zuverlässigen Gärtner den Auftrag, sür sorgsame Pflege und den Blumenschmuck der Gräber an bestimmten Tagen des Jahres zu sorgen. Dann schritt Amalie, von Wendlin unterstützt, zur Erledigung der übrigen Angelegenheiten, beauftragte einen Sachwalter mit dem Verkauf ihrer Grundstücke, sowiedesbeweglichenJnventars und reiste, nachdem fie noch einmal den Fried hof besucht, nach Stuttgart zurück. Das Geschäft Lamberts war in den Besitz dessen verheirateten Bruders, als den alleinigen rechtmäßigen Erben, übergegangen. Eine ungeheure Erregung hatte auch dieser letzte Mord in allen Kreisen der Bevölkerung hervorgerufen, bezeichnete man ihn doch amtlich wie privatim als ein neues Glied in der Kette der vorausgegangenen Schauerthaten! Wieder hatten Staatsanwalt und Untersuchungsrichter alle Hebel in Bewegung gesetzt, den Schuldigen zu ermitteln, waren Verhaftungen in großer Zahl vorgenommen worden, leider mit derselben Erfolglosigkeit wie in den früheren Fällen. Nicht ein einziger Mensch fand sich, der auch nur eine Andeutung hätte geben können, die geeignet war, auf die Spur des Mörders hin zuweisen. Der Verbrecher mußte diese That mit ganz besonderer Vorsicht oder an einer Stelle ausgeführt haben, wo kein menschliches Auge ihn zu sehen vermochte. Von dieser Vor aussetzung ausgehend, hielt die Untersuchungs behörde es für wahrscheinlich, daß der Mörder sein Opfer in einen Hinterhalt gelockt, erdrosselt und dann mit einem Stein beschwert in den Fluß geworfen habe. War diese Vermutung zutreffend, dann lag die weitere nahe, daß entweder der Mörder eine mit herkulischen Kräften ausgestattete Per son oder mehrere Personen an dem Morde be teiligt waren, denn Lambert war über mittel groß und von kräftigem Körperbau. Das einzige, was festgestellt werden konnte, war, daß man ihn an dem betreffenden Abend un weit der Fulda hatte spazieren gehen sehen. Mit einem Bekannten, dem er begegnet, hatte er noch gescherzt und ihm in freudiger Er regung erzählt, daß er sich binnen kurzem ver heiraten werde. Derartige nebensächliche Mitteilungen nahm der Untersuchungsrichter äußerst gleichgültig entgegen, fie waren für ihn ja auch belanglos und nicht dazu angethan, ihn in seinen eifrigen Bemühungen um die Ergreifung des Mörders zu unterstützen. Ebenso resultatlos verlief die kommissarische Inaugenscheinnahme des Terrains zu beiden Seiten des Flusses auf- und ab wärts; nirgends war eine Spur aufzufinden, die etwa auf einen Kampf zwischen Lambert und seinem Mörder hingedeutet hätte. Da außerdem die goldene Uhr nebst Kette, Ringe und Börse mit nicht unbedeutendem Inhalt bei Lambert gefunden wurden, so war es klar, daß der oder die Verbrecher alles vermieden oder von sich ferngehalten hatten, was zu ihrer Ent deckung hätte führen können. Die Kriminal statistik war abermals um einen Mord bereichert, der Fall selbst und die Umstände, unter denen er fich ereignet, blieben in geheimnisvolles Dunkel gehüllt. Amalie lebte während der ersten Zeit ihrer Niederlassung in Stuttgart sehr zurückgezogen, der Gram um den Geliebten lastete schwer aus ihrem Herzen. Manche Nacht verbrachte fie schlaflos und wenn fie früh im Kreise der Familie erschien, verrieten ihre geröteten Augen deutlich, daß fie Thränen vergossen hatte. Das Wendlinsche Ehepaar wie dessen drei Töchter wetteiferten förmlich in Zuvorkommenheit und Liebenswürdigkeit gegen das beklagenswerte Mädchen und waren redlich bemüht, dessen Gemüt zu erheitern, dock das war keine leichte Aufgabe. Am meisten sagte es Amalie zu, wenn ihre Freundin Johanna sich am Piano nieder ließ, diesem einige gemütvolle Weisen entlockte und dazu ihre wohlklingende melodische Stimme ertönen ließ. In solchen Stunden vergaß fie zeitweilig ihr Leid und Wehe. Der Winter kam und mit ihm die Saison der Vergnügungen aller Art. Anfang sträubte fich Amalie beharrlich Theater und Konzerte zu besuchen, vermochte indes dem steten Drän gen und Zureden der Wendlandschen Familie auf die Dauer nicht zu widerstehen. »L » (Fortjesimg folgt.)
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