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Allgemeiner Anzeiger : 15.05.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190105153
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1901
-
Monat
1901-05
- Tag 1901-05-15
-
Monat
1901-05
-
Jahr
1901
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 15.05.1901
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Körber vermittelte Kompromiß der Par teien in der Wasser st raßensrage den Orient-Expreßzug benutzen. darin bestehen, daß von den für die Wasser straßen vorgesehenen 250 Millionen Kronen für Flußregulierungen 75 Millionen auigewendet werden sollen. Zuerst solle der Donau-Oder-Kan al in Angriff ge Oesterreich-Ungarn. * Das durch den Ministerpräsidenten von nommen werden. England Schaden der türkischen Zollverwaltung beschuldigt. Die Pforte beharrt schließlich dabei, zu den .gegen die ausländischen Postanstalten getroffenen soll -Maßnahmen berechtigt zu sein. Die Ab- ser- fendung der Post nach Europa mit der Eisen bahn ist gegenwärtig noch unterbrochen, ihre s Expedition erfolgt durch Spezial-Kouriere, welche *Der Kronprinz von England ist mit seiner Gemahlin in Melbourne eingetroffen. Am Donnerstag hat er dort das neu geschaffene Bundesparlament feierlich eröffnet. Bei der Eröffnung des Parlaments waren 12 000 Personen zuaegen. Der Herzog verlas ein Telegramm des Königs Eduard, in welchem es heißt: Meine Gedanken sind bei diesem erhabenen Anlaß bei Euch. Ich wünsche dem australischen Bund alles Glück und Ge deihen. Italien. * König Viktor Emanuel richtete an den Ministerpräsidenten Zanardelli ein Schreiben, in welchem es heißt, das Königs paar sei erfreut über die Kundgebungen, welche zur Feier der bevorstehenden Geburt ihres Kindes in Vorbereitung seien, aber sie wünschten Ausgaben von seiten der Behörden und der Bürger vermieden zu sehen. Das Königs paar würde kein Geschenk annehmen und bäte, etwaige daiür bestimmte Gelder zu wohl- thätigen Zwecken zu verwenden. * Der Erzbischof von Manila (Philippinen) befindet sich zur Zeit in Rom, um eine freundliche Lösung des Konfliktes herbeisühren zu helfen, der zwischen dem Vatikan und der amerikanischen Regierung auf den Philippinen entstanden ist, weil letztere die Einziehung der Güter der vielen auf dieser Inselgruppe befindlichen Klöster beabsichtigt. Die päpstliche Diplo matie strebt nun, falls die vollständige Ver hinderung dieses Planes unmöglich sein sollte, an, wenigstens eine maßvolle Durchführung zu erwirken. Belgien. *Jn der belgischen Volksver tretung hat sich denn doch keine Mehrheit für die Einverleibung des Congo staates gefunden; von den sechs Büreaus der Kammer haben sich fünf mit 40 Stimmen gegen 19 für die Regierungsvorlage auf weitere Hinausschiebung der Frist für Uebernahme des Congostaates ausgesprochen. Zehn Deputierte enthielten sich der Abstimmung. Damit ist die Frage für längere Zeit wohl er ledigt. Spanien. * In Barcelona sieht es böse aus. Alle Arbeiter schlossen sich dem Aus stand der Straßenbediensteten an. Die Schiffe im Hafen können infolgedessen keine Kohlen be kommen. Alle Läden find geschlossen. Auf den Straßen fanden blutige Tumulte statt. Eine Menge von über 4000 Personen erstürmte das Polizeiamt. Weiberscharen bewarfen Sol datenabteilungen mit Steinen. Ein französischer Geistlicher wurde furchtbar mißhandelt. Das Militär griff in scharfer Weise ein, viele Personen wurden getötet und verwundet. Alle ausländischen Anarchisten wur den über die Grenze geschafft. Ueber fünf- hundertPersonen wurden verhaftet, etwa fünfzig wurden auf das Panzerschiff „Pelayo" geschafft. In den Straßen Barce lonas erschallt vielfach der Ruf: „Nieder mit Spanien!" Balkanstaaten. * Die Pforte beharrt bei ihren Vorgehen gegen die auswärtigen Postämter. In einer neuen Note an die Botschafter sucht die Pforte den begangenen Gewaltakt unter Berufung auf das Recht, nach Kontre- bande-Artikelnzu forschen, zu begründen. Die Note behauptet, in den Postsäcken seien zahlreiche kostbare Gegenstände, ferner Revolver und die Türkei schädigende Schriftstücke ge funden worden. Die Postdirekloren werden der Einführung von Kontrebande - Artikeln zum Afrika. *Vom südafrikanischen Kriegs schauplätze liegt eine Meldung aus Cook- Huis (Kapkolonie) über einen Kamvf am Baviaanskloof - Fluß zwischen dem Boeren- kommando unter Scheeper und Kolonial truppen vor. Ersterer sei zurückgeworsen worden. Ferner wird gemeldet, daß derEisen- bahntelegraph bei Mortimer aufs neue durchgeschnitten worden sei, und zwar nahe derselben Stelle, wie kürzlich, — ein Beweis, wie schwer den Engländern die Siche rung der Linie werden muß. Ans dem Reichstage. Der Reichstag bearbeitete am DonnerStaa in zweiter Lefung die GewerbegerichtsantrSge. Abg. Beck referierte über die Kommissionsbeschlüsse; da nach soll für Gemeinden mit mehr als 20 000 Ein wohnern das Gewerbegericht obligatorisch sein. Nach längeren Debatten wurden die zahlreichen sozial demokratischen Anträge zu dieser Materie abgelehnt und die Paragraphen in der Kommissionsfassung angenommen. Am 10. d. wird zunächst in dritter Lesung der Diäten-Gesetzentwurf Gröber u. Gen. ohne jede Debatte definitiv angenommen. Sodann wird die zweite Beratung der Novelle zu dem Gewerbe- gerichtsgesetz fortgesetzt. Nach dem bestehenden Gesetz kann das Gewerbe- gericht auch als Einigungsamt angerufen werden; der Anrufung ist aber nur dann Folge zu geben, wenn sie von beiden Teilen erfolgt. Die Kommission hat die 88 62 a bis 62 o hinzugesügt, wonach das Gewerbegericht auch dann, falls die Anrufung nur von der einen Seite erfolgt, dem anderen Teil Kenntnis davon zu geben hat, und der Vorsitzende des Gewerbegerichts auf diesen anderen Teil dahin einwirken muß, daß er ebenfalls das Einigungsamt anrufe. Der 8 62o berechtigt den Vorsitzenden, die an den Streitigkeiten beteiligten Personen vorzu laden und zu vernehmen, auch unterstellt er die Be treffenden dem Zwange, der Vorladung zu folgen, widrigenfalls Geldstrafe bis 100 Mk. über sie ver hängt werden kann. Abg. Bassermann (nat.-lib.) tritt sehr warm für diese Kommissionsbeschlüsse ein. Aog. Hilbck (nat.-lib.) verlangt — wie schon ein inzwischen eingegangener Antrag v. Richthofen — gesonderte Abstimmung über die Strafbefugnis des Einigungsamts gegenüber einem Nichterschienenen. Man dürfe den Arbeitgeber nicht zwingen, zu er- scheinen. Was könne überdies dem Arbeitgeber passieren, wenn er erscheine und mit den Worten: Guten Morgen, Adieu! sich wieder entferne! Habe sich übrigens das Einigungsamt in Berlin bewährt, wie Bassermann sage, so beweise das doch, daß schon das bestehende Gesetz genüge und es neuer weitergehender Bestimmungen nicht bedürfe. Abg. Rösicke-Dessau (wildlib.) dankt der Kommission für ihre Beschlüsse und namentlich für den im § 62 o ausgesprochenen Zwang. Dieser sei unbedingt nötig, um Arbeitgeber und Arbeiter an den Gedanken zu gewöhnen, daß eine Einigung besser sei als eine Fortsetzung des Streits. Er selbst finde den Zwang sogar noch nicht intensiv genug, weil eine Strafe von 100 Mk. saft zu klein er scheine. Das Richtigste wäre eine Bestimmung nach Art des Zeugniszwanges. Redner befürworte: dann ein von ihm gestelltes Amendement: die Vorladungs befugnis des Einigungsamts-Vorsitzenden nicht auf die an der Streitigkeit beteiligten Personen zu be schränken, sondern sie auch auf die Auskunstspersonen auszudehnen eventuell wenigstens ohne Strafbefugnis für den Fall des Nichterscheinens. Abg. Schlumberger (Els., nat.-lib.) spricht sich gegen jeglichen Zwang aus. Abg. Richthofen (kons.) steht eine Verschär- fnng der sozialen Gegensätze voraus, falls der Er- fcheinungszwang dekretiert werde. Es sei das nament lich von vielen Handelskammern als ihre Ansicht ausgesprochen worden. Abg. Trimborn (Zentr.): Alle diese Handels kammern stellen sich nur auf den Standpunkt des wirtschaftlichen Interesses; dabet vergessen sie aber, ein wie großes öffentliches Interesse hier vorliegt. Dieses erfordert, daß alles geschieht, um einer Eini gung den Weg zu bahnen. Und dazu bedarf es des Erscheinungszwanges. Damit schließt die Debatte. Politische Rundschau. Die chinesischen Wirren. * Graf Waldersee wird, wie von mehre ren Seiten gemeldet wird, „demnächst" China verlassen. Bestimmte Beschlüsse seien zwar bisher noch nicht gefaßt, es sei je doch möglich, daß er bereits im Juni die Rück reise antritt. Am bemerkenswertesten an dieser Nachricht ist der Zusatz, daß die „andere Frage, ob mit der Rückkehr des Grafen Waldersee eine nennenswerte Verminderung unserer Truppen in Ostafien erfolgen werde, zur Zeit noch offen ist." * Der Vorschlag zur Einräumung weiterer Handelsfreiheiten soll nicht von Amerika, sondern von China ausgehen, das da durch eine Herabsetzung derEntschädi - gungsforderuug zu erzielen hofft. Eng land ist bereits einverstanden, ebenso die Ver. Staaten. *Die italienische Regierung hat beschlossen, anfangs Juli ihre Truppen aus China zurückzuziehen und auch ihre Schiffe von dort abzuberufen. Die Regierung hat den betreffenden Beschluß den andern Kabinetten bereits bekanntgegeben. Deutschland. * Kaiser Wilhelm ist von Straß burg kommend nach Schlettstadt und zum Besuch der Hohkönigsburg weiter gefahren. Der Monarch wird schwerlich vor Ende des Monat nach Berlin zurückkehren und von Urvil.le sich zunächst nach Prökelwitz zur Jagd begeben. Die ueuernannten Minister werden sich in Urville dem Kaiser vorstellen. * Gegenüber der früheren Absicht, den Reichstag nach den Pstngstferien Anfangs Juni wieder zusammentreten zu lassen, wird derselbe nunmehr vom 14. d. bis zum 26. November vertagt werden, da doch in den nächsten Monaten auf ein beschlußfähiges Hans kaum zu rechnen sein dürfte. *Jn der Kommission zur Vorberatung der Schaumweinsteuer hat der Staatssekretär von Thielmann erklärt, man müsse aus dem höheren Steuersätze bestehen und jeden Pfennig Zusammenhalten, denn der Fehlbetrag im nächsten Reichshaushaltsetat werde sich auf 70 bis 80 Millionen Mark be laufen. Das find wenig erfreuliche Ausfichten, und man kann nur um so mehr wünschen, daß das Reich an den in die chinesische Angelegen heit hineingesteckten Millionen nicht einbüßt. *Der Börsen aus schuß soll binnen kurzem zu einer Sitzung einberufen werden. Es dürste sich dabei hauptsächlich um die Be gutachtung der Frage handeln, ob und inwie weit das Bedürfnis zu einer Abänderung des Börsengesetzes anzuerkennen ist, welche, ohne dessen Grundlagen anzutasten, einige in der Oeffentlichkeit vielfach erörterte nachteilige Wirkungen des Gesetzes zu beseitigen geeignet wären. * Daß die R ei ch s - Ei s enb ah n e n in Elsaß-Lothringen aus Ersparnis gründen in Betriebsgemeinschaft mit den preußi schen Staatsbahnen gelangen sollen, wird offiziös in der ,Köln. Ztg.' entschieden de mentiert. * Im Elberfelder Militärbefrei- ungsprozetz wurden die Hauptangeklagten Baumann zu sieben Jahr Gefängnis und fünf Jahr Ehrverlust, und Frau Dieckhoff zu zwei Jahr Gesängnis und drei Jahr Ehrverlust verurteilt. Achtzehn weitere Ange klagte erhielten Gefängnisstrafen von fünf bis ein Monat. Acht Angeklagte wurden sreige- sprochen. *Die sächsische Regierung fordert die Kreishauptmannschaften auf, sofort dafür zu sorgen, daß mindestens die Städte über 20000 Einwohner Wohnungsordnung und Wohnungsinspektion einführen. * Der Landtagvon Koburg-Gotha nahm mit großer Mehrheit den Antrag auf Ein- führung des geheimen direkten Wahlrechts zum Landtag an unter Be nutzung amtlicher Kouverts und des Jsolier- raumes. Geiz und Liebe. 8) Kriminalroman von W. Spangenberg. ^Fortsetzung.) „Es ist ein wahres Wunder, daß der Schurke nicht mehr Unheil angerichtet hat; er feuerte zwei Schüsse ab, von denen der eine sein Ziel verfehlte und in eine alte Eiche drang," sagte einer der Herren. „Glaubst du wirklich, daß es sich um einen vorsätzlichen Mord handelt?" fragte ein anderer. „Zweifellos! Ich habe ja deutlich gesehen, wie der Hallunke auf die Dame zielte und nach dem zweiten Schüsse, der sein Opfer nieder streckte, wie der Blitz in dem dichten Walde verschwand." „Da hat sich vermutlich eine Liebestragödie abgespielt," warf eine der Damen ein. „Nichts anderes! Die Dame war hin reißend schön und gehört offenbar einer ange sehenen, wohlhabenden Familie an. Auch der Mörder zählt zu den besseren Ständen, er war elegant gekleidet." „Der Vater der Erschossenen soll ein hiesiger reicher Kaufmann sein." Der Herr, welcher diese Worte sprach, fühlte plötzlich einen schweren Druck auf seiner Schulter. Hanwig, der dem Gespräch mit großer Sannung gelauscht, war jetzt rasch an ihn herangetreten, und auf dessen Schulter die rechte Hand legend, sagte er: „Verzeihung, meine Damen und Herren, wenn ich störe! Sie haben durch Ihre Unter haltung meine Aufmerksamkeit in höchstem Maße erregt. - Habe ich recht gehört, so find Sie Augenzeugen eines Unglücks oder Mordes gewesen; darf ich fragen, wann und wo sich der Fall ereignet hat?" „Auf einem Waldwege nach Wilhelmsthal, von wo die Vorsteherin eines Pensionats —" „O Gott!" stöhnte Hartwig. „Wo die Vorsteherin eines Pensionats mit den Zöglingen zurückkehrte." „Weiter, weiter! Ich bitte dringend!" stieß Hartwig hastig hervor. „Wir gingen hinter der Damengesellschaft her, plötzlich sprang etwa zehn Schritte vor uns ein fein gekleideter Kerl aus dem dort dichten Walde, zielte mit einem Revolver auf eine der Jnstitutsdamen — zwei Schüsse und sie sank, in den Kopf getroffen, mit einem lauten Aufschrei zu Boden. Ich wollte —" „Um Himmels Willen! Wie sah sie aus?" unterbrach Hartwig mit vor Erregung bebender Stimme den Sprechenden. „Schlank, schön wie ein Engel! Sie trug ein blaues Kleid —" „Barmherziger Gott! Sie ist's, meine Ahnung, meine Ahnung! O Emma, Emma, unsere gute Rosa ist ermordet!" Völlig kraftlos sank der große, starke Mann auf einen Sesfel, er weinte wie ein Kind. Klagend und jammernd umringten ihn seine Gattin und Kinder, tief erschüttert waren die fremden Damen und Herren von ihren Sitzen aufgesprungen, teils bemüht, den unglücklichen Eltern Trost zuzusprechen, teils die Fragen be antwortend, welche Max, der sich die meiste Fassung bewahrt, an sie richtete. „Sie wissen wohl nicht, ob man die Polizei von dem Morde in Kenntnis gesetzt hat?" fragte er schluchzend. „Doch, in einem nahen Gasthof, wohin man den Leichnam der Dame brachte, befand sich zufällig ein höherer Polizeibeamter. Er hat die hiesige Behörde sofort telephonisch benachrichtigt und hierauf am Thatorte in unserer Gegenwart ein Protokoll ausgenommen." „Haben Sie den Mörder meines Kindes genau gesehen?" kam es tonlos über Hartwigs Lippen. „Wohl gesehen, aber es ist mir unmöglich, ihn auch nur annähernd beschreiben zu können. Seine ruchlose That nahm kaum mehr als eine Minute Zeit in Anspruch, und wir alle waren ja so sehr bestürzt." „So hat man also nicht einmal ein Signale ment von dem Schurken!" „Irre ich nicht, so hat die Jnstitutsvorsteherin dem Polizeibeamten einige Mitteilungen über das Aeußere des Mörders gemacht." „Ich bitte dich, komm, laß uns zur Polizei gehen, dort werden wir gewiß Näheres er fahren," wandte Max sich an den Vater. Der Regen goß noch immer in Strömen, doch das hinderte Hartwig nicht, in Begleitung seines Sohnes das Polizeibüreau aufzusuchen, während seine Gattin mit den beiden Kindern nach Hause ging. Auf der Polizei war bereits der Kriminal-Kommisfar eifrig damit beschäftigt, die nötigen Anordnungen zur Verfolgung des Mörders zu treffen. Mit Worten warmer Teilnahme empfing er den ihm befreundeten Hartwig. Zunächst wird gegen die Stimmen der Sozial demokraten und Freisinnigen der'Antrag Roesicke abgelehnt, und sodann die 88 62a dis o gegen die Stimmen der Rechten und vereinzelter National liberaler angenommen. 8 63 handelt von der Zusammensetzung dcS Einigungsamtes: neben dem Kewerbegerichtsvor sitzenden nicht die ständigen Gewerbegerichtsbcisitzer, sondern Vertrauensmänner, die von den breitenden Parteien zu bezeichnen find oder, falls letzteres nicht geschieht, von dem Vorsitzenden ernannt werden. Abg. Segitz (soz.) sieht hierin einen Uebel stand. Die Vertrauensmänner würden in jedem speziellen Falle stets von vornherein mit einer be stimmten Direktive in das Einigungsamt eintreten. Nichtiger sei es, in der Weise des bestehenden Ge setzes die ständigen Gewerbegerichtsbeisitzer als Einigungsamt fungieren zu lassen und nur außer dem eine weitere Ergänzung durch Vertrauens männer zuzulassen. Abg. Trimborn (Zentr.) plädiert für den Paragravhen in der neuen Fassung der Kommission. Der Paragraph wird nunmehr in der Kommissions fassung angenommen. Zu 8 64 wird debattelos der schon oben er wähnte Evcntual-Antrag Rösicke angenommen. Zu 8 79 befürwortet Abg. Dreesbach (soz.) einen Antrag, die Be stimmung des bestehenden Gesetzes, wonach durch die Zuständigkeit einer Innung oder eines Innungs- Schiedsgerichts die Zuständigkeit von Gewerbe gerichten für den Jnnungsbezirk ausgeschlossen wird, zu streichen. Nach längerer Debatte wird dieser Antrag a b - gelehnt; der Rest des Gesetzes wird unverändert in der Kommissionsfassung angenommen. Ron Nal» imd Fern. Eine neue Bernsteinküste scheint man thal- sächlich in dem nördlichen Ufergelände der Elb- mündung entdeckt zu haben. Wie kürzlich der ,B. Lok.-A/ berichtete, hatten die in diesem Sommer besonders zahlreich vor der Elb- mündung fischenden Krabbensänger wiederholt eigenartiges, ihrer Ansicht nach gelbes Gestein mit in ihren Grundschleppnetzen, das sie aber achtlos wieder sortwarfen, bis ein Altenbrnchek Fischer einmal ein besonders großes Stück mit brachte, das sich als schönster Bernstein ent puppte. Die Fischer haben daraufhin dem „gelb lichen Gestein" eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, und sie bringen nun seit den letzten Tagen fast täglich kleinere Stücke von 100 bis 150 Gramm mit, die wie der große erste ein viertel Kilogramm schwere Fund von goldklarer Färbung sind. Da diese Stücke stets über den sogen. „Norder-Gründen" mit den Schleppnetzen zu Tage gefördert werden, so glaubt man mit einiger Sicherheit auf weitere Ausbeutung rechnen zu dürfen. Es dürfte nicht uninter essant sein, hierzu sich der Thatsache zu erinnern/ daß die Seefahrer des Altertums nach zuver lässigen geschichtlichen Aufzeichnungen ihren Bernstein aus dem Germanischen Meere in der Gegend von Britannien holten, woraus ohne Zweifel zu folgern ist, daß in jenen Zeiten viel Bernstein an den Nordseeküsten gefunden wurde. Ein hochherziges Vermächtnis. Der verstorbene Musikalienhändler Dr. Max Abra ham, Inhaber des Peterschen Mufikverlages in Leipzig, hat zur Erhaltung und Erweiterung der von ihm begründeten, zur unentgeltlichen Benutzung für Musiker in Leipzig bestimmten „Musikbibliothek Peters" ein Vermächtnis von 400 000 Mk. ausgesetzt. Mordversuch und Selbstmord. Am Donnerstag mittag hat in Leipzig-Lindenau der 36 Jahre alte Kürschner Pau! Wolf seine sechzehn jährige Tochter Klara zu ermorden versucht. Die Tochter ist lebensgefährlich verletzt. Dann richtete Wolf die Waffe gegen sich selbst, er war sofort tot. Das Motiv der grauenhaften That ist Schwermut. Kampf zwischen Löwe und Tiger. Auf dem Transport eines Zirkus von Celle nach Hameln geriet aus noch unaufgeklärter Ursache cm vierjähriger nubischer Löwe in den Nachbar käfig, in welchem sich ein Königstiger befand. Zwischen den beiden Raubtieren entspann sich ein furchtbarer Kampf, in welchem schließlich der Löwe unterlag: bei der Ankunft fand man das Tier tot im Käfig des Tigers. „Ich bin so sehr erschüttert über das dir abermals widerfahrene entsetzliche Schicksal, daß ich kaum weiß, was ich thue." „Es ist also volle, traurige Wahrheit, was ich soeben ganz zufällig erfuhr?" „Leider, leider, werter Freund! Der erste Staatsanwalt, der Untersuchungsrichter und ich, wir werden in einer Viertelstunde nach dem Thatort beziehungsweise dem Gasthof, wo Ihr armes Kind liegt, abfahren." , „Darf ich mich den Herren anschließen? fragte Hartwig mit matter Stimme. „Dem wird nichts im Wege stehen. Uebri' gens, vor etwa zehn Minuten erhielt ich per Telephon die Nachricht, daß man in der Gegend von Wilhelmsthal bereits zwei verdächtige Sub- jekte festgenommen habe." „Wollte der Himmel, daß der eine oder andere der Mörder wäre! Doch was nütztA wer gibt mir meine geliebte Tochter wieder? flüsterte Hartwig schmerzbewegt. Dann schickte er seinen Sohn nach Haust mit dem Auftrag, der Mutter zu sagen, daß er vorläufig nicht komme. Es war gegen elf Uhr nachts, als die ge nannten Beamten, denen sich noch ein Arzt unv ein Gerichtsschreiber zugesellt hatten, mit Hartung in zwei Wagen in dem Gasthof ankamen, m dem trotz der vorgerückten Stunde noch zahl reiche Gäste weilten, die sich lebhaft über die grauenvolle That unterhielten. Beim Eimrm der Gerichtskommission und des Kommissars verstummten alle, tiefe Stille herrschte in dfw großen Lokal, während die forschenden der Beamten von einem zum andern schweiflem
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