Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050318012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905031801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905031801
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-03
- Tag 1905-03-18
-
Monat
1905-03
-
Jahr
1905
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis kn der Hanptexpedltion oder deren Ausgabe- stellen abgrholt: vierteljährlich 3.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« 3.7b. Durch die Post bezöge« für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich ^ti 4.50, für die übrigen Länder laut Zritunq-preislistr. Diese Nummer kastel aus allen Bahnhöfen und III I bei den Zeitungr-Berkäuseru I * Redaktion und Expevttto«: 153 Fernsprecher 222 Johannt-gasse 8. Haupt-Filiale Dresden: Marieaslrahe 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1718). Haupt-Filiale Berlin: L ar 1D « » ck « r, Herza l.BayrHofbuchhandlg, > Lützonytraße 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 46081 Morgen-Ausgabe. ÄittjMaik des Königs. Land- nnk> des Königs. Ämtogerichtes Leipzig, des Rates und des Rolizeiamles der Ltadt Leipzig. An zeigen-Preis die 6gespalrene Petitzeile 28 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, GeschüstSanzeigei, untec Text oder an briondrrer Stelle nach Tarif. Die «gespaltene Reklainezeile 75-H. «nnahmeschluß für Anjetgen: Abend-Au-gabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: nachmtttag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an die iLxpedüion zu richten. Extrarvetlage« (nur mit der Morgen Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Pah in Leipzig (Inh. vr. R. L W. Kliukhardtl Nr. Ul. Tonnabend den 18. März 1905. 99. Jahrgang. Var MMgrie vom rage. * Als gemeinsamer Landtagskandidat aller Libe ralen für Leipzig-S. wurde der Kaufmann Friedrich Goatard aufgestellt. (S. Dtsch. Reich.) * Der Streik im Ruhrrevier hat für die preußischen Eisenbahnen einen Ausfall von 12—13 Millionen Mark verursacht. (S. Preuß. Landtag.) * Infolge der Audienz TiSzaS beim Kaiser wird jetzt Daranhi als Ministerpräsident für eine Beamten regierung genannt. (S. Ausland.) * In mehreren Fabriken Warschaus hat der Aus stand wieder begonnen. (S. den Artikel.) * Nach einer Petersburger Meldung bedeutet die Ernennung LinjewitschS zum Oberbefehlshaber den Sieg der Kriegspartei. General Kuropatkin traf gestern morgen in Char bin ein. (S. russ.-jap. Krieg.) Var grössere frantzreicb. Herr Paul Adam, der begeisterte Dichter der „Force", der imposanteste Epiker, dessen sich die gegenwärtige fran zösische Literatur erfreut, hat in den letzten Tagen mit einem dröhnenden „Premier-Paris" die Nation über den politischen Verfall Frankreichs und über die Größe feiner Feinde belehrt. Das Wagnis ist nicht neu, viele Aeftheten schon haben zu einem solchen Ritte ihr Flügel roß angespornt, und es scheint nicht, als werde, was einem Barrds mißlang, Herrn Adam, dem kräftigen, doch etwas unbesonnenen Freskenmaler gelingen. Er schildert die großen Eindrücke, die er, als Tourist mit den Hintergedanken eines Reporters, in Kanada, Florida, am Niagara und am mexikanischen Golfe von der Natur und von der wirtschaftlichen Zukunft neuer Welten empfangen hat. Er zeigt auf die koloniale Macht Groß britanniens, das vom Kap bis Kairo Afrika unterjocht habe, er zeigt nach dem Orient, wo Nippon die Heere des alten, moskowitischen Reiches zerstörte, und er spot tet der Republikaner, die inzwischen sich begnügen, alljährlich ein paar Priester auszuweisen oder ein paar Nonnen mehr zu verfolgen. Worte reiht er an Worte, um die Furcht vor einem langsamen Hinsterben Frank- reichs in die Gemüter der Abonnenten zu tragen, welche des auf das Holzpapier verirrten Dithyrambus wohl bald überdrüssig geworden sind und in der Abteilung der „Mariages" lieblicheren Zeitvertreib gesucht haben. Sie hörten von Byzanz, von Athen, vom puritanischen Schiffe „May-Flower", das einst in den fernen Meeren erschien, von den Trusts, von Armeniern und Kubanern, und sie haben von diesem aufgeregtesten aller „Premiers- Paris" gewiß nur das eine begriffen, daß Herr Adam sie zahnlose Greise nannte und in etwa hundert Wen dungen ihnen den Einsturz prophezeite. Es dürfte mithin auch von dieser bald vergessenen Warnung gelten, was von den früheren, ähnlichen Doku menten gegolten hat: sie wird Makulatur sein und die Wirklichkeit durchaus nicht beeinflussen, ob sie nun in Lieser positive Begründung hatte oder dem künstlichen Be dürfnis eines vorschnell generalisierenden Geistes ent sprang. Seit wie vielen Jahren die wissenden Statistiker, die unwissenden Pfuscher das Problem der französischen Dekadenz zu Tode Hetzen, ist bekannt. Man hat Bücher danach betitelt, kleine Bibliotheken zusammengeschrieben, „Enqu4ten" für die autoritätsüchtige Menge veranstaltet, und die bissige Antwort verdient Erwähnung, die un längst Shaw der Zeitschrift „L'Europäen" auf ihre be kümmerte Dringlichkeit erteilte: „Es muß wohl soscin,von dem Augenblick an, wo die Direktoren der Zeitungen den Einfall haben, so stupide Fragen vorzulegen." Selbst nachdem Bertillons These vom Sinken der französischen Bevölkerungsziffer durch entgegengesetzte Teilresultate angefochten worden ist, läßt die Sorge der geschäftigen Publizisten keinen deutlichen Ausweg erkennen; man tappt durch die Nacht. Zwar bleibt die Tatsache des Miß- trauens in die Reproduktionskraft der französischen Nasse, die jedenfalls im nationalen Zentrum ein ge ringeres Wachstum, hat als außerhalb Europas, wo sie gefälscht ist und vielleicht einmal in den schärfsten Gegen satz zu jenem Zentrum geraten wird. Zwar ist etwas an den Randbemerkungen, die der Soziologe Mazel einem Buche des Herrn Novikow aus Odessa mitgegeben hat: „Was die 200 Millionen Individuen betrifft, die für die künftige Bevölkerung vorhergesehen sind, so wird sich mehr als die Hälfte aus Gelben, Negern oder Bronzesarbenen zusammensetzen, wird also nicht zählen. All das verdunkelt etwas die Zukunft unserer Expansion. Und was soll eigentlich mit dem französischen Genie wer den, wenn es mehr Franzosen von Kanada gibt als Fran- zosen von Frankreich, was in fast 100 Jahren der Fall *ein wird, und mehr Franzosen von Afrika als euro päische Franzosen, was in 200 bis 300 Jahren sich er eignen wird, und N^enn diese Franzosen aus der Metro pole selbst Mischlinge aus allen Rassen sxin werden? Schon jetzt, sagt man, sei ein Franzose unter 20 bis 25 Sohn eines ausländischen Vaters." Aber die antifranzö sische Katastrophentheorie vom „k'inis I^atinorum", die einige jüngere, dem Germanentum huldigende Wirr köpfe aufstellen, hat den Journalisten nicht behaqt. Mehr Erfolg hatte bei ihnen der verabschiedete Minister und glückliche Akademiker Gabriel Hanotaux, als er in seinem Buche über die „Lnerxie kranyuise" von einer neuen Phase Frankreichs, vom Auszug der Fabriken, des Kapi tals und der Arbeitennassen nach den Wasserläufen in den Tälern der Alpen, der Cevennen und Pyrenäen rodete. Jedoch trotz seinen, Dilettantismus übertrifft Herr Hanotaux um vieles die gewöhnlichen Denker und das bureaukratische System, dem Paul Adam die Leviten las, das System, welches, wie es das Innere Frankreichs schädigte, auch außerhalb, in allen Zonen, den Organi satoren seine Unterstützung vorenthielt, ihnen in den Rücken fiel, sie um den Lohn ihrer Mühen betrog. Soweit die französische Kolonialpolitik offiziell war, ist sie geradezu eine Politikwider Willen gewesen. Schritt für Schritt des Terrains sind gegen die lächerliche Routine des Beamtentums von der Routine der Handelspioniere die den Überlieferungen Nichelieus und Colberts nach, eiferten, und von der Tapferkeit solcher, die sich opferten, erkämpft worden. Nicht der Strom einer Volkstendenz, wie sie andere Nationen aus der Heimat trieb, weil sie für ihr Wachstum keine Stätte mehr hatten, hat seit dem Zeitalter Frontenacs und d'Ibcrvilles die Franzosen zu kolonisatorischen Versuchen fortgerissen. Die Kleinlich keit, mit der unsere westlichen Nachbarn dreißigmal wiederholten, was sie in der Mitte des achtzehnten Jahr hunderts an Tupley und Lally-Lollendal, den Schöpfern eines französischen Vorderindiens, taten, ist nicht wie im deutschen Volke die Passivität, das schläfrige Heldentum der Offenbach-Gendarmen, die, wie es im Liedlein heißt, infolge eines fatalen Zufalls immer zu spät kommen; sondern sie entspringt dem Unvermögen der Republik, die von der absolutistischen Vergangenheit durch die Duldung der Superiorität Englands gemachten Fehler zu beseitigen uns einen nationalen Geist zu erwecken. Tie Ausdehnung der Kolonien, die seit der Eroberung Algiers unter dem letzten Bourbonen die Ver- luste Louisianas und Westindiens dem neuen Frankreich ersetzt hat, die Westafrika, Hinterindien, Tunis, zentral afrikanische Länder ihm zuführte, war oft von der par lamentarischen Verderbnis, immer von der Verderbnis der Administration abhängig. Sie litt unter den „roncks cke euir", die von den Gefahren der Fremde, vom Mute der Exponierten keine Ahnung hatten, die in Guyana Sträflinge liebevoll vor der Erdarbeit bewahrten und auf den Antillen politisierende Neger züchteten, die durch Anpflanzungen von Kokospalmen und Feigenbäumen, Grand-Bassam an der Elfenbeinküste mit Moskitos und dem gelben Fieber segneten, die im ganzen Westafrika Tribunale erster Instanz mit einen Appellhof schufen und die Richter gleich Steuereinnehmern aus Ponditscherri, Tahiti und Neukaledonien wahllos zusammen trommel ten. Es ist die gleiche „Administration", die, als aus La Martinique der Ausbruch des Mont Pel6 ihren sträf- lickzen Optimismus verhöhnt l-atte, nur darüber ratlos war, ob die Wahlschlacht zwischen den beiden Kandidaten, die um die Gunst 'der schwarzen Weltbürger buhlten, nach der Vernichtung des Wählermaterials möglich sei, die „Administration", die sich beeilte, Schoelchers im unterirdischen Feuer zerschmolzene Statue neu zu gießen. Während dessen haben die Pariser Zeitungen sich be strebt, der kolonialen Farce auch durch ihren eigenen Witz den Charakter der Farce zu lassen. Sie lxrben berich tet. daß der wackere Herr Loubet der annamitischen Mission unter Nguyen-Thun drei Automobile und ein Orchestrion schenkte, und daß der Annamit, als er die für ihn seltsamste Institution der Republik benennen sollte, verschmitzt lächelnd erwiderte: „Das allgemeine Stimm recht. Sivel" Dieselbe Presse hat Herrn Jacques Lebaudy, den „Kaiser -er Sahara", seine außerordentlich gescheiten Pläne und seine Unterhandlungen mit dem Foreign Office Verlächevlicht; denn -ie Sottise ist in Frankreich alles, und Herr Lebaudy hatte keine Reklamen bezahlt. In der «-gelaufenen Woche hat der Telegraph ge- meldet, daß der neue Fachminister ClSmentel mit den Parlamentariern Doumergue und Deloncle und mit dem General Voyron eine Reise nach Indockrma beginnt. Diese Maßnahme erinnert an die scksimpflichste Episode der französisckxm Kolonialpolitik und lenkt zugleich die Auf merksamkeit auf den wertvollsten Stützpunkt, über den sie verfügt; sie verdankt ihn Strebern und Rechnern. Am 29. März 1885 hat Elemenceau in turbulenter Kammer sitzung den „Erzmimen" Gam-ettoS, den Mann von Annam und Tongking, Jules Ferry, als Hochverräter an geklagt und gestürzt. Zehn Jahre lang ist Ferry als -er Mann verflucht worden, der um eines finanziellen Emis sionsprospekts willen -ie „petita aolckuta" des französi schen Vaterlands dem Tode in den Reisfeldern und den Morästen von Lang-Son überantwortete, und der zynisch noch lachte, als der Schrecken der Niederlage in -en Wan delgängen des Palais Bourbon schon kauerte. Im Jahre 1904 machte derselbe Elemenceau Herrn Ferry, den Tongkinesen, unsterblich, indem er gemeinsam mit -em Marineminister Pelletan nach ihm ein Panzerschiff taufte, und ohne Ferrys Unternehmung hätte der intelli genteste Regierungsanwart in der Zeit des „Vloc", Toumer, der frühere Herr Indochinas, nimmer den Pfad zum Ruhme betreten. Der jetzige Präsident der Deputiertenkammer bat dem asiatischen Vizekönigtum den hohen Rang, den englische Kolonien haben, geliehen, und als er für seinen Ersatzmann Beau aus einem Pariser Bankette die höfliche Bosheit fand, daß ein mittelmäßiger Beamter, der auf seinen Posten gehe, besser sei als eine in Paris festgehaltene Kapazität, hat in Wahrheit nach dem fünfjährigen Interregnum eines Gerissenen die Mittelmäßigkeit der repttblikanischen „Administration" sich Indochinas wiederum bemächtigt. Herr Beau ist zum Falle reff, und Herr Deloncle hat mit einem an spruchsvollen Entwurf für die militärische Sicherung des Territoriums und die Marineverteidigung der Küste das Wort, mit einem Entwurf, der wohl so außerordent lich beredt und so außerordentlich schlecht sein wird, wie -ie 364 Seiten des Herrn Dubief, oder die noch unend- sicheren Manuskripte anderer kolonialer Größen unter den Deputierten. Die zweite Mission, die zum Schutze eines bedrohten Besitzstandes ausgerüstet worden ist, die Mission Brazza, hat Afrika zum Ziele. „Llleboos I'^sie, prenans Ukrigne!" hat Onssime Neclus den Söhnen derer zu gerufen, die von Algier und Tunesien aus der Trikolore im englischen Erdteil Gehorsam erzwingen wollten. Herr Delcass6 hat den Vertrag mit Großbritannien abge schlossen, der so pazifizistisch war, daß ihn Argwohn em pfangen mußte, und der Frankreich die Konzessionen gönnte, über die setzt der französische Botschafter mit dem marokkanischen Sultan feilscht; aber für den Schiffs leutnant -e Brazza-Savorgnani und das von ihm ge- sclxfffene französische Kongoprotektorat hat er keinen Finger gerührt, bis nunmehr, nach den Bestialitäten der Toquö und Gand, die Entsendung des Retters unauf schiebbar niar. Der kühne Venetiarer, der sich von Frankreich adoptieren ließ, kehrt rn ein verwahrlostes Land zurück, das die Republik, als er entfernt worden war, mit einem Budget von 3 Millionen Francs und zwei Tirailleurekompagnien im Sinne des parlamenta rischen Radikalismus glorreich zu Grunde gerichtet hat. Als der Begründer von Brazzaville im Jahre 1874 sich dem Marineminister anbot, hat er geschrieben: „Ich werde nicht ohne Nutzen sein, wenn der Ogewe in mir sein erstes Opfer verlangt: ein anderer. Glücklicherer wird dann den Weg von neuem gehen, den ich erschlossen habe." Ter Dank war entehrende Abberufung; erst Waldeck-Nousseau hat für de Brazza eine Iahresrente erwirkt, die etwa den Zinsen des verlorenen Vermögens entsprach. Neben die Figur dieses Venetianers ist die Figur des Marquis de Mords zu stellen, -er 1896 im tiefften Afrika ermordet worden ist, ein heroischer Phan tast, der nichts Geringeres als einen Bund Frankreichs und des Islams gegen England bezweckt hat und dunk len Komplotten erlag. Es zählt zu der Reihe auch -er Oberst Marchand, der im Juli 1898 vom Sirdar Kit- chener aus Faschoda durch die Unheilsbotschaft Vertrieben wurde, daß die Regierung ihm nicht helfen werde. Es ist die Szene, die der große Zeichner Forain, in der Leidenschaft des Dreyfuskrieges, vergegenwärtigt hat, indem er den Sirdar einen Geistlichen fragen ließ: „Wie soll man den braven Mann entmutigen?" — „Ich gebe ihm französische Zeitungen zu lesen." Vor diesem Ossi- zier und seinem Adjutanten hat Herr Telcasss ins Schnupftuch geweint: aber Herr Pelletan drang durch, der es für verbrecherisch erklärt hat, eine Verbindung des französischen Nordafrikas mit dem Senegal, mit dem Niger und mit dem Tschadsee zu planen, und -er Oberst Marchand wurde, als er nach dem verwelkten Lorbeer BoulangcrS griff, von der ministeriellen Rache ereilt. Eine einzige nur ist unter den kolonialen Energien Frank reich noch vorhanden, der General Galliern, der Gou verneur von Madagaskar, der leider wie de Brazza ein Italiener ist. Aller Hindernisse, die daS „I^nrlemevt cke ?nri« "seinem bewunderungswürdigen, jungen Koloni- sationsrverk ersann, hat Lieser rauhe Militär, -er ein genialer Organisator ist, bisher gespottet. Aber die Kolonialpolitik des -Herrn Iaurds, die nach Amsterdam zwar „aus einer negativen zu einer positiven werden", jed'och „auf den Prinzipien" unverändert beruhen soll, wird auch ihn zu brechen wissen, damit Paul Adam Ge legenheit zu einem neuen „Premier-PariS" erlange. N'. vrr fluktancl in Ziickmrtattilra. Vi« miltärische Lag«. Zu den jüngsten Vorgängen in Deutsch-Südweftafrika schreibt die „Nordd. Allg. Zig.': Die Meldungen lassen erkennen, daß diese Kämpfe die Folge eine« planmäßigen konzentrischen Vorgehens von drei Abteilungen unserer Truppen gegen die großen KarraS- berge bezw. NurudaS von Süden, Norden und Nordosten sind. Major v. Kamptz hatte, vom Norden von KeätmanShoop anmarschiereud, bereit» am v. Marz die Gegend östlich von Hurub am westlichen Fuß der großen Karrasberge erreicht und ist am folgenden Tage bereits gegen den Nordausgang der Nurudasschluchten vorgegangen. Welche Gelänbeschwierigkeiten die Truppe auf dem Saumpfade zu überwinden balle, ergibt sich aus der Meldung, baß die Pierde nach Hurub zurückgesandt und Geschütze und Maschinen gewehre aus Transporttieren sortgeschafft werden mußlen. Gleichzeitig ging im westlichen Teil der Karrasberge in zwei Abteilungen Hauptmann Kirchner gegen die Feinde vor, der wohl der Abteilung des Obersten Kirchner angehörte. Vie Wsir in stusslancl. Zufanimenfchlnh -er rMttelparteiei«. Aus Petersburg meldet die „Voss. Ztg.": Die Ber einigung der polnischen, jüdischen und russischen Miltelparteien ist zur Tatsache geworden. Die Polen versprachen dabei, großpolnische Wünsche fernzu- hajlen. Das alleinige gemeinsame Ziel soll die Ver fassung sein. Die Regierung scheint die Bedeutung dieses Ereignisses zu unterschätzen, dock kann mit Bestimmtheit be hauptet werden, daß einzig die Beendigung des Krieges dem für April und Mai bevorstehenden Aus st and hintanzuhalten geeignet wäre. Vi« Unruhe«. Nach einer Depesche auS Kattowitz wurden gestern vor mittag in Sosnowice vier Oberrealjchüler wegen revolu tionärer Umtriebe verhaftet. In dem HuldschinSkyschen Rohrwalzwerk legten die Arbeiter beim Schichtenbegin» die Arbeit nieder und stellten neue Forderungen, da sie mit dem Zugebilligten unzufrieden sind. Sie verbandeln noch mit der Verwaltung. — In mehreren Fabriken Warschaus hat nach amtlichem Telegramm der Ausstand wieder begonnen. — Aus Iurgew wird gemeldet: Zur Unterdrückung von Bauernunruhen auf zwei Gütern am PeipuSsee, an denen einige hundert Bauern teilnahmen und bei denen es zur Einäscherung von Gebäuden gekommen ist, ist von hier Militär ausgerückt. ver russirch-iapaniscbe Weg. Vie Abberufung Auropatkin». Der Generaladjutant deS Zaren und gewesene Ober befehlshaber der Mantschureiarmee, Alexej Nikolajewitsch Kuropatkin, wurde im Jahre 1348 geboren und im Kadettenkorps erzogen. Seine hohe Begabung war bereits anerkannt, als er die Akademie des Generalstabs als bester seines Jahrganges verließ. Er wurde 1866 Offizier und trat in das turkistanische Schützen- bataillon ein. Als Hauptmann erwarb er sich den St. Georgsorden; von 1867 bis 1868 zeichnete er sich unter Kauffmann so aus, daß man ibn zum Chef einer diplo matisch-militärischen Mission erkor, die den Emir Iakub Chan in Kaschgar besuchte, und deren Reise er 1879 in einer historisch-geographischen Monographie beschrieb. Nach der Absolvierung der Nikolai-Akademie, nach neuen Stationen in Algier und Türkistan wurde er in den Generalstab berufen; dort wurden ihm die Aemter eines Chefs der asiatischen Sektion und eines Acjunktprofessors für militärische Statistik über tragen. Im russisch-türkischen Kriege (1877 bis 1878) be gleitete er als Stabschef den großen Skobeliew, den Kommandeur der 16. Infanteriedivision. Diese Periode be handelt sein umfassendes Werk: „Die Tätigkeit des Generals Skobeljew im russisch-türkischen Kriege", daS 1884 in Peters burg erschien; daneben sind seine Studien „Lowtscha, Plewna und Scheinowo" (1881) und die „Kritischen Rückblicke" (1877 bis 1878) zu nennen. Im Feldzug gegen Achat Tetke (1880 bis 1881) kommandierte er die turkistancsche Schützenbrigade, wobei er die grandiose Marschleistung von Taschkent bis Gök-Tepe voll brachte, ohne auf 1000 km einen Mann zu verlieren, er wurde 1882 Generalmajor im Generalstab, 1890 Generalleutnant und Gouverneur des TranSkaspigebietS. Im Jahre 1898 wurde er zum russischen Kriegsminister ernannt, 1901 zum General der Infanterie, 1902 zum Generaladjutanten, dessen Funktion ihm jetzt geblieben ist. Noch im Frühjahr 1903 durchreiste er Transsibirien, wobei er auch nach Japan kam. Als ihm das Erbe Alexejews auferlegt wurde, hoffte Rußland, daß er die Äünden der Salongeneräle wieder gut machen werde. DaS Rätsel seines Mißerfolgs steht fest, nicht aber die Erklärung, an deren Stelle bisher nur die tendenziösen Urteile der Depesckenkorrespondenlcn und eine auf ihnen beruhende Zeitungsfiktion vorhanden sind. Die unverständlichsten Momente waren die Angriffs ordre, die Kuropatkin, wie eS heißt, auf direkten Befehl deS Zaren, im Juni 1904 dem General Stackelberg erteilte, der dann vom 12. bis 14. Juni bei Wasangtien und Wafangkou von Oku aufs Haupt geschlagen wurde. Es folgten nach den Kämpfen um die Pässe, nach der Räumung von Kaiping, Taschitschiao und Niutschwang, am 29. Juli die Niederlagen am Motien-Paß, wobei Graf Keller siel, vom 30. August bis zum 4. September die Nieder lage von Liaojang, woselbst Kuropatkin persönlich dem General Kuroki gegenüberstand. Da Port Arthur verloren schien, erhielt der Generalissimus vom Zaren den Auftrag zur Offensive, die vom 8 Ok tober ab am Schaho und bei Ientai zusammcnbrach. Nach diesem Bankerott wurde das Kommando dahin umgestaliet, daß Kuropatkin an Stelle des Statthalters Alexejew zum Höchstkommandierenden zu Lande und zu Wasser ernannt wurde; daS Kommando der ersten Armee ging vom Generalissimus, um diesen zu entlasten, auf Gripenberg über. Vom 2. bis 7. Februar 1905 unter nahm Gripenberg den Vorstoß bei Sandepu, der infolge deS hiernach auSbreckendea Zerwürfnisses die Demission Kuro- patkinS vorbereitete, und am 10. März wurde nach dreizehn tägiger Schlacht Mulden von den Japanern erobert; e« war des Generalissimus letzte Etappe. Vie Lag« in -er Mantschurek. Wie aus Petersburg gemeldet wird, übergab sofort nach Eintreffen der Depesche des Zaren Kuropatkin da« Oberkommando an Linjewitsch und verließ die Armee, um sich mittel« Extrazuge« nach Peters burg zu begeben. Die Ernennung LinjewitschS soll von den Truppe« mit großer Begeisterung ausgenommen wordeu
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite