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Allgemeiner Anzeiger : 08.05.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190105084
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- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19010508
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19010508
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1901
-
Monat
1901-05
- Tag 1901-05-08
-
Monat
1901-05
-
Jahr
1901
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 08.05.1901
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Die beiden letzten Vermißten der Gries heimer Katastrophe find am Mittwoch unter den Trümmern hervorgeholt worden. Man darf jetzt annehmen, daß damit die Liste der Ver unglückten erschöpft ist. Die Gesamtzahl der aus der Stelle Getöteten einschließlich der an den Verletzungen Gestorbenen beträgt 23. Bis auf e ner Person, von deren Leiche nur noch der Rumpf vorhanden war, sind alle Verun glückten ihrem Namen nach ermittelt worden. Ein Staat ohne Staatsschuld. Neuß ä. L. ist nach den neuesten amtlichen Fest stellungen der einzige unter den acht thüringischen Staaten, welcher keinen Pfennig Staatsschuld auszuweisen hat, sondern vielmehr ein recht an sehnliches Barvermögen sein eigen nennt, näm lich rund 2'^ Mill. Mark^ Wieder eine folgenschwere Explosion fand am Donnerstag nachmittag in dem Jagd- ausrüstungs-Geschäft von Clever in Köln statt, augenscheinlich hervorgerufen durch unachtsame Behandlung beim Füllen der Patronen. Der Büchsenmacher Wolgang ist sehr schwer ver brannt und konnte von der Feuerwehr nur mit größter Mühe unter den Trümmern hervor geholt werden. Zwei Lehrjungen und ein Feuer wehrmann sind leichter verletzt. Die Keller räume sowie der Laden find vollständig demoliert. Eine gefährliche Ballonfahrt. Ober schlesischen Blättern zufolge landete in Kutschau, zwei Kilometer von der Bahnstation Stahl hammer, der Lnitballon „Adler". Die Insassen waren zwei Offiziere von der Lustschiffer- Abtrilung der Garnison Krakau, die Ober leutnant? v. Moser und Stipcic. Der Ballon blieb an einem Eichenbaume hängen und wurde zum Teil beschädigt. Als der Ballon der russischen Grenze zu schwebte, schossen russische Grenzsoldaten nach ihm, ohne zu treffen. Der gefoppte Anti-Alkoholiker. Ein Mötzliches Gcschichtchen erzählt, da? ,Wiener Fremdenbl.' von der ersten Aufführung des „Lumpacivagabundus" im Wiener Burgtheater. Lewinsky, der berühmte Darsteller aller großen „Bösewichter", hatte die Rolle des schnapsseligen Schusters Knieriem übernommen. Nun ist der Künffler auch in weiteren Kreisen als völliger Abstinenzler und überdies als Vegetarianer be kannt, was ihn nicht an der Durchführung der Rolle hinderte, nur im dritten Akt wäre er fast gescheitert und zwar an der Bosheit eines Kollegen. In der Szene im Hause des Schrei ners Hobelmann tritt Knieriem bekanntlich schon stark angesäuselt auf und verlangt dort noch ein Glas Schnaps. So that auch Lewinsky, der auch das ziemlich umfangreiche Gesäß rasch an die Lippen setzte und den Inhalt ebenso rasch hinter die Binde goß. Kaum war dies geschehen, als der Künstler in belle Wut geriet, denn — er hatte in dem Glase reines Wasser vermutet, statt dessen ober einen Fnsel ordi närster Sorte hinuntergestürzt. Nach der Szene eilte Lewinsky hinter die Kulissen, um seinem Groll Luft zu machen, doch war der Uebelthäter, der die Sache angestistet hatte, nicht zu ent decken. Damit aber zum Schaden der Spott Nicht fehle, erklärten einige Boshafte lachend dem Künstler, sie wollten mit ihm nicht sprechen, er röche zu stark nach Schnaps. „Jack, der Bettausschlitzer", so nennt Nch ein Unbekannter, der sich zum Schrecken der Hausfrauen von Asch in Böhmen in die Woh nungen einschleicht, die Federbetten ausschneidet und die Feiern in der Stube zerstreut. Allem Anschein nach hat man es mit einem Irrsinnigen Su thun, der aber doch so viel Verstand hat, daß er sich nicht fassen läßt, aber regelmäßig leinen Besuch vorher schriftlich anmeldet. Das Gewissen. Aus Millau schreibt man dem ,Petit Journal': Es kommt manchmal vor, daß Leute, die irgend ein Vergehen gegen das Eigentum des Nächsten auf dem Gewissen haben, durch Vermittelung ihres Beichtvaters die ge stohlenen Gegenstände zurückgeben, um Absolution SU erlangen, um wieder ruhig leben zu können. Man dürste aber noch nicht gehört haben, daß em Dieb nicht weniger als 80 000 Frank zurückgibt l Dieser Tage erhielt die verwitwete mau Fenayron, die im Dörfchen Stables bei Saint-Laurent wohnt, durch den Geistlichen der Gemeinde ein Päckchen Wertpapiere zugestellt, das die Summe von 80000 Frank repräsentierte. Diese Wertpapiere waren im Januar d. der Frau Fenayron gestohlen worden; kurze Zeit vor Ostern erhielt die Staatsanwaltschaft von Millau, deren eifrige Nachforschungen nach dem Verbleib des Geldes den Dieb wahrscheinlich beunruhigten, einen anonymen Brief, in welchem mitgeteilt wurde, daß die gestohlenen Wert papiere in einigen Tagen der Besitzerin wieder gegeben werden würden. Der Geistliche lehnte es mit Rücksicht auf das Beichtgeheimnis ent schieden ab, irgend welche nähere Auskunft zu geben, und so dürften weder das Opfer des Diebstahls noch die Justiz jemals etwas über den Urheber des Diebstahls erfahren. Verhaftet wurden Mittwoch abend in Paris zwei Engländer, namens Miller und Edwards, unter dem Verdacht, den vor einigen Tagen gemeldeten Einbruchsdiebstahl bei der amerikanischen Extweß - Kompanie verübt und dabei die eiserne Kasse mit Dynamit gesprengt zu haben. In der Wohnung Millers wurden mehrere Dynamitpatronen gefunden. Hinrichtung eines Vatermörders. In Toulouse wurde am Donnerstag ein 28jähriger Vatermörder hingerichtet. Auf dem Schafott hob er den schwarzen Schleier, den auf dem letzten Gange zu tragen das Gesetz den Vater- und Muttermördern vorschre'bt und sprach das Publikum an. Er sagte: „Der Präsident hatte ganz recht, mein Gnadengesuch zu verwerfen; die menschliche Gesellschaft verzeihe mir!" Die Mäßigkeitsvereine von Christiani« haben bei der Kommunalverwaltung ein Verbot dagegen erwirkt, daß Kinder unter 15 Jahren auf der Straße oder in öffentlichen Lokalen Tabak rauchen. Es darf ihnen überhaupt kein Tabak mehr verkauft werden — auch nicht, wenn sie ihn für Erwachsene holen. Ein vollständiges Mammut ist nach einer Nachricht, die der zoologischen Abteilung der Akademie der Wissenschaften in Petersburg zugegangen ist, im Nordosten des Gebiets von Irkutsk, in der Nähe des Flusses Kolyma, ge funden worden. Dank verschiedenen glücklichen Umständen sollen zum Beispiel die Augen und die Mundteile sowie der Magen mit dem Magen inhalte (?) sich so gut erhalten haben, daß man boffen kann, über die Nahrung dieses Riesen tieres genaue Schlüsse ziehen zu können. Nach Anweisung der erbetenen Mittel soll unverzüg lich an den Fundort eine kleine Expedition ab gesandt werden, die die Ueberführung des Riesenkadavers nach Petersburg veranlassen soll. Als Pesterkrankung wurde durch die bakteriologische Untersuchung der verdächtige Krankheitsfall in Galata bei Konstantinopel scstgestellt. Der Kranke ist ein 30jähriger ein geborener Arbeiter einer Malkaronifabrik. Der Sanitätsrat hat die ärztliche Untersuchung aller von Konstantinopel zu Wasser oder zu Lande Nbreisenden angeordnet. Alle mit dem in Galata Erkrankten in Berührung gekommenen Personen und dieser selbst sind ins Lazarett ge bracht worden. Die Fabrik, in welcher der Er krankte gearbeitet hat, sowie seine Wohnung wurden desinfiziert und geschloffen. Alle Waren, die sich in der Fabrik befanden, find vernichtet. Eme besondere Kommission des Sanitätsrates ist mit der Ausarbeitung von Vorschriften vor beugender Maßnahmen betraut worden. Bisher ist kein neuer Pestfall vorgekommen. Banknotenfälscher in Serbien. In Belgrad wurde eine viele Mitglieder zählende Falschwünzerbande, die serbische Banknoten fabrizierte, festgenommen. Die Falschmünzer wurden durch einen Lithographen an die Polizei Verraten und von dieser festgenommen. Die serbische Nationalbank ließ dem Lithographen 1000 Frank als Belohnung übermitteln. Bei einem Brande in einer Baumwollen- preffe in Amreli (Kathiawar) kamen nach einer Meldung aus Bombay 35 Personen um; bei einem ähnlichen Brande in Khamgaon (Provinz Berar) verunglückten 11 Personen. Gerichts!»,r!le. Berlin. Eine ganze Anzahl Berliner Natur heilkundiger beiderlei Geschlechts erschien vor der Strafkammer des Landgerichts I, um noch einmal in einer Sache zu verhandeln, die in ihren Kreisen viel Staub aufgewirbelt hat. Der „Deutsche Verband der Naturärzte und Naturheilkundipen" hatte auf seinem Verbandstage beschlossen, das; jeder Unter verband in seinem Orte Anzeigen veröffentlichen solle, worin die Namen der zum Verband gehörigen Mit glieder nebst Wohnung und Sprechstunden angegeben werden sollten. Dies geschah auch seitens des Berliner Unterverbandes in einer hiesigen Zenung. Die Annonce trug die Ueberschrift entsprechend dem Namen des Verbandes. In der Bezeichnung „Naturarzt" erblickte die Behörde die Beilegung eines arztähnlichen Titels und sämtliche in der Annonce aufgeführten Personen erhielten eine An klage wegen Vergehens gegen die Gewerbeordnung. Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten zu je 40 Mark Geldstrafe, die Strafkammer erkannte auf Freisprechung und das Kammer gericht hob auf die vom Staatsanwalt einge legte Berufung das Urteil wieder auf und wies sie zur nochmaligen Verhandlung in die Vorinstanz zu rück. Das Kammergericht führte in der Begrün dung aus, daß nach der Reichsgewerbeordnung zu nächst alle nicht approbierten Personen strafbar seien, welche sich als Aerzte bezeichnen, möge die Bezeichnung „Arzt" schlechthin oder in irgend einer Zusammensetzung gebraucht, oder mit irgend einem Zusatz versehen sein. Die Bezeichnung „Arzt" solle, wie der klare Wortlaut und Sinn der Bezeichnung ergebe, unter allen Umständen nur den in Deutschland Approbierten zustehen und un bedingt geschützt sein; derjenige, der sich, ohne approbiert zu sein, diese Bezeichnung beilege, sei daher auch dann strafbar, wenn durch irgend welche Zusätze die Annahme ausgeschlossen werde, als sei der Inhaber eine geprüfte Medizinalperson, daher sei auch die Bezeichnung „Naturarzt" für den Nichtapprobierten schlechthin ausgeschlossen. — Die Angeschuldigtcn bestritten entschieden, daß ihnen auch nur der Gedanke gekommen sei, daß sie etwas Strafbares begingen. Es sei ja gerade ihr Prinzip, nicht mit den Merzten verwechselt zu werden. Der Staatsanwalt wies daraus hin, daß es garnicht auf die Absicht ankomme, zweifellos „könne" durch die Bezeich nung „Naturarzt" im Publikum der Glaube erweckt werden, es handle sich um eine geprüfte Medizinal- Person und dies genüge für die Strafbarkeit. Er beantrage wiederum eine Geldstrafe von je 40 Mark. Der Gerichtshof trat diesen Ausführungen bei und erkannte auf je 30 Mk. Geldstrafe. PistotendueU zwischen Fennen. Das westeuropäische Bild von den Duellan tinnen auf Sähet ist überholt — die Neue Welt hat ein Pistolenduell zwischen Frauen zu ver zeichnen. Ueber das Ereignis, das der ameri kanischen Presse natürlich nicht wenig Stoff zu Glossen bietet, wird aus Newlirk be richtet: Frau Ella Seiglin und Frau Daugh- son, welche beide in der Nähe der Stadt wohnen, kämviten am 3. d. ein Duell aus Pistolen, Distanz 20 Schritte, aus. Frau Seialin wurde schwer, wenn auch nicht lebens gefährlich verwundet in das Spital von New- kirk gebracht. Ihre Gegnerin blieb unverletzt. Selbstverständlich erschienen als erste Troft- spender an dem Krankenbett der Frau Seiglin die Zeitungsmenschen, denen die Pistolen duellantin bereitwillig eine Schilderung des Duells und seiner Ursache gab. Danach hatte es zwischen den Frauen Streit infolge von Eifersucht gegeben. Das Schlimmste war, daß Frau Seiglin behauptet hatte, sie könne ihrer Nachbarin den Mann „wegkapern", sobald sie nur wollen würde. Frau Daughson appellierte schließlich an die Gerichte, und die Folge war — dies trug sich einen Tag vor dem Duell zu — daß Frau Seiglin, weil sie das Daughsonsche Grundstück ungerufen betreten und dort Zank angefangen hatte, wegen Hausfriedensbruch zu dreihundert Dollar Geldstrafe verurteilt wurde. Hierüber aufgebracht, forderte Mrs. Seiglin die Mrs. Daughson zum Duell auf Pistolen. Die resolute Gegnerin schien nur darauf ge wartet zu haben und man trat augenblicklich zum Duell an. Die Frauen standen sich an fänglich auf fünfzig Schritte gegenüber und fingen auf ein Zeichen — höher geht's wohl schon nimmer — der Tochter der Frau Seiglin zu schießen an. Jede der Frauen feuerte drei Schüsse ab, welche indessen insgesamt ihr Ziel verfehlten. Dann avancierten die Gegnerinnen, und Mrs. Daughson verwundete ihre kampflustige Feindin. Nnn hat Mrs. Seiglin keinen sehnlicheren Wunsch, als so Lalo als möglich wieder gesund zu werden, um Mrs. Daughson neuerlich vor die Pistole fordern zu können. Das wäre immerhin noch eine einfache Lösung der kuriosen Duellgeschichte. Aber es scheint, als ob der Frauenkampf einen ganzen Rattenkönig von Duellen zur Folge haben sollte, denn „das Ereignis hat die Ehemänner der kampflustigen Frauen ausgebracht, und beide find auf dem Kriegspfad, um einer den andern zu erschießen. Auch die Freunde und Partei gänger der Frauen putzen ihre verrosteten Schießeisen und wollen ihren Anteil an der allgemeinen Knallerei haben." — Für Senti mentale sei noch hinzngefügt, daß Frau Daughson, die glückliche Pistolenduellantin, auf freiem Fuße belassen wurde." Bnntes Allerlei. Frühjahrsmüdigkeit. Im Frühling wirft wohl mancher die Frage auf: Wie ist die sogenannte Frühjahrsmüdigkeit zu erklären, die man so oft an sich wahrnimmt? Darauf ist zu antworten: Jede Müdigkeit entspricht dem Blutmangel nnd dem dadurch hervorgerufenen Sauerstoffmanael des Gehirns. Eine der ersten Folgen der Müdigkeit ist das Gähnen, das ja weiter nichts ist als ein sehr tiefes Atmen, ent sprungen aus dem dringenden Bedürfnis des Körpers nach dem Sauerstoff der Luft, den wir durch die Atmung unserem Blute zuführen. Wenn wir den ganzen Tag körperlich oder geistig gearbeitet haben, so war der Sauerstoff verbrauch so groß, daß wir sechs bis acht Stunden völliger Ruhe, also Schlaf, brauchen, um das nötige Gleichgewicht wieder herzustellen. Wenn wir eine starke Mahlzeit gegessen haben, so wird bei der Verdauungsthätigkeit ein so starker Mehrgebrauch von Blut in den Blut gefäßen der Verdauungsorgane erfolgen, daß andere Organe vorübergehend blutleer werden, darunter auch das Gehirn. Daher die Müdig keit nach jeder größeren Mahlzeit I Die Früh jahrsmüdigkeit kommt nun daher, daß sich unter dem Einfluß der größeren Wärme und der milden Frühlingslüste unsere Hauptgefäße stärker mit Blut süllen; das können wir u. a. daran merken, daß uns im Frühjahr unsere Schuhe und Handschuhe plötzlich anfangen, eng zu werden. Das Plus an Blut in den Haupt- geiäßen bedingt ein Minus in anderen Organen; und wieder ist es das Gehirn, das blutleerer,' sauerstoffärmer wird und uns eine mehr oder weniger starke Müdigkeit empfinden läßt. Aber auch die meisten anderen Organe und Teile des Körpers werden blutleerer und flüssigkeitsärmer; und dies bedingt in Verbindung mit der in den warmen Frühjahrstagen beginnenden stärkeren Transpiration das auch sehr auffällige Zunehmen des Durstes! Krieqer und Goldgräber. Eine inter essante Episode aus dem Feldzuge in Südafrika wird in emer englischen Zeitung wiedergegeben, der sie von einem australischen Freiwilligeu mitgeteilt wurde, welcher in Zeerust in Garnison lag, als dieser Ort von den Boeren belagert wurde. Die Truppen des Obersten Hore, die im August bei Zeerust von dem Kommando des Generals Delarey angegriffen und auf die Stadt zurückgeworfen wurden, bestanden fast durchweg aus australischen Minenarbeitern, die erst kürzlich von Australien in Südafrika einge troffen waren. Als die Boeren Zeerust ein- sch'offen, erhielten die Australier natürlich den Auurag, Schützengräben anfznwerfen und Schanzen zu errichten, wobei sie auf die Spur von Gold trafen. Sie folgten diesem dann so begierig, daß sie eine ganz beträchtliche Tiefe erreicht hatten, als schließlich die englische Ent- satzkolonne eimrai. Die Leute hatten vollständig vergessen, daß sie die ganze Zeit hindurch, während sie nach Gold gruben, von den Boeren beschossen wurden, die denn auch thatsächlich fast alle Pferde und sämtliches Vieh im britischen Lager getötet hatten. * . * Kindermund. „Papa, was ist ein König?" — „Ein König, mein Kind, ist ein Mensch, dessen Macht unbegrenzt ist, dessen Worte Gesetz find und dem also jedermann gehorchen muß." — „Papa — ist Mama ein König?" »- beweine Leistung! und wir ff Magie, die ein junger, sonst solider Mann, B es aus Neigung, sei es zur Erholung, ans jUen zu stellen pflegte. Konzerte, Theater, M Vergnügen jeder Art waren ihm verhaßt, E>n Slündchen bei frohem Geplauder, im Kreise °on Kollegen oder Freunden zu verbringen — wenn von letzteren bei ihm überhaupt die Rede konnte — dazu hatte er sich noch nie Hin- Wogen gefühlt. Und saß er mit Bruder und Schwägerin bei Einnahme der Mahlzeiten am Mche zusammen, dann kam nie ein Wort über leine Lippen, ja, er wurde erregt, sobald man W Frage an ihn richtete. Eins nun bereitete M Freude und Genugthuung auf dieser Welt: wenn er die Thür vorsichtig hinter sich ge- Mossen, in seinem Zimmer saß, den Inhalt Ewer eisernen Kassette vor sich ausgebreitet hatte M seine gierigen Blicke über seinen Mammon ^^Estalt von Goldstücken, Bankscheinen und ^Ertpapieren schweiften. » Wieder einmal war es aus geringfügigem Waß zu einer Auseinandersetzung zwischen den ^«efbrüdern gekommen, während darin der Aeltere sa dem Jüngern geäußert: c. „Hermann, was hast du eigentlich von Ewem Leben? Du bist noch so jung, lebst in Uw Verhältnissen, aber von der Welt abge- ZWen gleich einem Einsiedler und verbitterst w wie andern das Dasein." dh 'Was geht es dich an, Julius? Genügen weine Leistungen nicht, nun, so sage es frei k w«s und wir find geschiedene Leute!" ant- °rieie Münch gereizt. h. «Wer spricht denn von deinen Leistungen?" Uw Hartwig ruhig und gelaffen. „O, hältst du mich für so dumm, daß ich nicht merken sollte, wie du die beiden Buch halter Lutz und Menzel verhätschelst, als seien es deine eigenen Kinder, deine Lieblinge?" „Hermann, rede doch nicht so einfältig! Lutz und Menzel sind fleißige, zuverlässige Männer, die einen nicht geringen Anteil an dem Emporkommen meines Geschäfts haben, darum achte und ehre ich sie. Im übrigen habe ich wohl nicht nötig, ausdrücklich betonen zu müssen, daß ich deine Leistungen noch höher schätze als die ihrigen. Ich meine, das müßte dich, der du ihnen an Jahren bedeutend nachstehst, frommen." „Unsinn, du bevorzugst die beiden mir gegen über und es würde mich gar nicht wundern, wenn du sie als deine Universalerben einsetztest." Hartwig schüttelte betroffen den Kopf. „Ich weiß in der That nicht, welcher Um stand dich zu einer derartigen Äeußerung be rechtigt! Du bist mein einziger, wenn auch Stiefbruder, ich bin dir mit aufrichtiger Liebe zugethan und glaube, dir hierfür untrügliche Beweise gegeben zu haben, was soll ich vor läufig mehr thun ? Folge meinem wohlgemeinten Rat, werfe ab dein griesgrämiges, menschen scheues Wesen, trete hinaus in die Welt, suche frohe Menschen auf, verkehre mit ihnen und auch du, lieber Bruder, wirst glücklich und zu frieden werden." „Ha, glücklich und zufrieden!" Ein dämonisches Lachen begleitete diese Worte. „Versuche es, Hermann, ich bitte dich! Und wenn du dich nicht allein in gesellige Kreise wagst, ich will gerne mit dir gehen, dich hinein führen, so oft es dir beliebt nnd mir die Zeit es erlaubt." „Als ob vom Biertischklatsch das Glück eines Menschen abhinge! Nein, nein, ich habe höhere, weit höhere Ziele und diese werde ich verfolgen, bis — bis — doch wozu diese überflüssigen Erörterungen!" Er ließ den Bruder stehen ging ins Kontor und vertiefte sich in seine Arbeiten, in all' seinem Thun und Lassen blieb er auch ferner derselbe. Mehrere Monate vergingen, da, eines Morgens, Münch saß an seinem Pult und er ledigte einige Korrespondenzen, traf ihn die verblüffende Nachricht, seinem Bruder sei ein Söhnchen geboren. Wie geistesabwesend stierte er auf die Karte, die ihm diese Botschaft brachte und die Hartwig von seiner weit draußen vor der Stadt belegenen Villa aus an ihn ab gesandt hatte. Dann, von jähem Zorn er griffen, zerriß er die Karte, warf die Fetzen in den Ofen und verschwand für diesen Tag. Als am Nachmittag Hartwig kam und nach seinem Bruder fragte, war er überrascht, ihn nicht vor zufinden. Seine Ueberraschung aber steigerte sich zu großer Bestürzung, als der Buchhalter Lutz ihm berichtete, in welch' arger Erregung Münch fortgegangen sei, ohne, wie es sonst seine Gewohnheit, ein Wort über den Zweck seiues Gehens zu hinterlassen. „Herr Münch scheint eine sehr unangenehme Nachricht erhalten zu haben, er zerriß zornig die Postkarte," schloß der Buchhalter. „Eine unangenehme Nachricht," flüsterte Hartwig, der bei dem soeben Gehörten erbleicht war, lauter fügte er hinzu: „Wenn mein Bruder kommt, sagen Sie ihm, ich mansche ihn dringend zu sprechen." Dann ging er, der heute so freudig bewegt nach dem Geschäft geeilt, in sein Arbeitszimmer, verstimmt, niedergeschlagen, — all' sein Glück, das er durch die längstersehnten, heute über ihn gekommenen Vaterfreuden empfunden, schien wie mit einem Schlage wieder vernichtet. Was anderes konnte es sein, als daß die dem Bruder pflichtschuldigst gemeldete Geburtsanzeige ihn zu Hellem Zorn entflammt, die Postkarte, die er zerrissen und deren Bestandteile er den Flammen im Ofen überliefert hatte. „O", seufzte er tief und schwer, „sollte ich eine Schlange an meinem Busen genährt, groß gezogen haben?" Am folgenden Morgen hatte sich Münch bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Büreaustunden im Kontor eingefunden, aber nicht, um seine geschäftliche Thätigkeit auizu- nehmen. Er wühlte hastig in seinem Pult herum, steckte verschiedene Papiere und andere kleine Gegenstände in seine Taschen, ordnete sonst noch einiges und wollte sich eben wieder schnell entfernen, als der Buchhalter Lutz eintrat. „Herr Münch," sagte er nach dem Morgen- gruße, „Ihr Herr Bruder wünscht Sie dringend M sprechen." Münch antwortete nicht und stürzte einem Rasenden gleich hinaus. „Sind Sie endlich da?" herrschte er einen im Hausflur stehenden Diestmann an. „Auf euch faules Volk kann man sich gar nicht ver lassen." GL i (Fortsetzung folgt.)
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