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persönliches Ich geopfert habe — und das darf niemand thuu, sei es in oder außerhalb der Ehe." Er mußte daran denken, wie wenig er es verstanden, sie zu schätzen — daß es aber doch nicht ausschließlich seine Schuld gewesen sei, sagte er sich auch. „Geh' mit mir!" bat er. „Nein — dann würde aües so bleiben, wie es ist! Ich will es wert sein, geliebt und geachtet zu werden. Aber wenn ich wiederkehre " „Was dann?" fragte er mit einem Lächeln, das er nicht zu unterdrücken vermochte. Es war so eigentümlich, hier als An geklagter vor seiner Gattin zu sitzen, und sie als Richterin zu sehen. „Dann muß Luudholm entlassen sein." „Nein, jetzt gehst Du wirklich zu weit." „Eher komme ich nicht wieder zurück." „Nun, denn," sagte er zögernd, „es geschehe, wie Du willst." Sie erhob sich und trat zu ihm hin. „Mach' es mir später leicht, Dich von neuem zu lieben und zu ehren — und unmöglich, Dich über einen anderen zu ver gessen," bat sie, ihm mit seelenvollcm Blick in die Augen schauend. „Ich bin nicht dazu veranlagt, eine schlechte Gattin zu werden." „Paula! Solltest Du es je werden wollen?" „Ja — wenn ich Dich nicht länger lieben kann und mein Herz leer und vereinsamt bleibt; denn das streitet wider die Natur." „Es soll anders werden," sagte er ernst, sie in seine Arme schließend. — „Gott sei Dank, daß es noch nicht zu spät ist." Als der Assessor nach. Hause kam — er war auf uud ab geschritten, immer fo, daß er das Hotel uud Walborgs Fenster sehen konnte — saß Paula in seinem Zimmer, auf ihn wartend. Das Gehen hatte ihn müde gemacht, eine gewisse schläfrige Be täubung hatte sich seiner bemächtigt. „Peder," sagte sie schüchtern, „Du hast hoffentlich nichts da gegen, daß ich morgen mit Dir nach Hause reise?" Er glaubte, sie wage nicht, ihn allein reisen zu lassen, uud versetzte heftig: „Ich bin doch kein Kind. — Laß mich in Ruhe! — Es wird bald besser werden," fügte er freundlicher hinzu. wenu Du kämest. Ich saß ausrecht im Bett; bald überlief es „Es ist nicht Deinet-, sondern meinetwegen," sagte sie leise.' micb heiß, bald kalt, war ich doch überzeugt, es müsse Dir ein Er küßte sie auf die Stirn, sagte aber nichts. ' fFons. folgt.! Unglück zugestoßen sein, und so inbrünstig wie in jener Nacht habe ich weder vorher, noch nachher gebetet. Endlich kamst Du — erinnerst Du Dich jetzt?" „Ein wenig mehr zu trinken, als man eben verträgt, das ist doch wohl nicht so schlimm." „Nicht so schlimm? O, es Ivar entsetzlich!" entgegnete Paula. „So jung und schüchtern, so unerfahren und zart- sühlend, wie ich damals war." „Das passiert einem jeden, davon kannst Du über zeugt sein." «Und wird für nichts gerechnet — ich weiß das! Der Manu vergißt es Tags darauf, aber die Frau deukt ihr Leben laug daran! Ich weiß noch, was Du sagtest, wie Du aussahest." Sie hielt die Häude vor die Augen, gleichsam, um nicht zu sehen. „Der Mann, der seine Frau achtet, kommt ihr niemals in solchem Zustande vor die Augen — das weiß ich jetzt." „Kindereien." „Nenne es, wie Du willst," sagte Paula mit auf- lodernder Heftigkeit, „durch diese» Vorgang entstand nichts destoweniger die erste kleine Bresche in meiner blinden Liebe und meiner Bewunderung für Dich — jetzt weißt Du cs!" Er dachte daran, wie ost sie ihn später so gesehen, ohne daß sie sich etwas hatte merken lassen — hätte er nur ahnen können, daß sie dem solche Bedeutung beilegte! Wie schön war sie, wie sie da vor ihm saß mit glühenden Wangen und flammenden Augen, in Wahrheit eine neue Paula, interessant, der höchsten Beachtung wert, nachdem die alte ihn gelangweilt hatte. „Geh' jetzt mit mir," sagte er, sich ihr nähernd, um sie in seine Arme zu schließen. „Es soll unsere Hochzeits reise sein." „Nein," sagte sie, sich seiner Umarmung entziehend, „ich will fort." „Du willst doch hoffentlich keinen Skandal machen?" fragte Sixten erschrocken. „Nein — nichts Derartiges. Ich will nur, daß wir getrennt an unserer Wiedervereinigung arbeiten sollen. Ich muß mich Deinem Einfluß entziehen, muß in andere, in neue Verhältnisse, um mich selber kennen zu lernen. Ich bin so völlig in Dir aufgegnngen, daß ich mein eigenes Königin Viktoria von England f weiß noch, wie endlos mir der Tag erschien. Endlich ward es abend, und ich ging zu Belt — denn ich wußte ja, daß Du cS so wolltest — aber ich fürchtete mich i» dem große» Zimmer »nd in den fremden Umgebungen und ließ das Licht brennen, bis ich es auslöschen mußte, aus Furcht, es könne ansgebrannt sein, 1b*