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Allgemeiner Anzeiger : 16.03.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190103169
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19010316
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- Saxonica
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- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1901
-
Monat
1901-03
- Tag 1901-03-16
-
Monat
1901-03
-
Jahr
1901
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 16.03.1901
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Poutrlchc AunÄlchmu Die chinesischen Wirren. * Die Regierung der Ver. Staaten hat eine Note an China abgesandt, in der China davon verständigt wird, daß die Ver. Staaten nicht geheimeVer Handlungen zwischen China und einer andern Macht gutheißen könnten, die aui eine Abtretung eines Gebietsteils hinzielten. Beinahe alle Mächte billigten die Note und sprachen ihre Zustimmung aus, darunter Rußland als eine der ersten. (Die reine Komödie!) * Der russische Gesandte in Peking drängt aus die Unterzeichnung des Man dschureiabkommens und stellt Zwangs maßregeln in Aussicht, salls die Unter zeichnung nicht innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen werde. Trotzdem bleibt Ruß land den andern Mächten gegenüber dabei, daß von einer „Abtretung" gar keine Rede wäre, es seinen alles nur „provisorische Abmachungen"! *Li-Hung-Tschang ist aufs neue ernstlich erkrankt. Sein Leben — sagt sein Arzt — hängt nur an einem Faden. Am Ende wird er aus diesem Faden noch manchen Leuten eine Schlinge drehen. * Prinz Tuan, Tungsuhsiang und andere schuldige Würdenträger befinden sich jetzt in Ninghsia und find zum Widerstand gegen ihre Verhaftung vorbereitet. Tuugfuhstang verfügt über 20 000 Mann, Prinz Tuan über 10 000. Ein kaiserlicher Kommissar ist aus dem Wege nach Ningbsia, nm den Urteilsspruch über die schuldigen Be amten bekannt zu machen und dem betreffenden Edikt Gehorsam zu verschaffen. — Das wird ihm sehr sauer werden! Deutschland. * Kaiser Wilhelm hat dem Prinz-- Regenten Luitvold zu dessen 80. Ge burtstage ein Telegramm gesandt, worin der Kaiser seinem schmerzlichen Bedauern Aus druck gibt, diesem Ehrentage infolge seiner Ver letzung fernbleiben zu müssen und den Prinz- Regenten als einen der „hervor ragendsten Waiiengesährten aus der Zeit Wilhelms des Großen" aui das Herz- lichste beglückwünscht. Der Prinz- Regent dankte hierauf dem Kaiser in einem Antwort-Telegramm mit den wärmsten Worten. — Zu seiner Vertretung hatte der Kaiser seinen ältesten Sohn, den Kron prinz Wilhelm gesandt. *Prinz-Regent Luitpold empfing am Dienstag zu seinem 80. Geburtstag die Glückwünsche der Familienmitglieder und nahm dann gegen Mittag eine Parade der Garnison ab, zu der auch der deutsche Kronprinz, der Ka ser Franz Joseph von Oesterreich, sowie sämtliche Prinzen erschauen. Nach der Parade tauschten der Prinz-Regent und der deutsche Kronvrinz Besuche aus, worauf letzterer zur Frühstücksmsel zum V ri n z e n L e o p o l d, dem Bruder des Prinz-Regenten, fuhr. An dem Fruhfiück nahm auch der Kaiser von Oesterreich teil. 'Mittags enolgte vor dem neuen National- M u seu m die Grundstein egung zu einem Denkmal des Prinz-Regenten, hierauf iand in der Residenz Famiuentwel statt, an welcher außer samt ichen bayrischem Prinzen und Pnu- z-sünnen Kaiser Franz JostpH und der deutsche Kronprinz teilnahmen. Während der Tasel brachte Kaiser Franz Joseph einen Trink svruchau'den Prinz-Regenten aus, welchen der Prinz-Regent mit einem herz lichen Trmkspruch aui seine hoben Käste be antwortete. Den Abschluß des Festtages bildete eine glänzende Illumination der Stadt. *Kaiser Wilhelm ist bereits wieder in der Lage, die Vorträge derMinister entgegenzunehmen. Die Heilung der Wunde macht regelmäßige Fort schritte. * Infolge des Bremer Vorfalles ist der Sicherheitsdienst um den Kaiser erheblich verstärkt worden. Es sollen Entlarvt. 8) Kriminalroman von Karl v. Leistner. (Fortsetzung.) Eugen überlief es dabei kalt und wieder fiedbeiß. Was stand ihm alles bevor, wenn der Mann des Gesetzes Verdacht gefaßt hatte! Die ganze Nach! haste ihn die unselige blau seidene Schnur gequält, mit der er die wider spenstige Haustbür damals von außen zubinden mußte, dam't man seine und Liddys Flucht nicht zu bald bemerkte. Die Sache stand wirk lich furchtbar stlimm für ihn nach allem, was er lüstern abend eriatren hatte Was wollte der Gendarm nur immer von ihm? Warum diese Spähei blicke, dieses geradezu zudringliche Uriellcn über seine Handlungen, dieses Aus- sragm? Er durfte seinen wabren Namen nicht nennen, schon um L d ys willen nicht. Wenn selbst das Mädchen >n eine solche Untersuchung verw ck lt, am Ende unter dem Scheine emer M> schaid an jenem iurchtbaren Verbrechen sogar verhüttet würde? Gräßlicher Gedanie! — Alle d'ese Jteen schossen dem aimen Eugen weit rasche durch den Kop>, als wir sie nieder schreiben oder lesen könnten. Halb ohne zu wissen, was er that, jedenfalls ohne der bedenklichen Tragweite einer solchen Fälschung im gegenwärtigen Falle sich bewußt zu werden, schiß b er mit fieberhatt zitternder Hand in das Fremdenbuch des Olsdoner Wirtshauses vor en Augen des Gendarmen, der jedem Buchstaben folgte, einen anderen Namen, Staue und Wohnort als den seinen. Die Feder weglegend, wie wenn sie ihn an fortan stets Berliner Beamte den Kaiser begleiten und nach ihren Angaben die Maß nahmen der Lokalbehörden erfolgen. Auch die Absperrungen werden eine Ver schärfung erfahren. * Zu dem Bremer Zwischenfall wird noch gemeldet, daß die Unlersuchung keine weiteren belangreichen Thatsachen ergab, außer daß sich eine ein wandfreie Zeugin freiwillig meldete und er klärte, sie habe ein entsprechendes Eisenstück am Orte der That kurz vor der That am Boden liegen sehen. Auf einen politischen Charakter des Vorfalls läßt nichts schließen. * An die Witwe des am 8. d. verstorbenen Frhrn. v. Stumm hat Kaiser Wil helm ein herzliches Beileids-Tele gramm gerichtet. Bei der Beerdigung ließ sich der Kaiser durch den Erbgroß- ' Herzog von Laden, den Kommandeur I des 8. Armeekorps, vertreten. * Die Verleihung des S ch w a r z e n A d l er- Ordens an Lord Roberts beschädigt noch immer die Presse. Auffallend ist, daß der ,Reichsanz.' die Ordensverleihnng noch immer nicht veröffentlicht hat. In ein reinen Blättern taucht die Vermutung auf, daß d'e amtliche Publikation unterbleiben und da durch bekundet werden solle, daß diese Ordens verleihung keinepolitischeBedentung habe, wie das Gras Bülow im Reichstage er klärt hat. Oefterreich-Unqarn. * In den parlamentarischen Kreisen be- schättigt man sich eingehend mit der Frage, worin die bisher sorgsam geheimgehaltenen Zugeständnisse an die Tschechen bestanden haben mögen, welche sie zum Anf- geben der Obstruktion bewogen haben. Daß dies lediglich Konzessionen wirtschaftlicher Namr gewesen seien, war unwahrscheinlich. Nunmehr wird aus Wien mitgcteilt, daß der langjährige Wunsch der Tschechen erfüllt werden, und ein kaiserlicher Prinz in der Prager Burg dauernden Aufent halt nehmen soll. Man nennt Erzherzog Otto, dessen Gemahlin als geborene Dresdnern dadurch in größerer Nähe ihrer Heimat wäre. Auch den Deutschen sei ein bisher ebenfalls geheim gehaltenes Zugeständnis gemacht worden, das die deutschen Obmänner selbst ihr^n Parteien nichtmitzuteilenvomMinister- präfidenlen ehrenwörtlich verpflichtet wären. Frankreich. * Der Hafenarbeiter-Ausstand in Marseille hat eine Abschwächung er fahren. Die Seeleute, welche seither mit den ausständigen Hafenarbeitern gemeinsame Sache gemacht hatten, beschlossen, vom Streik z u r ü ck z u t r e t e n, um die Lebensiutercssen Marseilles nicht länger zu Gunsten fremder Hissen zu gefährden. Ferner hat die Kommission der Kaiarbeiter ihre Forderungen auf die Erlangung des Achtstundentags beschränkt. Italien. *Jn der Deputierten-Kammer rühmte der Kriegsminister den italienischen Truppen in China nach, daß sie nie mals Plünderungen begangen hätten, was vom Hause mit lebhaftem Beifall ausgenommen wurde. Nuftland. * In der Antrittsaudicnz des neuen deutschen Botschafters in Peters burg soll, wie dem ,Fränk. Kur.' aus Berlin gemeldet wird, der Zar zum Bolschaiier Alvensleben gesagt haben: „Zwischenmir und Kaiser Wilhelm gibt's keine Mißverständnisse." Afrika. * Wenngleich auch noch keine amtlichen Nach richten darüber vorliegen, so scheinen doch die Friedensverhandlungen zwischen Botha und Lord Kitchener bereits in die Wege geleitet zu sein. Aus erklärlichen Gründen scheint man auf dem Kriegsschauplatz selbst weit eher gegenseitigen Zugeständnissen geneigt zu sein, als am grünen Tisch in London und ' l den Fingern gebrannt Hütte, ging er mit einem ! flüchtigen Kopfnicken aus dem Zimmer, spi ang in den Wagen und lief: „Weiler, Kutscher!" Der Wagen rollte davon. Er hatte Olsdorf bald hinter sich. — „Kop'schültelnd stand der Gendarm noch vor dem Fremdenbuche. „Und ganz lichtig war's doch nicht mit dem kurz angebundenen hochnäsigen, jungen Lasten!" brummte er dabei vor sich hin. „Muß wenigstens im A ige behalten werden. Werde gleich nach der Babnstation S . . . . telegraphieren und fragen, wohin der Mann Billet löst. Sollen am Schalter die Augen offen behalten! Hm! Ja! Das ist das Rechte!" — Damit verließ auch er den „Grauen Bären". Die Rückreise Eugens verfloß ohne Abenteuer, obwohl er immer das bange Gefühl empfand, als sei ihm ein Verfolger auf der Ferse. Daß er mit der unrichtigen Eintragung in das Fremdenbuch eine Uebereilung, ja eine ge fahrbringende Unbesonnenheit begangen habe, ward ihm klar, ehe er noch die letzten Häuser des Marktfleckens erreicht hatte. Es war hier bei allerdings ein Trost, daß die Handlung dazu dienen könnte, den Gang der Untersuchung einigermaßen zu verschleppen. Eine gegen seine eigene Peison gerichtete Verfolgung, die voraussichtlich früher oder später doch zu seiner E Mittelung führen dürste, werde nun wenusstens erst dann ihr Ziel erreichen, wie er hoffte, wenn das geliebte Mädchen in einem ziemlich weit entfernten Teil des Landes sich befinde. im Haag. Stur de Wet, der fortgesetzt nord wärts marschiert und sich „irgendwo" westlich von Kroonstad befindet, soll sich jedweder V e r- Handlung mit aller Entschiedenheit wider setzen. * Ein fu r ch t b ar e s U n w e t t er bat die gegen de Wet operierenden englischen Kolonnen unter General French be troffen. Nach dem .Standard' machte ein zehn Tage fast ununterbrochen herabströmender Regen die Wege grundlos und brachte die Verpflegung aus dem Geiüge, sodaß die Truppen acht Tage lang mit kleinsten Rationen von einem halben Pfund Maismehl, sehr wenig Fleisch und ohne Kaffee oder Thee auskommen mußten. * Die a b e s s i n i s ch e n Tr u p p e n sollen, wie aus Aden gemeldet wird, den Scheich Abdullahi in Harard'ghet vollständig geschlagen haben. Die Somalis hätten viele Tote gehabt, doch seien auch die Verluste der Abessinier, die eine große Anzahl Ge fangener gemacht, beträchtlich gewesen. Abdullahi soll in der Richtung auf Bohodle geflohen sein, verfolgt von den Äbe'siuiern. Asien. * Nachdem der japanische Landtag bis zum 8. März verlänaert worden war, um die Zustimmung des Herrenhauses zu dem vom Abgeordnetenbause angenommenen Steuer- aesetz, das sich auf die Deckung der in China verbrauchten Gelder bezieht, herbeizu'ühren, hat der Mikado den Landtag nochmals um fünf Tage verlängert. Wenn es dem Kabinett Ito nicht gelingt, den Widerstand des Herrenhauses zu beseitigen, so bliebe nur die Wabl zwischen der Entlassung des Ministeriums und der zeitweiligen Aufhebung der Verfassung, da eine dritte Verlängerung des Landtages nach der Verfassung nicht zulässig ist. Aus dem Reichstage. Der Reickswg erledigte am Montag die zweite Beratung sämtlicher Kolonialetats. Im Extra- Ordinarium wurde gemäß dem Kommissionsbeschluß die Forderung von anderthalb Millionen als erste Rate zum Weiterbau der Bahn Tanga-Korogwe bis Mombo gestrichen. Die im Etat angeietzten zwei Millionen zum Bau der ostasrikanischen Zentralbahn wmoen gemäß dem Kommisüonsbe'chluß gestrichen und die Debatte über die Resolution bis zum Ein gang der angekündigten Vorlage betr. Erbauung der Bahn durch Privatkapital vertagt. Am 12. d. eröffnet Präs. Gras Balle Krem die Sitzung mit folgenden Wdrten: Meine Herren! Se. König!. Hoheit Prinz Luitpold, der Verweser des Königreichs Bayern, Kiekt heute in ungeschwächter geistiger und körperlicher Kratt ein seltenes Fest; den Tag, an welchem er sein achtzigstes Lebensjahr vollendet. Der erlauchte Fürst, das Staatsoberhauvt des zweitgrößten Keu schen Bundesstaates, steh' als solches auch in näheren Beziehungen zudem deutschen Reichstage. Wenn daher der Ehrentag des erlauchten Wittelsbachers in allen Kreisen seines getreuen Bayerlandes als hoher Ehren- und Freudentag ge feiert wird, so hat auch der Deutsche Reichstag alle Veranlassung, an dieser Feier lebhaften Anteil zu nehmen und für das fernere Wohlergehen Sr. Königl. Hoheit angelegent ickste Wünsche auszusprechen. In der Voraussetzung, mich mit den Gefühlen des Reichs tages in Uebcreinstimmung zu befinden, habeichheule eine telegraphische Kundgebung an Se. Königl. Hoheit erlassen, welche die ehrfurchtsvollsten Glück- und Segenswünsche des Deutschen Reickstags zum Aus druck bringt. Als Zeichen Ihrer Uebereinstimmung und Huldigung für den erlauchten Bundesfürsten haben Sie sich von den Plätzen erhoben. Ich kon statiere dies. Diese Kundgebung wurde von den Mtgliedern des Hawes stehend angehört. Auch die soziatdemo- krati chen Abg. Stolle und v. Vollmar, die von ihrer Partei allein anwesend waren, hatten sich von den Plätzen erhoben. Auf der Tagesordnung steht der Etat desReichs - Eisenbahnamts. Die Budgetkommission beantragt hierzu eine Resolution, in der der Reichskanzler ersucht wird, dem Reichstag regelmäßig Mitteilung von den Verhandlungen und Ergebnissen aller auf Veran lassung des Kanzlers abgehaltenen Konferenzen über Fragen der Sicherheit und Bequemlichkeit des Eisen- ! bahnverkehrs zugehen zu lassen. Ferner liegt c:n Antrag (Resolution) Müller- Sagan vor betr. baldmöglichste Verbilligung und ' Dessen Abreise möglichst rasch ins Werk zu setz'n, war er fest entschlossen, während er sich bisher mit dem Gedanken an die Trennung durchaus nicht hatte befreunden können. Liddy mußte fort, unverzüglich fort, und zwar ohne vorher zu erfahren, welch' furchtbar drohende Wolke über seinem und vielleicht auch ihrem eigenen Haupte schwebte. So lange wie mög lich sollte ihr die Qual erspart bleiben, welche ihm das Bewußtsein bereitete, daß ein gräßlicher Verdacht auf ihm laste. An sie dachte er stets an erster Stelle, dann erst an sich selbst. Wie war alles seit gestern so ganz anders geworden! Selbst die Gegend, durch die er fuhr, erschien ihm in einem anderen, weit trüberen Lichte. Sein ehrlicher Name, seine Stellung im Geschäft und in der Gesellschaft standen auf dem Sp'el. Bald vielleicht war er für jedermann ein Gegenstand des Abscheus und der Verwünschung! Was würde seine Tante sagen, wenn eines Tages, vielleicht heute oder morgen schon, ein Polizeikommissar erschien und den Neffen als Mörder verhaftete? Grüß ich! Unter so'chen beständigen Refleknonen ge langte Eugen bis an die Eisenbahnstation, an der er sein Fuhrwerk verlassen mußte. Als er sein Billet löste, schrak er von neuem zusammen, denn nicht nur musterte ihn der den Schalter dienst versehende Bahu'eamte mit scharfen Blicken, sondern auch ein twciler, der im Büreau anwe'end war, trat nahe heran, um dem außen stehenden Reisenden in das Gesicht sehen zu können. Sah man ihm denn wirklich non fern schon an, daß er wegen eines Kapitalver brechens verfolgt wurde? Vereinfachung der Personen- und Gütertarife auf den Eisenbahnen des Reichsgebiets. Nach kurzem Referat des Abg. Eickhoff ver breitet sich der Präsident des Reichs-Eisenbahnamts Schulz über die Ergebnisse der Eisenbahn-Konferenz aus Anlaß der letzten Eisenbahn-Unfälle. Er geht nament lich auf die Fragen der v - Züge und der Beleuch tung ein. Abg. Müller-Sagan betont den rein platoni schen Charakter aller Wünsche und Entschließungen des Reichs-Eisenbahnamts. Er empfiehlt dringend die Resolution der Budgetkommission, fordert be sonders die Beseitigung der Niveau-Uehergänge und befürwortet schließlich seine Resolmion bezüglich Reform der Personen- und Gütertarife. Abg. Stolle (!oz.) wiederholt die schon neulich von Rednern seiner Partei ausgestellte Behauptung, daß zwischen Preußen und Sachsen geradezu ein Eisenbohnkrieg herrsche, unter dem auch namentlich die sächsische Industrie zu leiden habe. Ferner seien die deutschen Eisenbahnverwaltungen als Arbeitgeber nichts weniger als musterhaft. Die Beamten würden sehr angestrengt, und daher erklärten sich auch die vielen Unfälle. Sächs. Bevollmächtigter Graf Hübenthal stellt entschieden das Vorliegen eines Eisenbahnkrieges zwischen Sachsen und Preußen in Abrede. Abg. Prinz Carolath verbreitet sich nus-ühr- lich über das V-Wagensystem und dessen Gefahren- Präsident Schulz erwidert, schon bei Offen bach hätten sich sieben Personen durch die Fenster retten können. Das werde künftig noch leichter möglich sein, da die Fenster entsprechend umgestaltet werden sollen. Abg. Stadthagen schildert besonders die Ueberbürdung der Bahnbeamten; in ihr sei baupt- fk^lich die Ursache der Uniälle zu suchen. Dabei nehme man den Beamten das Koalitionsrecht, mit dem sie sich allein Helten könnten. Der Tssenbahn- ministcr Thielen sei übe-dies bemüht, den Lohn der einfachen Eisenbahnarbeiter bis auf den Lohn der ILndlicken Tagearbeiter herabzudrücken im Interesse der Agrarier. Bei den preußischen Staatsbahnen sei die Ausbeutung de« Verkehrs eine wucherische. Vizepräsident v. Fr ege erteilt dem Redner wegen des Wortes „wucherisch" einen Ordnungsruf. Geh. Rat Mi s an i stellt ziffermätzig eine Usber- bürdung der Bahnbeamten in Ab-ede. Abg. Gamp (freikons.) wendet sich gegen die Uebertreibung-n Stadthagens, begrüßt die beruhi genden Darlegungen Graf Hohenthals mit Genug- thuung und empfiehlt die Resolution der Kom mission. Abg. Zubeil (soz.) tadelt den Verzicht auf jegliche Reform in Preußen und bleibt dabei, daß die Beamten überlastet seien. Er übt besonders Kritik an der „elenden" vierten Wagenklasse, deren Einrichtung, Uebersüllung, relativ teuren Fahrpreis. Nunmehr wird die Debatte geschlossen, die Reso- lusson der Kommission an g en o m m en, die Ab stimmung über die Resolution Müller dagegen bis zur dritten Lesung vertagt und der Etat des Eisen bahnamts genehmigt. Nächste Sitzung: Donnerstag. Preutzifchrr Landtag. Das Abgeordnetenhaus setzte am Montag die Beratung des Kultusetats bei der Position „Schul aussicht" kort. Es handelte sich um die acht neuen Kreisschulinivek'orats-Stellen. In der Debatte er klärte Kul'usminister Studt, er sei grundsätzlich da mit einverstanden, daß die Verbindung des geistlichen Amts mit dem Kreisschulinspektorat aufrecht zu er halten sei. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der Mehrheit des Hauses und dem Standpunkt der Unterrichts Verwaltung sei also nicht vorhanden. Er sei vollkommen bereit, den christlichen Geist der Volks schule zu erhalten. Schließlich wurden fünf Stellen genehmigt. Am Dienstag wurde im Abgeordnetenbause der Kultusetat bei dem Kavitel „Schulwesen" weiter- beraten. Hierbei kamen lediglich provinzielle Wünsche zur Sprache, so die Förderung von Lokalfonds in Posen und die Errichtung von konfessionellen Schulen in einigen Orten. — Dann folgte Vas Kavitel „Kunst und Wissenschaft". Wie der Kultusminister auf Anfrage aus dem Hause mitteilte, befindet sich ein Gesetzentwurf betr. den Denkmalschutz in Vorbe reitung. Aon Unit und Fern. Die Bremer Frauen und Jungfrauen jeden Standes und Berufes haben anläßlich des Bremer Attentats beschlossen, dem Kaiser eine künstlerisch ausgestattete Adresse nebst einer Blumenspende überreichen zu lassen, mit der Bitte, das als sichtbaren Beweis tiefgesühlter Teilnahme mit dem herzlichsten Wunsche zur baldigen völligen Genesung entgegennehmen zu wollen. Für den Augenblick schien jedoch jede weitert Befürchtung unnötig, denn Eugen gelangte um gehindert bis zur Residenzstadt. Weder Liddy noch auch der Tante teilte er das mit, was er in bezug auf den Hausierer, somit in bezug auf seine eigene Person in Ols dorf erfahren hatte, sondern äußerte hinsichtlich des Thäters nur, daß man desselben noch nicht habhaft geworden sei. Um einen Verdacht in irgend einer be stimmten Richtung seinerseits auszusprechen, hatte er keine genügenden Anhaltspunkte. Von einer Reise Liddys und der Kommerzienrätia nach Olsdorf zum Grabe des Majors riet er so entschieden und dringend ab, daß der Ge danke aufgegeben wulde. Liddys Verwandle wurden von deren dem nächst erfolgenden Ankunft in Kenntnis gesetzt. Kaum waren seit Eugens Rückreise drei Tage verstrichen, so saß die junge Amerikanerin schon im Koupee des Bahnzuges. Wir unterlassen es, den Abschied Liddys von der Witwe Sternseld und von Eugen Hell muth zu schildern. Er war herzlich und von V orten des innigsten Dankes begleitet, welche dw Scheidende jenen beiden gegenüber aus sprach. Verdankte sie ihnen doch so vieles, vielleicht ihr zukünftiges Lebensglück. So über voll auch das Herz des jungen Mannes war, er hielt an sich und ließ die Geliebte von dannen ziehen, ohne ihr zu gestehen, wie teuer sie ihm geworden sei. Es mußte sein! Die Waise war nun abermals mutterseelen allein. Wie sie so in die weite, fremde Welt hinausfuhr, kam sie sich recht verlassen vor,
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