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Der Elberfelder Militärbefreiungs- Prozetz wird, dem Vernehmen nach, erst gegen Ende Märr d. zur Verhandlung gelangen. Da sich etwa 35 Angeklagte zu verantworten haben werden und mehrere Sachverständige, sowie zahlreiche Zeugen geladen sind, wird die Ver handlung mindestens drei Wochen in Anspruch nehmen. Die die Unterlage zu diesem Sensationsprozesse bildenden Aktenstücke haben sich zu wahren Bergen angehäuft, so daß zur Transportierung dieses Materials nach der Privatwohnung des Vorsitzenden der Straf kammer ein Fuhrwerk gemietet werden mußte. Bei der absoluten Geheimhaltung des Ver fahrens dringen über den Verlauf desselben saft gar keine Nachrichten in die Oeffentlichkeit. Ein Musik- und Tanzrekord, wie er bisher sicher noch nicht ausgefochten, wurde in dem Darfe Bant aufgestellt. Dort hatten sich 25 Paare zu einem Dauertanzen zusammen- geiunden mit dem Ergebnis, daß nicht weniger als neun Paare ununterbrochen 1V- Stunden Walzer tanzten, während welcher Zeit die Musiker ebenfalls ununterbrochen einen Walzer spielten. Es fanden sich dann einige vernünftige Leute, die diesem seltsamen Sport Einhalt ge boten, sonst hätten die Paare noch lange nicht aufgehört. (Ärosifeuer. Nach einer Meldung des ,Fränk. Kour/ aus Kitzingen brach in der Nacht zum Donnerstag in der dortigen Aktien brauerei vorm. Ehemann Großfeuer aus, das auf den Turm der katholischen Kirche über sprang und ihn bis auf die Umfassungsmauern einäscherte. Die Kuppel stürzte zusammen, die Kirche selbst ist unversehrt. Personen wurden nicht verletzt. Bei der Arbeit verunglückt. In der Augsburger Buntweberei, Vorm. Riedinger, kam eine Fabrikarbeiterin mit der rechten Hand in eine Spinnmaschine, wodurch ihr sämtliche Finger weggerffsen wurden. Als sie mit der anderen Hand zugriff, um sich aus der Maschine zu befreien, wurde auch diese Hand von der Maschine erfaßt nnd ihr weitere drei Finger weggerissen. Verhafteter Deserteur. Der kürzlich in Wien bei einem verdächtigen Juwelenverkauf verhaftete Mr. Morley wurde am Donnerstag von der Wiener Polizei entlarvt. Er heißt Heinrich Wolf, ist Reichsdeutscher und preußischer Deserteur. Zwei Mitschuldige wurden gleich falls verhaftet. Die Statue der „Pariserin", welche das Hauptthor der Weltausstellung schmückte, ist auf Abbruch verkauft und dabei für 6000 Frank einem ungarischen Magnaten zugeschlagen worden, welcher die Statue im Park seines Schlosses bei Budapest aufstellen will. In der Menagerie des Löwenbändigers Pezon, der in der Pariser Vorstadt La Billette Vorstellungen gibt, spielte sich am Sonntag abend ein nervenerschütternder Austritt ab. Der Bändiger Henry Claude ließ eine fünf jährige Löwin „Faune", die schon mehrere Bändiger verwundet hat, Hebungen machen. Als er sich aui die Knice niederließ und die Löwin ohne jede Waffe nur durch seinen Blick zum Gehorsam zwingen wollte, sprang die auf geregte Bestie auf ihn los und nnd zerfleischte ihm mit ihren furchtbaren Tatzen Schädel und Stirn, sinter den 300 Zuschauern entstand eine wilde Panik und alle drängten sich den Ausgängen zu, während Claude mit blutüber strömtem Gesicht auf dem Boden unter der grimmig fletschenden Löwin lag. Glücklicher weise gelang cs dem Bändiger Carröre, das Tier iortzuscheuchen, so daß Claude den Käfig verlassen konnte. Er ließ sich verbinden und wollte die Uebungen sofort fortsetzen, aber das Publikum widersetzte sich heftig dagegen, so daß er darauf verzichten mußte. Ei» Schiffsunglnck an der englischen Küste. Bei einer Kollision an der Küste der englischen Grafschaft Norfolk wurde am Mittwoch ein Dampfer, dessen Namen man noch nicht kennt, zum Sinken gebracht; der andere, der „Chamois", wurde stark beschädigt und wird ebenfalls noch vermißt. Leider ist zu befürchten, daß die Katastrophe zahlreichen Menschen das Leben gekostet hat. Das Präsidium des österreichischen Reichsrates. Präsident Moritz Graf Vetter von der Lilie. Vizepräsidenten Prade (Deutsche Volkspartei) und Tr. Zacek (Tscheche). Verhaftete Diebe. Zwei Italiener, namens Jokob Ponzi aus Feramo und der Hausknecht Romano Casagranda aus Bologna, die bei. einem Uhrmacher in Metz Goldwaren zu M kaufen suchten, wurden verhaftet. Sie führten Diamanten und Goldgegenstände sowie bares Geld und Wertpapiere im Werte von etwa 100 000 Mk. bei sich. Sie haben bereits eingestanden, diese Sachen einer alten Dame in Bologna, bei der Casagrando Diener war, während eines Diners gerankt zu haben. Die Nachprüfung, ob diese Angaben auf Wahrheit beruhen, war bisher nicht möglich. 3 LUN NNN Mark Jahresgehalt k Nach einer Meldung von New Jork ist von dem be kannten amerikanischen Stahlkönig Carnegie ein gewisser D. Schwab zum Direktor des Stahl trustes mit einem jährlichen Gehalte von — 160 000 Pfund, also über drei Millionen Mark, ernannt worden. Es ist das das höchste Gehalt, welches bisher in Amerika, gezahlt worden ist. Schwab war zuerst einfacher Arbeiter bei Carnegie und hob sich dann durch eifriges Studium zum Vertrauten seines Chefs empor. Schwab bezog anfangs ein jährliches Gehalt von 1000 Stark. Die Totenschau-Kommission fällte ihr Urteil in Sachen des vor San Francisco ge scheiterten Dampfers „City of Rio de Janeiro". Sie erklärte den Kapitän Ward und den Lotsen Jordan für schuldig grober Fahrlässigkeit und tadelte die betreffende Schiffs-Gesellschaft, weil sie auf der „City of Rio de Janeiro" eine chinesische Mannschaft angestellt hafte. Gerichtshalle. Berlin. Eine späte Sühne wurde dem Rentier H. auferlegt für eine Strasthat, welche er vor länger als 10 Jahren begangen haben sollte. Im Jahre 1890 machten drei Wilderer die Wälder in der Um gegend von Berlin in hohem Grade unsicher. Sie hausten unter dem Wilde in der rücksichtslosesten Weise und kümmerten sich nicht um die Schonzeit, sondern knallten nieder, was ihnen vor die Flinte kam, selbst Mutterwild und Rehkälber. Ihr Haupt abnehmer war der Rentier H., der das Wild auf seinem in Reinickendorf gelegenen Grundstück ab- nahm und es dann an Wildhändler absctzte. Ms die Wilddiebe verhaftet wurden, zog H. es vor, seine Liegenschaften schleunigst zu veräußern und nach England zu flüchten. Nach einem Zeitraum von zehn Jahren nahm er an, daß seine Strasthat ver jährt sei, und kehrte nach Berlin zurück. Zu seinem Schaden hatte er sich geirrt, die Verjährungsfrist war durch Erneuerung des Steckbriefes unterbrochen worden. H. wurde verhaftet und der zweiten Straf kammer des Landgerichts vorgesührt. Die Beweis aufnahme siel zu seinen Ungunsten aus. Der Ver teidiger konnte nur erreichen, daß der Gerichtshof es bei dem für gewerbs- und gewohnheitsmäßiger Hehlerei angedrohten Strafmaß — ein Jahr Zucht haus — beließ. Hanau. Das hiesige Schwurgericht verurteilte den Schuhmacher Hilvert, der im Vorjahr seinen Reisegefährten Neumann aus Braunschweig totschlug und beraubte, zu 15 Jahr Zuchthaus. München. Gegen die „Feldwebel" auf den Maßkrügen gehen die bayrischen Gerichte streng vor, damit der Wirt dem Gast ein „voll gerüttelt, gedrückt und überflüssig Maß" gebe. Am 27. November v. war der Schan'kellner Nechenmacher von dem Münchener Schöffengericht zu 14 Tagen Gefängnis wegen Betruges verurteilt worden, weil er im Juli einem Gast dreimal den Maßkrug mangelhaft ge füllt und weil er die verlangte Nachfüllung mit spöttischen Redensarten begleitet hatte. Angeklagter und Staatsanwalt hatten Berufung eingelegt, über die in den letzten Tagen vor der Strafkammer in München verhandelt wurde. Der Schankkellner machte gellend, daß ein großes Gedränge vor der Schankstätte geherrscht und daß ihm allein die Be dienung der Schenke abgelegen habe; auch werde von den Brauereien das Bier so abgefüllt, daß an jedem Faß 6—8 Liter fehlten, und daß trotzdem der Schankkellner von jedem Fatz etwa 3 Mk. Ueber- schutz abliefern müsse, wenn er seine Stelle nicht verlieren wolle; das Bier, das an die Gäste zu 26 Pfg. abgegeben werde, werde dem Schankkellner mit 28 Pfg. berechnet. Dieser müsse daher durch Einichenken den Maß- und Preisunterschied aus- zugleichm suchen. Neber diese Einwände sollte der Pächter des Augustinerkellers als Zeuge vernommen werden, er verweigerte aber seine Aussage. Der Staatsanwalt rügte die 'ystematifche Ausbeutung der Gäste durch schlechtes Einschenken und begründete den Thatbestand des Betruges. Das Gericht setzte zu den zwei Wochen Gefängnis noch eine Geldstrafe von 500 Mk. oder 50 Tage Gefängnis zu. Es hob hervor, daß betrügerische Wirte mit der Undurch sichtigkeit des Kruges rechneten, die eine sofortige Prüfung erschwere. Trotz absichtlich verabreichten Mindermaßes werde der volle Betrag verlangt, der Abnehmer also absichtlich geschädigt. Solch hoch gradiger Gewinnsucht und niedriger Gesinnung müsse mit strenger Strafe begegnet werden. Aus Peking. Uebcr die Hinrichtungen in Peking, über die bereits berichtet wurde, läßt sich der ,Berl. Lok.-Anz? noch folgende Einzelheiten aus der chinesischen Hauptstadt melden: Aus derselben Stelle, wo im Juli vergangenen Jahres die Minister Tschisin und Hsutschengyn der Hin richtung der sremdenfeindlichen Würdenträger beiwohnten, fiel Dienstag nachmittag 3 Uhr ihr eigenes Haupt unter dem Richtschwert des Henkers. Zahlreiche Offiziere aller Truppen kontingente, hohe chinefische Würdenträger sowie eine ungeheure Menschenmenge, die den Richt platz umdrängte, wohnte der Hinrichtung bei. Als Vertreter des Grafen Waldersee fungierte Major Lauenstein, während die chinesische Regierung den jetzigen Justizminister als Dele gierten entsandt hatte. Japanische Truppen eskortierten die beiden Delinquenten nach dem Richtplatz, wo ihnen das Todesurteil noch ein mal vorgelesen wurde. Etwa 20 Schritte ent fernt lagen zwei kleine Matten, davor stand der Scharfrichter. Tschisin wurde zuerst vorgeführt und zwar von fünf Henkersknechten. Der in seinem Amtskleid stattlich aussehende, granbärtige alte Mann von hochgewachsener Fignr war be reits ganz gebrochen. Er kniete sofort nieder, sein Hals wurde freigelegt, und eine Sekunde später rollte sein Haupt in den Sand. Hierauf begab sich der Scharfrichter zur zweiten Matte, wohin Hsutschengyn gebracht worden war. Auch dieser hatte ein sehr vornehmes Aussehen, schien aber auch schon halbtot zu sein, als er kam. Seine Augen waren geschlossen und er machte den Eindruck, als ob er Opium genommen hätte, das ihm wahrscheinlich zugesteckt worden war. Unmittelbar nach vollzogener Hinrichtung zog das Militär ab, während die Menge auf den Platz losstürrnte. Die Henkersknechte nähten die Köpfe wieder an die Leiber an, die hierauf in bereitgestellte, prachtvolle Särge gelegt und von den Verwandten der Hingerichteten weg getragen wurden. Die Exekution hatte ersichtlich einen tiefen Eindruck sowohl auf die Manda rinen wie auf die versammelte Menge gemacht. Kuntes Allerlei. Für Brautleute zur Nachahmung. Eine höchst originelle Anzeige seiner bevor stehenden Vermählung sandte kürzlich ein ober- schlefischer Kaufmann seinen Geschäftsfreunden zu. Er entschuldigte sich zunächst, daß er seine Lieferanten nicht einladen könne, da „aus Rück sichten auf den Herrn Schwiegervater die Hoch zeit nur im kleinen Familienkreise veranstaltet werde" und fuhr dann wörtlich fort: „Sollten Sie mir ein Geschenk zukommen lassen, so bitte ich Sie, dies in Kasse zu thun, und mir mitzu- teijen, wieviel ich von der Faktura kürzen kann." — Entschieden eine zarte Art, die Leute an ihre Verpflichtungen zu erinnern. * . Bedient. Gigerl: „Na, Bauer, ist es nicht ein bißchen langweilig hier auf dem Lande?" — „I — bewahre, hierher kommen so viele komische Stadtherren, daß man ans dem Lachen gar nicht 'rauskommt." Doppelsinnig. A.: „Ihr Gesangverein hat sich ja wieder einen Preis geholt!" — B. (wütend): „Natürlich, so geht's immer; jedesmal, wenn ich nicht dabei bin, da werden wir prämiiert!" jener Verwandten eingetroffen und die Unter kunft der Waise bis auf weiteres gesichert. Schon hatte Eugen mit schwerem Herzen den festgesetzten Tag der Abreise erfahren, als noch ein unerwartetes Ereignis dazwischen trat. Im Kaffechause kam ihm eine Zeitung zur Hand, welcher er mit Bestürzung die Kunde des im „Grauen Bären" zu Olsdorf an dem dort übernachteten Major v. Braunfels verübten Mordes entnahm. Ueber die eigentümlichen näheren Umstünde Aufschluß zu geben, verbiete der Stand der Untersuchung. Dies war der ganze Inhalt der betreffenden Notiz. Der Eindruck, welchen die schonend beige brachte Schreckensbotschaft auf Liddy ausübte, war selbstverständlich ein erschütternder. Konnte ihr der Onkel auch nie besondere Zuneigung einflößen, so war er doch ein naher Verwandter, dessen Häuslichkeit sie ein Jahr lang geteilt hatte, und sie machte sich nun wieder Vorwürfe, daß sie den unglücklichen Alaun gerade in den letzten Stunden seines Lebens verlassen habe. Wenigstens wollte sie es sich nicht nehmen lassen, jetzt seine Ruhestätte aufzusuchen und nähere Erkundigungen einzuziehen; doch stieß dies Vorhaben ans Schwierigkeiten. Wie konnte sie nach Olsdorf zurückkehren, wo sie unter so befremdenden Um- stämden verschwunden war, und in wessen Be gleitung sollte sie es thun? Welche Aufgabe überhaupt für ein junges Mädchen, unter der artigen Umständen an Oct und Stelle Recherchen zu pflegen! Nochmals allein mit Eugen Hell- wtnh zu reisen, würde sie Anstand genommen Mben und von dem eventuellen Anerbieten der "ommerzienrätin, den Schauplatz der That mit ihr zu besuchen, konnte sie nicht Gebrauch machen, ohne der gütigen Dame ein allzu großes Opfer znznmuten. Die Kommerzienrätin selbst gab in diesem Dilemma den Ausschlag. Ihre Entscheidung lautete dahin, daß ihr Neffe die geeignetste Persönlichkeit sei, um fürs erste in Olsdorf Nachforschungen anzustellen. Seine Maske hatte ihn ja dort während der früheren Anwesenheit völlig unkenntlich gemacht. Nun sollte er in seiner wahren Gestalt am Thatorte erscheinen. Urlaub war in seiner gegenwärtigen Stellung leicht zu erlangen, und ohne Bedenken erklärte er sich sofort bereit, schon am nächsten Tage ab zureisen. — Um von der Residenz bis nach Olsdorf zu gelangen, mußte Eugen nicht nur eine weite Strecke auf dem Schienenstrange zurücklegen, sondern auch für mehrere Stunden ein Pferde fuhrwerk in Anspruch nehmen, weshalb er erst' am zweiten Nachmittag seiner Fahrt dort ankam. Er hatte sich mit einem eleganten, ist Schnitt und Farbe von dem damaligen Hausiergewande möglichst abstechenden Reiseanzuge bekleidet, denn, obwohl er noch nicht ahnte, wie gefähr lich es für ihn sei, dort mit dem Hausierer als identisch betrachtet zu werden, wäre ihm dies immerhin unangenehm gewesen. Die Wirtsleute im „Grauen Bären" schienen aber an diese Möglichkeit nicht im entferntesten zu denken, was bei seinem total veränderten Aussehen gewiß nicht auffallend war. Außer Eugen gab es dort zur Zeit keinen Logiergast, so daß ihm die Wahl zwischen den vier vorhandenen Fremdenzimmern freistand. Er benutzte diese ihm vom Wirte anheimgestellte Wahl sofort als willkommenen Anknüpfungs punkt für seine beabsichtigten Erkundigungen. „Wenn ich nicht irre, so brachten die Zeitun gen vor kurzem eine Notiz, nach welcher im Olsdorfer Gasthause ein Verbrechen verübt wor den wäre. Sollte diese That vielleicht in Ihrem Hause geschehen sein?" Diese Frage richtete unser Reisender an den behäbigen Gastgeber, als er von ihm die Treppe zum ersten Stock hinaufgeführt wurde. Ohne sie direkt zu beantworten, erwiderte dieser in ärgerlichem Ton: „Die Herren Zeitungsschreiber könnten auch etwas Besseres thun, als Nachrichten in der Welt verbreiten, mit denen man ehrbaren Leuten das Geschäft verdirbt und ihnen das bißchen Verdienst noch schmälert, das die Ein kehr von ein paar Gästen abwirft. Die Zeiten wären ohnehin schlecht genug, denn alles reist heutzutage auf den Eisenbahnen, und was man in einem Ort, wie der unserige, sonst in einem Tage verdienen konnte, das bringt jetzt die ganze Woche nicht mehr ein." „Damit mögen Sie ganz recht haben, mein lieber Bärenwirt," entgegnete Eugen, dem es darauf ankam, wieder auf das Thema einzu lenken. „Aber Sie dürfen nicht denken, daß ich zn denjenigen gehöre, die sich vom Besuch eines seit langen Jahren im besten Rui stehenden Gasthofs dadurch abschrecken lasse, daß in dem selben vielleicht 'einmal einem Reisenden ein Unglück zugestoßen ist. Nur werden Sie es begreiflich finden, wenn man bei freistehender Wahl sich für ein anderes Zimmer entscheidet, als dasjenige, in welchem kaum vierzehn Tage vorher ein Mord verübt worden ist. Ich glaube mich jetzt zu erinnern, daß von einem solchen die Rede war." „Nun ja, es ist eine schlimme Geschichte in dem Zimmer Nr. 3 da passiert, wenn Sie es doch einmal wissen wollen. Aber wenn auch einmal ein verruchter schurkischer Hallunke, dem ich wünsche, daß er schon morgen einen Kopf kürzer gemacht wird, hier sein Nachtquartier auf geschlagen hat, so kann der „Graue Bär" sicher lich am wenigsten dafür. Ich will Ihnen, wenn Sie es wünschen, Nr. 2 hier aussperrcn, die steht mit Nr. 3 und 4 in keinem Zusammenhang und ist zuletzt von einem schönen Fräulein be wohnt worden." „Gut! Dann will ich dieses Zimmer be ziehen und heute Nacht nicht an die grausige Begebenheit, sondern an das besagte schöne Fräulein denken, das in diesem Raum geschlafen hat," entschied Eugen. „Geschlafen hat sie eigentlich nicht hier," warf der Wirt ein. „Aber das ist eine lange Geschichte, von der ich am liebsten garnicht spreche, wenn ich auch mein ganzes Leben laug an diese Nacht oder vielmehr den darauf folgenden Morgen denken muß, denn der Schrecken ist mir förmlich in den Gliedern stecken geblieben, den ich da erlebt habe." „Nun, wenn Sie selbst nicht gerne davon reden, so erzähl« mir vielleicht die Frau Wirtin noch ein mebreres, denn ich muß gestehen, daß meine Neugierde nun wirklich rege ge worden ist." «s (Forlfetzmm fotzt.)