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Allgemeiner Anzeiger : 02.03.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190103023
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19010302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1901
-
Monat
1901-03
- Tag 1901-03-02
-
Monat
1901-03
-
Jahr
1901
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 02.03.1901
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Politische Pundschon. Die chinesischen Wirren. * Inmitten der Friedensverhandlungen wer den vom Grafen Waldersee neue blutige Gefechte gemeldet. Ein chine sischer Angriff auf Erkundigungs-Ab teilungen veranlaßte am 20. d. bei Kuang- tchang (100 Kilometer nordwestlich Paoiingfu) ein Gefecht zwischen Kolonne Hofmeister und über 3000 Mann regulärer Truppen. Auf deutscher Seite blieben 1 Mann tot, 2 wurden schwer, 5 leicht verwundet. Die Chinesen verloren über 300 Manu und flohen nach Schanfi. Fünf Fahnen wurden g e - n o m m e u. *Der Vollzug der Todesstrafe an den Hauptschuldigen sollte nach dem Erlaß des Kaisers von China am 24. Februar, also am letzten Sonntag erfolgen. Tschihsin und Hsutschengyu sollten am Dienstag in Peking öffentlich enthauptet werden. * Die Ankündigung einer neuen großen Expedition durch den Grafen Waldersee scheint auf Rußland aufmunternd gewirkt zu haben. Nach der Morning Posfl senden „im Hin- hlick auf die Möglichkeit, daß weitere Operationen nötig werden", die Russen 3000 Mann nach Peking und 5000 nach Schanhaikwan. Deutschland. *König Eduard von England ist am Montag vormittag bei seiner schwerkranken Schwester, der Kaiserin Friedrich, ein- getroffcu. Kurz vor V-10 Uhr langte König Eduard mit dem Kaiser Wilhelm in Cronberq an, wo sie am Bahnhof von der Kronprinzessin von Griechenland und dem Prinzen und der Prinzessin Karl von Hessen in Schlitten empfangen wurden. Der Kaiser geleitete den König nur bis zum Portal des Schlosses Friedrichshof und kehrte nach Hom burg zurück. — König Eduard wird, wie offiziös erklärt wird, nicht nach Berlin kommen, sondern seinen Besuch unter Inne haltung des streng familiären Charakters auf Homburg bezw. Cronberg beschränken. * Kaiser Wilhelm ist nach herzlicher Verabschiedung auf Schloß Cronberg von seiner Mutter, der Kaiserin Friedrich, und seinem Onkel, dem König Eduard, am Mittwoch früh wieder in Berlin cingktroffen. Die Abreise des Monarchen nach der Reichs hauptstadt ist ein gutes Zeichen für den gegen wärtigen Zustand seiner Mutter. Das Be finden der Kaiserin Friedrich ist zur Zeit ver- hältnißmäßig gut, so daß sich Kaiser Wilhelm entschließen konnte, Homburg zu verlassen. * Der General-Adjutant des Kaisers, General v. Werder, ist am Montag in Petersburg eingetroffen. Als Gast des russischen Kaisers steigt General v. Werder im Winterpalais ab; sein Aufenthalt wird drei bis vier Wochen dauern. Daß General v. Werder eine politische Mission zu er füllen habe, ist bekanntlich offiziös bestritten worden, wird aber doch in weiteren Kreisen für sehr wahrscheinlich gehalten. *Die deutsche Einfuhr betrug im Januar 8 047 305 Tonnen, d. h. 233 982 Tonnen weniger als im Januar 1900, die Ausfuhr 2414518 oder 66163 Tonnen weniger. *Wie in „gut unterrichteten" Kreisen ver lautet, würde die Regierung nur dann einem Beschlusse des Reichstages betr. die Zah lung von Anwesenheitsgeldern bei treten, wenn gleichzeitig eine wesentliche Herabsetzung der Präsenzziffer statt- fände. Denn nur aus diesem Wege glaubt man der dauernden Beschlußunfähigkeit des Hauses ein Ziel setzen zn können. *Die in der Budgetkommisfion des Reichs tages genehmigten Maschinengewehr abteilungen (zunächst fünf) erhalten einen Etat von je 3 Offizieren, 45 Köpfen, 39 Pferden, 4 Maschinengewehren, 2 Patronenwagen, 1 Pack wagen. Von den 39 Pferden dienen 28 zur Bespannung der sieben Fahrzeuge, 3 zur Beritt- machung von Offizieren, 1 für den Wacht meister, 5 für Führer der Maschinengewehre bezw. Wagen, 2 für Trompeter und Beschlag schmied. Von den Mannschaften find 8 Unter offiziere, 1 Büchsenmacher, 14 Fahrer. Man hatte zunächst versucht, die Maschinengewehre mit zwei Pferden zu bespannen, die Bespannung erwies sich jedoch namentlich bei beladenen Patronenwagen als zu gering. *Jn der letzten Sitzung des Staats ministeriums ist, wie verlautet, der Gesetzent wurf wegen höherer Versorgung der Kriegsinvaliden sowie der Hinter bliebenen des Reichsheeres, der Marine und der Schutztruppen genehmigt worden. Die Vorlage geht sofort dem Bundesrat zu. Auch der Entwurf des S a c ch ari n g e s e tz c s soll genehmigt worden sein. * Die O b st b aum z ä h lu u g am 1. De zember 1900 hat in Preußen 90222375 Obstbäume ergeben. Hiernach steht der Obstbau in den östlichen und nördlichen Pro vinzen noch aui einer sehr niedrigen Stufe, während er in Sachsen, Rheinland, Schlesien, Brandenburg und Hannover am meisten ver treten ist. Frankreich. * Die Deputierten kämm er und der Senat haben am Montag das Budget für 1901 bewilligt. * In der Depntiertenkammer hat der radikale Abg. Pourpuery de Boiffcrin einen Antrag ein gebracht, wonach der Dienst im aktiven Heer zwei, in der Reserve acht und in der Landwehr sechs Jahre dauern soll. In Fr Lebenszeiten sollen die Soldaten nach einjährigem Dienst beurlaubt werden; diejenigen, die mit 27 Jahren noch nicht verheiratet sind, sollen zur Ableistung des zweiten Dienstjahres einberufen werden. Freiwillig weilerdienende Soldaten" sollen nach sieben Jähren ein Recht auf Zivil anstellung haben und nach zehn Jahren eine Pension von 200 bis 350 Frank erhalten. * Die S u b s k r i p t i o u e n für ein D e n k - mal der Els aß - L o th ri n g er, die im Kriege 1870/71 gefallen sind, haben bereits 20 000 Frank überschritten. Unter den Zeichnern findet man an erster Stelle den Präsidenten der Republik. England. *Dem Unterhaus ist am Montag die Forderung eines Nachtragskredits von rund 20 Mill. Mark zugegangen zur Bestrei tung von Staatsausgaben bis zum 31. Dezem ber. 400 000 Mk. sind bestimmt zur Reise des Kronprinzen in den Kolonien. Dänemark. * Der Finanzausschuß des dänischen Reichs tags hat sich endgültig gegen den Verkauf der westindischenInseln ausgesprochen, und der Plan ist nun als völlig auf- gegeben zu betrachten, jedoch nicht deshalb, weil man das Anerbieten Amerikas für unan nehmbar hielt, sondern weil man überhaupt nicht wünscht, die Inseln zu verkaufen, da man die wenigen Kolonien, die Dänemark noch be sitzt, bewahren will. Ein großes Konsortium soll hier gebildet werden, um eine Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Inseln herbeizuführen. ' Balkanstaaten. * Mit der SeIbstLndigkeit Kretas hat es noch gute Wege. Die Vorschläge des Prinzen Georg bezüglich der Ersetzung der internationalen Besatzungstrup pen auf Kreta durch griechische sanden bei den Schutzmächten keinen Anklang und bilden keinen Gegenstand eines Meinungsaustausches zwischen den betreffenden Kabinetten. Afrika. * Die Kriegslage in Südafrika treibt sichtlich großen und, wie es scheinen will, letzten Entscheidungen entgegen. Zwar bestätigt sich die Nachrscht nicht, daß de Wet bereits über den Oranjefluß geflohen ist; aber um so schlimmer ist seine Lage zwischen den ihm! auf dem Fuße folgenden englischen Kolonnen und einem ausgedehnten britischen Kordon, der! in weiter Erstreckung von Oranje-River-Station ! bis Norvalspoint die Flußübergänge besetzt hält. De Wet befand sich nach den letzten Nachrichten dicht bei Petrusville; es wäre ein Wunder wenn er nochmals dem Schraubstock entrönne, der seine Bewegungen einschließt; gelänge es ihm auch, die ihm gegenüberstehende englische Macht zu durchbrecheu, so wertet seiner dahinter der hochgehcnde Strom, den er im Angesicht der Verfolger kaum zu passieren im stände sein wird. So scheint seine Lage fast hoffnungslos aber freilich, seiner Beweglichkeit sind schon oft halbe Wunder geglückt. * Vom östlichen Kriegsschauvlatz liegt nur die kurze Nachricht vor: Botha ist mit 2000 Mann dem ihn verfolgenden General French in der Richtung auf Komatipoort entkommen. Ob er hier, an der Grenze, genötigt sein wird, sich den Verfolgern zu stellen, ob er auf portu giesisches Gebiet übertreten oder die angeknn- digtcu Uebcr gäbe-Verhandlungen einleiten wird, ist aus dieser Meldung nicht zu entnehmen. Ans dem Reichstage. Der Reichstag überwies am Montag dis Novelle zur Strandungsordnung an dieselbe Kommission, welche den Entwurf der neuen Seemannsordnung berät, und erledigte eine Anzahl von Wahl prüfungen nach den Beschlüssen der Kommission. Am 26. d. tritt das Haus in die zweite Be ratung des Militär-Etats ein. Nach einem längeren Referat beS Abg, Grasen Noon nimmt zunächst das Wort Abg. Gröber (Zentr.), um auf den Duellfall in Köln zurückmkommen. Aus der dort zu Tage getretenen Auffassung sei auch der Vorfall in Mörchingen mittelbar hervorgegangen: die Er schießung des Hauvtmanns AdamS durch den Ober leutnant Rüger. Wenn der Kriegsminister neulich gemeint habe: die Erwähnung von Standcsg erschien in der Verfassung sei gleichbedeutend mit einer Zu lassung des Duells, so sei das ganz unzutreffend. Die Ehrengerichte haben ja gerade den Zweck, die Duelle zu verhindern! Gegen die Auslegung des Kriegsministers apvelliere er an den obersten Kriegs herrn! Gleiches Recht für Alle! Nicht nur für andere ist und soll das Duell verboten sein, sondern auch für das Heer. Kriegsministcr v. Goßler: Der Vorredner wünschte zunächst zu wissen, was auS der Sache in Köln geworden sei? Die beteiligten Schuldigen sind bestraft worden, und eS ist ihnen der Erlaß des Kaisers vom 16. Juni 1895 in Erinnerung gebracht worden, und verschärfte Weisungen zur Beachtung des selben sind ergangen. Der Erlaß (der Minister verliest ibn) verbietet die Befragung eines Aspiranten nachseiner Stellung zum Duell. In der Verordnung über das Ehrenratswesen heißt eS zwar, daß der Ehrenrat seine Entscheidung abzugeben hat; aber auch „das Weitere ist den Beteiligten zu überlassen." Und wenn ein Duell stattfinoet, so ist derselben Ver ordnung zufolge „der Gang desselben zu über wachen." Sie sehen also, daß das Duell im Bereich der Verordnung durchaus in Erwägung genommen ist. Die Herren, welche den Fall in Mörchingen besprachen haben oder noch besprechen, werden sich jedenfalls darüber klar sein, mit welchen Schwierig keiten sie dabei zu thun haben. Der Fall schwebe noch, er selbst gehe deshalb auf ihn nicht ein. Er persönlich sei — falls Vorredner dies wissen wolle — der Ansicht des Gutachtens des Generals von der Groeben, aus der Zeit von 1837—1843, daß das Duell in zwei Fällen erlaubt sein müsse: erstens, wenn gegen jemand die Anschuldigung der Feigheit erhoben werde, zweitens, bei einer thät- lichen oder einer Beleidigung, welche moralische Flecken hinterlasse. Abg. Bebel (soz.): Die Kabinettsordre von 1897 stehe in striktem Gegensatz zum Gesetz, welches das Duell unbedingt verbiete. Neben einer ange messenen Strafe müsse vor allen Dingen gefordert werden, daß auch die Strafe verbüßt werde. Glaube man denn, daß die vielen Begnadigungen zur Ab schreckung beitragen? Ueber den Mörchinger Fall müsse das Hans Aufklärung verlangen. In der Budgetkommission habe der Knegsminister selber gesagt, daß es sich dabei um einen Skandal handle, wie er in der Armee noch nicht vorgekommen sei. Der Reichstag müsse Stellung hierzu nehmen, damit es nicht scheine, er billige die Stellung des Kriegsministers. Redner wendet sich dann der Frage der Armee- Organisation zu und weist auf einen Artikel des Generalmajors a. D. von Puttkamer hin, in dem ganz revolutionäre Anschauungen zu Tage träten. Offenbar unter dem Einfluß des Boerenkrieges. Herr v. Puttkamer habe den Mut, u. a. zu fragen: „Ist das leblose Stück Fahne all das lebendige Blut wert, das um sie geflossen ist?" Ganz wie er Entlarvt. 4) Kriminalroman von Karl v. Leistner. (Fortsetzung.) „Sprechen Sie, liebes Fräulein, so lange Sie wollen. Es freut mich, wenn Sie mir Ver trauen schenken, und ich werde dasselbe vor allem durch ausmerlsamesZuhören zu rechtfertigen versuchen." Nachdem jene auf einen einladenden Wink der Kommerzienrätin dicht neben derselben Platz genommen hatte, begann sie ihre Er zählung. „Mein Name ist, wie Sie bereits wissen, Liddy Woodkinson. Ich bin eine geborene Ameri kanerin, und zwar aus dem südlichen Teil der Unionsstaaten, aus Louisiana. Nicht weit von der großen Hauptstadt New Orleans besaß mein Vater eine Farm am Mississippi. Seine frühere Wohlhabenheit wurde durch schwere Ver luste, Unglücksfülle und Krankheiten untergraben, und ich stand erst im neunzehnten Lebensjahre, als beide Eltern an einem leider bei uns so häufig vorkommenden tückischen Fieber dahin starben. Wenige Monate später mußte ich mich als eine fast mittellose Waise entschließen, einem von meiner lieben Mutter auf dem Sterbebette geäußerten Wunsche zu folgen und jenseits des Ozeans bei unserer einzigen nahen Anverwand ten Unterkunft zu suchen. Mamas Schwester war nämlich in Deutschland an einen pen- fionierten Major von Braunfels verheiratet und halte mich in früherer Zeit wiederholt schon zu einem Besuch emgeladen. Mein um zwei Jahre jüngerer Bruder sand bei einem Freund des Vaters in dessen Handlungshause dauernde Auf nahme, ich aber blickte nach unsäglich schwerem Abschied von ihm und den Ruhestätten der Ellern bald vom Verdeck eines Passagier- damp'ers aus mit thränenüberströmtem Antlitz auf die entschwindenden Gestade meines Heimat landes zmück. Erlassen Sie mw eine weitere Schilderung meiner Gefühle, gnädige Frau, denn wenn ich mir meinen damaligen Schmerz noch länger vergegenwärtigen wollte, würde ich kaum mehr fähig sein, meinen Bericht fortzu setzen." „Armes Kind!" warf die Kommerzienrätin bewegt ein. „Ich kann mich lebhaft in die bedauernswerte Lage hineindenken. Fahren Sie daher nur in der Erzählung des Thatsächlichen fort." „Der Aufenthalt auf dem Schiffe unter den vielen landfremden, gleichgültigen, großenteils ungebildeten und rohen Menschen ward mir zur beständigen Qual, so daß ich es in meinem Gemütszustände kaum beklagt haben würde, wenn unser Fahrzeug gescheitert wäre und die Fluten des Ozeans mich ausgenommen hätten. Erst gegen das Ende der Reise erfuhr ich eine mir wohlthuende Teilnahme und zwar seitens eines jungen, von Louisiana nach seiner deut schen Heimat zurückkehrenden Kaufmannes. Es war Ihr Herr Neffe Eugen Hellmuth, der bei Gelegenheit eines mir zugestoßenen kleinen Mal heurs hilfreiche Dienste leistete, als ich mir nämlich eines Tages, auf einer nassen Schiffs diele ausgleitend, den Fuß verstauchte. Wir sprachen uns während des letzten Viertels unserer gemeinsamen Reife wiederholt im Speise- I fiw oder aui dem Verdeck und oas gütige , Jmelessr, welchem we einzige sich um mich be kümmernde Person au nm nahm veranlaßte wch zu ausführliche- Mitteilungen über meine Lage. ' Auch nach der Ankunft in Hamburg widmete mir Ihr Herr Neffe noch freundliche Für sorge, bis unsere Reiserome in Berlin sich trennte. Eine höchst iraunge Enahrung machte ich aber, als es mir endlich gelungen war, das Haus meines Onkels aufzufinden, denn die an einem rasch verlaufenden Brustleiden schwer da nieder liegende Taute starb leider schon vierzehn Tage nach meinem Eintreffen. Etwas länger als ein Jahr blieb ich bei meinem Onkel und führte bis vor wenigen Wochen dort ein recht zurückgezogenes Leben, indem ich mit einem langjährigen Dienstbolen dessen Haushalt besorgte. Abgeschiedenheit von der Welt und Beschäftigung mit den häuslichen Funktionen und meinen Büchern würden mich befriedigt haben, wenn ich nicht zur innerlichen Ueberzeugung gelangt wäre, daß mein Onkel über meine Anwesenheit nicht besonders erfreut war, und zudem die Haushälterin, die ihre Machtvollkommenheit durch mich beschränkt sah, mich mit keineswegs freundlichen Blicken be trachtet hatte. Dennoch wollte es mein Oheim in seinem Stolze nicht zulassen, daß ich mich bei Fremden in eine mehr oder minder dienende Stellung begebe. Eines Tages kündigte mir der Onkel zu meiner großen Ueberraschung an, daß er einen Badeort zu besuchen gedenke, wohin ich ihn begleiten solle. Dieser plötzliche Entschluß Uorr Uich nnd Lern. Die gerichtliche Untersuchung Wege» des Offenbacher Eisenbahn-Unglücks ist noch immer nicht zum Abschluß gelangt. Die Ent» scheidung darüber, ob gegen den allein in Be< tracht kommenden Blockwärter Paulinus Hoh» mann eine Anklage erhoben wird oder nicht, hängt lediglich von dem noch ausstehenden Gut' achten ab, das von einem höheren pfälzische» Eisenbahnbeamten, der auch im Heidelberger Falle als Sachverständiger thätig ist, erstattet wird. Eiu Schwindlerkouchlott ist in Net» Jork entdeckt worden, durch welches Hautpman» Grai Finckenstein vom 3. Gardercgiment und die Erben des General-Feldmarschalls Blumen» thal um große Summen betrogen werden sollten- Graf Finckenstein langte am letzten Dienstag mit dem Lloyddampfer „Lahn" in New Porl an und war im Begriff, mit den Goldminen schwindlern abzuschließen, als die Geheimpolizei dazwischen trat. Ei« großer Uhrendiebstahl ist in der Nacht zum 24. d. bei einer Uhren-Großhand- lung in Elberfeld ausgeführt worden. Die Diebe — anscheinend sind mehrere Personen beteiligt — sind durch ein Kellerfenster einge stiegen, haben mehrere Thüren aufgebrochen und sind schließlich in das Kontor der Firma ge langt. Dort haben sie zunächst aus einem Pult 400 Mk. bares Geld gestohlen. Dann haben st einen Musterkoffer, den ein Inhaber der Firm» mit auf Reisen nehmen wollte, gewaltsam ge öffnet und seines Inhalts, bestehend aus etwa 60 goldenen Herren- und Damenuhren, beraubt- Endlich haben sie aus einem Ncparaturkaste» etwa 100 silberne Herren- und Damenuhren gestohlen. Der Wert der entwendeten Uhren beläuft sich auf 4500 bis 5000 Mark. befremdete mich um so mehr, als er, obwohl Pensionist, immer noch recht rüstig war um kaum einer Kur bedurfte. Den wahren Grund der Reise sollte ich leider bald erfahren. Angesichts dessen, was ich noch zu erzählen habe, kann ich Ihnen, gnädige Frau, nicht veö schweigen, daß leidenschaftlicher Hang zu hohen Spie! ihn in jenen Badeort führte. Dort machten wir die Bekanntschaft eine! italienischen Hauptmannes, des Grafen Antonit Zechini, der mir vom ersten Moment an eint höchst unsympathische Persönlichkeit war, abe^ mich vor allen auszeichnele, ja sogar nach de>> Mitteilungen des Onkels sich um meine Han! bewerben wollte. Meine fast entsetzte Weigerung bei erste Andeutung dieses Umstandes erklärte de Oheim für kindisches Vorurteil, und die Aus merksamkeiten des Grafen, der mir eine un erklärliche Scheu einflößte, wurden immer be ängstigender. l Nach kurzer Zeit erfolgte wirklich seine un umwundene Erklärung. Alles, was ich vo« dem Onkel erwirken konnte, war eine drei tägige Bedenkzeit. Als mein natürlicher Vor mund fühlte er sich, wie er äußerte, verpflichtet, auf diese Weise für mein dauerndes Glück z» sorgen, obgleich ich es in meinem Unverstände nicht als solches erkennen wolle. In Wahr heit wollte er sich vielleicht meiner auf eine M zusagende Art entledigen. In dieser namenlos peinlichen Lage sollte mich Ihr Herr Neffe wieder finden, als M während der Onkel am Spieltisch saß, in dec (Bebel) selber wende sich Puttkamer gegen dr- Paradedrill. Redner tritt für das Milizspstem nm für eine allgemeine Uniformierung nach dem Muß« der neuen China-Uniform ein. Sächs. Bevollmächtigter Major Konav. Niddz stellt einer bezüglichen Behauptung des Vorredner gegenüber in Abrede, das: sei-ens der iächnM Heeresverwaltung in der Duellfrage ein Ettaü w gangen sei, der zu der kaiserlichen Kabinetts orvre § Widerspruch stehe. Abg. Oertel-Sachsen (kons.) glaubt, daß i» solchen Erörterungen hier über das Duellwesen ob»' wenig herauskommen könne. Man dürfe E Militärverwaltung das Vcrt-anen haben, daß U alles thun werde, um nach Möglichkeit Duellen vor zubeugen. Abg. v. Jazdzewski (Polet sührt Beschwer!? darüber, daß der Garnison in Posen verboten B bei polnischen Geschäftsleuten zu kaufen. Minister v. Goßler erwidert: Das VorgeW der volnischen Bevölkerung gegen die deutschen Ke werbetreibenden sei so aggressiv, daß letztere scW» geschädigt und dem Ruin nahe gebracht würde» Mit Rücksicht darauf habe das Generalkommando mit den Regimeniskommandos sich geeinigt, mA-' liehst bei Deutschen zu kaufen. Er könne das m» billigen. Abg. Bachem (Zentr.) kommt auf die Duell- srage zurück. Das Duell, das man als notwendige? liebel bezeichne, sei und bleibe unter allen Umstände» ve-werflich. Dürfe die Arme eine Ausnahme macke»! und da» Gesetz nicht achten, so dürfe das auch jeder andere Stand. Und greisen hier die Begnadigungen zu weit um sich, so verderbe bas das NechtsgefÄ- im Volke. Die Antwort des Ministers über dift Kölner Frage sc! völlig ungenügend. Redner geht schließlich noch auf die Ehrenräte ein. Preußischer Landtag. Am Montag setzte das Abgeordnetenhaus die Beratung des Eisenbahnetats bei den Titeln: „Ein nahmen aus dem Personen-, Gepäck- und Güter verkehr" fort. ES sprachen vorwiegend Redner aus den östlichen Provinzen, um Wünsche und Beschwerden aus ihren Wahlkreisen vorzutragen. Minister v. Thielen stellte für die nächste Zeit die Einbringung der Sekundärbahnvorlage in Aussicht. Die Ein nahmetitel wurden bewilligt. Im Abgeordnetenhause wurden am Dienstag bei der Fortsetzung der Beratung des Eisenbahnetat? Arbeiter- und Beamtensragen besprochen. J»> weiteren Verlauf der Verhandlungen erklärte der Eisenbahnminister v. Thielen, er schreite gegen dit Sozialdemokratie ein, falls dieselbe in EijenbahN- kreisen eindringen wolle.
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