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UoMi-che Dmidlchan. Dis chinesischen Wirren. *Die Liste der hinzurichtenden hohen Würden träger ist nach der .Köln. Zka.' erst am Mittwoch vom Kaiser von Cbina genehmigt worden. Die formelle Zustimmung zu den Bestrafungen mit dem Versprechen baldiger Ausführung wird nunmehr täglich erwartet. Li-Hung-Tschang und Tsching seien bereits im Besitz dieser Zu stimmung. * Ueber die Bestrafung der Schul digen haben sich die Gesandten nunmehr in folgender Weile geeinigt: Prinz Tuan, Herzog Lau und General Tungfuhsiang werden zum Tode verurteilt, dürfen dann aber zu lebens länglicher Verbannung begnadigt werden. Prinz Tschang 'st zu erdrosseln, Juhsien zu ent haupten, Tschaotschutschiao und Jmgnien dürfen sich selbst erdrosseln. Tschihisin und Hsutschengyn sind in Peking zu enthaupten. Damit sind die Verhandlungen über den ersten Punkt der For derungen der Mächte erledigt. * Die Annexion der Mandschurei durch die Russen wird, wie aus Niutschwang gemeldet wird, als vollständig betrachtet. Das russische Zivilgouvernement hat die Seezöl! e beschlagnahmt und eine Kopfsteuer eingeführt. Der Freihafen soll unangetastet bleiben, aber der Handel wird ruiniert durch eine unlähige Verwaltung und undisziplinierte Soldaten, die am 10. Februar ein Hotel, am 11. Februar das englische Konsulat angriffen und dessen Wächter erschossen. In Niutschwang sei allgemeine Auffassung, daß im Frühjahr ernente Unruhen ausbrechen und ein russisch-japanischer Krieg wird für möglich gehalten. *Zur Bezahlung der chinesischen Kriegsentschädigungen soll in Ame rika eine Anleihe aufgebracht werden. Nach einem New Ijorker Handelsblatt hat die chinesische Regierung bei New Forker Banken anfragen lasten, ob sich die Aufnahme einer zur Bezahlung der Kriegsentschädigungen bestimmten schwebenden Anleihe in Amerika ermöglichen lasse, da sie die politischen Folgen der Begebung einer solchen Anleihe in Europa fürchte. Es heiße auch, die Vertreter der ,Standard Oil Company', die große Interessen in Ostasien hat, hätten mit dem chinesischen Konsulat verhandelt über die Frage, das Anleihegeschäft mittels Zusammentretens zu einem Syndikat zu stände zu bringen. Deutschland. *Zum Gouverneur von Kiau- 1 schou ist nach der ,Nordd. Allgem. Ztg/ der Kapitän z. S. Truppel nunmehr offiziell er nannt worden. * Im letzten Jahre bis zum 1. Oktober 1900 haben sich die Kleinbahnen in Preußen um 24 vermehrt mit 1199 Kilometer. Seit dem Inkrafttreten des Kleinbahngesetzes am 1. Oktober 1892 ist die Zahl der Klein bahnen von 90 auf 333 mit einer Kilometcrlänge von 1035 auf 8083 gestiegen. Es handelt sich dabei nur um die als selbständige Unternehmen nachgewiesenen Kleinbahnen. Das Anlagekapital sämtlicher Kleinbahnen beträgt 684 Millionen Mart. Davon hat der Staat auf den Klein bahnunterstützungsfonds 34,2 Millionen Mk. übernommen. Die größte Längenausdehnung hatte das Kleinbahnnetz in der Provinz Pommern mit 1253,1 Kilometer, die geringste in West preußen mit 346,6 Kilometer. * In D eutsch - Oftafrika find zwei Askaris bei einer auf Befehl des Statlons- chess von Kisaki vorgenommenen Zählung der Hütten zur Beitreibung der Hüttensteuer in einem Dorf von Südoft-Uruguru getötet worden samt 15 schwarzen Trägern; nur ein Knabe entkam. Einer Strafexpedition gelang es, die Hauptschuldigen festzunehmen. Oesterreich-Ungarn. *Jn der Donnerstags-Sitzung des Abge ordnetenhauses machte Präsident Vetter Mit teilung über den Empfang des Präsi diums beim Kaiser. Der Kaiser habe die Hoffnung ausgedrückt, daß der Moment erfolgreicher Arbeit näher ist als bisher; als ein Zeichen in diesem Sinne habe er die auf der Grundlage allgemeinen Vertrauens erfolgte Wahl des Präsidiums betrachtet; der Kaiser zweifle nicht, daß das Präsidium seine schwere Mission mit der den Verhältnissen entsprechenden Besonnenheit erfüllen und seine ganze Energie zu dem Zwecke aufbieten werde, der Bevöl kerung den hohen Wert reger parlamentarischer Thätigkeit von neuem darzuthun. * Im österreichischen Abgeord netenhaus droht auch das Präsidium auseinander zu fallen. Der zweite Vizepräsident Zacek hat im Tschechenklnb an- gekündigt, daß er mit Rücksicht auf die vom Präsidenten Vetter betr. die Behandlung nicht- deuffcher Jwervellationen verkündete Entschei dung von seiner Stellung zu rück z »treten beabsichtige. Der Klub beschloß jedoch ein stimmig, die Demission Zaceks nicht anzu nehmen. Frankreich. * D-'e Beratung des Vereinsgesetzes ist vollständig ins Stocken geraten. Der Grund hierfür soll allerdings in dem Unwohl sein Waldeck-Rousseaus zu suchen sein, aber wabrscheinlÄ lieat er tiefer. Vorderhand haben die Orden noch keine Ve^anlastuna, ihr Bündel m schnüren. Unter den vorliegenden Verhältnissen ist ein Abschluß der Beratungen über das Gesetz inder Deputiertenkammer nicht vor Ostern zu erwarten, und die Abstimmung des Senats dürste erst gegen End? des Jahres erfolgen, so daß die etwaigen Maßregeln gegen jene Konaregat'onen, welche nickst die Erlaubnis zum Bestände nach- suchen sollten, erst mit Ende des Früh jahrs 1902 ins Werk gesetzt werden könnten. Bis dahin fließt aber noch viel Wasser ins Meer. England. *Die Nachrichten über Ungehörig keit e n in der englischen Armee find wieder um eine vermehrt. Ans Kairo traf letzthin die Meldung ein, daß es in Omdurman zwischen dem 13. und 14. Sudanesen- Bataillon zu Streitigkeiten ge kommen sei. Das 14. Bataillon wurde nach Sennaar verlegt, und am Abend vor dem Ab marsch gab es ein Fest. Dabei brach ein Streit mit dem andern Bataillon aus, und es kam zu THStlichkeiten. Am andern Tage marschierte das 14. Bataillon still nach Sennaar ab. Die Sache wurde zunächst als unbedeutend hin gestellt, aber wie man jetzt ans London meldet, war der Zusammenstoß weit ernsterer Natur, es sollen 15 Mann dabei getötet und 100 verwundet sein. Afrika. * Aus dem südafrikanischen Kriegs schauplatz ist thatsächlich de Wet dem General Kitchener und den ihn umringenden englischen Kolonnen durch Ausbruch nach Norden ent schlüpft- Kitchener selbst ist in Gemhr ge wesen, von den Boeren gefangen genommen zu werden. * General Botha hat General Smith- Dorten eine allem Anschein nach empfind liche Niederlage beigeöracht. Wahr scheinlich würde das Kriegsamt diese Nieder lage wieder totgeschwiegen haben, wenn es nicht das in London verbreitete Gerücht, daß Smith- Donen mit seiner ganzen Kolonne von Botha gefangen worden sei, zu einer Erklärung ge nötigt hätte. So hat es denn erklärt, daß Smith-Donen „nur" eine Niederlage erlitten habe, die ihm 28 Tote gekostet habe. Die Zahl der Verwundeten wird vorsichtiger weise verschwiegen. *Ueber General Botha erfährt die .Daily Mail', daß derselbe über 4000 Mann und mehrere Geschütze verfüge. Die Boeren seien über ihre Mitbürger, die sich den Engländern ergeben, sehr aufgebracht. * Die Hoffnung auf Beendigung des Krieges wird in England verstärkt durch eine .Reuter'-Meldung aus Pretoria, wonach der stellvertretende Präsident Schalk Burger jüngst in Plittenburg in einer Boerenversammlung anerkannt hat, daß ihre Sache ganz hoffnungslos und ein weiteres'Hin ziehen der Feindselig keiten zwecklos sei. Er wolle es per sönlich n^ht auf sich nehmen, ihnen zur Unter werfungraten, aber wenn es doch einmal unvermeidlich sei, wäre es eine Thorheit, dies in Gruppen von zwei und drei Mann zu thun. Der richtige Weg sei der, zu einer allge meinen Verständigung darüber zu ge langen, daß man sich als ganze Nation ergebe. — Es ist schlechterdings nicht einzusehen, warum gerade jetzt die Boeren mutlos werden sollten, wo sie in der letzten Zeit entschiedene Vorteile errungen haben, es müßte denn sein, daß sich bei ihnen Mangel an Kriegsmitteln, vor allem an Munition eingestellt hat. Deutscher Reichstag. Nm 21. d. wird die Beratung des Postetats fortgesetzt bei dem Tbel „Nnterbeamte". Abq. Müller-Sagan (fr. Vp.) wünscht, daß die Postverwaltung es unterlagen möge, durch wohlwollende Mahnungen an die Unterbeamten be züglich der Kinderzahl in Verhältnisse derart vrivater Natur einzugreifen. Auch erbittet er Auskunft über die Grundsätze bei Urlaubs-Erteilungen. Bedauer lich sei, daß so viele weibliche Personen angestellt würden. Abg. Werner (Antis.) teilt dieses Bedauern. Es sollte mit Anstellung von Damen etwas vor sichtiger vorgeganqen werden. Auch die Frage der sogenannten „gehobenen Stellen" müsse geregelt werden, denn cs scheine, als ob diese gehobenen Stellen sich immer mehr den Stellenzulagen näherten. Abg. Bassermann (nat.-lib.) kann sich der Forderung der beiden Vorredner in bezug aus Be schränkung der Anstellung von Frauen nicht an schließen. Es sei eine Engherngkeit, gegen die An stellung weiblicher Personen im Postdienste zu eifern. Staatssekretär v. Podbielski: Es handelt sich hier nicht um Assistenten, sondern um Unter beamte. Nun frage ich den Abg. Müller-Sagan, ob er mir eine Unterbcamtenstelle nennen kann, die durch eine Frau besetzt worden ist. Selbst im Ab- rechnungsdienste sind im ganzen nur 500 weibliche Personen angestellt. Daß ein Postamtsvorsteher Bemerkungen gegen den Kinderreichtum gemacht habe, das lei Wohl nur ein Mißverständnis, denn gerade bei der Postverwaltung werde der Kindersegen geradezu protegiert. ES gebe Oberpostdirektions bezirke, wo der Durchschnitt sechs Kinder sei. Dem Abg. Werner gebe er zu, daß es im allgemeinen richtig sei, die Unterbeamten nicht mit dem bloßen Namen zu rufen, nicht bloß Meier, sondern Herr Meier! Am allerwenigsten dürfe das ein jüngerer Beamter. Abg. Znbeil (soz.) wünscht Besserstellung der Postillone. Staatssekretär v. Podbielski sagt für einen speziellen Fall (in Berlin) Untersuchung der Ver hältnisse der Postillone bezw. der vom Vorredner behaupteten Mißstände zu. Damit schließt die Debatte, und der Titel „Unter- beamte" wird genehmigt. Bei einem serneren Titel führt der Abg. Müller-Sagan Beschwerde über allerlei Mängel im Fernsprechwesen, so zwischen Berlin und Königsberg, ferner im Riesengebirge und im ober- schlesischen Bezirk. Bedauerlicherweise mache die Post verwaltung Schwierigkeiten, wenn Privatunternehmer Nebenanschlüsse nach gewissen Systemen anlegen wollten. Abg. v. Stauby (kons.) beklagt schlechte Fern sprechverbindung nach Posen. Direktor Sydow lagt Vermehrung der großen Leitungen nach dem Osten, Posen, Königsberg, für den nächstjährigen Etat zu. Abg. Gerstenberger (Zentr.) wünscht direkte Verbindung bayrischer Städte mit Frankfurt a. M. Staatssekretär b. Podbielski gibt zu, daß die dort bestehenden Verbindungen überlastet sind. Er gebe zu, daß für die gewünschte direkte Verbindung ein Bedürfnis bestehe; er werde die Sache daher im Auge bebalten. "Der Rest des Ordinariums wird ohne bemerkens werte Debatte erledigt. Ebenso das Extraordinarium. Bei diesem sagt aus eine Anträge des Abg. Schmidt- Elberfeld der . Staatssekretär v. Podbielski zu, Daß die erste Baurate für ein neues Postdienstgebäude in Hagen bereits im nächsten Etat erscheinen werde. Beim Etat der „Neichsdruckerei" regt Abg. Arendt (freik.) — wie bereits im preußi schen Abgeordnetenhaus« — an, den Druck des ,Reichs- und Staatsanzeigers' in der Reichsdruckerei, statt wie bisher in einer Privatdruckerei drucken zu lassen. Staatssekretär v. Podbielski erklärt, er habe keinen Einfluß auf den Abschluß des Vertrages über den Druck des Neichsanzeigers. Abg. Paasche (nat.-lib.) ersucht den Abg. Arendt, von seinem Wunsche Abstand zu nehmen. Es liege kein Grund vor, die Konkurrenz gegenüber der Privat-Jndustrie auch auf einen Zeitungsdruck aus- zudebnen. Abg. Arendt: Es bandelt sich nickt um Kon- i kurrenz gegen die Privat-Jndustrie, sondern um ein Privileg für eine einzelne Druckerei. Der Etat der Reichsdruckerei wird hierauf ge nehmigt. 'Auf der Tages-Ordnung stehen noch einige Petitionen. Ohne Debatte wird aui Antrag der Peiitions- ' Kommission über eine Petition des Zentralverbandes deutscher Kaufleute und Gewerbetreibender in Gif horn wegen Einschränkung der Konsumvereine und des Hausierhandel? zur TaaeSordnung übergegangen, ebenso dcbattelos über eine Petition aus Spandau betr. die Statuten der PensionS - 1 zuschußkasse an der dortigen Gewehrfabrik. Gleichfalls debattelos wird eine Petition deS Bundes Deutscher Gastwirte um gesetzliche obli - ) gatorische Faßaichung nebst periodischer Nachaichung dem Reichskanzler als Material über- Z wie'en. Nächste Sitzung: Montag. Nr errstischer Kandiag. Das Abgeordnetenhaus beendete am Donnerstag die Beratung des Etats des Handelsministeriums. Der Antrag des Abg. Felisck (kons.) betr. Errichtung einer Handelskammer für Berlin, der u. a. nochmals von dem Abg. v. Ebnern namens der Mehrheit der Nationalliberalen bekämpft wurde, wurde ange nommen. Auf eine Anregung sagte Handelsminister Brefeld zu, für weitere Förderung des Fach- und Fortbildungsschulwesens, sowie für Vermehrung der Meisterkurse Sorge tragen zu wollen. Das Abgeordnetenhaus erledigte am Freitag den Etat der Bauverwaltung. Bei den Einnahmen kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Abg. Gothein (frs. Vgg.) und dem Reqwrunqs- kommissar Geheimrat Peters wegen der in Aussicht gestellten Erhöhung der Schiffahrlsabqaben auf dem Odcr-Spreekanal. Die Redner der Rechten plädier- . i ten für die Einführung von Schiffahrtsabgaben auch auf den natürlichen Wasserstraßen. Zugleich gaben sie ihrer Abneigung gegen die Kanalvorlage noch mals Ausdruck. Dann folgte der Titel „Minister gehalt", bei welchem die Konzession an die Große Berliner Straßenbahn bis 1949 lebhaft kritisiert wurde. Don Uah »md Fer». Völkerschlachtdenkmal. Seit Jahren be- bemüht sich der deutsche Patriotenbund, die Mittel zur Errichtung desVölkerschlacht-National- Denkmals bei Leipzig zu sammeln. Es ist ihm bereits gelungen, durch zumeist kleine Beiträge die Summe von 400 000 Mk. aufzubringen, die Baukosten betragen jedoch über 2V- Millionen Mark. Der Bund hat die Entschließung ge faßt, alle die, welche 100 Mk. und mehr für das Denkmal stiften oder sammeln, als Stifter unvergänglich ans Metall im Innern des Denk mals sichtbar einzuzeichnen. Bisher sind 323 Namen, und zwar von 163 Privaten, 82 Ver einen, 71 Städten und 7 Gemeinden im Stif tungsbuch für diesen Zweck eingetragen worden. Die Kälte im Rheingebiet. Jrh gesamten Rheingebiet hält die überaus strenge Källe an. In den letzten Tagen sank stellenweise das Thermometer auf —20 Grad. In der Nähe von Köln wurde die maskierte Leiche einer Frauensperson anfgefunden, die, vom Balle heimkehrend, durch Erfrieren den Tod gefunden. Aus der Mel werden ähnliche Unglücksfälle ge meldet. Ein Kutscher stürzte vom Bock hin unter, weil ihm beide Beine erfroren waren. Die Vögel liegen zu Hunderten erfroren auf den Feldern. Oberhalb Remagen sanden die Fuhrleute morgens einen halberfrorenen Rad fahrer, der gestürzt und bei der strengen Kälte rm Chansseegraben liegen geblieben war. In Elberfeld mußte infolge der strengen Kälte die für Donnerstag angesetzte Eröffnung des Schwebebahn-Betriebes hinausgeschoben werden. Die gesunde Entwickelung der deutschen Kolonien in Siidbrusilien beleuchtet eine Anzeige der .Deutschen Post' zu S. Leopoldo in Südbrasilien. Die Anzeige betrifft den Tod einer 84 jährigen Deutschen, die 12 jährig nach Brasilien gekommen ist und die jetzt in der Kolonie von 14 Kindern, 73 Enkeln, 120 Ur enkeln und 1 Ururenke! betrauert wird. Einen geisteskranken Hund hatte nach Mitteilung der ,Berliner Wissenschaftlichen Kor respondenz' der bekannte Heidelberger Neurologe Professor Nissl zu beobachten Gelegenheit. Das Entlarvt. sj Kriminalroman von Karl v. Leistner. (Fortsetzung.) Den letzten Teil seiner eilig hervorgestoße nen Worte richtete der Fremde an den Brigadier und nigte hinzu, ob es ihm gestattet werde, an der Verfolgung teilznnebmen. „Doch nein! Das wird leider nicht gehen!" mit diesen Worten änderte er sein Vorhaben selbst ab. Ich werde bleiben müssen, um von der Genchtskommission vernommen zu werden und über die Persönlichkeiten, um die es sich handelt, auch über meine eigene, die erforder liche Auskunft zu geben. .Es könnte sonst ja sogar auf mich selbst am Eude noch Verdacht sallen! Ich war der nächste Nachbar des armen Entseelten, noch dazu bei unversperrter Thür — es ist mir fast unbegreiflich, wie die Schreckens- that kaum zwanzig Schrille von mir vollbracht werden konnte, ohne daß mich ein Geräusch ge- weck! hat. Freilich war ich durch die ermüdende Reise in solchem Grade erschlafft, daß mich Ihre Berührungen kaum dem Schlafe zu entreißen vermochten. Traurig für mich und noch trauri ger für meinen armen, väterlichen Freund und meine Braut!" Der Herr war, so sprechend, mit seinem An zuge und dem Zvsammenraffen einiger Hab seligkeiten vollends zu stände gekommen und man verschloß die Thür des Thalortes. Der Fremde zeigte dem Brigadier nun vor allem seine Legitiwationspapicre vor. Sein Paß, m ttels dessen er sich als Graf Antonio Zechini, Hauptmann in königlich italienischen Diensten, zur Zeit sür drei Monate beurlaubt, auis beste ausweisen konnte, setzte den Sicher- heitsmaun und die einfachen Olsdorfer in ziem lichen Respekt, denn eine so distinguierte Ver- sönbchkeil kam nicht häufig nach Olsdorf. Den Ermordeten bezeichnete er als einen pensionierten Major v. Brauniels, dessen Nichte nenne sich Liddy Woddkinson und sei aus Louisiana, also einem der Vereinigten Staaten Nordamerikas, gebürtig, seit einem Jahr bei ihrem Onkel in Deutschland anwesend. Von den bis jetzt bekannten Umständen warf einer den dnngendstcn Verdacht auf den Hausierer. Schon bei der Entdeckung der Schlinge am Halse des Erdrosselten hatten der Wirt und die Wirtin sich bedeutsam angesehen, und nun brachte der erstere dem Brigadier die Schnur, mit der die Hausthür zugebunden war, dabei auf die Aussage der Hausmagd verweisend. Beide Schnüre, die am Halse der Leiche und die von der Thür abgenommene, waren genau von gleicher Art, aus Himmelbauer Seide ge dreht, wie man sie zum Besatz oder Vorstoß von Kleidern und dergleichen verwendet. Auf seiner Flucht schien der Verbrecher den Rest der selben verbraucht zu haben, um das Offenstehen der Thür, die er von außen nicht versperren konnte, sür einige Zeit zn verbergen. Aber noch andere gravierende Indizien sollten sich bald auf den wandernden Händler häufen und dessen Schuld evident beweisen. Schon nm 9 Uhr vormittags war die Ge- richtskommission zur Stelle, also etwa vier Stunden nach Entdeckung des Verbrechens. Der Ort des Gerichlssitzes war nur etwas mehr als eine Stunde entfernt und der abgesandte Knecht hatte das P'erd nicht geschont, sowie auch der Wagen mit dem Untersuchungsrichter, Gerichts diener, Protokollführer und Gerichtsärzte im schärfsten Trabe vorsuhr. Vorher hatte schon der Arzt des Ortes mit dem Bürgermeister den Toten untersucht, und des ersteren wie des Amtsarztes Aussage konstatierten, daß der Tod etwa um zwei Uhr nachts eingetreten sein müsse. Wir übergehen die detaillierte Schilderung der Feststellung des Befundes und aller hierbei gesetzmäßig zu beobachtenden Formalitäten und und fassen das Wichtigste in nachstehendem zu sammen. Außer am Körper des Ermordeten, an dessen Hemde und am Bette, welche Spuren des Kampfes bei seiner Uebcrwälltgung er kennen ließen, 'ariden sich im ganzen Zimmer des Thatortes keinerlei Anhaltspunkte sür Ent deckung des Verbrechens. Thür und Fenster waren in Ordnung und nirgends Anzeichen gewalt samen Eindringens erkennbar. In den Kleidern des Majors wurde nur ein Portemonnaie ver mißt, obgleich er im Besitze eines solchen ge wesen war. Dagegen fand sich in der Taschen seite seines Rockes eine Brieftasche, die einige Banknoten von nicht besonders hohem Betrage enthielt. Das Portemonnaie schien der Ver brecher geraubt zu haben, die Banknoten hatte er entweder übersehen oder sich zur Unter suchung der Brieftasche nicht mehr Zeit nehmen können. Das Zimmer des Fräuleins gab keinerlei Auffchlüsse. Es war im gleichen Stande wie gestern, ehe sie es bezogen halte. Dagegen gewahrte die genaue Untersuchung des vom Hausierer bewohnt gewesenen Ge maches die wichtigsten Belege. Sein gestriger Anzug und sein Kasten war, wie oben erwähnt, ' zurückgeblieben. Der Kasten war geöffnet und ? einzelnes von dem bisherigen Inhalt ans dem Tische ausgebreitet. Auch in diesem Behälter sand sich ein Stück der blauseidenen Schmu) von der wiederholt die Rede war. Als man eine ziemlich bedeutende Anzahl neuer Porte monnaies herausnahm, fiel unter denselben ein etwas gebrauchtes aut, das Zechini und auch der Kutscher, der die Fremden nach Ols dorf gefahren hatte, unzweifelhaft, als das des Majors rekognoszierten. Sie hatten es oftmals in seiner Hand gesehen. Ein Fach desselben enthielt zudem ein Slück einer Gasthofrechnung, auf welcher noch einige Buchstaben zu lesen waren, die znm Namen Branmels paßten- Endlich war ein Dutzend Taschcnkämme in d is Kouvert eines alten Brieses gewickelt, auf oeA der Name Konrad Bach noch erkennbar war- ' Der Entflohene war nicht nur mit höchster Wahrscheinlichkeit derjenige, welcher den Mord begangen hatte, sondern auch ein steckbrieflich verfolgter Kassen-Dcfrandant obigen Namens- Erft gestern nachmittag hatte der Brigadier eine dienstliche Weisung erhalten, die ihm bemM . die Festnahme einer solchen. Persönlichkeit erstreben, da der verfolgte Gauner sich wäg' licherweise in dieser Gegend aushalle, oder die selbe wenigstens passiere. Es war dies das Schreiben gewesen, das er gestern abend vor dem Fortgehen aus dem Wirlshause nochmal» gelesen hatte. Der schwarze Vollbart de»