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Allgemeiner Anzeiger : 06.02.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190102060
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19010206
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1901
-
Monat
1901-02
- Tag 1901-02-06
-
Monat
1901-02
-
Jahr
1901
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 06.02.1901
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Politische Rundschau. Die chinesischen Wirren. * Ein über London bekannt werdendes Schreiben Waldersees an die Gesandten erweckt die Hoffnung aus eine Beendigung der „Expedition" in absehbarer Zeit. Der Plan des Marsiballs besagt: Ehe eine Aenderung der militärischen Haltung der Ver bündeten möglich sei, müsse die chinesische Re gierung Schritte zur Eriüllunq der Friedensbe dingungen unternehmen. Die wirkliche Strafvollstreckung an die Schuldigen, deren Strafe die Gesandten verlangen, und das Versprechen tatsächlicher Kriegsentschädigung genügen hierzu. Nach Erfüllung dieser Be dingungen könne der Truppenrückzüg aus Peking und Paolingsir erfolgen und die Zabl der Truppen in Petschili reduziert werden. Walder- see macht jedoch auf die Unmöglichkeit der Ein schiffung von Truppen vor Monat März auf merksam. Tientsin und die Umgegend von Schanbaikwan müßten von internationalen Trupven besetzt bleiben, bis China Ordnung in Tschili hergektellt und En schädigungsvorschläge, die die Billigung der Mächte finden, ange nommen habe. Waidersee gibt schließlich dft Anzahl der notwendigen Okkupations - Truppen an den verschiedenen Stationen an und schlägt vor, daß aus jeder Station nur Truppen einer Nationalität stehen und der Oberbefehl jährlich zwischen den Nationen wechseln solle. * Gerüchtweise verlautet, Li-Hung- Tschang sei gestorben. Graf Walder- see hat keine Meldung darüber hierher ge langen lassen. Deutschland. *Bei der gegenwärtigen Lage schießen Vermittelungsgerüchte naturgemäß von neuem aus dem Boden. Kaiser Wilhelm soll Krüger nun doch in Berlin empfangen und die Vermittelung übernehmen wollen. Man muß diese Nachricht ams stärkste anzweifeln, auch wenn nicht Dr. Leyds bereits erklärt hätte, die Boeren würden etwage Friedensvorschläge nur dann in Betracht ziehen, wenn dieselben von England selbst und ohne jede andere Vermittelung gemacht würden. Die Boeren seien entschlossen, bis ans Ende zu kämpfen und dächten überhaupt nicht an eine Uebergabe. — Vielleicht kommt es trotzdem noch anders! *Wie der Schweriner Hofbericht besagt, hat der Kai'er durch Kabinrttsordre dem Herzog Heinrich den erbetenen Abschied aus dem preußischen Militärdienst erteilt. Der Herzog- Regent hat den Herzog He nrich zum General ernannt. Zum Schlüsse gibt der Bericht bekannt, daß dem Herzog aut seinen Antrag die Ent lassung aus dem mecklenburgischen Staatsver- bande erteilt worden ist. * In Karlsruhe hat sich ein Ausschuß ge bildet, der die Fe er des im Avril 1902 statt- findendcn fünfzigjährigen Regierungs- Jubiläums des Großherzogs Friedrich von Baden vorbereilen will. Das Komitee besteht aus Vertretern der beiden Kammer präsidien, der Städte, Vereine und Korporationen. Es ist in Anregung gebracht worden, einen Fonds durch allgemeine Landessammlung zu beschaffen, der am Jubiläumstage dem Groß herzog zur freien Verfügung für einen wohl- thäligen Zweck überantwortet werden soll. *Die in Preußen für Eisenbahnen und andere Staatsrwecke bewilligten Kredite waren Ende 1900 noch zu einem Betrage von 413 980 432 Mk. ofim. Hiervon waren nach dem 1. April 1900 für Eisenbahnzwecke 102 643 516 Mk. und für Wohnungszwecke fünf Mill. Mk. bewilligt. *Die Volksschullehrer-Gehälter im Großherzogtum Hessen sind nam haft erhöht worden. Dir Mindestsätze sollen in 32 Dienstjahren von 1100 bis 2800 Mk. steigen. Die Städte gehen darüber hinaus. Hierzu kommt noch eine Mietsenlschäugung von 200 M!., die in den Städten ebenfalls ent sprechend höher ist. Das neue Besoldungsgesetz tritt mit Wirkung vom 1. April o. in Kraft, Keimattos. 26) Roman von C. v. Zell. (FcrlsktzUüg.l Der leiseste Windzug setzle diese" schwebende Beleuchtung in unawhörliche schaulelndc Be wegung. Heute aber, wo ein kalter Ost durch die Straßen biies, jagte er die Laternen hin und her, daß sie angstvoll zu ächzen und zu stöhnen schienen, jeden Augenblick in Gefahr, das kleine Lebenshcht verlöschen zu sehen, mit dem sie — mau möchte sagen „stoßweise" nur — zu leuchten vermochten. Es war ein unheimliches, gespenstisches Flackern; die Luft regenschwer und düster, der Himmel tief mit schwarzgrauen Wolken be- hanaen Am Ostende der kleinen Stadt mit ihren gleichförmig niedrigen Häusern, die, wie mit dem Lineal abgegienzt, nur einem eimachen spitzen Kirchturm erlaubt haben, sich über sie hinaus zu erheben; dort, wo die Kellenzugbrücke über den schiffraren Kanal sührt, der eine Strecke weiter im Kurischen Haff mündet — dort endlich stand Tobbi soll. Er lehnte seinen Rucken gegen die hölzernen Auszugsp osten der Brücke und blickte regungs los in das unter ihm gähnende schwarze Wasser. Dann warf er plötzlich mit heftiger Geberde Stock und Bündel zur Erde und stemmte beide Arme auf die Brustwehr des Brückengeländers, augenscheinlich bereit zum Sprunge über das selbe hinaus in die dunkle Wasserflut. ,Tobbi! Tobbi!" ertönte es angstvoll dicht so daß also jeder hessische Lehrer sofort An spruch auf das volle Gehalt hatte und den Mehrbetrag für drei Vierteljahre nachbezahlt erhielt. Oesterreich-Ungarn. *Jn Oesterreich hat gleich die erste Sitzung des neuen Reichsrates die Hoffnungen auf dessen Arbeitsfähigkeit zerstört. Die Tschechen au? der einen, die Deutschnationalen und Christ lichsozialen auf der andern Seite haben dcr- arlie Skandale provoziert — die einen mit der Forderung, der Minister-Präsident solle böhmisch reden, die andern mit einer Boeren- kundgebung bei Erwähnung des Todes der Königin von England —, daß der Alters präsident, der Vole Weigel, die Sitz u n g vor zeitig schließen nmßte. Das sind trübe Aussichten für die Zukunft des Parlamentaris mus in Oesterreich. *Bci den Lärmszenen im Reichs rat soll insbesondere der Tscheche Sclofac den Ministern auf tschechisch zugerwen haben: „Ihr seid alle Esel!" Als der Alterspräsident das Hoch aus Kaiser Franz Joseph ausbrachte, drehten sich die tscbech schen Sozialisten um: die deutschen Sozialisten waren aus dem Saal ge gangen. In das „Heil den Boeren!" sollen die Christlichsozialen mit eingestimmt und der Abg.. Wolf soll gerufen haben: „Zum T mit der Königin Viktoria!" *Jn W'en ist der ehemalige Minister Baron Prazak im 81. Lebcnjahre gestorben. Prazak war einer der Begründer der atttschechi- schen Partei, vermied es aber sorgfältig, die Verbindung mit dem Ho'e aws Spiel zu setzen. 1879 wurde er Landsmann-Minifter im Kabinett Taaffe und 1881 Justizminister. Als solcher' erließ er die berüchtigten Sprachenverord nungen. England. * Am Freitag wurde die Leiche der Königin Viktoria von der Insel Wight nach Portsmouth übergesührt, von wo aus am nächsten Tage die Wetterführung nach London und von dort nach dem Mausoleum i n Fr o g m o o r e bei Schloß Windsor erfolgte. * Zu den Beisetz ungsicierlich- leiten sind rund 30 000 Mann Truppen ausgeboten worden. Wenn Kitchener davon hört, daß noch so viel „Vorräte" da sind! 'In Southampton wurden Matwoch 10 000 für Südafrika bestimmte Pferde eingeschifft. Afrika. *Vom südafrikanischen Kriegs schauplatz liegen in englischen Quellen für England ungünstige Nachrichten vor. Nach der ,Daily Mail' ist de Wet mit einer „ziem lich großen" Truppenmasse in die Kapkolonie eingedrungen. * Der kürzlich statlgehabte Angriff der Boeren auf die Minen von Vanrhyn und Modderfontein war, wie jetzt bekannt wird, ernst; er wurde von demselben Kommando auSgeführt, welches die Werke von Kleirffontein und Bragvau zerstört hat. Man befürchtet, daß der Schaden sich aut etwa 300 000 Pfund belaufen werde. Es sind Schritte zum besseren Schutz der auswärts liegenden Minen gethan worden. Die Militärbehörden haben genehmigt, daß zwei Mitglieder der Kammer sich nach den Minen von Johannesburg begeben, um die Interessen der Minenbesitzer wahrzunehmcn. * Die Landestrauer in England wird auf einen Tag unterbrochen werden müssen. In ihrem Kriege gegen die Frauen und Kinder in Südafrika haben die Engländer wieder einen großen Er'olg auszuweisen. General de Wet lacht sie immer wieder aus, dafür haben sie aber jetzt, nach sechsmonatiger Jagd Frau de Wet, die Gattin des Boerengeuerals g e - fangen, die als Spionin behandelt werden soll. * Der Boere Andries Wessels, der die Friedenskommission nach Morgen daal begleitete, ist am 28. Januar auf Be ehl de Wels in Klipfontein erschossen worden. Asien. * In Siam ist die erste Staatseisen- bahn feierlich eröffnet worden. Sie geht von neben ihm. Wie ein Aufschrei wildesten Jammers klang es und Tobbi fühlte sich von zwei krä tigen Armen umklammert. Im ersten Augenblick suchte Tobbi sich zornig von diesen Armen srei zu machen —dann plötz lich gab er willenlos nach. „Lene!" rief er. „Du, du bist es?" Es klang fast wie ein Jubelruf. Konnte es denn sein? Es war sicher nichts als das Spukbild einer krankhaft erregten Ein bildungskraft! Wie sollte die Lene hierher kommen, in Nacht und Graus? Es war un möglich, unmöglich I Und doch war sie es! Es war ihre Stimme, es war ihr leuchtendes Auge! „Tobbi," flüsterte sie, „um Gottes willen, sei stark! Halte aus! Es ist ja so schlimm nicht! Es wird doch wieder eine bessere Zeit kommen! Verzweifle nicht! Tobbi, lieber Tobbi!" Sie sprach in fieberhaster Hast, ihre Worte nicht wählend. Es war ja das Herz, nicht der Verstand, der aus ihr sprach. Tobbi ergriff ihre beiden Hände. „Lene," sagte er, und es zitterte ein unbe schreibliches Gemisch von Freude und von Weh in seinen Worten, „ich habe gemeint, daß nun genug des Elends und des Jammers über mich gekommen sei. Mir war, als würde ich hin ausgedrängt aus dieser Welt, die für mich keine Lebenssteude mehr hatte . . . keine! Und auch jetzt noch, Lene, jetzt noch will es mir Vor kommen, als wäre es kein Unrecht, wenn ich da unten den Tod suchte. Ja, laß mich, laß mich! Ich muß!" Bangkok über Ayuthia nach Kohat, ist 140 eng lische Meilen lang, befand sich über acht Jahre im Bau und hat nahezu 2 Mill. Pfund ge kostet. . Aus dem Reichstage. Der Reichstag setzte am Donnerstag die Be ratung des Etats des Reichsamts des Innern fort. Beim Titel „Neichsschulkomwission" wurde eine vom Abg. Müller-Sagan (fr. Lp.) beantragte Resolution betr. Erzielung einer möglichst gleichmäßigen deut schen Rechtschreibung angenommen. Auf Anfrage des Abg. Roestcke - Dessau (wildlib.) teilte Graf PwadowSky mit, daß voraussichtlich schon in der nächsten Session eine Vorlage betr. den Aichzwang für Bierfässer eingcbracht werden würde. Am 1. d. wird die Beratung des Etats des Reichsamts des Innern fortgesetzt mit dem Kapitel „Gesundheitsamt". Auf eine Anfraxe des Abg. Müller-Sagan Or. Vp.) wegen des biologischen Instituts und der Malarimorschung antwortet Staals'ekretär Graf Posadowsky: Beim Gesundheitsamt ist ja bekanntlich ein Beirat sach verständiger Männer gebildet worden. Deven Nu'- gabc wirv es auch sein, der biologischen Abteilung mit Nat an die Hand zu gehen, namentlich in bezug aus die Art des systematischen Vorgehens bei den Forschungen. Auch wird es von ihrem Gutachten abhänzcn, ob es sich emp'ehle, die biologische Ab teilung zu einer selbständigen ^Abteilung zu machen. Jedenfalls würde da vor allem zu entscheiden sein, wo das Domizil stir eine solche selbständige Anstalt zu wählen sei. In der Malaria-Forschung Hal Prof. Koch schon bisher Unübertreffliches geleistet. ES würde jetzt sih wohl nur fragen, ob nicht nun mehr ein jüngerer Gelehrter mit Forschungen zwar nicht über See, aber an den vielen lokalen Malaria herden in Europa beauftragt werden solle. Abg. Nntrick (soz.) erinnert daro- wie er schon im Vorjahre über Mängel in Krankenanstalten Beschwerde geführt habe. Er bitte um Mitteilung, was etwa zur Abhilfe jener Mängel geschehen sei. Geh. Medizinalrat Pistor erwidert, die vor jährigen Beschwerden des Vorredners hätten sofort zu eingehenden Nachforschungen Veranlassung ge geben, indessen keineswegs Bestätigung gefunden. Das Wärterpersonal sei ausgiebig besoldet und an Dienstzeit nicht überlastet. Wenn z. B. Wärter auch von früh 6 bis abends 8 Dienst hätten, so könnten sie doch im Lause des Tages über drei- bis vier stündige Pausen verfügen. Gegen Trinkgclderge- währung kann man nicht vorgehen: Trinkgelder würden überall gegeben und genommen, wo reichere Leute Ueberdienste erhofften und bezahlen könnten. Abg. Endemann (nat.-lib.) hebt die allmählich immer mehr gesteigerte Bedeutung des Veterinär wesens hervor. Um lo mehr müßten aber die An sprüche an die Vorbildung der Veterinärärzte ge steigert werden. Weiter fordert noch Redner für das ganze Reichsgebiet fakultative Feuerbestattung. Abg. Hahn (Bd. d. Landw.) fordert vor allem Ausstattung des Reichsgesundheitsamts mit größeren Mitteln zu Forschungszwecken, namentlich aus dem Gebiet der Biologie. Abg Langerhans (st. VV-) tritt für obliga torische Leichenschau und für fakultative Feuer bestattung ein. Kirchlicher Widerstand dürfe da nicht maßgebend sein. Einverstanden sei er mit Ende manns Forderung betr. Maturitätszeugnis und längeres Studium für Vcterinärärzte. Ebenso meine er, daß die Krankenhäuser immer mehr den not wendigen Anforderungen entsprechen, ausgenommen allerdings die alten Krankenhäuser, wo dies nicht stets der Fall sei. Abg. Südckum (soz.) führt Beschwerde über den im Sommer in der Jenenser Klinik des Pro fessors Stinzing vorgekommenen Fall konsequenter Wasseren! nebung bei Diabetes. Weiter verbreitet er sich über die Milzbrandgefahr in den Pinsel fabriken Nürnbergs und die fortdauernd ungenügende Innehaltung der Vorschriften, die zur Verhütung von Ansteckungen erlassen sind. Staatssekretär Gras Posadowsky erwidert, die Einzelstaaten seien in bezug auf die Ausführung der Maßnahmen zerr Unterdrückung ansteckender Krankheiten nahezu unabhängig- Für den Gesund heitsrat sei in diesem Etat noch nichts ausgeworfen, es solle dies im nächsten Jahre geschehen. Die Frage der Feuerbestattung sei nicht Äeichssache, die selbe müsse den Einzelstaaten überlassen bleiben. Ueber die Frage der Maturitätsprüfung behufs Studiums der Veterinärkunde lägen Verhandlungen zwischen seinem Reichsamt und anderen Ressorts vor, die Frage liege jetzt dem preußischen Ressort vor. Was die Pinselsabrikation betreffe, so habe in den kleinen Fabriken das Kochen der Haare nach gelassen werden müssen; diese ganze Frage werde dauernd sorgsam studiert, und wenn eS durchführbar sei, schärfere Vorschriften zu tMen, so werde dies geschehen. Sie rang mit ihm in stummer Verzweiflung. Dann plötzlich ließ sie ab und rief: „Gut denn! Aber nicht ohne mich, Tobbl! Wir zwei gehören zu einander im Leben und im Tode. Uns soll nichts mehr scheiden! Wir haben keine Heimat hier auf Erden — komm', laß sie uns da unten finden!" Sie versuchte ihn mit sich fortzuziehen, dort hin wo der kleine Wall abschüssig zum Wasser hinabführt. Er aber stand jetzt unbeweglich. Er hielt ihre beiden Hände zwischen den seini- gen und preßte sie gegen seine heftig arbeitende Brust. „Lene!" stieß er hervor. „Ist es wahr? Kann ich es glauben? Du, du wolltest . . ." „Mit dir leben oder sterben!" rief sie laut. „Mit dir und für dich! — Und du sollst jetzt entscheiden. Was wählst du? Leben oder Tod?" Er schauderte. „Nein, nicht sterben, nicht sterben!" wieder holte er matt wie ein Schlafwandelnder und legte seine Arme um den Nacken des geliebten Mädchens, den Kopf aut ihre Schulter. Es überkam ihn ein Gefühl ohnmächtiger Schwäche, wie der willensfeste, eiserne Mann sie nie zuvor gekannt. Aber es währte nur kurz Dann erhob er sein Haupt und blickte dem Mädchen tief in die Augen. „Lene," sagte er, „nun ich dich habe, ist mir der Tod zum Schreckgespenst geworden! Leben wollen wir, Lene, leben! Die Palwenkate ist verloren; alles ist verloren, was ich je besessen habe; aber ich habe dich, dich, ist das nicht mehr, viel mehr?" Weimarischer Bevollm. Paulßen weist die Vorwürfe zurück, die gegen die Klinik des Prof. Stinzing in Jena ans Anlaß der Behandlung eines Diabetikers durch den Arzt Dr. Struve erhoben seien. Die Darstellungen in der Presse seien über trieben. Der Patient sei mit der Entziehungskur einverstanden gewesen, habe aber hinterher, als die unvermeidlicyen Qualen eintraten, momentan die Willenskraft verloren und sich gegen den Willen der Aerzte Wasser zu verschaffen gesucht, wie dies eine Eigentümlichkeit dieser Kranken sei. Der Kranke habe vor der Kur 20 Liter Wasser täglich zu sich genommen, was die Qualm der Enziehungskur erkläre. Der Patient sei, nachdem er für kurze Zeit aus der Klinik entlasten sei, wieder in die Klinik zurückgekehrt und habe sich einer nmen Kur unter- wonen. Nach weiterer Debatte in dieser Angelegenheit wird der Etat des Gesundheitsamts erledigt. Beim Etat des Patentamts beklagt Abg. Paasche die Ueberlastung dieses Amtes und seiner Angestellten. Abhilfe fei im Interesse der Industrie unumgänglich. Nach kurzer weiterer Debatte wird auch dieser Etat genehmigt. Das Kapitel Reichs - Versicherungs- Amt wird auf Antrag Spahn (Zentr.) an die Budget-Kommission verwiesen und der Nest des Ordinariums des Reichsamts des Innern debattelos genehmigt. Nächste Sitzung Montag. preußischer Landtag. Das Abgeordnetenhaus legte am Donnerstag die Beratung des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung bei dem Ausgabe-Titel „Schutzwaldungen und Waldgenossenffchasten" fort, der ebenso, wie eine Reihe weiterer Titel debattelos genehmigt wurde. Bei der Beratung des Justizetats erklärte aus eine Beschwerde des Abg. Peltaiohn (sr. Vgg.) wegen Zurücksetzung jüdischer Rechtsanwälte bei der An stellung von Notaren, Justizminister Schönstedt, daß die Justizverwaltung keine Verpflichtung, die Be fähigten auch anzustellen, anerkennen könne. Ron Un!i nnd Fern. Durch einen elektrischen Schlag getötet wurde in Berlin am Mittwoch der Arbeiter Hennig. Er muß dem Kabel, das zu den Transformatoren lührt, aus irgend eine Weise zu nahe gekommen sein, denn mitten in der Arbeit sank er, vom elektrischen Schlage ge troffen, tot zu Boden. Aus Konitz wird berichtet: Die letzten bisher unbekannten Begleiter Winters sind jetzt ermittelt; der eine dient als Soldat in Tborn, der andere in Schneidemühl. Einer von ihnen soll Schlächter sein und in nahen Beziehungen zu einem Mädchen gestanden haben, mit dem Winter auch verkehrte. Das junge Mädchen befindet sich gegenwärtig aus einem Gut in der Nähe von Kremmen. Bei ihrem Vater wurde s. Z. auch gründlich Hausfuchung ge- hatten. Alle diese Personen sollen Konitz am Tage nach dem Morde verlassen haben. Unparteiischer Arbeitsnachweis in Barmen. Die Barmer Handelskammer be schädigte sich mit der Errichtung einer Arbeits nachweisstelle, die am 1. April in Thätigkeit treten soll. Diese soll keine Verbindung mit der städtischen Verwaltung haben und wird einem Verein für Arbeitsnachweis unterstellt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer nehmen die gleiche Anzahl Plätze in der Verwaltung ein. Die Sladt Barmen wird voraussichtlich einen Bei trag von 2000 Mk. leisten. Die Handelskammer erhält zwei Plätze in der Verwaltung. Sie hat einen Zuschuß von 600 Mk. bewilligt. Sämtliche Innungen haben sich für den Plan ausgesprochen. Ueber die Fälle von Aussatz, welche in Merseburg entdeckt worden sind, wird weiter folgendes berichtet: Die erkrankte Frau ist eine Eingeborene von der Insel Java. Ihr Mann stand längere Jahre auf Java im holländischen Kolonia Heer und heiratete sie dort. Die Frau hat zweifellos den Keim der gefährlichen Seuche aus ihrer südlichen Heimat mit nach Deutsch land gebracht; hier ist der Aussatz zum Aus bruch gekommen. Die Mutter hat bereits ihren 13jährigen Sohn damit angesteckt, der noch bis vor wenigen Tagen in Merseburg die gehobene Knabenschule besucht hat. Es liegt begründeter Verdacht vor, daß auch schon weitere Familien mitglieder von Aussatz befallen sind. Nach dem Er umschlang sie mit leidenschaftlicher Glut und küßte sie auf den Mund, auf die Augen, auf die Haare und beide weinten leise. Wenige Wochen später führte Tobbi seine Lene als Braut an den Altar. Die Kirche im Kreisstädtchen war mit Neugierigen bis auf den letzten Platz gefüllt. Die „Prinzessin von Per- gitten" mit dem ehemaligen „Palwenkätner" trauen sehen, solch' ein Schauspiel mochte nie mand versäumen. Und wenn der Tobbi und die Lene auch jedes äußeren Schmuckes bar, in ihrer einfachen ländlichen Tracht, nur mit Myrtenkranz und Strauß geziert, ihr Gelübde ablegten — ein schöneres Paar war doch nie mals in der kleinen alten Kirche eingefegnet worden — darüber waren alle Zuschauer einig. Man meinte sogar, der Herr Pfarrer habe noch nie so schön und rührend gesprochen! Es war zwei Jahre später an einem köstlichen Herbstabend. Vollkommene Windstille herrschte bei seuchnvarmcr Luft. An der Westseite des Schlosses Wiesenheim, dort, wo sich der Eingang zur Küche und zu den sonstigen herrschaftlichen Haushaltungs räumen befindet, saßen unmittelbar neben der Thür auf einer hölzernen Ruhebank zwei Männer nebeneinander. Dann und wann sprachen sie wohl, ver stummten aber gleich wieder, im Gegensatz zu der lebhaften Unterhaltung, die hinter ihnen — bei weitgeöffneten Fenstern — von den in der gräflichen Küche beschäftigten Mägden geführt wurde. „Das schwatzt ohne Unterlaß!" sagte endlich einer der Männer zum andern. „Was doch so
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