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Allgemeiner Anzeiger : 05.01.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-01-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190101058
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19010105
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19010105
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1901
-
Monat
1901-01
- Tag 1901-01-05
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Monat
1901-01
-
Jahr
1901
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 05.01.1901
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Ein über 100 Jahre alter deutscher Staatsbürger, der sich noch im vollen Besitz seiner geistigen und körperlichen Kralle befindet, lebt zur Zeit noch in dem hart an der hau- noversch-westfälischen Grenze belegenen Flecken Levern. Es ist dies dec edemalige Bäcker meister Johann Iakob Wiedemann, der am 17. Oktober 1800 geboren ist. Einer seiner Söhne war lange Zeit Beamter beim dcmschen Konsulat in Buenos Ayres und lebt jetzt als Geyeimer Ho rat in Kwsrnhe. Wiesemann ist nie ernstlich trank gewesen. Noch als Hundert jähriger ist er gul bei Appetit uns verrichtete bis vor einiger Zeit noch leichtere Feldarbeiten. Au seinem 00. Geburtslage hat er selbst für Kaser Wilhelm einen Pumpernickel gebacken. Sandens Ehrentafel. Dem jetzt ver- hasteteu Baukdirektor Kommerzienrat Landen wurde am 9. Mai 1894. in der Pfiugstkapelle, die mmmen milder Stiftungen am Fuge des Pfingstbergcs bei Potsdam steht, eine Ehren tafel errichtet, die mit goldenen Lettern auf schwarzem Marmor »olgende Worte enthält: „Zum ehrenden Gedächtnis dem Bankdftekwr Eduard Sanden " — Die Tafel erscheint ziemlich überflüssig, denn Sanden hat sich in den Heeren seiner Mitbürger selbst ein Denk mal gesetzt, das dauernder als Stein und Erz. Neber ein Postkuriosum berichtet das »Schlettst. Tagbl/: Von einem Leser unseres Blanes wurde uns kürzlich eine Postkarte über geben, die „aus Versehen" eines Postbeamten statt nach Neustrelitz in Deutschland nach einem ähnlich lautenden Orte nach Amerika geschickt wurde. Die Karle ist hier am 10. 11. abge- sandl worden und hatte auf der Rückseite fol gende Aufschrift: „Bitte um Zusendung einer Liste V., die ich bis jetzt noch nicht erhielt. (Offenbar handelt eS sich um eine Lotterie- Gewiun-Liste.) Hochachwud X." Dieselbe Karte gelangte " sm den hiesigen Geschästsmann am 24. 12. zurück mit der Aufschrift: „Herr L. Ich ha bi Golt die Kischt net. Grus; Lucien Durand, Republic Washington Ver. Staaten von Amerika." Der gute Elsässer in Amerika, der gerade kein Meister im Lesen und Schrei. .» zu sein scheint, dürste sich jedenfalls getreu! haben, auf so kuriose Weife einen Grus; aus seiner früheren Heimat erhallen zu haben. Ein schändlicher Streich. Aus der ^Königin Ziisengrubc" begossen mehrere Berg arbeiter ff-rn Genossen Mastulla, während dieser schlief, rm Erdöl und zündeten es dann an. Mastulla erlitt furchtbare Brandwunden und starb bald nach seiner Einlieferung ins Zabrzer Knappschaflslazacett. Die Thäler wurden schort verhastcl. — Es ist kaum zu glauben, daß Leute mit gesunden Sinnen sich solcher Roheit schuldig machen können: wahrscheinlich wird Alkoholwirkung dabei wieder eine Rolle gespielt haben. Absturz. Der Besitzer des Hotels „Zum Hirsch", Karl Laincr und der Kaufmann Kmd- linger ans Salzburg stürzten von den Anlagen des schwarzen Berges ab. Beide sind tot. Brand des Hotels Axcnstein. Das allen Besuchern des Vierwaldstätter Sees bekannte Hotel Axenstein bei Brunnen ist am 29. v. früh ein Raub der Flammen geworden. Kampf zwischen Zollwächtern und Schmugglern. An der französisch-schweizerischen Grenze in der Nähe von Genf sand ein blutiger Zusammenstoß zwischen schweizerischen Greuz- wächtcrn und savoyischen Schmugglern statt. Während sonst bei der Begegnung mit der be waffneten Macht die Schmuggler ihr Heil in schleuniger Flucht suchen, schritten sie diesmal ?um Angriff und schlugen einen der Aufseher iw Boden, während einem zweiten ein Messer stich versetzt wurde. Daun freilich ergriff man unter Zurücklassung des „Gepäcks" die Flucht. Hiner der Wächter schoß auf die Fliehenden und verwundete einen, der dann festgenommen werden konnte. Die andern waren bereits über die Grenze geflohen. Die geschwärzten Waren, bestehend aus Zigarren, Tabak und Sprit, haben einen Werl von etwa 1000 Frank. Ter heftige Sturm, der seit Donnerstag an der Küste Englands tobt, hat eine Reihe schwerer Schiffsun älle verursacht. In der Nähe von Holy Head ist das Segelschiff „Primrose Hill" gescheitert. 34 Personen sind ertrunken, nur eine konnte gereuet werden. Auch von anderen Punkten der Küste werden Sch ffs- un älle gemeldet, bei denen eine ganze Zabl Menschen umgekommen sind. Der regelmäßige Dampferverkehr au dem Kanal zwischen Dover und Calais sowie zwischen Folkestone und Boulogne hat des Sturmes wegen eingestellt werden müssen. Serpa Pinto Der bekannte portugie sische Afrikareisense Serpa Pinto ist in Lissabon gestorben. Serpa Pinto hat nur ein Auer von nicht ganz 55 Jahren erreicht. AwNehnjäyrig trat er als Leumant in die vortugiesische Armee ein und wurde bald nach Mozambique beordert, von wo er größere Reisen nach dem Sambesi-, Schice- und Uganasee nntecnahm. Späier stand er w'ederholt an der Spitze erMgrei-ffer Expeditionen. Sein Plan, das Maiabeleland der portugiesischen Herrscha t zu unterwerfen, scheiterte an dem Widerspruch Englands. Die portugiesische Regierung, der schon damaG, 1890, viel au der Freundschaft Eugtands gelegen war, rief Serpa Pinto, sobald der Einspruch von Loudon erfolgte, von der Expedition zurück. Fünftausend reiche Bräute. Eine Nach richt, die geeignet ist, die gesamte Zunft der Hagestol;e in Aufregung zu versetzen, kommt aus New Dock. Sollen doch nicht weniger als fünftausend heirat-fähige, junge Jndianermädchcn, von denen ein jedes mit einem Heiraisgute von zehmausend Dollar in barem Gelde an'-gestaltet wird, sehnlich nach einem Galten von wc.ßer Hauttarbe ausschaucn! Nachdem nämlich die Negierung der Ver. Staaten schlüssig geworden ist, den fün' großen I idianerslämmen der Cherokees, Creeks, der Seminolen, Cboctaws und Chickasaws das volle amerstanische Slaats- bnrgecccchl zu verleihen, haben wre Oigane durch öffenstiäie Anschläge bekannt gemacht, daß jedes heirats ähjge, den in Fruge kommenden Stämmen angepörende Jndianer-Mä. chen, das bis unn 15. Januar l90l eine Eye mit einem Weißen einzeln, eine bare Machst von 10 000 Dollar — also mehr als 40 000 Mk. nach unserem Gelde — erkält, welche dem groß.m Besitzstände der einzuverleibendcn Judianer- tributs von Staakswegen entnommen werden. Außer dieser höchst verlockenden M tgfft wird jede nenvermählte indianische Schöne ihc-m weißen Herrn und Gebieter als Mocgengabe einen Landkomplex zubringen, der an Aus dehnung zwischen 150 bis 500 Morgen schwankt, je nachdem die Heiratskandidatin einem mehr oder weniger vornehmen Stamme angehört. In den letzten 14 Tagen sind so bereits mehr als 400 Ehcbüudmffe zu stände gekommen. Ein Riefenbankrott. Die Eisenfirma Bartel u. Komp, in Philadelphia hat mit anderthalb Millionen Dollar (sechs Millionen Mark) Passiva ihre Zahlungen eingestellt. Die Firma ha! eli Etablissements betrieben; die Ur sache der Zahlungseinstellung soll im Rückgang der Noheisenpreise zu suchen sein. Gerrchishaiie. Berlin. Die Brieünarken-Sammelwut, welche unter den Postbeamten svon so manches Ocher ge fordert, ist auch für den Briefträger Otta Baar, der vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts I stand, verbäniznisvoll geworden. Der Angeklagte ist seit dem Jahre 1892 bei seinem Berliner Postamt angestell! gewesen. In den letzten Jahren liefen dort viele Beschwerden über nicht an ihre Adresse gelangte Briefe ein. Erst im Laufe dieses Sommers gelang es dem fortgesetzten Bemühen der Passbehörde, den ungetreuen Beamten in der Person des Angeklagten zu ermitteln. Er gab im Termin gegen 30 Fälle zu, während er rüher 50 Fälle eingeräum' hatte. Der Angeklagte hat in umfangreicher Weise Briese, welche auS dem Auslande kamen, unterschlagen, um um sich die darauf befindlichen Freimarken für seine Sammlung anzuetgnen. In häufigen Fällen fand er auch im Briefe Freimarken, die er verwertete. Die Briefe wurden von ihm vernichtet. Schließlich wurde dem Angeklagten noch eine außeramtliche Hehlerei zur Last gelegt. Ein unredlicher Hausdiener hatte ihm eine Anzahl Gegenstände geschenkt, die er aus dem Geschäft seines Prinzipals cm wendet hatte. Der Gerichtshof erkannte auf ein Jahr drei Monat Gefängnis und 2 jährigen Ehrverlust bei sofortiger Verhaftung. Leipzig. Wegen eines im Jahrs 1893 be gangenen schweren Diebstahls war am 18. September vom Landgericht Halle der ResiaurMmr tzl9red Rothe in Altenburg zu drei Monat Gefängnis ver urteilt wo-den. Der Angeklagte Hane im Jahre 1893 in Halle als 18 jähriger Kellner dem Büffetier E. einen größeren Geldbetrag entwendet, indem er zur Eröffnung des betr. Behältnisses feinen Schlüssel hergab und der Wegnahme des Geldes beiwohnte, von dem er 20 Alt. erhielt. Tie Straf ache konnte erst jetzt abgeurteilt werden, weil erst neuerdings der Aufenthaltsort des Angeklagten ermittelt worden ist. — Tie Revision des Angeklagten, der nur als Gehilfe, nicht als Mitthäter angesehen werden wollte, wurde vom Reichsgericht als unbegründet ver worfen. Das Wirtschaftsjahr 1900. Noch einige Tage vor dem Jahreswechsel ist als erste Veröffentlichung heimischer Handels vertretungen über die Emw ckelunz von Deutsch lands Jndustue, Handel und Gewerbe im Jahre 1900 und über die Wahrnehmung der bezeich- n-ten Erwerbsinlcrcssen der Jahresbericht des Vereins Berlner Kaufleute und Industrieller erschauen. Neuer die allgemeine wirtschaftliche Entwicke lung bemerkt der Bericht: „Rach einer fünf jährigen Periode des wirffchastlichen Auisteigens weist das Berichffahr zum ersten Mal deutliche Zeichen eines gewissen Stillstandes, vielfach sogar eines entschiedenen Rückganges der Kon junktur auf. Diese Wendung kam nach dem beispiellosen Aufschwung, den die deutsche Vol's- wiclschaft seit 1895 genommen hat, nicht un erwartet. So lange das Deutsche Reich besteht, war wemals eine solche Aitteuiaudertolge von guten Jahren zu verzeichnen gewesen; stets war v'e'mehr rach zwei oder drei Jahren gmen Ge schäftsganges eine von kciscnhatten Erscheinun gen begleitete Stockung eingelceten. Aut Grund d eser Erahrri'gen haben Pessimisten schon vor geraumer Zeil das Ende der günstigen Kon junktur als unmittelbar bevorstehend angesehen. Ja Wirklichkeit jedoch haben die letzten Jahre die stättste Au'wärtSbcweguug gebracht, so daß bis zum Berichtsjahre die gesamte ökouomische Ennwckeluna seit 1895 alle ähnlichen Perm en in der Winschaftsgeschichle des Deutschen Re chs ii chl nur an Dauer, sondern auch an Juleusftül weil hinter sich läßt!" Der Verein habe bereits am Ende des Jahres 1899 aus zahlreichen Anzeichen die Folgerung gezogen, „daß die Periode des stürmischen Auf- wärtsstrebcns bald durch eine Zeil ruhiger und besonnener Festhaltung des Gewonnenen abge- löst werden müsse, solle nicht ein verhängnis voller Umschlag die Folge sein." Die so not wendige Zurückhaltung der Produktion und der Spekulation trat nicht ein, die Ansprüche an den Geldmarkt blieben (in den ersten Monaten des Berichtsjahres) ungewöhnlich stark — noch weit über dem Stande der gleichen Monaie des Vorjahres — und alle objektiven Beurteiler mußten mit Besorgnis der weiteren Entwickelung entgegensetzen. Dazu traten am politischen Horizont Wetter zeichen aus. Die chinesische Krisis mit ihren unübersehbaren Folgen >ür die Kulttirmächte wacf ihren Schatten voraus. Der Transvaal krieg, der die Goldgewinnung aui dem wichtigsten Produknonsgebiel lahmlegt und fortgesetzt große Ansprüche au den englischen Geldmarkt stellt, dauerte fort, ohne daß sich ein Ende ab sehen ließ. Der erste Anstoß zu einem Umschlag der Konjunktur ging von den Vereinigten Staaten aus. Bereits im Frühjahr kamen von jenseits des Ozeans ungünstige Berichte über den Eisenmarkt. Das Schreckgespenst der amerikanischen Konkurrenz auf den europäischen Märkten übte zunächst eine verheerende Wirkung aff die Börse aus. Die Entwickelung der einzelnen Geschäfts zweige veclie während des Berichtsjahres nicht ganz in einer einheitlichen Richtung. Selbst in jedem e'n Tuen Produktionszweige trat die Wirung des Konjunkturumschlages aus die ein zelnen für die Lag: und die Enlwickelungsrichtnng einer Jndustru chiral wristischen Symptome durchaus nicht gleichzeitig ein. Am frühesten ließen di-: Börsenno.wrungen aur einen Um schwung schneiens mter und nur sehr all mählich rcaien in neu Pcoouk-ionSzahlen, in der Lage des Acbeitsmarktes, in den Umsätzen, in den Preisen und im Umfange des Außenhandels Anze chen jür e ne Veränderung der Situation zu Tage. F^lich darr, insbesondere da, wo slalisiftches Material zur Bcurienung dec ge- famieu Lage herauaezogen wird, als ein ge wichtiger, die Klarheit des Gesamtbildes über aus erschwerender Faktor der Umftand nicht außer acht gelassen weiden, daß vielfach noch bis in die letzen Monate hinein die Einwirkun gen der jahrelangen Hochkonjunktur in noch lauftnden Bestellungen und Aufträgen, in den auf früheren günstigen Geschäftsgängen fußenden Dividenden und in den au» teilweise längst ge- thäügten Abschlüssen beruhenden Preisangaben zur Erscheinung gelangen, während sich die Wirkungen des Umschlages in voller Schärfte erst in den noch nicht vorliegenden Ergebnissen des letzten Monats des Jahres 1900, noch mehr aber, wie leider nicht ohne Grund be fürchtet werden muß, im neuen Jahr zeigen werden. Daß die Aufwärtsbewegung des letzten Jahrfünfts nicht mit einer allgemeinen Krisis endete, dazu haben nach der Auffassung des Berichtes eine große Anzahl Umstände beige- lraaeu, am allermeisten die Entwickelung unseres auswärtigen Handels. Die allgemeine Rückschau auf die Verhält» nisse des Berichtsjahres schließt mit nachfolgender Betrachtung: „Ermöglicht ist diese seil dem Jahre 1894 ununterbrochen andauernde Steige rung unseres Absatzes auf den aus'ävdischen Märkten, die unsere Ausfuhr von drei M lliacden Mark im Jahre 1894 aut schätzungswe se 4,5 Milliarden Mark im Larne des Berichts jahres gehoben bal, ausschließlich durch die in den Haud.lsverN'ägen gegebene stabile Grund lag' für Leu auswärtigen Handel. Die „nationale Arbeit," die in 4'/« Milliarden Mark deutscher Auefubrwareu verkörpert ist, hat für die gesamte deutsche P olkswftischaft keine geringere Bedeutung und demgemäß kein geringeres An recht auf Schutz und Berücksichtigung als die jenigen Zweige der deutschen Produktion, die mit Vorliebe das Schlagwort vom Schutz der nattonateu Arbeit für ihre Sonderinteressen in die Waagfchale w'n'en. Die wirtschaftliche Zu- kunft Deutsch anos wird wesentlich davon ab» hängen, ob durch eine Fortsetzung der Politik der Handelsverträge unserem auswärtigen Handel seine Existenzbedingungen erhallen bteiben, oder ob man cs wirklich unternimmt, die Axt an eine der Wurzeln des nationalen Wohlstandes zu legen. Nicht nur in wirtschaftlicher, auch in politischer Bez ehung würden die Folgen ver hängnisvolle sein; denn von unserer wirtschaft lichen Bedeutung hängt in großem Umfange unsere politische Wcftstellung ab. Weltmacht- polilik ohne wirischafttiche W'ttpolitik ist nicht nur zwecklos, sondern auch undnrchttlhrbar." Änntes Allerlei. Wie viel istt ein Mensch in seinem Lebe« ? In einem englischen medizinischen Blatt ist berechnet, daß ein gesunder Mensch mit normalem Appetit und Durst bis zum vollendeten siebzigsten Lebensjahre n chl weniger als 96 000 Kilogramm Nahrungsstoffc in fester und flüssiger Form zu sich genommen Haden muß, bei einem Durchschnittsgewicht von 75 Kilogramm in diesen ersten siebzig Jahren des Lebens, also das 1280 sache seines eigenen Gewichtes an Lebensmitteln und Flüssigkeit, d. tz. in einem und einem halben Monat eben soviel, wie er wiegt. Das erscheint nicht be deutend, wenn man bedenkt, daß manches Tier, z. B. der Maulwurf, an einem einzigen Tage io viel, wie sein Gewicht beträgt und noch mehr Nahrung zu sich nimmt. Tie durchschnittliche tägliche Nahrung eines Menschen würde nach der Rechnung des englischen Blattes nur etwas mehr als drei Pfund wiegen, was um so geringer erscheint, als ein einziger halber Liter Bier schon elwa ein Pfund wiegt. * * * Schlagfertig. Mann: „Brauchst du denn schon wieder neuen Stoff — ein neues Kleid?" — Gattin: „Aber Männe, du als Arzt sagst doch sonst immer: Stoffwechsel ist Lebens prinzip!" Lene war neben dem BewußiMfen aus Lie Kn.iee gesunken. Von tieistem Lchmerz ergriffen, starric sie au« das blmübcrslcömle Gcsichl des atten Vaters. Die kurz zuvor noch so große Spannkraft ihrer Natur war plötzlich wie von schweren Bleigewichten nicdergedrückl. Da trat Tobbi zu ihr. „Lene," sagie er, „die Palwenkate ist das nächste Haus. W llst du, Laß wir deinen Vater douhm — M mir tragen?" Sie nickte. „Ja, ja," rief sie angstvoll, „nur fort von hier!" „Es ist das beste," sagte jemand. „Die Uutccschtupfe werden fetten genug sein, da so Viele obdachlos sind! Man nimmi eben, was man kriegen kann." „Der al'e Anskat hat nicht zu wäblen," hieß es zurück. „Aber vom Tobbi ist's brav, wenn er nach allem, was der dickköpfige Bauer ihm geihan hat. ihu zu sich ins Haus nimmt." „Ei, er bekommt ja die schmucke Leue als Zugabe!" rief eine andere Stimme dazwischen. Aber kaum war diese Bosheit heraus, als der Betreffende auf sciucc Backe einen so derben, laut klatschenden Schlag fühlte, daß er fast umgcsallcu wäre. „Au!" schrie er wütend auf und wollte Topbi zu Leibe. Aber man hielt ihn mit Ge walt zurück. „Tic ist recht geschehen!" hieß es. „W rrum schwiegst du mcht." Der Lene hatte dieser Auftritt Lie brennende f Schamröte auf die Stirn getrieben. Aber § niemand bemerkte es. Sie kniete immer noch ucbeu ihrem Vater auf dem feschen orcncu Bo'cu un> wusch und tühlte dem Verwundeten die klaffende Wunde mit Schnee, den sic zwischen ihren Händen zu Kompressen formte Gleichviel, was die Läuermugen um sie her gesagt. Fon nach der Palwenkate mit dem armen, armen Vater! Bei Tobbi würde er gut au gehoben sein, das wußte sie. Gleich des andern Morgens in der Frühe kam die Muhme Battruszal s aus Rukischken. „Ihr könnt doch unmöglich hier bei dem Tobias Dvortschack bleiben?" sagte sie. „Bei mir zu Hause ist's freilich übervoll, das kannst du dir denken, Lene; aber es wird sich schon noch irgendwo ein Winkclchen für euch finden. Dann seid ihr doch bei Verwandten und unter einem anständigen Dache." In der Lene kochte es, aber fie nahm sich zusammen. Es durste um Gottes willen kein Zank entstehen hier am Bett des Leidenden! Die Muhme war überdies so streitsüchtig und heute in sichtlich gereizter Stimmung Wenn Tobbi ahnen könnte, was sie soeben gesagt, wie sie seit Haus und ihn selbst herabgesetzt, beschimpft hatte. Das Mädchen blickte sich scheu um. Sie wollte sehen, ob Tobbi etwa nebenan in der Kammer sei? Gottlob, cs war alles mäuschen still iu derselben! Sic nahm es lür gewiß an, Tobbi war außer Höcwcile! Aber sie icne sich. Er saß hinter der halb geöffneten Thur aus einer alten Truhe und hatte jedes 'Wort dec Muhme gehört. Dolch suche waicn es, liefe, tiefe Dolchstiche. Os nahm ihn wunder, daß er im staube war, so stumm Lnüei zu bleiben. Horch', jetzt redet die Lene. ' Was wird sie sagen? , „Muhme," flüsterte sie, des Kranken — viel leicht auch des Gesunden wegen, Tobbi konnte ja jeden Augenblick hereinlreten . . . „w:r sind dem Dvorlschack zu Dank verpflichtet, daß er uns bei sich ausgenommen hat. Und . . ." „Nun ja, nun ja," ries die Alte, deren Be streben, gleichfalls ihre Stimme ein wenig zu dämpfen, ziemlich erfolglos war. „Für die erste Nacht war das reicht gut und schön, aber länger könnt ihr unmöglich hier bleiben." „Mindestens so lauge, bis der Valer wieder zu sich komml," sagte Lene. „Dann kann er selbst entscheiden. Jetzt bleiben wir, wo nur sind!" „Ist das ein Eigensinn!" zankte die Muhme. „Ich will nicht ehrlich sem, wenn dahinter nichts anderes steckt! Die Leute munkeln schon lauge genug davon. Wie hätte sich wohl die Lene Auskat so weil vergessen können, für den her- gelaweueu Menschen bei Gericht auszusagen, demselben das Gehänglwerden zu ersparen, wenn sie nicht bis über die Ohren in ihn ver liebt wäre." „Muhme," sagte die Lene mit zitternden Lippen, „es ist nun genug! Geht, ehe der Vater erwacht und — ehe der Tobbi kommt!" wollte sie hinzufügen, aber fie verschluckte den Nachsatz. Die Muhme ging wirklich, aber fie schimpfte, als sei ihr das größte Unrecht zuaenägt worden ES erschien ibc wie eine Herabwürdigung der ganzen Anskatschcu Sippe — die üb wcus klein genug war — uub dec Baucrn'chan üoer Haupt, daß Anskat und Lene beim Doorischcck b nisten, and dann beeimcächttgte es sie wesent- l cy in ihren Rcch en, stimmte ihre Hoffnung auf ein gutes Geschäft ungemein hcrunier. Es war nicht zu bezweifeln, daß vom Land rat und „von den Zeitungen" für die Abge brannten Sammlungen ausgeschrieben werden würden. Von den reichlich fließenden Gaben — das wußte die Muhme aus früheren ähn lichen Fällen — wurden dann auch diejenigen entschädigt, die — selbst bedür t'g — den Obdachlosen bereitwillig ihr Haus öffneten und sie ernährten bis zu dem Zeitpunkt, wo die selben wieder für sich selbst sorgen konnten. Da hieß es denn bei allen gewinnsüchtigen Seelen — und zu diesen gchöite in erster Linie die Muhme Battruszaiis — je mebr, desto besser! Jedes Quart Suppe, das sie nun täglich mehr kochte, machte sich vorlieffl ch bezahlt, und die Lene hätte sie als fleßche und umsichtige Gehilfin in dem ungemein erweiterten Hausslaud aufs beste verwerten können. Daß der schwerverletzte kranke Veltcr Ruhe und gute, g sunde Lutt brauchte, nicht aber „irgend ein Wiukelchen" — das bedachte die habgierige Alle n cht. Hatte sie doch im Grunde nicht chn und seine Tochier, sondern lediglich sich selbst und ihr eigenes Wohl im Ange, aber g rabe darum nahm sie es auch so übe!, daß die Lene nicht mit dem leidenden Vater nach Rukischken übersiedeln wollig Anskcn ag noch tagelang im Zustand völliger Bewußt!' sigkeft Daun endlich fand er die Be wegung ft mcr Glieder und Lie Sprache wieder, aber sein Geist hatte sich verwirrt. S" (Foniesimz fotzt.)
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