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Allgemeiner Anzeiger : 29.09.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190009292
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19000929
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1900
-
Monat
1900-09
- Tag 1900-09-29
-
Monat
1900-09
-
Jahr
1900
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 29.09.1900
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Die Ballon-Dauerfahrt, die am Sonntag nachmittag vom Sportplatz Friedenau bei Berlin aus unter so großen Hoffnungen unternommen wurde, ist leider mißglückt. Die vier Teil nehmer find genötigt gewesen, am Montag morgen in Bernau zu landen. Ein herab hängendes Tau hatte sich im Walde fest geschlungen, so daß man nicht weiter konnte. Bei dem stürmischen Wetter drohte dem Ballon große Gefahr und so entschloß man sich zur Landung, die unter großen Mühen von statten ging. Ein heiteres Manöverabenteuer passierte dem Erbprinzen von Sachsen-Meinigen in Schweidnitz. In demselben Hotel, wo er ein logiert war, wurde eine Hochzeitsfeier abgehalten. Der Bräutigam, ein Geistlicher, wollte nach der Trauung den Talar ablegen und wurde aus Versehen in das Ruhezimmer des Prinzen ge wiesen, da der Piccolo annahm, der Prinz sei nicht da. Doch wie erschrak der Bräutigam beim Entkleiden, als aus dem Hintergründe des Zimmers der erwachende Erbprinz rief: „Nanu, was ist denn hier los?" In der Meinung, ein Dieb hätte sich eingeschlichen, eilte der be stürzte Bräutigam aus dem Zimmer heraus. Mit einer Fuhre Möbel durchgebrannt ist der Kutscher eines Charlottenburger Spedi tionsgeschäfts. Er hatte den Umzug einer Fa milie nach einem andern Stadtteil zu bewerk stelligen, traf zum Schrecken der Beteiligten in des nicht vor der neuen Wohnung ein. Er war vielmehr über Spandau nach Hamburg zu ge fahren, und indem er sich unterwegs als den Eigentümer der Fuhre ausgab, verkaufte er um jeden Preis ein Stück nach dem andern. Als er schließlich auch noch Pferde und Wagen ver silbern wollte, erregte er Verdacht und wurde alsbald verhaftet; er befindet fich in Kyritz in Untersuchungshaft. Im Schnellzuge Berlin-Hamburg ver giftet hat sich kurz vor der Station Glöwen ein Reisender, dessen Persönlichkeit noch nicht festgestellt ist; er hatte Sublimat genommen. Der Lebensmüde wurde in Glöwen ausgesetzt und ist im Krankenhause zu Havelberg gestorben. Der Selbstmörder scheint ein Ausländer, ver mutlich Spanier zu sein. Geld, Wertsachen und Legitimationspapiere wurden nicht bei ihm vor- geftmden, auch keine Fahrkarte. In der Dynamitfabrik zu Wahn wurden durch eine Explosion, die ein Blitzschlag hervor gerufen, drei Arbeiter getötet. Ein unsicherer Kantonist. Während der Reise von New Jork nach Hamburg gab ein Weiblicher Passagier der „Auguste Viktoria" einem Kinde das Leben, das den Namen Auguste Viktoria erhielt. Da die Geburt zwischen Plymouth (England) und Cherbourg (Frankreich) auf einem deutsch-amerikanischen Dampfer erfolgte, so wird die Nationalität der neuen Weltbürgerin zu nächst einigermaßen in Frage gestellt, zumal die Mutter Russin, der Vater Oesterreicher ist. Falschmünzerbande. Wie aus Köln ge meldet wird, verhaftete die dortige Polizei eine Falschmünzerbande, die große Mengen falschen Geldes verfertigte und in anderen größeren Stadien, speziell in Aachen, in Verkehr brachte. Die Aachener Polizei fand die nach Köln führende Spur auf und verständigte die Poli zei. Es gelang, fast sämtliche meist aus Aachen stammende Mitglieder der Falschmünzer gesellschaft in einer Wirtschaft zu verhaften. Zahlreiche Falsifikate wurden im Besitz der Ver hafteten vorgefunden. Man glaubt, daß man es mit dem Bruchteil einer internationalen Falsch münzerbande zu thun hat. Die Lebensmüden. An der Schiffbrücke in Mülheim a. Rh. wurden die Leichen eines Herrn und einer Dame gelandet, welche der Kleidung nach zu urteften den besseren Ständen angehören. Sie waren mit Stricken aneinander gebunden. Die Leichen konnten bis zur Stunde noch nicht rekognosziert werden. Ein Gemütsmensch. Zu einem Tischler in Arnstadt kam ein biederes Bäuerlein und bestellte einen Sarg. Im Laufe des Gesprächs erklärte der Besteller: „Gleich brauche ich ihn nicht, meine Frau ist aber so krank, daß der Doktor gesagt hat, sie würde es keine acht Tage mehr machen. Da wollt' ich denn lieber den Sarg gleich haben. Geld hab' ich auch nicht, aber ich hab' ein Gehölz, da bringe ich Ihnen Bretter dafür her." Ob der Tischler den Auf trag ausgeführt hat, ist nicht bekannt geworden. Die kranke Frau dürste von den sorgfältigen „Reisevorbereitungen" nicht sehr erbaut sein. Auch wäre noch zu überlegen, was mit dem Sarg gemacht wird, wenn die Frau es doch noch länger „macht". Mit einer eigentümlichen Hunde geschichte hatten fich die städtischen Kollegen in Flensburg in ihrer letzten Sitzung zu be schäftigen. Es lag der Antrag eines Lokomotiv führers vor, in dem derselbe um Steuerfreiheit für einen Hund bat, weil dieser seiner alten Schwiegermutter als „Fußwärmer" diene. Während zwei der anwesenden Stadtverordneten für die Bewilligung des Antrages waren, äußerte sich ein dritter Stadtvater lebhaft da gegen, indem er von einem „Bettschlaf" der Hunde nichts wissen wollte; Hunde gehörten nicht ins Bett. Nachdem der Stadtverordneten-Vorsteher seine Meinung dahin ausgesprochen hatte, daß der Magistrat allein diese Hundegeschichte schlichten solle, einigte man sich schließlich dahin, dem Bittsteller auszugeben, zuvor ein ärztliches Attest über die Notwendigkeit des Hundes als „Bettwärmer" der Schwiegermutter beizubringen. Bon seinem eigenen Hunde zerfleischt wurde der Kämmerer des Gutes Wendick in Ostpreußen. Er hatte sich zum „Schutze" gegen die Arbeiter einen Wolfsspitz beschafft, den er überall mit sich sührte. Als er das Tier, das sich offenbar noch nicht genügend an ihn gewöhnt hatte, züchtigen wollte, stürzte es wütend auf seinen Herrn los und zerfleischte ihn, ehe Hilfe herbeikam, derart, daß der Aermste nach seiner Einliesexung ins Krankenhaus alsbald seinen Geist aufgab. Der Brand im „Frisch-Glück-Schacht" bei Dux dauert fort. Die obertägigen Zugänge werden jetzt möglichst luftdicht abgesperrt; in die Röhren wird Kohlensäure eingeleitet, um nicht die brennbaren Gase zu vermehren und so den Brand zu ersticken. Der bei dem Unglück verletzte Bergverwalter Dyk ist am Montag gestorben. Nach einer Meldung aus Glasgow befinden sich gegenwärtig 24 Pestkranke im Krankenhause, 51 Personen in den Beobachtungs häusern. — Das Absonderungssystem funktio niert ausgezeichnet; es hat noch nicht ein einziger Fall von Verschleppung der Seuche statt- gesunden. Ein eigenartiges Mißgeschick ist dieser Tage einem niederländischen Reisenden passiert. Er war in einem großen Schweizer Hotel abge stiegen. Nach zwei Tagen kam der Hotelbesitzer in sein Zimmer und sagte ungefähr folgendes: „Ich habe viele Engländer als Hotelgäste; sie wollen alle ausziehen, wenn Sie noch länger bei mir bleiben!" Was sollte der Holländer gegen „die vielen" thun? Er reiste ab. Der Reisende war übrigens nicht der erste beste; es war der Präsident der niederländischen Nationalbank. Beschuldigung gegen einen deutschen Konsul. Der deutsche Konsul in Karlskrona (Schweden), G. Winter, ist gerichtlich belangt worden wegen Schmuggelei von Wein, haupt sächlich Champagner, und Zigarren. Die Miß bräuche sollen schon seit vielen Jahren statt finden. Eine Belohnung von 2SVVOO Rubel hat die Polizei in San Francisco auf die Er mittelung einer größeren Partie gestohlener Pretiosen ausgesetzt. Hierzu liegen folgende Einzelheiten vor: Am 7. August d. lag im Hafen von San Francisco der Dampfer „Corona", an dessen Bord außer mächtigen Ballen, Kisten und Kajüttenkoffern, sich auch ein unscheinbares Handtäschchen befand, das spurlos verschwunden ist. Der Dieb, der sich das zierliche Täschchen angeeignet hat, muß eine extrafeine Spürnase gehabt haben; denn es barg einen Reichtum, der wohl den Inhalt sämtlicher Kajüttenkoffer aufwiegen mochte. Unter anderem befanden sich darin: ein Medaillon, in Form eines sechzehn zackigen Brillantsternes, an schwerer, goldener birgt sich dahinter nur der Hohn? Jeder Blick, der mich trifft, würde ein Dolchstoß sein. Jedes Wort würde mich zusammenscbauern lassen, jeder Druck der Hand würde mich wie glühend Eisen brennen. Und wie nun, wenn man er fahren sollte, wessen Tochter ich bin? Meinst du, man würde es mich nicht doch fühlen lassen, »an würde mich nicht meiden und dich mit? Nein, Wolter, ich habe dich, wenn auch ohne jede Schuld, schon unglücklich genug gemacht, ich kann es nicht vor mir verantworten, dir da durch, daß ich bei dir bliebe, für immer und immer all das zu nehmen, was dir das Leben lebenswert macht." Er wollte sie unterbrechen, sie aber wehrte ihm hastig und fuhr fort: „Ich weiß, daß — wie es ja deinen Familientraditionen, deiner Bildung, deiner ganzen Individualität entspricht — die parlamentarische Laufbahn als Mitglied des Reichsrats im Anfang und darauf fich auf- bauend eine politische Rolle das Ziel deines Strebens ist. Wie aber könntest du dies alles auch nur annähernd erreichen, wenn jeden Augenblick einer deiner Gegner dir den deiner Familie anhaftenden Makel entgegen hallen konnte? Ja, schon in dem engeren Felde der Bewirtschaftung deiner Güter würde vielleicht einer deiner Untergebenen bei irgend einer Ge legenheit dir trotzig erklären, fich deiner Autori tät nicht fügen zu wollen, denn vor allem müsse doch der Herr selbst die Reinhaltung seines Namens und seiner Ehre fich angelegen sein lassen. Und so überall — auf Schritt und Tritt würdest du gegen daS Unselige zu kämpfen haben, oder selbst im günstigsteu Falle aus Furcht vor diesem ungleichem Kampfe dein Bestes: Eugene, Frische und Lebenskraft ver lieren." Walter stöhnte tief auf vor innerem Weh und schlug die Hände vorS Gesicht. Wie sehr er geliebt wurde, zeigte ihm erst diese Stunde, und doch wollte fie, die ihn so liebte, ihn ver lassen. Aber war es nicht wahr, was fie sagte — traf nicht alles zu? Heißer Zorn und tiefste Empörung stieg in ihm gegen die Urheberin dieses Unglücks ans, die vorge geben hatte, seine Freundin zu sein und ihn ver wundete, wie niemand sonst ihn hätte verwunden können. Ja, wenn er hätte Rache üben können! Aber so mußte er schweigen, um feinet- und um seiner Frau willen. Als er die Hände vom Gesicht nahm und fich wieder zu Edith wandte, kniete fie zu seinen Füßen. „O, Walter," schluchzte fie, „laß unS zu Ende kommen, laß mich gehen. Bedenke, daß Gott uns Kinder schenken könnte und ihnen einst jemand ins Gesicht sagen dürfte, daß ihr Vor fahr ein Verbrecher, ein gemeiner Dieb ge wesen ist." Er zog fie zu fich empor und sagte: „Warum kommen dir alle diese Gedanken jetzt?" „Warum? O, Malter, ich war vorher blind, erst der Brief der Gräfin hat mir die Augen geöffnet. Die wenigen Stunden find wie Jarre für mich gewesen; fie haben mich gelehrt, wftwr zu blicken Md mir gezeigt, wie alles sein wird." Walter schaute zum Fenster hinaus. Draußen ging die Sonne zur Rüste Md verklärte mit Kette, eine Nadel, die einen Seestern darstellt, aus den prächtigsten Diamanten der Welt ge bildet, ein Halbmond, aus erbsengroßen Brillanten zusammengesetzt, Armbänder aus sechs Reihen leuchtender Edelsteine, Ringe aus Saphiren und Diamanten, Blumen ans Rubinen und Brillanten hergestellt. Von dem Gesamtwerte kann man sich einen Begriff machen, wenn man die auf den Juwelenfund ausgesetzte Belohnung von 250 000 Rubel in Betracht zieht. Von dem verwegenen Pretiosendiebe fehlt zur Zeit noch jede Spur. GerichtshaUe. Berlin. Ein verschmitzter Betrugsversuch führte den Kaufmann Gidion vor die Strafkammer. Der Angeklagte war im August d. von Paris nach Berlin gereist und hier ohne Mittel eingeiroffen. Durch die Fremdenliste in den Zeitungen erfuhr er, daß ein Dr. F. aus der Provinz nach Berlin ge kommen und im Hamburger Hof abgesiiegen war. ES gelang ihm, zu ermitteln, daß F. das Zimmer Nr. 70 inne hatte und am Nachmittag des 21. August ohne Ueberzieher fortgegangen war. Nun schrieb der Angeklagte einen Brief an den Oberkellner, worin der angebliche Dr. F. ihn bat, dem Dienstmann, der den Brief überbrachte, den im Zimmer Nr. 70 befindlichen Ueberzieher auszuhändigen. Zufälligerweise war der Hotelgast wieder zurückgekehrt. Um den Betrüger zu ermitteln, wurde dem Dienstmann ein Ueberzieher mit gegeben, es solgte ihm aber ein Kriminalbeamter auf dem Fuße. Am Brandenburger Thor traf der Dienstmann seinen Auftraggeber, welcher nun fest genommen wurde. Im Termin entschuldigte sich der Angeklagte mit seiner Notlage. Der Gerichtshof verurteilte ihn zu 1 Monat Gefängnis. .Düsseldorf. Wegen Majestätsbeleidigung ist hier ein Arbeiter zu fünf Monat Gefängnis ver urteilt worden. Heilmittel gegen Schwindsucht. In einer der letzten Nummern der,Jndepen- dance Belge' veröffentlicht Prof. Charles Richet von der Pariser Universität einen Artikel über ein neues von ihm angewandtes Heilmittel gegen Tuberkulose. Man ist in den letzten Jahren, durch Enttäuschungen gewitzigt, auf diesem Gebiet recht skeptisch geworden. Da die Mitteilungen des geschätzten Physiologen in der medizinischen Welt Aufsehen erregen, so sei ihr wesentlicher Inhalt (nach der ,Frkf. Ztg.') in folgendem wiedergegeben. Der im ersten Moment gleich ins Auge fallende Vorzug des neuen Heilverfahrens vor älteren besteht in seiner offenbaren Unschädlich keit, da die Ernährung mit Fleischplasma keines falls gesundheitswidrig wirken dürste. Pro fessor Richet hat sein Verfahren seit zehn Jahren an Hunden geprüft. Er hat gesehen, daß er bei Hunden, denen er Tuberkelbacillen eingeimpst hatte, mit Arsenik, Phenol, Jod, Milch, Ammoniaksalzen, Phosphaten, Bleisalz rc. vielleicht hier und da eine Verlängerung des Lebens, nie aber eine Heilung zu erzielen vermochte. Anders bei der Behandlung mit rohem Fleisch: trotz der Impfung mit dem furchtbaren Gift nahmen die Hunde an Gewicht zu und befanden sich wohl. Professor Richet besitzt gegenwärtig dreißig Hunde, die teils vor einem Jahre, teils vor acht und sechs Monaten infiziert wurden und die bei Behandlung mit rohem Fleisch dennoch völlig gesund geblieben sind. Ebenso habe sich ergeben, daß der Zu stand von Hunden, die sich infolge von Tuber kulose bereits in «xtrsmis befanden, durch dieses Verfahren bedeutend gebessert wurde. Das Fleisch besteht nach Professor Richet aus zwei Bestandteilen, dem Plasma und dem Fibrin; das erstere ist flüssig, das zweite muskulös, fest. Nun hat sich bei Versuchen gezeigt, daß weder das Fibrin, noch gekochtes Fleisch, auf Hunde die beschriebene Wirkung ausüben, daß aber die Ernährung mit Plasma ebenso heilend wirkt wie die mit rohem Fleisch. Die Ursache dieser Einwirkung sieht der Gelehrte nicht darin, daß eine Ueberernährung einlrete; vielmehr ist er der Ansicht, das Muskelplasma ein spezifisches Gegengift gegen Tuberkulose sei. „Wenn ein Tuberkulöser stirbt, so geschieht das einzig, weil er vergiftet ist. Der Tuberkel bacillus tötet nicht durch sich selbst, sondern durch die Gifte, die er ausscheidet und unauf hörlich in den Organismus entläßt." „Wenn der Muskelsaft hellt, so geschieht es, well er ein Antitoxin enthält, das die Vernichtung deS Nervensystems durch das Tuberkelgift ver hindert." Professor Richet wünscht nicht, sich von seinem Spezialgebiet der Physiologie zu entfernen, immerhin glaubt er darauf Hinweisen zu dürfen, daß seine von ihm Zomotherapie getaufte Methode sich auch bereits an Menschen bewährt habe. Die Herren Camille Ouenne und Georges Marques haben in Montignies-Saint-Christophe in Belgien ein zomotherapeutisches Institut er richtet. Dasselbe besteht erst seit drei Monaten, und über die Erfolge des Verfahrens bei Men schen läßt sich deshalb noch nichts Endgültiges bestimmen. Bisher stehe fest, daß Gewicht, Kräfte und Appetit der so Behandelten zuge nommen, das Fieber hingegen abgenomme« habe. Professor Richet hält die Errichtung eines gleichzeitig klinischen und experimentellen größeren Instituts dieser Art für durchaus notwendig. Er empfiehlt den Aerzten, sich seiner Methode zu bedienen, und gibt ihnen die folgenden vier Ratschläge: 1) Sie mögen sich genau überzeugen, daß das rohe Fleisch und das Muskelplasma durch das Antitoxin, das sie enthalten, wirken. 2) Sie sollen den Kranken rohes Fleisch in einer Dosts von 750 Gramm oder Plasma, das aus 1500 Gramm gewonnen ist, geben. Das Plasma wird oft an die Stelle des rohen Fleisches treten, da der Kranke nur mit Schwie rigkeit 750 Gramm Fleisch zu sich nimmt, wäh rend 750 Gramm Plasma rasch genommen sind. 3) Mit der Behandlung ist in einem mög lichst frühen Stadium der Krankheit zu beginnen. 4) Die Behandlung muß sehr lange fortge setzt und darf selbst nach einer bedeutenden Besserung nicht eingestellt werden. Wir sind gespannt, wie sich die deutsche Wissenschaft zu der neuen Hypothese äußern wird. Gemeinnütziges. Zahnschmerzen. Das einfachste und un schädlichste Mittel gegen Zahnschmerzen, nament lich gegen rheumatische, besteht darin, daß man mit den Fingern das Zahnfleisch an der schmerzhaften Stelle stark reibt. Dadurch wer den die Nerven erwärmt und die Schmerzen gemildert. Das Reinigen bnntseidener Taschen- und Halstücher erfolgt am besten in lauem Flußwasser, in das man ein rohes Eigelb ge quirlt hat. Man reibt dieselben aber nur einmal vorsichtig durch das Eierwasser, spült sie gut und plättet sie noch seucht. Um Käse aufzubewahren, taucht man ihn in Essig und schlägt ihn in ein Tuch, welches in mit Salz und reichlich Pfeffer auf gekochtem und abgekühltem Wasser ausgedrückt worden ist. Kuntes Allerlei. Ein merkwürdiges Denkmal. Die ,Hannov. Tagesnachr.' lassen sich aus Emden melden: „Der Monumentalbrunnen, den die Bürgerschaft dem Oberbürgermeister Fürbringer schenken will, und der vor dem Kaiser Wilhelm- Denkmal aufgestellt werden dürfte, wird aus einem Obelisk bestehen, der mit dem Blick nach dem Hafen die Mütze schwenkt." * * Der andere Mensch. Herr Wastlmeier pflegt morgens früh nach dem Baden stets schnell hintereinander zwei Schnäpse zu trinken. Gefragt, warum er gerade zwei Schnäpse trinke, da doch einer genügen würde, antwortete er: „Ja, sehen Sie, wenn ich so morgens nach dem Bade einen Schnaps getrunken habe, so bin ich gleich ein ganz anderer Mensch, na — und der andere Mensch will dann doch auch einen Schnaps trinken." In Gedanken. General (zu einem Front machenden Soldaten, wohlwollend): „Wie heißen Sie, mein Sohn?" — Soldat: „Schultze, Euer Exzellenz!" — General: „Na, machen Sie so ihrem letzten Glanz die Wölkchen, die hoch oben lautlos und still dahinzogen, ein Bild des Friedens. Wie fest hatte er geglaubt, daß der Frieden bei ihnen wohnen sollte, und kaum waren fie an der Schwelle des Glücks, da riß unbarmherzig die Hand einer Frau den Tempel in Trümmer, den er fich aufgebaut hatte, den er auszuschmücken gedachte wie ein Heiligtum. „Walter, steh, der Tag beginnt zu scheiden," unterbrach Edith die Stille, „laß die Nacht nicht über uns Hereinbrechen und hilf mir denken, wo ich bleiben, wo ich leben kann, möglichst ver borgen von der Welt." Walter fühlte, daß ihr Entschluß unabänder lich war; vielleicht war eS auch daS Richtige, wenn fie fich trennten. Edith konnte ja seine Frau bleiben, seinen Namen tragen, ohne daß fie zusammen lebten. Doch wo sollte fie wohnen? „Ich will dir nachgeben, Edith," sagte er nach einigem Nachdenken, „mit welchem Schmerze, mit welcher Verzweiflung, das brauche ich dir wohl nicht zu sagen. Etwas über eine Meile von hier, in unmittelbarer Nähe eines Städtchens lieft ein kleiner Besitz von mir, der noch zu Schloß Bergheim gehört. In dem Schlößchen haben meist die verwitweten. Frauen unseres Hauses gewohnt. Eine Kaftellanin und zwei Mädchen halten es in Orünung. Dort wirst du, wenn du mich durchaus verlassen willst, leben können, wie es einer Hoyenftedt zukommt; du wirst meine mir angetraute Gattin bleiben, und dir wird dort die Ehre gezollt werden, auf welche du Anspruch Haft." Edith lächelte schmerzlich. Es war ihr ganz gleichgiltig, wo fie weilte, und nach äußeren Ehrenbezeugungen fragte fie garnicht. Ihr Ge bet würde doch nm sein, daß Gott ihr Leben bald beenden möge. Walter zog seine Uhr und sagte: „Wir werden gerade noch Zeit haben, hinüber zu fahren." Für Ediths waren seine Worte ein Stich durchs Herz; nun der Augenblick der Trennung kam, klangen fic ihr kalt und eisig, und doch waren fie nur das Eingehen auf ihren Willen. „Ich werde gehen und mich zurecht machen," sagte fie fast träumerisch und verließ langsam den Saal. Als die Thür hinter ibr inS Schloß fiel, mußte fie fich einen Augenblick an die Wand lehnen; eS war ihr, als würden ibre Füße fie nicht mehr tragen können. War er nicht viel zu leicht auf ihre Wünsche eingegangen? Me wenig hatte er versucht, Geqengründe anzu führen, fie umzustimmen I Er begriff das Opfer nicht, das fie ihm brachte; er ahnte die Größe desselben kaum, und doch konnte fie nicht an seiner Liebe zweifeln. Ja, fie mußte fich sagen, daß auch er einen furchtbaren Kampf zu kämpfen hebe zwischen seiner Pflicht und Ehre und seiner Liebe. Sie durfte ihm nicht zürnen, daß die ersteren über seine innige Neigung den Sieg davontrugen, einen Sieg, aber mit seinem Lebensglück, mit seinem Herzblut bezahlt. Nock einen Moment schwankte Edith, ob fie nicht umkehren sollt-, doch im nächsten schon sagte fie sich: „Nein, jetzt will ich auch durchführen, was ich mir vorgenommen." Mu tFortiegung folgt.)
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