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Allgemeiner Anzeiger : 14.04.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191704149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19170414
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19170414
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-04
- Tag 1917-04-14
-
Monat
1917-04
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 14.04.1917
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! Landstädten zu rechnen sind, für die nach dem sonderen Verhältnisse der Städte zn beurteilen Kriegshäscn. Lon Zeit zu Zeit werden etliche Ossiziere rind Admirale „ganz zufällig" er Vie „stille" Flotte. Wo sind Rußlands Schiffe? Eigentlich könnte man bei allen unseren sGcguern von der „stillen" Flotte sprechen, aber iteiue hat wohl diesen Namen so ehrlich ver dient wie die russische. Das einzige noch außerhalb der heimischen Gewässer schwimmende sein wird. Im allgemeinen wird der Steuer- oidnung nur für beschränkte Zeit zuzuslimmen sein. Bärenfleisch für Berlin. Aus dem Ranbtierbestand des Zirkus Hagenbeck, der dieser Tage Berlin verlassen hat, sind zwei Bären ge schlachtet worden. Da das Fleisch bei der Be schau als einwandfrei erklärt wurde, bat ein Berliner Weinrestaurant das Fleisch jur den Preis von 1000 Mark gekauft. So wird man setzt Gelegenheit haben, in Berlin markenfrei Bärenfleisch zu genießen. Prämien für Kriegsanleihezeichner. Die Inhaber der Ardeltwelke in Eberswalde gewährten jedem ihrer Arbeiter und Beamten, der die 6. Kriegsanleihe zeichnet, eine Prämie von 8 Mark für je 100 Mark Zeichuungssumme. Jeder, der durch kleine Teilzahlungen eins Ein lage von 80 Mark erreicht hat, erhält ein An leihepapier von 100 Mark Nennwert ausge- händigt. Trotz dieser beträchtlichen Vergünstigung bleibt für jeden die Zeichnungshöhe unbeschrünkl. Außerdem hat die Firma zum weiteren Anreiz 500 Mark gestiftet, die unier den Zeichnern in Gestalt von fünf Anleihepapieren von je 100 Mark unentgeltlich verlost werden. Durch die Prämiengewährung und durch die Verlosung werden viele zur Zeichnung angeregt, die sonst ihr Geld dem Vaterlands nicht geliehen hätten. Der Erfolg ist groß; hat doch die Zeichnungs summe schon am dritten Tage nach Bekanntgabe der Vergünstigungen die Summe von 40 000 Mark überschritten. Zündwarcnexploswn im Postwagen. Die Versendung von Zündwaren in Feldpost paketen hat jetzt auf der Strecke Berlin—Han nover ein Todesopfer gefordert. In dem Post wagen eines Eilgüterzuges entstand nachts zwischen Nennhausen und Rathenow auf der Fahrt ein Brand durch Selbstentzündung von Zündwaren, die in einem Feldpostpäckchen ent halten waren. Das Feuer griff im Postwagen immer mehr um sich, und nur dem sicheren Flammentode zu entgehen, sprang der Post schaffner aus dem fahrenden Zuge. Dabei er litt er so schwere Verletzungen, daß er bald daraus starb. Er wurde als Leiche neben dem Gleise gesunden. Der brennende Wagen wurde auf der Station ausrangiert. Städtisches Schiedsgericht für bürger liche Rechtsstreitigkciten. Die Stadtverwal tung zu Bieleield hat unter der Leitung eines Juristen ein Schiedsgericht für bürgerliche Strei tigkeiten eingerichtet. Unter Berücksichtigung aller Berufskreise sind 74 Beisitzer ernannt worden, um nach Möglichkeit die einzelnen Streitfälle von Sachverständigen beurteilen und entscheiden zu lassen. Die Hauptaufgabe des Schiedsgerichts soll darin bestehen, die beiden Parteien zu einem Vergleich zu bewegen. Das Fällen eines Schieds spruchs würde erst in zweiter Linie erfolgen. Die Pocken in Schweden. Nachrichten aus Schweden zufolge nehmen die schwarzen Pocken in ganz Schweden einen beängstigenden Umfang an. Vor allen Dingen ist die Umgegend Gefles arg von ihnen in Mitleidenschaft ge zogen. Die letzten Tage verzeichneten wieder mehrere Todesfälle. Man läßt nichts unver sucht, dec Epidemie Herr zu werden. VolksnirtsebaMickes. Kricgshintcrblicbcncnfürsorge. In fast allen Städten und Gemeinden sind.nunmehr amtliche Für- sorgeüclleu eingerichtet, die sich der Hinterbliebenen mit Nat und Tat annehmen. Hier erhalten die Hinterbliebenen nähere Auskunft, insbesondere über schossen, sonst hat man wenig von Rußlands Marine gehört. Außer den '4 Linienschiffen „Poltawa", Gangut", Petropawlowsk" und „Sewastopol" (die nach einer ,Times'-Meld»ug Ende Oktober 1915 bei Helsingfors auf eine Mine gelaufen und halb zerstört sein soll), werden etwa drei der neuen großen Panzer kreuzer der „Corodino"-Klasse fertig geworden sein, wenn das für den Bau bestimmte Geld nicht wieder iu den Taschen irgend eines Groß fürsten verschwunden ist. Einmal in diesem Kriege hat Rußlands Ostseeflotte gekämpft, als sie in den neutralen schwedischen Gewässern unser schwach bewaffnetes Minenschiff „Albatros" „besiegte", sonst nicht wieder. Sie soll in den Kriegshäfen von Helsingfors, Kronstadt und Reval auf ihren Lorbeeren ruhen. Etwas mehr hat man von der Schwarzen Meer-Flotte gehört. Diese hat sich wenigstens öfter auf das Element, für das sie eigentlich bestimmt ist, hinausgewagt, wenn sie auch trotz ihrer Überlegenheit keinen Erfolg gegen die Türken und Bulgaren erzielen konnte. Die russische Presse ver sprach zwar seit der Indienststellung des neuerbauten Linienschiffes eine regere Tätig keit, aber das Schiff ist inzwischen infolge einer Explosion bei Sewastopol gesunken. Zwei weitere Linienschiffe derselben -Klasse, „Jekate rina II." und „Imperator Alexander lil.", müßten auch schon fertig sein, und ebenso „Iwan Großny", wenn — ja wenn es mit ihnen nicht wieder so gegangen ist wie mit so vielem in Rußland. Gesehen hat noch niemand diese Neubauten. Sind sie aber wirklich fertig, so verfügt Rußland jetzt über ein gleichwertiges Geschwader von je drei neuen Linienschiffen (sowohl in der Ostsee wie im Schwarzen Meere), die unter guter Führung wohl geeignet gewesen wären, einen Kampf mit der türkischen und der bulgarischen Flotte zu wagen. und deS Innern jetzt in einem gemeinschack- lichen Erlaß betonen, hat eine Stadt die Katzen- steuer »ach kurzem Bestehen wieder aufgehoben, weil die Katzen nach Einführung der Steuer in so großer Zahl abgeschafft wurden, daß sich eine starke Ratten- und Mäuieplage bemerkbar machte. Auf die Anfrage eines Oberpräsidenlen, ob Städte mit etwa 6400 Einwohnern zu den Von Mk unä -fe^n. Keine Eierscndnngcn an Kriegs gefangene. Die schweizerische Postverwaltung, die den Postverkchr mit unseren Kriegs- und bürgerlichen Gefangenen in Frankreich und Italien vermittelt, hat wiederholt über die Belästigungen und Störungen geklagt, die ihrem Betriebe da durch erwachsen, daß aus Deutschland an die Gefangenen rohe Eier und weiche, saftige Früchte in Briefpäckcheu verschickt werden. Die schwache Verpackung der Päckchen kann oft dem Druck, dem die Sendungen in den Postbeuteln ausge setzt sind, nicht widerstehen; .die Flüssigkeit quillt aus den Päckchen hervor und beschmutzt andere Sendungen und die Postbeutel. Die Versen dung von rohen Eiern und von weichen, saftigen Früchten in Päckchenbriefen an die Gefangenen ist deshalb nunmehr von der Postverwaltung untersagt worden. Die Versendung in Post paketen bleibt gestattet, wenn diese der laugen Beförderuugsdauer und der weiten Entfernung euhprechend gut verpackt sind, sollte jedoch wegen der Geiahr des Verderbens auch lieber unter bleiben. Es wird geraten, Postpakete mit solchem empfindlichen Inhalt durch Vecmerke wie „Zer brechlich — Fragile" in der Aufschrift der be sonders schonenden Behandlung durch die Post- angestellten bei uns und im Auslande zu empfehlen. Die Nachteile der Katzensteucr. Die von den preußischen Ministern vor einigen Jahren den Gemeinden empfohlene Katzensteuer hat sich Nicht bewährt. Wie die Minister für Finanzen .russische Kriegsschiff ist der „ASkold". Die Ost- j erwähnten Runderlaß der Minister vom 8. März seeflotte der Russen hat sich im Lanie des 1912 eine Katzensteuer als für ländliche Ver- Krieges wahrscheinlich vermehrt, aber sie blüht! Wtniffe ungeeignet ausgeschlossen bleiben sollen, nach wir vor im Verborgenen der russischen, erklären die'Minister, daß dies nach den bc- ihre Verfügung. Ihnen kann nur immer wieder dringend geraten werden, nach Eintreffen der Todes nachricht sich sobald a!s möglich an diese Fürsorge stellen zn wenden. Durch die rechtzeitige Sorge für die Zukunft der Familie werden sich manche Nach teile, die sich aus einer verspäteten Stellung der An träge oder aus mangelnder Unterrichtung über die bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse ergeben könnten, vermeiden lassen. Auch werden die Hinterbliebenen eine Stütze darin finden, daß sie eine Stelle wissen, die von Amts wegen dazu be rufen ist, ihnen beratend zur Seite zu stehen. Die amtlichen Fürsorgestcllen selbst werden erneut darauf hingewiesen, ihre Errichtung durch die örtliche Presse, durch Aushang oder Bekanntmachung allen Orts eingesessenen ausreichend bckanntzugeben. Landwirtschaftliche Arbeit a» Sonn- und Feiertage». Die Arbeiten der Feldbestellung, Saat und Ernte, des Einfahrens, AusdreschenS, s Düngerfahrcns sowie alle Erd-, Kultur- und sonstigen Der russische Justizminister Kerenski. Einer der mächtigsten Männer Rußlands ist frag los der Justizminister Kerenski. Dieser 36jährige Rechtsanwalt war Abgeordneter von Saratow und gehörte zur Fraktion der Sozialagrarier, ein vor züglicher Redner, der einen großen Einfluß auf die Arbeitcrmassen ausübie, der unzweifelhafte Proben von Mut abgelegt hat. Unermüdlich reiste er in Rußland umher, um die Fäden der Arbeiterorgani sation wieder fester zu knüpfen, die durch reaktionäre Maßregeln gerissen waren. Wiederholt ließ er sich in der Duma heftig gegen die Regierung aus, aber die Veröffentlichung der Kcrenskischcn Reden wurde stets von der Zensur verhindert. Arbeiten in Feldern, Gärten, Wiesen, Weinbergen, Forsten und Anpflanzungen usw. sind während der Kricgszcit auch an Sonn- und Feiertagen gestattet. Es ist, wie von amtlicher Seite betont wird, vater ländische Pflicht, durch Ausnutzung der Zeit zum Gelingen Ler Ernte und damit zur Sicherung der Volksernährung beizutragen. — Anderseits sollten aber auch die Behörden gerade jetzt in der Zeit der Frühjahrsbestellung möglichst wenig Eingriffe in den Gang des landwirtschaftlichen Betriebes unter nehmen. I^unkt uncL Wissenschaft. Bleivergiftung durch ei» ii» Körper verbliebenes Geschosr. Vleigeschosse, die ohne Neizwirkung eingeheilt sind, und deren Lage keine lokalen Beschwerden verursacht, betrachtet man vielfach als „harmlose" Fremdkörper, die ruhig inr Körper gelassen werden dürfen. Diefe Anschauung ist auf die vielfache Unkenntnis der Quellen der Bleivergiftung zurückzuführen. Wäh rend die Bleischäden in industriellen Betrieben bekannt sind, wurde bisher weniger beachtet, daß auch durch das Wasser aus Bleirohrleiiungen, durch Zuckerwaren, die lange Zeit in Staniol eingepackt waren, und schließlich auch durch Blei geschosse eine chronische Bleivergiftung hervor- gerusen werden kann. Hierbei ist zu beachten, daß die Verteilung der Bleimenge und ihre Lage wichtig ist, daß z. B. viele Schrolkörner im Körper häufig schädlicher sind als eine einzelne große Kugel. Die durch das Blei hervorge rufenen Störungen gleichen ost völlig denen bei. Neurasthenie und werden später häufig auch als gichtisch ausgelegt, was die bisherige Nichtbe achtung der Bleigefahr bei im Körper verblie benen Geschaffen erklärt. Trotzdem halten her vorragende Arzte es für falsch, eine Operation in jedem Falle vorzunehmen. In schwereren Fällen soll man die Kugel im Körper belassen, jedoch als Gegenmittel Jod anwenden; in allen leichteren Fällen aber sei es ratsam, die Blei körper zu entfernen. Im übrigen gibt es viele Körperstellen, wo eine Bleivergiftung nicht statt finden kann, das sind jene Stellen, wo keine stärkeren Lösungsmöglichkeiten für das Blei vor handen sind. Vermischtes. Gefindercchto auf dem Hunsrück. In den abgelegenen Orten des Hunsrück, wohin die Welle des modernen Großstadtgeistes nicht gedrungen ist, haben die weiblichen Dienstboten bis jetzt an ihren allen Rechten festgehalten. Trotz Krieg und Teuerung verlangen sie von der Dienstherrschaft jährlich ein Paar neue Ar- beitsjchuhe uebeu sämtlichen Neparaturkosten ihres Schuhwerks. Zur Kirmes erhallen sie einige Ellen Leinwand, ein Tuch und eine Schürze, zu Weihnachten oder Nikolaus ein Kleid und Sirumpjwolle. In ihren Lohn- sorderungen freilich halte» die Mägde am Alt hergebrachten nicht fest, sie beampruchen viel mehr recht „moderne" Löhne. Ein iin ersten Jahr dienendes Mädchen verlangt schon jährlich 300 und mehr Mark; allere sogar 400 bis 420. Wie es seit Einführung der Stiefel- und Kleiderkarte mit ihrer Naturalieuvergütung wird, ist zurzeit eine noch ungelöste Frage. Die Hausente als Wetterprophet. Man weiß, daß zahlreiche Vogelarten für die Ein flüsse der Witterung in solchem Maße empfind lich sind, daß sie Wetterumjchläge vorauszusühleu vermögen. Zu den besten dieser Wetterpropheten gehören unsere Hausenlen, die als sehr zu verlässige Verkünder eines plötzlichen Witterungs wechsels zu betrachten sind; dieses feine Vor gefühl für den Wetterumjchlag ist den Hausenlen aus ihrer wilden Vorzeit erhalten geblieben. Wenn z. V. die Enten am Abend gegen ihre sonstige Gewohnheit sreiwillig den Slall auf suchen, kann mil Sicherheit angenommen werden, daß das Thermometer in der Nacht merklich fallen wird. Wenn umgekehrt im Winter die Enten eingeschlossen sind, plötzlich alle Zeichen lebhafter Unruhe äußern, indem sie entweder laut schnatternd umherlaufen oder sich auf den Boden werfen und Bewegungen wie beim Baden ausführen, tritt stets nach einer kurzen Frist GericktskaUe. Liegnit?. Eine 14 jährige Mörderin ist durch das hiesige Landgericht abgeurtcilt worden. Das Dienstmädchen Margarete Günzel aus Haynau in Schlesien Halle am 30. Oktober o. I. seine schlafende Dienstherrin, die 77 jährige Nenlierswitwe Pauline Kügler wegen angeblich „schlechter Behandlung"'im Bett zur Nachtzeit überfallen und die wehrlose Greisin durch Zertrümmern der Schädeldecke mit einem Beile meuchlings umgebrachl. Das Ur teil fiel verhältnismäßig milde aus und lautete auf 9 Jahre Gefängnis. Wien. In dem Prozeß gegen die Angeklagten der Depositenbank, die wegen Preistreiberei ange klagt waren, wurde folgendes Urteil gefällt: Dr. Kranz nenn Monate strenger Arrest und 20 000 Kronen Geldstrafe, Dr. Freund nenn Monate strenger Arrest und 15 000 Kronen Geldstrafe, Rubel drei Monate strenger Arrest und 10 000 Kronen Geld strafe und der Angeklagte Fellx sechs Monate strenger Arrest nnd 20 000 Kronen Geldstrafe. Allen Angeklagten sind, wenn die Geldstrafe nicht einzubringcn ist, weitere vier Monate strenger Arrest anzurcchnen. Gegen die Angeklagten Schwarz wald und Perlberger wurde das Verfahren ausge schieden. Mit diesem Urteil hat das Gericht aus gesprochen, daß Dr. Kranz und seine Genossen, die ihre Bierlieferungsverträge mit dem k. u. k. KriegS- ministcrium dazu benutzten, sich auf wucherische Weise zu bereichern, als gefährliche Schädlinge zu betrachten sind. n!s bräche sie der Fabrikhund zwischen seinem Gebiß. Im Nu war der lustige Kerl ein Klumpen zerfetzten Fleisches. Mir ging es durch Mark und Bein!" „Erzählen bißchen fix, Mahler," mahnte ihn fein Nachbar. „Madame Müller sieht wie auf glühenden Kohlen." „Wir gingen alle mit der Leiche," erzählte Mahler desto bedächtiger, „der Herr Doktor auch. Am Grabe hielt er dis Rede. Ich stand ihm gegenüber und schaule ihm auf die Augen, uich: auf den Mund, die Augen sind der Spiegel der Seele. Er sprach wie ein Buch, ober ich fühlte, daß seine Wörle ans dem Herzen kamen. Eine Träne rieselte schwer iu seinen Schnurrbart; sie war echt, das hab' ich mir gesagt, das ist der Mann, der hat ein Herz für seine Arbeiter, für den gehst du durch das Feuer!" „Ec liebt euch," bestäiigie Frau Müller, die nach aller Weiber Art während der Erzählung Mahlers bei den Krastsiellen mit dem Kopfe ge nickt hatte, „glaubt es mir, denn er glaubt an die Mensche»/' „Er sieht auf Ordnung, das ist wahr," sagte jetzt der erste Arbeiter, „aber er protegiert keinen, horcht auf keinen und alle stehen gleich gut bei ihm «»geschrieben. Wenn alle jo wären wie er, wir Arbeiter wären anders!" „Wir wären anders, wir sind auch anders, Fran M'^er!" meinte Krüger in seiner derben, »ufrichi Art. „Wir wissen wohl, daß es in ven Kuwc!!, denen unser Herr Direktor ange- jört, Leitte gibt, die nichts tn», als sich darüber D Lrqern. daß wir lebe», denen unser höchstes. nicht heilig ist. Dies erbittert uns.' Wir wollen, weil wir Arbeiter sind, auch respektiert sein!" „Ja, ja! Ich weiß wohl, was ihr meint und wie ihr denkt," unterbrach Frau Müller Krüger resoini. „Wollt ihr was trinken? Ein Glas bayerisch Bier, darf ich's bringen?" Die Arbeiter bedankten sich schon im voraus; geschäftig eilte Frau Müller aus dem Zimmer, in. dem sich die Leute dann neugierig um blickten. „Der Herr Direktor ist sehr schön eingerichtet," meinte Mahler. „Was stellt denn das Bild dort vor ?" fragte Kahle. „Ein Mann, der mit einem Weibe — Don-' ncrwetter, ist die fchöu — znfammeugebunden ist und mit ihr ins Wasser springen will!" — er war ganz nahe au daS Bild getreten. — „Seht nur das finstere Gesicht von ihm; er kneift die Augen zu. Kein Wunder! Unsinn ist's, wenn ein püar junge Menschen ins Wasser springen. Tas Leben ist so wie so kurz; wir leben doch und sind auch keine Nebnse!" „Kcösuse heißt's, Kahle," verbesserte ihn Mahler. „Krösns war ein großer Kapitalist des Altertums; ein richtiger Rothschild!" „Das hast du gewiß von den klugen Herren gelernt," entgegnete der andere ärgerlich, „die uns mit Worten zu deu Herren der Welt machen wollen, Unterschied muß sein, auch im Aussprcchen von Namen." „Wir sind alle Menschen," meinte Krüger, .einer wird wie der andere geboren, einer beißt wie der andere ins Grast Warum sollen im Leben Unterschiede sein!" „Da mußt du den alten Petrus fragen," sagte Kahle scherzend, „wenn er die Himmels- lüre öffnet." Frau Müller kam jetzt wieder ins Zimmer und trug drei Seidel in der rechten Hand, während sie in der linken Hand einen Korb mit mehreren Flaschen Bier Hielt. Sie schenkle ge schäftig die Gläser voll. „Nun laßt's euch schmecken!" Die Arbeiter kamen mit vielen linbeholfenen Bücklingen und Dankesworwn der Aufforderung nach. „Wirdanken auch schönstens, Madame Müller," sagte Krüger, dann wandte er sich au feine Freunde: „Kameraden, stoßt an auf das Wohl unseres gütigen Herrn Direktors." Die Leiden anderen folgten seiner Auf forderung, stießen ncit Krüger an und riefen: „Er lebe hoch! hoch!" „Pst, nicht so laut!" wehrte Frau Müller, eilte »ach der Türe und blickte durchs Schlüssel loch. „Gott sei Dank, er schläft noch. Sprechen wir leiser," wandte sie sich dann an die drei Arbeiter und nahm an deren Tische Platz. „Habt ihr schon gehört, wie'S mit der Wahl aussieht, Krüger?" „Was kaun man sagen!" meinte dieser. „Es wird ein heißer Kampf werden. Die Gegner unseres Herrn Direktors setzen alle Hebel in Bewegung, Mann für Mann eilen an die Urne. In der Stadt, io meine ich, sieht es für den Herrn Direktor böse aus." „DaS Schandblatt l" grollte Frau Müller. „Ja,.das Schandblatt, das jedem," sagte Mahler, „auch jedem von »ns, denken Sie die Frechheit, zugesteüt wurde, schadet dein Herrn Direktor sehr. Die Leute sind einmal so, wo über einen hergezogen wird, da sind sie dabei!" „Nur die Gewohnheit stumpft sie ab,^ sagte Krüger philosophisch. „Wie der Bauer mit dem Mist umgeht, so gehen die Menschen mit dem Menschen um, nur wenn Unsereins deu Mist im eigenen Hauss zusammeukehrt, da reiße» sie nicht einmal die Mäuler auf. Die Ehre wird mit dem Gelds gewogen und wo kein Geld ift, hat auch die Ehre keine Heimat!" „Oho, Krüger, das ist nicht wahr," bestritt Mahler lebhaft die Behauptung des anderen. „Ich ernähre mich und die Mein»« redlich, anf die Minnle zahle ich meine Steuern und meine Miete, sieh meinen Nock au, 's ist gutes Tuch. Meine Fran geht einfach, aber sauber und meine Kinder sind schmuck gekleidet. Uud ich sollte keine Ehre im Leibe haben, weil ich von der Hand in den Mund lebe?" „Mahler, ich war in Berlin," holte Krüger, der unter seinen Genossen als rechthaberisch be kannt war, weitläufig aus, „da habe ich in der Reichsbank eingezogene Scheine gesehen. Nun, denke dir den Fall, daß, nachdem die Scheine längst außer Kurs waren, ein guter deutscher Michel in feinem Strumpf einen solchen Schein hat. Ja, Pseifendeckell Der gilt »ix mehr. Ein solcher Schein, Mahler, ist unsere Ehre; sie ist nicht im Kurs!" Tr ii (Fortsetzung folgte
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