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Allgemeiner Anzeiger : 11.07.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191707115
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-07
- Tag 1917-07-11
-
Monat
1917-07
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 11.07.1917
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Zm Husguck. Der Streit um Elsaß-Lothringen. Wie,Petit Parisien' mitteilt, hat die Senais- kommissiou für auswärtige Angelegenheiten be- jchlossen, den Ministerpräsidenten Ribot vor sich zu laden und ihn über die Erklärungen des Ministers Thomas bezüglich einer Volksab stimmung in Eifaß-Lothringen zu vernehmen. Bekanntlich hatte Thomas im russischen Sol datenrate die Meinung vertreten, daß er nichts gegen eine Volksabstimmung in Elsaß-Loth- ringen habe, wenn die seit 1871 in Elsaß- Lothringen eingewanderten Deutschen nicht mit- slimmen, und statt dessen die seitdem aus dem Lande ausgewanderten Elsässer wieder zurück kehren dürsten, um über das künftige Schicksal ihres Landes mitzustimmen. — Ein in Elfast- Lothringen lebender Holländer betont in einer Zuschrift an den ,Nieuwe Rotterdamsche Courant', dast 95 "/-> der elsaß-lothringischen Bevölkerung Deutsch denkt und spricht, und bemerkt, dast es unter den oberen Klassen einige Damen und auch Herren gibt, die Französisch sprechen, be weise noch nicht, daß das Volk französisch ist. Ebensogut könnte man sagen, daß Holland französisch sei, weil einige Familien in dem Haag es für fein halten, Französisch zu sprechen. * Rückgang der amerikanischen Einfuhr. Die Londoner .Financial News' bringen eine Kabelmeldung ihres Börsenberichterstatters aus New Uork, worin es heißt: Die U-Boot- Tätjgkeit und der SchiffZraummangel, ein Nach lassen der Fabrikation, das auf der Unmöglich keit der Beschaffung hinreichender Mengen von Rohstoffen und Arbeilermangel beruht, waren di» Gründe für einen Rückgang der Einfuhr in New ^ruk im Mai, die sich nur auf 118850000 Dollar gegen 186 801000 Dollar im April und 147 901 000 Dollar im März belief. * Wettkampf gegen die Fliege». Eigen Weltkamp gegen die Fliegen kündigt ein Chikagoer Projeffor an; denn er hat herans- gefun'oen — ivas wohl nicht ganz neu ist —, daß die Fliegen sich gerade während des Welt- kriege-L a's die gefährlichsten Infektionsträge- rumen erwiesen hätten. In England hätten die HUstne-Jnspektoren richtige Vernichtnngsfeldzüge gegen die Fliegen organisiert, und man hätte Wettbewerbe mit Preisen veranstaltet. In Frank reich habe General Ballard als Vorsitzender des Hygteneratss in der französischen Armee eine Anzahl Vorträge über die unabweisbare Not wendigkeit der Vernichtung der Fliege gehalten. Die Stadträte von London und Manchester Hünen besondere Ämter für Fliegenvernichtnng eingerichtet. Die französischen Abgeordneten Schmidt und Godart hätten sogar einen Gesetz- ewmnrf gegen die Fliege eingebracht. Da sei der Krieg gekommen, und der Mensch hätte plötzlich so viel mit der Vernichtung des Menschen zn inn gehabt, daß er sich den Fliegen nicht mehr widmen konnte. Nun sei es aber höchste Zeit, daß der Krieg gegen die Fliege wieder anigenommen werde. Während des spanisch- amerikanischen und während des Burenkrieges ieten die Fliegen die Träger von Infektionen nnd Epidemien aller Art gewesen. Von unck Arn. Der Wiederaufbau Romintcns. Die Ptäne znm Wiederaufbau der von den Russen zerstörten Ortschaft Nominten, wo sich das Jagd- nhtoß des Kaisers befindet, lagen kürzlich dem Kaiser vor und sanden dessen vollen Beifall. Vermerke ans den einzelnen Blättern, wie „Sehr gelungen", „Einverstanden" und „Sehr gut" zeugen von dem lebhaften Anteil, den der Monarch an dem Wiederaufbau deS Ortes nimmt. Heizende Ausländer. Aus verschiedenen Gegenden, so ans Düsseldorf und dem ober- ichlesitchen Kohlen- und Eisenbezirk werden Un ruhen gemeldet, die auf Hetzereien von Aus ländern zurückgcführt werden, denen bei uns eine Bewegungsfreiheit gelassen wird, die unsere Feinde keinem MewWcn gewähren würden. In Düsseldorf entwickelten sich ans Ansammlungen bei der Lebensmiltelbeschaffung Ausschreitungen, an denen vornehmlich halbwüchsige Burschen, Kinder nnd auch Frauen beteiligt waren; Schaufenster wurden zerstört, Läden geplündert, wobei die Läden mit alkoholischen Getränken bevorzugt und Waren auf die Straßen ver streut und verwüstet wurden. Aussehen mußte es erregen, daß Ausländer, Belgier und Russen, an den Krawallen als Beteiligte fest gestellt und hinter Schloß und Niegel gebracht wurden. Auch in Gleiwitz und Hindenburg (Zabrze) kam es zu Krawallen, zu denen Hetzereien Anlaß gaben, die von fremden Per sonen, die aus dem Westen inS oberschleiische Jndustrierevier gekommen waren, angestiftet worden waren. Die Gerste,«ernte hat im westfälischen Jndustriebezirk begonnen. Soweit man das Ergebnis bis jetzt übersehen kann, dürfte die Ernte befriedigend aussallen. Der Stand des Roggens ist ein guter und auch Weizen nnd Hafer stehen nach den erneuten ergiebigen Niederschlägen besser. Für die Wiesen und Weiden war der letzte Regen von großen, Werte; man rechnet jetzt auch mit einem besseren zweiten Kleeschnitt. Das Anpflanzen von Runkeln und Kappus ist zum größten Teil be endigt und war von gutem Pflanzwetter be günstigt. Der Kochbrunnen in der Hotelkiiche. Eine interessante, wenn auch in den Folgen nicht gerade angenehme Erscheinung konnte dieser Tage im Bahnhosshotel in Niederkrumm hübel im Niesengebirge beobachtet werden. Auf bisher unaufgeklärte Weise brach in der Küche des Hotels an sechs verschiedenen Stellen kochend heißes Wasser hervor, das herumstehende Personen verbrühte. An jeder der sechs Stellen wurden bei iedem Hervorquellen ruckweise etwa 6 bis 10 Liter klares Wasser hervorgestotzen, das einen salzigen Geschmack hatte. Die eigen artige Erscheinung soll genauer untersucht werden. Eine Käseschlacht. Ein billiger Lebens mittelhandel sand vor einigen Tagen vor einer Molkereiniederlage in Marienburg (Westpreußen) statt. Dort kippte der mit gefüllten Milch kannen und großen Kisten Schichtkäse beladene Wagen eines Kasereibesitzers um, und sämtliche Milchkannen und der weiche Käse rollten auf die Straße. Im Augenblick kamen Hunderte von Frauen und Kindern herbeigelaufen, die den Käse in Hüten, Töpfen und Schürzen ein packten und damit nach Hause eilten. — Ähn liche „Schlachten" sind neuerdings wiederholt in westpreußischen Städten „geschlagen" worden. Während diesmal der Siegeslohn in Käse be stand, waren in den vorangegangenen Fällen Eier und Butter die Kriegsbeute. Russische Spitzel in Polen. In der letzten Sitzung des Gemeinderates in Lublin wurde der Antrag des Präsidenten auf Aus schließung des als russischer Spitzel entlarvten Gemeinderates Luszcynski einstimmig ange nommen. Die Zeitung ,Zimie Lubelska' meldet, daß es den Polizeibehörden bei Untersuchung der Angelegenheit Luszcynski gelungen sei, einen zweiten Spitzel namens Ladislaus Bilaszenski zu ermitteln und zu verhaften. Lebensmittelkrawalle in Leith. Hollän dischen Blättern zufolge, stürmten in Leith (England) bei Ankunft eines Dampfers Hunderte von Menschen die Schuppen, in die eine Ladung Lebensmittel gebracht werden sollte. Kisten mit Margarine und Körbe mit Gemüse wurden auseinandergerissen und verteilt. Erst nach mehrstündiger Arbeit gelang es Polizei und Feuerwehr, die Menge zurückzutreiben. Selbst der Wagen, der Schiffsproviant brachte, wurde von der Menge geplündert. Schweres Eisenbahnunglück. Ein von Wladiwostok kommender, gemischter Eijenbahn- zug fuhr in voller Fahrt auf einen rangierenden Materialzug im Bahnhof Chabarowsk. Beide Züge wurden vollständig zertrümmert und ver brannten. Insgesamt wurden 48 Personen getötet und 94 schwer verletzt. Unter den Ge töteten befinden sich vier Amerikaner, darunter ein amerikanischer diplomatischer Kurier, vier Engländer und drei Japaner. Der Eisenbahn verkehr auf der sibirischen Bahn mußte drei Tage unterbrochen werden. In den Niagarafiuß gestürzt. Wie aus Buffalo gemeldet wird, ist ein elektrischer Zug in den Niagamfluß gestürzt. 80 Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Offensive der Russen in Gsigalizren. Nachdem die Russen durch die Revolution im Innern behindert, sich monatelang ruhig verhalten, haben sie nunmehr, durch amerikanische Angebote verführt, eine neue Offensive begonnen. In Ost- gatizicn ist die Abwehrschlacht in vollem Gange. Nach mehrtägiger sichtlicher Zunahme des Artillerie- scucrs entwickelte sich gestern die Artillericschlacht zu größter Heftigkeit. Auch schwerste Geschütze haben eingegriffen. Nachmittags setzten südlich und südöst lich Brzczany und bei Koniuchy starke Jnsanlcne- angriffe ein, die überall vollkommen abgcmicsen wurden. Wo sich Teile der feindlichen Infanterie in unserem Vernichtungsfeuer überhaupt erheben konnten, blieben sie im Sperrfeuer liegen. Ein in den späten Nachmiltagsstunden nordwestlich Zabrze angesetzter sehr starker Angriff brach m vorzüglichem vereinigten Artillerieseuer zusammen. Gegen Mitter nacht versuchte der Feind südlich Brzezauy, ohne Artillerievorbereitung vorzubiechen; er wurde abge- wiescn. Nachts über flaute das Artillerieseuer ab, um in den Morgenstunden wieder aufzulebcn. Seriebtsbatte. Kassel. Die hiesige Strafkammer verurteilte einen Arbeiter Mühlhausen, der bereits auf 26 Vor strafen zurückblickt, wegen Betrugs und Urkunden fälschung zu 2 Jahren 1 Monat Gefängnis. Er hatte sich in verschiedenen Orten der Umgebung von Kassel als „Armeelieferant in Wolle" ausgegeben und erklärt, er habe Wolle, die ihm die Heeresver waltung kleiner Fehler wegen nicht abnehme. Gegen Anzahlung oder Vorauszahlung könne er sie ab- gcben. Auf diese Weise erlangte er von etwa acht zehn Landwirtsfrauen Gelder in Höhe von sechs bis zwanzig Mark. Konitz. Wegen Verfütterns großer Mengen Brotgetreide und Kartoffeln verurteilte die Straf kammer den Rittergutsbesitzer Louis Hammer, den Besitzer des über 8000 Morgen großen Ritterguts Dombrowo, zu 12 500 Mark Geldstrafe oder einem Jahr 300 Tagen Gefängnis und seinen Inspektor Borchardt zu 1000 Mark Geldstrafe. Die Ange klagten haben in den Jahren 1916 und 1917 große Mengen Roggen verschroten und an Pferde und Schweine verfüttern lassen, ebenso 600 Zentner Kar toffeln. kannst MÄ Missen lckaft. Leuchtgas aus Pflanzcuabfällen. Die in Italien bestehende Kohlenlnappheit, durch welche auch die Gasfabriken auf empfindlichste Weise betroffen wurden, hat eine Reihe von Versuchen veranlaßt, durch die neues, zur Ver gasung geeignetes Material gesunden werden sollte. Es soll gelungen sein, die Pflanzenabfälle zu ver werten, indem aus Reiskleie, Maisstroh, Bohnen- und Erbsenschoten, Farrenkraut, Schilf, Trebern, Spinnereiabfällen usw. Leuchtgas gewonnen wird. Das neue Gas soll sich in gleicher Weise zur Beleuchtung, zur Beheizung und zum Be triebe von Gasmaschinen eignen, außerdem liefert es Nebenerzeugnisse in Gestalt von Pech, Methyl und Essigsäure. Wenn auch dje ge nannte Art der Gaserzeugung durchaus möglich erscheint, ss dürfte der Wert des Gases weit hinter dem aus Steinkohle erzeugten Zurück bleiben. so daß es sich wohl im besten Falle um einen Notbehelf während des Krieges handelt. Übrigens wurden auch in Deutschland gewisse Abfälle aus Kriegsgründen der Gaserzeugung zugänglich gemacht. Vermischtes. Die Bürgerrechte des Ex-Zaren. Die bürgerliche und militärische Stellung des Ex- Zaren soll jetzt endgültig geregelt werden. Da nach sollen dem „Bürger Nikolaus Romanow" die üblichen Bürgerrechte, auch das Recht der Wahl, zugesprochen werden. Hinsichtlich der militärischen Stellung des Ex-Zaren' besteht nach Mitteilung eines Pariser Blattes der Wunsch, „zur Beruhigung der Öffentlichkeit den Obersten Romanow aus dem Dienste zu ent lassen, ohne ihm aber ein Pensioniernngs- gehalt oder das Recht zum Tragen der Unisoni zuzuerieunen". Damit würde, wie die Purist- nicht gerade liebenswürdig erklären, aus dem früheren Zaren ein Oberst a. D. geworden sein. Leder aus Haifischhaut. Das amtliche Fischereiburcau der Ver. Staaten hat kürzlich die Häute von 11 600 Haifischen eiugeliestrt er halten, um den Versuch zu machen, nach einem besonderen Verfahren diese Häute zu Leder zu verarbeiten. Nach Angabe der amerikanischen Blätter ist das die erste Probe ihrer Art; ge lingt sie, so könnten die Amerikaner ihre un erschöpflichen Vorräte an Haifischfelleu in Nica ragua nutzbringend verwerten. Herr von Kesselstein. In der ,Neuen Hamburger Zeitung' wird folgendes kleine Ge- schichtchen erzählt: Der Herr Assessor war der Kommission zur Überwachung der Dampfkessel zugeteilk worden. Er war eine stadtbekannte Persönlichkeit, weil er nicht nur noble Passionen hatte, sondern auch etwas aus sich zu machen wußte. Nur im Dienst war er nicht ganz auf dem rechten Platz; denn eines Tages kam der Bericht einer Prüfungskommission an, in dem auch hieß: „Der Kessel ist in Ordnung b»« funden worden, Kesselstein war nicht vorhanden," Das durfte der Herr Assessor nicht durchgehen lassen. Also schrieb er an den Rand: „Für Herbeischaffung des fehlenden Kesselsteins ist Sorge zu tragen." Fortab gab es keinen Assessor mehr, sondern einen Herrn von Kesselstein. Hauswirt lekakt. Eingesalzene Petersilie. Um Petersilie auch zur Winterszeit zu haben, kann man sich im Sommer frisches Kraut davon trocknen oder Pflanzen in Töpfe pflanzen und an frostsreien Orten zum Weiterwachsen aufstellen. Weniger ist dagegen bekannt, daß Petersilie auch in tin- gesalzenem Zustande zum Winterverbrauch taug lich ist. Das frische Kraut wird hierzu im Herbst mit samt den Stielen in ein Gefäß gelegt, mit gekochtem und abgekühltem Salzwasser über gossen und dann noch reichlich Salzwasser hin zugetan. Das Kraut ist dann noch mit einem reingewaschenen Steine zu beschweren und darf nicht auf der Flüssigkeit schwimmen. Keller lüften. Ein Kühlort soll nur dann gelüftet werden, wenn die zugeführte Luft kühler oder wenigstens ebenso kühl ist als die innere Lust. Je wärmer die Lust, desto mehr Feuchtig keit trägt sie ausgelöst in sich; je kühler sie ist, desto mehr ist diese Feuchtigkeit verdichtet und niedergeschlagen. Wenn die Kellerlust feucht ist, kann sie vollständig trocken gemacht werden, in dem man je nach der Größe des Raumes eine entsprechende Menge frisch gebrannten Kalk in einem offenen Gefäß hiueinstellt. Der Kalk zieht bekanntlich die Feuchtigkeit der Luft be gierig an und kann daher auf diese Weise ein Keller oder eine Milchkammer in kurzer Zeit trocken gemacht werden. Um Getränke im Sommer schnell ab' zukühlen, wickele man die Flaschen in nasse «servietteu, stelle sie dann in Zugluft, am besten nach der Nordseite, begieße sie zuweilen mit „So laß unS heute abend noch schweigen daiüber, daß wir uns verlobt haben. Ich möchte — meine Eltern erst darauf vorbereiten. Morgen hole ich dich dann ab, nm dich ihnen als Tochter zuzuführen." Ellen war zu froh, am Ziel zu sein, als daß sie ihm diesen Wunsch nicht erfüllt hätte. „Wie du willst, Liebster, ganz wie du willst. Ach, ich bin so glücklich, daß ich nun dir gehöre -- und du mir. Schnell, gib mir noch einen Kuß, dann wollen wir ganz sittsam und ver ständig hineiugehen. Er küßte sie — aber nur flüchtig — und schritt daun nachdenklich neben ihr die Veranda- stufcn empor. Oben hielten sie sich dann erst noch eine Weile konventionell plaudernd auf. Ellen strich sich das Haar zurecht und trat dann unbefangen in das Zimmer. Georg folgte ihr erst eine Weile später. Er war entichiedcn verlegen und zog sich in eine dunkle Ecke des Zimmers zurück. Die andern debattierten noch eifrig über das bevorstehende Fest und schienen kaum die lange Abwesenheit der beiden bemerkt zu haben. Georg war erstaunt, wie sicher und un geniert sich Ellen gab. Hier in der Hellen Be leuchtung des Zimmers fiel ihm auch auf, daß ihre Augen nicht die leiseste Tränenfpur zeigten. Und sie hatte doch so sehr geweint. ' Ellen war in so lustiger, sprühender Laune, wie er sie noch nie gesehen. Sie neckte sich übermütig mit Georgs Vater und trug schließ lich probeweise einige drollige Gedichte vor, mit Lenen sie am Polterabend die Hochzeitsgäsle unterhalten wollte. Sonst hatte Georg alles an ihr reizend und entzückend gefunden, während er heute ihre übermütige Stimmung mit kritischen Augen be trachtete. Immerhin hatten sie doch Heuke einen ernsten, folgenschweren Schritt getan. Er hätte verstehen können, wenn sie heiter, wie von heimlichem Glück durchleuchtet vor ihm gesessen hätte. Daß sie aber jetzt in dieser Stunde in einem über mütigen, leichten, kecken Ton allerlei Allotria trieb, mit seinem Vater kokettierte und ihn selbst durch heimliche Seitenblicke aufforderte, sich mit ihr über die Unwissenheit der andern lustig zu machen, das mißfiel ihm sehr. Zum erstenmal legte er eine kritische Sonde an das Wesen des Mädchens, mit dem er sich für ein ganzes langes Leben verbinden wogte. Und da war ihm zumute, als müsse er ersticken, als müsse er ein Netz zerreißen und in wilder Flucht hinaus stürmen. Er wußte nicht, was ihn so plötzlich er nüchtert hatte, was es war, das ihm so be klemmend das Herz bedrückte. Nur ein Ge danke nahm ihn mehr und mehr gesungen: „Du hast dich übereilt. So im Rausch schließt man nicht eine Verbindung fürs ganze Leben." Im Rauschl Im Rausch! Er konnte dieses Wort nicht mehr los werden, es tönte ihm lauter und lauter in den Ohren. Im Verlause des Abends gab es sich, daß er eine Weile mit Ruth allein stand. Sie sprachen, wie jetzt immer, einige mühsam her- vorgequälte Worte miteinander. Heute empfand er es sehr schmerzlich, wie seltsam sich ihr Ver hältnis zueinander geändert Halle. Und unwill kürlich fand er mit einem Male den alten, ver trauten Ton wieder und sprach einige warme, herzliche Worte zu ihr. Da blickte sie zu ihm auf — einen Moment nur — aber der Blick brannte ihm die Seele wund. Wenn er es bisher nicht gewußt hätte, dieser eine Blick hätte ihm verraten, das er hier mit tausend Schmerzen geliebt wurde. Der Blick zeigte ihm das ganze Martyrium dieser stolzen, stillen Müdchenseele. Er brachte kein Wort mehr hervor. Die Kehle war ihm wie zugeschnürt. Beklommen sah er sie an. Und da merkte er, daß sich ihr Blick plötzlich weitete und wie in Qual erstarrt sich auf feine Brust heftete. Sie faßte sich sogleich wieder, trat aber wie taumelnd einen Schritt zurück und wandte ihr erblaßtes Gesicht von ihm ab. Unbehaglich sah er an sich herab. Da er blickte er ein langes, rotgoldenes Frauenhaar. Während er Ellen draußen stürmisch an sich preßte, war es wohl hängen geblieben. Nun lag es glänzend breit über das Hemd und den schwarzen. Aufschlag des Nockes. Er fühlte, wie ihm das Blut jäh ins Ge sicht trieb, und entfernte hastig und verstohlen den Verräter. So standen sie beide wie gelähmt, als Friede zu ihnen trat. „Nun, ihr beide habt wohl die Sprache ver loren," sagte sie scherzend. Aber ihr Blick forschte besorgt in Ruths blassem, krampfhaft zuckendem Gesicht. Sie bekam keine Anlwort. Aber Ruth glitt plötzlich, ohne ein Wort, an ihr vorüber aus dem Zimmer und trat auf die Veranda hinaus. Sie hätte aufschreien muffen wenn sie den Mund geöffnet hätte. Friede fak ihr besorgt nach und dann blickte sie forschend in Georgs gequältes Gesicht. „Was war das — was ist geschehen?" fragte sie leise, während ihr Herz ängstlich klopfte. Er richtete sich hastig auf. „Frage jetzt nicht, Tante Friede. Morger vormittag komme ich zu dir. Kann ich dich schon vor 9 Uhr sprechen? Um 10 Uhr habe ich eine Vorlesung." .. .. „Ich erwarte dich um 9 Uhr," sagte sie fest „Aber allein mußt du sein." „Es ist gut, ich sorge dafür." Sie trat zurück, iseil sie merkte, day er uach Fassung rang. Aber ihr war sehr bang zumme, so, als schiebe ein Unheil über ihr. Sie'fühlte, daß etwas geschehen war, was Ruth bis in die tiefste Seele erschüttert Halls und was auch Georg mit Unruhe erfüllte. Abe: sie wußte, daß sie " heut nicht fragen durste, morgen würde ihr Georg wohl alles erklären. Sie postierte sich wie ein treuer Wächter an der Veraudatür, um zu verhüten, daß jemand Ruth hinaustrat. Punkt 9 Uhr trat Georg am nächsten Mor gen in Friede Sörrensens Wohnzimmer. Sie war allein. Ellen und ihre Mutter schliefen um diese Zeit noch und Ruth hatte von Frieds einen Auftrag bekommen, der sie fernhielt. so rs (Avrtjetzsng folgte
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