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Allgemeiner Anzeiger : 04.07.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191707045
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19170704
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19170704
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-07
- Tag 1917-07-04
-
Monat
1917-07
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 04.07.1917
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Um Ausguck. „Wo ist König Albert?" Das heutige Verhältnis des Vierverbandes -u den Belgiern beleuchtet folgende Meldung des .Belgien Dagblad', die der.Nieuwe Rotter- damsche Courant' wiedergibt: Man weiß, daß unsere Artillerie mitgewirkt hat an den Erfolgen bet Arras, wie früher an der Somme. Warum lassen die belgischen Truppensührer sich nicht aus über unsere Tapferen? Dann sollte man nicht mehr mit Entrüstung lesen müssen, selbst in den Blättern der Verbündeten: „Was tun die Belgier? Wo ist König Albert?" * So sind die „Barbaren". Die Londoner .Daily News' schreibt: Auf einem Frontabschnitt, wo die deutschen und englischen Laufgräben sehr nahe beieinander liegen, fanden Scharnmtzel statt, und einer der Unsrigen lag schwer verwundet in Niemands land. Weil er furchtbar stöhnte, baten viele den Offizier, ihn Halen zu dürfen, was dieser jedoch abschlug, La feder Schritt aus dem Graben den Tod bedeuten würde. Während der Offizier nach einem Mittel suchte, um dem Mann zu Hilfe zu kommen, fiel sein Auge auf einen umherirrenden Hund, der sich gewöhnlich in den deutschen rnd englischen Laufgräben um hertrieb. Er schrieb ein Briefchen: „Erlaubt Ihr, daß wir unseren Verwundeten holen," Hand es um den Hals des Tieres und jagte ihn nach den deutschen Laufgräben. Bald kam die Antwort: ,Mir geben Euch 5 Minuten." Der Verwundete, wurde gerettet. * Der Exzar für einen Sonderfrieden? Aus London meldet das .Allgemeine Handels blatt', der aus, Petersburg zurückgekehlte eng lische Arbeiter delegierte Gray teilte mit, daß über die Anklage gegen den früheren Zaren und die verhafteten hohen Beamten in öffentlicher Gerichtssitzung verhandelt werden würde. Kerenski habe ihm gesagt, bei der Verhandlung würde ein Schriftstück vorgelegt werden, aus dem hervorgehe, daß man einen Sonderfrieden habe schließen wollen. Xriegskürsorge. Kriegs'beschädigtensürsorge. Der Reichsausschub für Kriegsbeschädigte hatte eine Sammlung für Kriegsbeschädigte veranstaltet, wodurch der Eindruck erweckt wurde, als sollte die Pflicht, für diese zu sorge», vom Reich auf die private Wohltätigkeit abgeschoben werden. Jetzt wird von berufener Seite erklärt, daß die Heeresleitung von der besagten Sammlung nicht unterrichtet worden ist und ihr auch fern steht. Die Heeresverwaltung hält es für ihre vornehmste Pflicht, mit allen Kräften für die Kriegsbeschädigten zu sorgen. Nach dem Kriege sollen die Kriegsbeschädigten und die Hinterbliebenen so gestellt sein, daß un bedingt jeder einzelne vor Not bewahrt ist. Neben der gesetzlichen Rente soll der einzelne Mann eine Zusatzrente erhalten, die sich von der andere« dadurch unterscheidet, daß sie von: Dienstgrad unabhängig ist. Die Heeresver waltung arbeitet daran, alle Härten aus dem Mannschaftsversorgungsgesetze zugunsten der Betroffenen herauszubringen. Die Heeresver waltung steht auf dem Standpunkt, daß das Reich keinesfalls durch derartige Sammlungen, von welcher Seite sie auch ausgehen mögen, in der ErsWung der ihm nicht allein gesetzlich, sondern auch sittlich obliegenden Verpflichtung den Krie^befchädiglen und Hinterbliebenen gegen über entlastet werden kann. Volkswirtlckaftlickes. Umtausch von Hartgeld gegen Scheine. Nach der Erklärung der ReichSfinanzvcrwattung, datz zur Beseitigung der durch Ausspeicherung von Hartgeld hervorgerufenen Kleingeldnot erwogen werde, die Silber- und Nickelmünzen außer Kurs zu setzen und das gewonnene Silver zur Prägung neuer Münzen zu benutzen, und daß im Falle der Einziehung die alten Münzen nicht wieder Geltung erlangen würden, steht zu erwarten, daß Nickel münzen auch in größeren Summen bei den öffcni- lichen Kaffen zum Umtausch gegen Scheine angeboten werden. Deshalb sind die öffenllichen Kaffen ange wiesen, zur Erleichterung der Ablieserung der ange sammelten Bestände den in dieser Hinsicht an sie herantretendcn Wünschen de» Publikums nach Mög lichkeit Rechnung zu tragen. Soweit es der be stehende Mangel an kleinem Wechselgeld erfordert, können die Kaffen einstweilen die Münzen wieder in den Verkehr geben, bis durch Neuprägungen der Bedarf gedeckt sein wird. 7V« Milliarden Obstkernc. Unter den vielen Rohstoffsammlungen, die im Interesse unseres Wirt schaftslebens während des Krieges unternommen worden sind, ist die der Obstkernc im Interesse un serer Oldilanz wohl eine der wichtigsten. Das Er gebnis der vorjährigen Sammlung liegt nunmehr nach Eingang aller Posten vor und stellt sich auf die stattliche Menge von rund 4 Millionen Kilogramm Kerne, aus denen sich bei einer durchsch niitlichcn Ausbeute von 5°/o (bei Kürbiskcrnen von 1v°/°) rund 200000 Kilogramm Ol gewinnen lassen. Es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn man annimmt, daß im Jahre 1916 mindestens 7 Milliarden und 750 Millionen einzelner Obstkernc gesammelt worden sind. Die Obstkernöle geben raffiniert ein gutes Speiseöl, das sich für die Herstellung von Margarine als voll wertig erwies. Die Bedeutung der Margarine aber — im Interesse einer gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Fett — ist heute gar nicht hoch genug zu schätzen. Für dieses Jahr versprechen alle Anzeichen eine reiche Obsternte. Bon neuem ergeht der Ruf in Stadt und Land, die Kerne noch eifriger als bisher zu sammeln, sie unserer Olgewinnung zuzuführcn. Lakia als flottenstütLpunkt. In Brasilien, das bekanntlich die diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reiche abgebrochen hat und sich auf die Seite unserer Kriegsgegner stellte, traf kürzlich ciir amerikaniichcs Geschwader ein, an geblich, nm die guten Beziehungen zwischen den beiden Republiken zu betonen. Neuerdings aber ver lautet, daß die Ver. Staaten damit umgehen, an der brasilianischen Küste Floltenstationcn zu errichten, io besonders in Bahia, das zu einem Hauptstützpunkt für die Operationen der amerikanischen Flotte im Atlantischen Ozean gemacht werden soll. Bahia war bis 1763 die Hauptstadt von ganz Brasilien und ist gegenwärtig mit etwa 800 600 Bewohnern nächst Rio de Janeiro die wichtigste und reichste Stadt dieses Landes, vor allem ein Hnscnplatz von größter Bedeutung. Bahia liegt auf dem Abhang einer Hochstäche an der Oslküste der Einfahrt in die soge nannte Mcrhciligcnbai, dic einen geräumigen, vor trefflichen Hafen bildet. Von unä fe^n. Goldwährung in den Operations gebieten. Für die Kassen gilt bis auf weiteres als Werlverhältnis für die allen rumänischen Lei-Noten der Banca Nationale ebenso für die neuen Noten der Banca Generala romana 80 Pfennig für ein Lei. Das Werlverhältnis von 65 Pfennig für einen rumänischen Silberlei bleibt bestehen. Warnung vor „Böhmischem Kakao". Bei vielen Personen, die in Sachsen wegen Anschwellungen der Füße usw. ärztliche Hilse suchen mußten, wurde jestgestellt, daß sie aus Böhmen stammendes Kataomehl in großen Mengen genossen hatten. Das sogen. Kakao mehl soll nur wenig gemahlene Kakaoschalen, dafür aber um so mehr Baumrinde und Gips enthalten. Das Plund kostet bei den Händlern ! bis zu 3 Mark, ker wirkliche Wert ist gleich f Null. ! Tie Einstellung der öffentlichep ' Straßenbeleuchtung, soweit sie durch Gas i erfolgt, soll auch in Leipzig vorgenommen werden. Der Grund liegt in der Notwendig keit zu sparsamstem Verbrauche an Kohlen und in dem Mangel an Arbeitskräften. Die wurttembergische Kirschenausfuhr verboten. Die wkrttembergiiche Regierung hat angesichts des übertriebenen Ansturms der Ver- braucherkreiie und der Überschreitung der Höchst preise den Verkehr mit Kirschen dahin geregelt, daß die seither zur Beförderung freigelassene Menge von einem Zentner auf drei Pfund herabgesetzt wurde. Aus einem Bezirk dürfen ohne Genehmigung der Landesverjorgungsstelle nicht mehr als dret Pfund ausgeführt werden; auch von Reisender dürfen als Gepäck nicht mehr als drei Pfund mitgenommen werden. Schließung eines 80V Jahre alten Weinkellers. Der altehrwürdige Ratskeller in Harburg wird, nachdem er gerade 500 Jahre hindurch bestanden hat, nunmehr infolge des Krieges seinen Betrieb einstellen müssen. Ein monumentales Wasserwerk ist jetzt nach erfolgter Abnahme in der oberschlesischen Kreisstadt Neisse in Betrieb genommen worden. Im Fort „Preußen" erhebt sich der als mächtiges Wahrzeichen weithin sichlbare Wasser turm, dessen Spitze 80 Meter über dem Neisse- spiegel liegt, während sein Becken 300000 Liter saßi. Der zwischen Erdgeschoß und Wasser behälter liegende 60 Quadranneter weite und 0 Meter hohe Raum wurde als Gedenkhalle für die im Kriege gefallenen Helden aus dem Neisser Stadtkreise ausgebaut. Ein seit vier Wochen wütendes Jener hat im Kreise Fallingbostel schon annähernd 1000 Morgen Heide mit dem eben beendeten Moorstich vernichtet, ohne daß bisher eine Löschung gelang. Jolgenschwercr Blitzschlag in eine Eiscnwarcnfabrii. In Förde, Kreis Greven brück im Sauerland, wurden durch Blitzschlag in eine Eisenwareafabrik zwei Fabrikarbeiter getölel und der Betriebsingenienr sowie drei Fabrikarbeiter schwer verletzt. Durch einen Brand, der infolge des Blitzschlages ausbrach, ist eine Anzahl von Fabrikgebäuden uiederge- brauut. Barfuß oder in Holzpantoffel. Die Würzburger Studevtenschast forderte alle Kom militonen und Kommilitoninnen auf, vom 28. Juni ab nur noch barfuß oder ohne Strümpfe in Holzsaudalen auszugehen. War es bisher Vorrecht der Straßenjugend, sich barfuß auf den Straßen zu tummeln, so wird von nun an — vorerst zwar nur in Würz burg — auch die akademische Jugend barfuß spazierengehen. Hoffentlich findet das Vorgehen der Würzburger Studentenschaft recht lebhasten Widerhall im übrigen Deutschland; im Interesse der Woll- und Lederersparnis wäre das wenigstens zu wünschen. Kartoffeln ode r Husaren! Das Amster damer ,Allg. Handelsblad' schreibt: „In einer uordholländischen Gemeinde hatte man es mit der jetzt jo gewöhnlichen Erscheinung zu tun — der Kartoffetnot. Da kam dem Bürgermeister ein Gedanke, den er rasch in die Tat umsetzte, indem er an den Vorsteher der Lebensmittel- VerleilungS-Zentrale ein Telegramm des solgen- den Inhalts sandte: „Große Kartoffelnot. Auf ruhr bejürchtet. Schickt sechs Wagen Kartoffeln oder starke Polizeimacht, am besten Husaren." — Am nächsten Tage langten vorläufig vier Wagen Kartoffeln an und einen Tag später der Rest. Überschwemmungen in Niederländisch- Jndien. Aus Batavia wird gemeldet: Der Murray hat einen sehr hohen Wasserstand er reicht. Verschiedene Städte sind überschwemmt, wobei eine große Anzahl Menschenleben ver loren gegangen ist. Rückkehr der palästinischen Juden. Nach einem Bericht des .Schweizerischen Jnfor- mationsbureaus' teilte Professor Jahuda aus Madrid mit, die spanische Regierung habe amt I siche Mitteilung von einem Befehl der Türkei ! erhallen, wonach die ausgewiesenen Iüdsn Pa- lästinaS sosort in ihre Heimaistäsle zulnckkchlkn durften. Dieser Beseh! sei das Ergebnis einer Intervention der spanischen Regierung und König Alfons'. Kunst unci MssenfekM. Ein Triumph der deutschen Krte»s- chirurgie. Im allgemeinen werden verlorene Gliedmaßen stets durch Knnstglieder oder Pro thesen erletzt, deren Herstellung im Verlaufe des Krieges außerordentlich vervollkommnet wnrde. In einzelnen Fällen aber versuchen die Ärzte natürliche Ersatzglieder herzustellen, was vorläufig selten und begreiflicherweise nur bei kleinen Schäden möglich ist, so etwa beim Ersatz von Fingern oder Zehen. Vor Jahren gelang es beispielsweise einem italienischen Arzt NikoladiNi. einen künstlichen Daumen zu schaffen, indem auf den Daumenstumpf eine amputierte Zehe gesetzt wurde. Eineu einzig dastehenden Erfolg erzielte aber neuerdings der deutsche Arzt Dr. Neuhauser in Ingolstadt, indem er nämlich den natürlichen Daumenersatz ohne Amputation eines anderen Gliedes bewerkstelligte. Er verpflanzt« ein Rippenstück des Patienten in eine Falte der Bauchhaut, um danu beide mit dem Daumen stumps zusammeuwachsen zu lassen, worauf M kleiner Schnitt zur Trennung vom Bauch« ge nügte. Der neue Daumen heilte gut an, «ich heute ist der betreffende Patient, ein Arbeit«, sähig, den Daumen, der auch in fernen De» wegungen und seiner Stellung zu den anderen Fingern einem echten gleicht, in jeder Beziehung vollwertig zu benützen. ^ericktskalle. Mannheim. Wcgcn Zollhinterziehung wurde der Scduhsabrikant Max Lcpy in Mannheim zu 92 850 Mark Geldstrafe und Wertersay in Höhe pon 58203 Mark verurteilt. Der Beklagte batte aus Nordamerika einen Ledercrsatz bezogen »nb diesen als Kunstledeipappe verzollt, wählend der Ersatz nach Ansicht der RcichSbehörde als Kunstleder anzuschen und dementsprechend zu verzollen geivefa» wäre. Vermischtes. Spanische Luftpostpläne. Die Lustpifft« Pläne ziehen neuerdings immer weitere Kreise. Nachdem in Italien eine kurze Luftpostlinie ein gerichtet war, teilen französische Blätter jetzt mit, daß man auch in Spanien die ernhastr «bücht hat, solche Pläne möglichst bald zu verwirkliche». Die Postverwaltung Spaniens tritt hierfür haupt sächlich darum ein, weil sie an Personalmangel leidet und infolge der durch den Krieg auch in Spanien geschaffenen Kohlennot nicht mehr über genügend schnelle und häufige Eisenbahnverbin dungen verfügt. Darum fetzte sich das spanische Postministerum mit der Vereinigung französischer Lmtsahrzeugsabrikanten in Verbindung, die dk zum ständigen Flugzeugschnellpostverkehr ersorder- lichen Apparate liefern sollen. Da jedochge-en- wärtig sämtliche Flugzeuge dringendst für Kriegs zwecke benötigt werden, scheint eine Verwirklichung des Planes vor Kriegsschluß kaum im Bereiche der Möglichkeit. Standhafte Liebe. Die folgende Anek dote, die zeigt, wie der Eheseind Kitchener ein mal fast wirklich an die Möglichkeit der von ihm stets geleugneten standhaften Liebe geglaubt hätte, wird von der Zeitschrift,Everybody's' er zählt. Als Kitchener den Oberbefehl in Indien halte, erbat sich ein junger Offizier seines Stabes Urlaub, um sich zu verheiraten. Kitchener aber entgegnete: „Sie find noch nicht fünf undzwanzig. Warten Sie ein Jahr. Wenn ihre Liebe solange dauert, sollen Sie dann den Urlaub erhalten." Das Jahr verging und der junge Offizier kam pünktlich, um seine Bitte zu wiederholen. „Nun gut," sagte Kitchener, „der Urlaub ist bewilligt. Aber bei Golt, ich hätte nicht geglaubt, daß ein Mann so standhaster Liebe sähig ist. Der junge Offizier verbeugte sich und ging zur Türe. Am AuSgange aber drehte er sich um und sagte: „Vielen Dank! Nun kann ich Ihnen gestehen, daß es nicht das- selbe Mädchen ist." senkte, war dieser unbequem. Aber sie hielt ihn trotzig aus. »Gewiß meine ich das." Friede grub die Fingernägel in die Hand fläche, sonst schien sie ruhig. Sie ging einigemal im Zimmer auf und ab und blieb dann wieder vor dem schönen Mädchen stehen, dK ihr mit den Blicken gefolgt war. „Und du bildest dir ein, Georg Volkmar zu lieben?" Ellen sah schmachtend empor. „Einbilden? Ach, Tantchen, das ist Wirk lichkeit, keine Einbildung." „DaS sollte mir um dich leid tun," sagte Friede hart. „Leid tun? Warum, Tantchen?" fragte Ellen kindlich harmlos. „Weil Georg Volkmar Ruth liebt. Du hast da gar keine Hoffnung." Ellen kicherte in sich hinein und dehnte sich »ie ein Kätzchen. „Ach, Tantchen, liebes Tantchen, nun mnß ich wirklich lachen. Nein, um mich brauchst du dich wirklich nicht zu sorgen. Doktor Volkmar mag Ruth ebenfalls sehr freundlich zugetan sein, aber lieben — ach nein. Ich bin jedenfalls nicht mutlos. Ein Mann, der eine andere liebt, macht einem nicht solche Augen. Und nun ich weiß, daß Ruth ihn nicht liebt, werde ich ernst lich versuchen, mir seine Liebe zu erringen. Nicht wahr, Herzenstantchen, das kannst du be greifen und — dich habe ich nun auch auf meiner Seite." Sie hatte sich erhoben und umschlang Friede i» seit mit ihren schlanken Armen, daß Liefe sich nur gewaltsam hätte von ihr losreißen können. Loll ohnmächtigen Zornes über die Gewiß heit, daß dieses junge, raffinierte Ding eine ge fährliche Gegnerin war, gegen die sie nicht viel würde ausrichten können, mußte sie sich ihre Liebkosungen gefallen lassen. Friede war durch ihr eigenes Leid hellsehend geworden. Aber was half ihr das? Sie sah ein, daß es jetzt keinen Zweck hatte, noch etwas zn Ellen zn sagen über diesen Punkt. So einfach war der Knoten nicht mehr zu lösen, der sich unheildrohend zu fchürzen be gann. 13. An: nächsten Nachmittag holte Georg, wie verabredet worden war, die beiden Schwestern zu einem Spaziergang ab. Ruth wäre am liebsten zu Hause geblieben. Es war ihr eine Marler, Georg und Ellen zusammen zu sehen. Aber ohne aufzufallen konnte sie nicht zurücktreten. Nach der Unterredung mit Ellen verbarg sie noch ängstlicher als zuvor ihre Gefühle. Georg war jetzt immer in einer seltsamen Ge- müisstimmung. Früher hatte er sich gar nicht um die Frauen gekümmert. Dann war Ruth in sein Leben getreten und ihm durch Tante Friede schnell vertraulich nähergekommen. Was er für sie empfand, war ein warmes, herzliches Gefühl, das sich langsam vertieft hatte. Sie war schließlich so mit seinem Denken und Empfinden verwachsen gewesen, daß er sich nach ihrer Gegenwart sehnte, wenn sie fern war. Ganz allmählich war es ihm klar geworden, das es Liebe iei. was er für Ruth empfand, und es stand fest bei ihm, daß sie seine Frau werden müsse. Und dann war plötzlich Ellen gekommen. Dieses schöne, hinreißende Geschöpf, deren Augen ihn anglühten und ungekannte, leidenschaftliche Gefühle und Wünsche in ihm weckten, be mächtigte sich seines ganzen Wesens, sobald sie in seine Nähe kam. Er selbst war zu ehrlich und wahrhaft, um erkennen zu können, daß Ellens Wesen unecht und verlogen war. Er wußte nur, daß plötzlich ein wildes, unruhiges Treiben in seinem Blute war. Er schlief schlecht und sand nicht wie sonst Ruhe und Rast. Seine Arbeit schritt nicht vorwärts. War er nicht in Ellens Nähe, dann wehrte er sich gegen dies alles beherr schende wilde Empfinden, aber fah er sie dann, heiter, bestrickend, süß vor sich hinträumend in einer bezaubernden Hilflosigkeit oder lockend und verheißungsvoll, dann vergaß er alles über ihren Anblick — auch Ruths traurige Augen, die ihn quälten. Und es war wie rin Feuer in ihm, das alles zu verbrennen drohte. Immer ver- verzehrender sehnte er sich danach, sie in seine Arme zu reißen und sich satt zu trinken an ihren Lippen. Daß er sich bisher noch immer beherrscht hatte — daran war Ruths blasses, stilles Ge sicht schuld. Ihr Anblick durchzuckte seine Seele oft mit einem so herben Schmerz, daß er sich gegen Ellens Zauber wehrte. Er suchte dann plötzlich wieder Ruths Nähe. Aber sie gab sich dann in ihrem verwundeten Mädchenstolz so herb und kühl, daß er sich selbst jagte, er sei ei» Tor, wenn er sich von ihr geliebt glaubt«. Mit einem heimlichen Aufatmen wandte er sich dann Ellen wieder zu und überließ sich willig ihrem Zauber. Aber da war noch etwas, was ihn immer wieder aus seinem Taumel Herausriß. Das war Tante Friebes schmerzlich grollender Blick. Dbe sie ihn manchmal ansah — so bis ins tiefste Herz hinein, daß er jedesmal zusammenzuckle. Ihr Blick traf ihn wie eine Anklage und zu gleich wie ein angstvoller Mahnruf, als müsse sie ihn von einem Abgrunde zurückreißen. Oft fühlte er den Drang in sich, mit ihr zu reden, ihr alles zu erklären, aber wie er einmal »inen Augenblick mit ihr allein war, dann fehlten ihm die rechten Worte, er wußte dann selbst nicht, wie er das erklären sollte, was mtt ihm geschehen war. So war ec in einem steten Wchsel zwischen Selbstanklagen und leidenschastlichrm Entzücken. Nur dunkel empfand er, daß dar. was ihn -u Ellen zog, nicht das Höchste und Beste in seinem Innern war, daß die Gefühle, die sie in ihm erweckte, nicht mit dem harmonierten, was «r bisher als recht und gut erkannt hatte. Als er Henle mit den beiden Schwestern davonging, stand Friede am Fenster des Wohnzimmers und sah ihnen mit trüben Blicken nach. Ale sie je», sefts des Gartenzaunes verschwunden waren wandte sie sich mit einem unterdrückten Seufzer ins Zimmer zurück. In FriedeS Lehnstuhl am Tische saß Frau von Steinbach in nachdenklicher' Haltuna. Al» sich Friede umwandte, blickte sie er»» (Fortietzuno tolaO
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