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Allgemeiner Anzeiger : 19.09.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190009194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19000919
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19000919
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-09
- Tag 1900-09-19
-
Monat
1900-09
-
Jahr
1900
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 19.09.1900
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Telegraphenamt in Berlin als auch den Schiften in Ostasien überwiesen sind; der Zeitpunkt ^vird noch bekannt gegeben werden. In den Feld telegrammen nach Ostasien ist die Angabe eines Bestimmungsorts nicht erforderlich; dagegen, muß in der Aufschrift der Empfänger nach Namen, Dienstgrad und Truppenteil oder Schiff genau bezeichnet sein. Diese Angaben müssen mit den beim Haupt-Telegraphenamt in Berlin geführten Listen übereinstimmen, Telegramme, deren Empfänger in den Listen nicht zu er mitteln sind, werden zwar auf Gefahr des Ab senders zur Beförderung angenommen; die Ver günstigung, daß die Aufschrift als ein Wort gezählt wird, findet jedoch auf diese Telegramme keine Anwendung. Die Telegramme werden in Berlin gesammelt und in einem Sammeltele gramm täglich dem deutschen Postamt in Schanghai oder einer anderen geeigneten Dienst stelle in Ostasien übermittelt. Diese befördert die einzelnen Nachrichten mit der Post oder auf sonst geeignete Weise an die Empfänger weiter. 2) Auch für die von den deutschen Heeres oder Marine-Angehörigen in Ostasien durch Vermittelung der Truppenteile und Kriegsschiffe aufgelieferten Feldtclegramme in offener Sprache nach der Heimat wird nur die Hälfte der tarif mäßigen Gebühr (unter Aufrundung der Summe auf einen durch 5 teilbaren Pfennigbetrag) er hoben. Soll ein Feldtelegramm dieser Art an den in den Listen beim Haupt-Telegraphenamt in Berlin eingetragenen Empfänger bestellt wer den, so ist in der Aufschrift, welche in diesem Fall als ein Wort gezählt wird, nur der Serien buchstabe und die Telegraphen-Nummer des Absenders anzugebeu. Weitere Angaben darf die Aufschrift nicht enthalten; anch darf das Telegramm nicht mit einer Unterschrift versehen werden. — Ist dagegen das Telegramm an eine andere, beim Haupt - Telegraphenamt in Berlin nicht in die Listen eingetragene Person gerichtet, so muß diese in der Aufschrift genau be zeichnet sein. Jedes Wort der Aufschrift wird in diesem Falle besonders taxiert. Die Tele gramme werden mit der Post oder aus sonst geeignete Weise zunächst dem deutschen Postamt in Schanghai oder einer anderen geeigneten Dienststelle in Ostafien zugesührt, welche sie zu einem Sammeltelegramm vereinigt und nach Berlin befördert. Von hier aus werden die einzelnen Nachrichten telegraphisch den Emvsän- gern übermittelt; den Telegrammen, welche an die beim Haupt-Telegraphcnamt eingetragenen Empfänger gerichtet sind, wird dabei die gleich falls beim Haupt-Telegraphenamt in den Listen vermerkte Unterschrift hinzugeftigt. Die Bestim mungen über die unter Benutzung des amtlichen Schlüssels abgefaßten Feldtclegramme aus Ost asien werden hierdurch nicht berührt. 3) In der gleichen Weise wie die Ange hörigen des Heeres und der Marine nehmen auch die Mitglieder der freiwilligen Kranken pflege an den vorgeschriebenen Erleichterungen teil. Auch für diese gilt jedoch die Vorschrift, daß im Verkehr nach Ostasien die Aufschrift nur als ein Wort gezählt wird, erst von einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt ab. 4) Auf den Verkehr mit den auf der Ueber- fahrt nach Ostasien befindlichen Kriegs- und Truppentransportschiffen finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung. *Die Reichstagsersatzwah^ im 6. Wahlkreise der Stadt Berlin für den durch den Tod ausgeschiedenen Liebknecht ist auf Dienstag, den 30. Oktober d., festgesetzt worden. *Der Hamburger Bürgermeister Dr. Lehmann hat wegen hohen Alters um seine Entlassung gebeten, die vom Senat am Mittwoch bewilligt worden ist; die Neuwahl ist auf den 26. d. angesetzt. *Mit Rücksicht auf die Bestimmungen der Unfallversicherungsgesetzc vom 30. Juni 1900, die zum größten Teil am 1. Oktober d. in Kraft treten, sind im Reichs-Versicherungsamt M u st e r s a tz u n g e n für die landwirtschaft lichen und gewerblichen Beru f s genossen- schäften zur Ausarbeitung gelangt, die im Entwurf den Berufsgenossenschaften zur Aeuße- rung zugehen sollen. Auch ist im Reichs-Ver sicherungsamt die Ausarbeitung einer Anleitung sür die Handhabung des Enlschädigungs-Ver- sahrens sowie für die Feststellung und Ans zählung der Entschädigungen vorgesehen. Die Bekanntmachung betr. die Anmeldung der ver sicherungspflichtigen, bisher der reichsgesetzlichen Unfallversicherung nicht unterstellten Betriebe nebst einer dazu gehörigen Anleitung wird alsbald nach dem 1. Oktober 1900 veröffentlicht werden. Präsident Paul Kröger. Politische Rundschau. Die chinesischen Wirren. *Der Mörder des deutschen Gesandten ist von den Japanern in Peking entdeckt und verhaftet und dem deutschen Kommando über geben worden. Er gestand die That ein und be hauptet, aus höheren Befehl gehandelt zu haben. Jetzt gilt es, diese höhere Stelle zu ermitteln und damit ist der Streitfall zwischen Deutschland und der chinesischen Regie rung in ein sehr ernstes Stadium getreten. Die Meldungen, wonach die Frie- densvermitielungLi-Hung-Tschangs wegen der Forderungen Rußlands geschei tert ist, stellen auch im allgemeinen die Lage in China wieder in ein recht düsteres Licht. * Prinz Tsching will ohne Mitwirkung Li-Hung-Tschangs die Friedensverhand lungen nicht beginnen, und letzterer soll wieder die Reise nach Peking auf gegeben haben, weil ihm die Bedingungen eines russischen Ultimatums unerfüll bar erscheinen, wonach der Kaiser wieder die Regierung übernehmen, aber auch sür die Be strafung Tuans und der übrigen Mordgesellen Sorge tragen, sowie den Einfluß der Kaiserin- Witwe beschränken solle. * Uebrigens soll Prinz Tuan mit Erfolg Einspruch gegen die Eröffnung der Frie densverhandlungen erhoben haben. * Die Chinesen haben großeTruppen- masseninden we st lichen Provinzen aufgeboten, so wird aus Schanghai gemeldet. Der Tataren-General Schangkeng wurde zum Oberbefehlshaber dieser und der Streitkräfte in Petschili ernannt. Er soll sie versammeln, um einem erwarteten Angriff der Russen zu begegnen. * * Bom afrikanischen Kriegsschauplatz. * Nach einer amtlichen Bekanntmachung der Transvaal-Regierung hat Präsident Krüger sechs Monat Urlaub erhalten und reist am 28. d. nach Europa ab, um für Herbeiführung einer Vermittelung zu wirken. Schalk Burger soll zum Stell vertreter des Präsidenten Krüger gewählt worden sein. *Lord Roberts hat für das ganze Gebiet der Transvaalrepublik das Stand recht proklamiert. Er stempelt damit alle Boeren, die noch ferner die Waffen gegen England tragen, zu rechtlosen Gesellen. Deutschland. *Die ,Westminster Gazette'meldet, K a is e r Wilhelm werde die Königin Viktoria im Oktober treffen, entweder in Friedrichs- Hof bei der Kaiserin Friedrich oder, wenn die Königin Viktoria nicht dorthin kommt, in Bal moral zu privatem Besuch mit dem Kron prinzen. Kaiser Wilhelm werde dann nicht nach London kommen, sondern auf der „Hohenzollern" nach Aberdeen gehen und auf demselben Wege zurück. * Der Bundesrat hat sich jetzt über die Zu sammensetzung des Aufsichtsamts für Pri v at v er si ch eru n g e n, wie es der Gesetzentwurf über die privaten Versicherungs unternehmungen Vorsicht, gceinigt. Zur Mit wirkung bei der Aufsicht wird bei dem Amte ein aus Sachverständigen des Versicherungs wesens bestehender Beirat gebildet, dessen Mitglieder auf Vorschlag des Bundesrats vom Kaiser auf fünf Jahre ernannt werden. * Alsbald nach dem Auftreten der Pest in GI a s g o w hat der Reichskanzler die beteiligten Regierungen ersucht, Vorsorge und Vorsichts maßregeln zu treffen, um einen Einbruch der Seuche in das deutsche Reichsgebiet zu ver hüten. Infolgedessen wird den aus englischen Häfen kommenden Schiffen in den deutschen Hafenstädten eine besondere Aufmerksamkeit zu gewandt; ein beschränktes Einfuhr verbot für Waren gilt für wahrscheinlich. Mit den Ausführungsbeftimmungen zumSeuchen- Gesetz, so weit die Pest in Betracht kommt, wird der Bundesrat sich unmittelbar nach seinem Zu sammentritt zu befassen haben. Dieselben sind so weit vorbereitet, daß sie nötigenfalls auch sofort in Anwendung gebracht werden können. *Die aus der deutschen Reformpartei aus getretenen Antisemiten haben sich unter Führung des Abgeordneten Liebermann von Sonnenberg sofort zur Gründung einer neuen deutschsozialen Partei ver einigt. Oesterreich-Ungarn. *Die ,Neue Freie Presse' meldet, der Kaiser Franz Joseph habe in Jaslo zu dem Obmann des Polenklubs Jaworski gesagt, die Auflösung des Reichs rates und Ausschreibung der Neuwahlen sei das letzte versassungsmäßige Mittel, das die Negierung anwende. *An den Erzbischof Stadler in Serajewo, der auf dem Katholikentag zu Agram die Aeußerung gethan haben soll, Bosnien möge bald ganz mitKroatien vereinigt werden, ist aus der Kabinettskanzlei des Kaisers Franz Joseph ein Schreiben er gangen, in welchem erst Zweifel darüber aus gesprochen werden, ob der Erzbischof die er wähnte Aeußerung thatsächlich gethan habe, für den Fall aber, daß die betreffende Aeußerung thatsächlich gethan worden sei, an den Erzbischof die Mahnung gerichtet wird, in Zukunft sowohl in seinen Aeußerungen als auch in seinen Thaten von politischen Fragen sich fern zu halten. Frankreich. *Die französische Regierung ließ sich durch Staatsratsdekret einen Nachtragskredit von 30 Millionen Frank für die Expedition nach China eröffnen. Bon den durch das Parlament hierfür bewilligten 20 Millionen Frank sind für Transposten allein 10 Millionen verausgabt. England. * Die Londoner Blätter äußern überein stimmend, daß die Flucht Krügers sür England viel bequemer sei als seine Ge fangennahme, da hierdurch ernste Ver wickelungen abgewendet würden, und er klären, daß dieser wenig dramatische und heldenhafte Abgang Krügers der Krüger-Legende einen nicht wieder gut zu machenden Schaden zusügcn werde. (Das ist Privatansicht eng lischer Blätter. Andere Leute denken darüber anders.) Balkanstaaten. * Der rumänische Kriegsminister erhielt vom Kommandanten des 8. Jägerbataillons die Meldung, daß Bulgaren eine von einem Offisier geführte Patrouille an der Grenze an- griffeu und dabei einen Soldaten töteten. Die Regierung ordnete eine strenge Untersuchung an. Amerika. *Daß man in letzter Zeit eine große An zahl vonAerzten nach den Philippinen entsendet hat, erregt in New Jork die Befürch tung, daß die Truppen sehr an Krank heiten leiden, welche durch die Regenzeit hervorgerufen werden. Man hat veranschlagt, daß die Philippinen den Ver. Staaten täglich dreiviertel Millionen Dollar kosten. Was die Verluste der Truppen angcht, so sind nach den bisher veröffentlichten offiziellen Listen 598 gefallen, 363 an Wunden gestorben oder verunglückt, 1631 Krankheiten erlegen. Das würde im ganzen 2593 Tote ergeben, zu denen 2343 Verwundete zu rechnen sind. Das Kriegs- departcment hat sich aber seit den letzten sechs Monaten erheblich geweigert, Nachweisungen über den Krankenstand zu veröffentlichen, so daß das Publikum über diesen Gegenstand, an den es doch gerade so außerordentlich interessiert ist, völlig in Unkenntnis gehalten wird. Die Gegner der Regierung suchen hieraus Kapital zu schlagen und behaupten, man mache nur des halb nichts bekannt, weil es den Erfolg in der Wahl-Campagne gefährden könnte. Telegramme an unsere „Ost- aftaten". Ueber weitere Erleichterungen des privaten Telegrammverkchrs mit den Angehörigen der nach Ostasien entsendeten deutschen Land- und See- streilkräfte hat der Staatssekretär des Reichs postamts folgende Bekanntmachung erlassen: Zur weiteren Erleichterung des privaten Telegrammverkehrs mit den Angehörigen der deutschen Truppen und Kriegsschiffe in Ostasien hat das Neichspostamt mit den beteiligten Kabelgesellschaften Vereinbarungen getroffen, nach denen Sammeltelegramme mit Privatnach richten in offener Sprache, welche täglich einmal zwischen zwei dazu bestimmten amtlichen Stellen in Deutschland und Ostasien ausgetauscht wer den, gegen eine ermäßigte Gebühr befördert werden sollen. Im einzelnen wird über die Benutzung dieser Einrichtung folgendes be stimmt : 1) Für Privattelegramme in offener Sprache aus Deutschland an Angehörige der in Ostafrika stehenden deutschen Heeres- und Marineteile wird fortan nur die Hälfte der tarifmäßigen Gebühr (unter Aufrundung der Summe auf einen durch 5 teilbaren Pfennigbetrag) erhoben, sofern der Absender durch den Vermerk „Feld- tegramm" von der Aufschrift zum Ausdruck bringt, daß Hix Nachricht in das nächste Sammel- telegramm ausgenommen werden soll. In den an Angehörige des Armee-Oberkommandos für Ostasten oder des ostasiatischen Expeditionskorps gerichteten Telegrammen werden die zur Be zeichnung des Empfängers dienenden Angaben nur als ein Wort gezählt; diese Bestimmung kann jedoch auf die an Angehörige der Marine gerichteten Telegramme erst Anwendung finden, sobald die Listen über die Verteilung der Serienbuchstaben und Telegraphen-Nummern bei der Marine ausgestellt und sowohl dem Haupt Uon Nah und Fern. Den Viehbedarf Berlins hat die Deutsche Landesgenossenschafts - Gesellschaft durch ihren Sonderausschuß sür Absatz feststellen lassen. Da nach empfängt Berlin von dem gesamten Rinder versand im Deutschen Reich 18,15 Prozent der Gesamtsumme; von den Schasen, als deren Hauptzuchtgebiet Ost- und Westpreußen gilt, gehen 9,09 Prozent nach Berlin. Am bedeu tendsten aber ist der Prozentsatz des Bedarfs an Schweinen, der für Berlin 19,54 Prozent des Gesamthandels ausmacht. Neben Berlin kommen vor allem Hamburg, Breslau und Mannheim in Betracht, teils durch ihren Eigen verbrauch, teils als Regeler des Versandverkehrs ganzer Provinzen. Brandenburg steht fast gänz lich unter dem Einfluß des Berliner Marktes; nur den Handel für den örtlichen Gebrauch be treibt der Schlächter selbst. Wußte es sein? LOf Roman von C. v. Berlepsch. « eunq.) Walter lachte. „Ich hatte meine Gründe, Kau Hoffmann, meine Heirat zu beschleunigen; aber die Leute sollen dadurch nichts verliere» und ihr Fest später haben. Nun führen Sie meine Frau in ihre Zimmer." Die Pracht und Größe des Schlosses machten Edith ganz befangen. „Der gnädige Herr schrieb mir, ich solle den westlichen Flügel instandsrtzen," begann Frau Hoffmann, indem sie die Thören zu einer schönen Flucht Zimmer öffnete. „Es find unsere besten Räume," fuhr sie fort, „und die Herrinnen des .Hauses haben sie immer bewohnt. Haben die gnädige Frau Ihre Jungfer schon mitgebracht? „Nein," entgegnete Edith, „ich habe noch keine engagiert. Die Gräfin Brandner versprach mir, sich nach einer umzusehen." Der Name der Gräfin war für Frau Hoff mann von großer Bedeutung. Die plötzliche Heirat ihres Herrn gefiel ihr nicht recht, aber wmn seine Frau eine Freundin der Gräfin war, lag die Sache ganz anders. Als Frau von Hohenstedt ihre Reisetcilette mit einem leichten Sommerkleid vertauscht hatte, ging sie wieder zu ihrem Mann hinunter. „O Edith," rief dieser ihr entgegen, „wie lange du ausgeblichen bist! Ich habe mich so nach dir gesehnt! Und wie hübsch du aus siehst I Das weiße Kleid steht dir vorzügkch. Eine so schöne Frau ist sicher «och uie auf Schloß Bergheim eingezogen. Wenn wir ge gessen haben, wollen wir in den Ahnensaal gehen, damit ich dir meine Vorfahren vorstelle." Ein vorzügliches Gabelfrühstück war schnell bereitet und wurde im Eßsasl serviert. Edith war überwältigt von der Pracht des Silbers, des kostbaren Geschirrs, und fragte sich wehr wie einmal: „Werde ich mich je an all den Glanz gewöhnen und alles das als mir gehörig ansehen können?" Ihr Gatte bewunderte indes, mit welcher Anmut und angeborenen Vornehmheft fie ihren Platz am Tisch einnahm. Sie hätte ihr Leben lang Herrin auf Bergheim sein können, mit solcher natürlichen Würde, Eleganz und Grazie Wie fie ihre Stellung aus, was Walter mit freudiger Genugthuung wahrnahm. „Ich habe bisher nicht gewußt, was es bedeutet, ein Heim zu haben, Edith," sagte er. „Es ist mir, als säße ich einem Traumbild gegenüber, und ich weiß doch, daß es mein ge liebtes Weib ist." Und fie in ihrer rührenden Demut erklärte ihm, fie begriffe nicht, womit fie ein solches Glück verdient hätte. Nach der Mahlzeit schlug Walter einen Gang durch das Schloß vor. „Ich möchte dir alle meine lieben alten Räume zeigen," versetzte er. „Ich bin so stolz auf den Bau und alles was er in sich birgt, nicht um seiner selbst willcn, sondern weil er der Sitz eines Geschlechtes ist, welches immer das Banner der Ehre hoch hielt. Kein Fleckchen ist darauf und ich hoffe, in jeder Weise in die Fußtapfen meiner Ahnen zu treten." „Ich kann dir deinen Stolz nachempfinden," entgegnete Edith, „obgleich dieses Gefühl mir selbst völlig f emd ist." Die Bildergalerie, von der ein Teil aus schließlich für Familien Porträts reserviert war, führte von dem östlichen zum westlichen Flügel des Schlosses und war eine der bedeutendsten Pnvatgalerien Oesterreichs. Es war seit Generationen viel Kunstsinn in der Familie ge wesen, und mancher der Besitzer von Schloß Bergheim hatte kostbare Schätze in der Ferne und Nähe aufgekauft und Unsummen dafür ge opfert. Walter führte seine Frau durch den ganzen Raum. „Ich habe in Rodenhof stets die Bilder bewundert," äußerte Edith, „aber was find fie gegen diese! Nichts ist damit zu vergleichen." „Und doch ist die Sammlung klein im Ver gleich mit den Galerien in den verschiedenen Städten Europas, die ich dir noch zeigen will." „Aber die gehören der betreffenden Nation, die hier ist Privatbefitz," erwiderte Edith. Hand in Hand gingen fie weiter, und als die Sonne aus das goldige Haar der jungen Frau fiel, und fie mit ihrem staunenden Kinder blick alles betrachtete, war Walter überzeugt, daß all die edlen und schönen Frauen auf seinen Bildern ihr doch an Liebreiz und Holdseligkeit nachstanden. „Und nun," sagte er, „stelle ich dir hier die Damen meiner Familie vor." In demselben Augenblick verhüllte eine Wolke die Sonne, und Edith rief halb lachend: „Sieh, Walter, die Damen deiner Familie sehen finster aus, weil fie mich Unwürdige in ihre« erlauchten Krcise begrüßen sollen." „Wie sollten fie?" entgegnete er, „höchstens blicken fie mißmütig auf dich, weil du, mein Lieb, ihre Schönheit verdunkelst. Aber denke dir einmal, fie könnten alle aus dem Nahmen treten, um dich willkommen zu heißen; welch" eine stattliche Reihe würde das sein!" Und er begann ihr die einzelnen zu nennen» „Diese Frau," sagte er, „mit dem ernsten, entschlossenen Ausdruck lebte zur Zeit der Türken kriege. Sie verteidigte das Schloß drei Wochen lang, bis der Feind die Belagerung aufhob und abzog." „Welche Tapferkeit l" bewunderte Edith. „Und diese," fuhr er fort, „war nicht weniger eine Heldin, wenn auch anderer Art. Als die schwarzen Pocken in Brünn wüteten, wollte sie die Stadt nicht verlassen, sondern stand, wo sie konnte, den Kranken und Notleidenden bei. Hier ist Anna-Marie, welche bei einem Aufruhr uner schrocken unter Hunderte von Arbeitern trat und durch ihre Geistesgegenwart und ihren Mut die Leute entwaffnete. Hier Konstanze, welche iu direkter Linie von Frau von Westendarp ab stammte, der berühmten Westendarp —" Edith schmiegte sich fest an ihn. „O, Walter," sagte sie, „und hier soll mein Bild auch hängen?" „Ich hoffe bald, mein Lieb." „Hier unter allen diesen ausgezeichneten Menschen? Da Passe ich doch nicht hin. Und wenn spät^^mmal ein Hohenstedt seine junge Frau mich heute, und sie fragt, wer wird die Antwort sem:
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