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Allgemeiner Anzeiger : 24.03.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191703249
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-03
- Tag 1917-03-24
-
Monat
1917-03
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 24.03.1917
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Revolution in Petersburg. Der Zar dankt ab. .Was durch Sturmzeichen schon seit Wochen angekündigt wurde, ist eingetreten: Die Duma, die vom Zaren nach Hause geschickt werden sollte, hat sich empört und die Macht in der Hauptstadt an sich gerissen. Petersburg in der Hand der Revolutionäre. Die Duma setzte ihre Sitzungen fort und setzte am 11. März einen aus 12 Mitgliedern bestehenden Vollziehungsausschuß unter dem Vorsitz des Dumapräsidenten Rodzianko ein, der die Regierungsgewalt an sich riß. Alle Minister wurden gefangen gesetzt. Daß es bei diesem Vorgehen nicht ohne Blutvergießen abgegangen ist, scheint nach der Fassung der von der neuen Regierung ausgegebenen, durch die von ihr be schlagnahmte amtliche Petersburger Telegraphen agentur ins Ausland gesandten knappen Be richte wohl ohne weiteres sicher zu sein. Darin heißt es nämlich: „Am 14. März, am dritten Tage des Ausstandes, ist die ganze Hauptstadt, in der die Ordnung schnell wieder kehrt, in der Gewalt des Vollziehungsaus schusses, der Duma und der Truppen, die sie unterstützen. Der Abgeordnete Engelhardt, Oberst im Großen Generalstabe, wurde vom Ausschuß zum Kommandanten von Petersburg ernannt." In einem weiteren Telegramme der neuen Regierung wird die Zahl der überge- tretenen Truppen auf 30000 angegeben. Die neuen Männer. An der Spitze der revolutionären Regiemng steht der Dumapräsident Rodzianko. Er gilt als ein Mann gemäßigter Richtung, dem umstürz lerische Absichten im Sinne der russischen Sozial revolutionären wohl fernliegen dürsten. Ebenso ist das von dem neuen Stadtkommandanten Oberst Engelhardt nicht anzunehmen. Er ge hört einem im Gouvernement Mohilew begüterten reichen Geschlecht an, das trotz seines deutsch klingenden Namens völlig verrußt ist und stets als durchaus zarentreu galt. Es dürfte sich auch jetzt wie schon oftmals bei russi schen Ausständen wiederholen, daß die neuen Machthaber im Namen des Zaren gegen die alten auftreten, von denen namentlich der Minister des Innern Protopopow viel gehaßt wird. Wieweit die neuen Männer unter siemdem Einfluß handeln, ist bisher nicht in voller Klarheit zu übersehen. Sicher ist, daß Herr Buchanan, der englische Botschafter am Zarenhofe, die Bewegung gegen die alte Re gierung geschürt hat und daß englisches Geld und englische Intrigen seit langem bemüht waren, sich aus den russischen Liberalen eine londoniromme Gefolgschaft zu schaffen. Dabei stand Buchanan namentlich Protopopow im Wege, der sich unter das englische Joch nicht beugen wollte. Der Zar dankt ab. Zar Nikolaus hat, obwohl man ihn zu überzeugen wußte, daß sich die Revolution weder gegen ihn noch gegen sein Haus richte, auf den Thron verzichtet. Zum Regenten ist Großiürst Michael Alexan- drowitich, der 1878 geborene Bruder des Zaren, ernannt worden. Interessant ist, daß im englischen Unterhause Minister Bonar Law als erster in der Welt von der Abdankung des Zaren Mitteilung machen konnte. Er jügte hinzu, es sei sür England eine befreiende Nachricht, daß sich die Bewegung in Rußland nicht gegen den Krieg richte, sondern gegen die Regierung, die den Krieg nicht energisch genug führe. * Ausbreitung der Revolution. Die Petersburger Telegraphen-Agentur teilt mit: Mehrere Duma-Abgeordneten begaben sich auf Befehl des Erekutiv-Komitees nach Kron stadt, dessen Garnison sich zur Verfügung des Komitees gestellt hat. Pepelajew wurde zum Kommandanten von Kronstadt ernannt. Die Stadtverwaltungen von Moskau, Kasan, Charkow und Odessa erklärten telegraphisch ihren An schluß an den Petersburger Wohlfahrtsausschuß und konstituierten sich als Ausschüsse der inneren Befreiung Rußlands. Oroknen. 8s Roman von M. Berger. (ForUebung.) „Ich bitte dich, er ist immer Verwandter Hedwigs, Grund genug für mich, den offenen Kampf mit ihm zu vermeiden, als es irgend möglich ist. Wie kommst du übrigens auf den Verdacht, daß er diesem Brief nicht fern steht?" fragte Doktor Faller den Freund. „Ich sah neulich einen der fanatischsten Agi tatoren der Gegner aus seinem Hause kommen," antwortete Doktor Beer. „Was beweist das?" meinte Doktor Faller achselzuckend. „Nichts, und doch sehr viel," sagte der Jour nalist mit großem Ernst. „Seit der Stunde tauchen die Angriffe gegen dich und deine FamUis in der gegnerischen Presse auf. Hupfer glaubt dich durch Enthüllungen in der Familie des Kommerzienrats unmöglich zu machen. Deine Wahl kommt ihm erst in zweiter und dritter Linie I" „Ich befürchte dies," meinte dec Direktor und fuhr sich mit der Hand durch das Haupt haar. „Von ihm nicht, so doch von meinen politischen Gegnern; ich wollte deshalb von vornherein nicht kandidieren." „Lieber Freund, du bist ein großer Idealist," versetzte Doktor Beer und trat dicht vor den Freund hin, ihm beide Hände auf die Schultern legend. „Glaubst du, daß öffentliches Wirken erst Feinde schafft? Der Tummelplatz der Ver leumdung wird dann nur größer; was sich sonst in den vier Wänden abspielte. spielt sich jetzt' Wie Weiler über Stockholm gemeldet wird, sind die Minister Stürmer und Prolopoxow er mordet worden. Protopopows Leiche wurde von dem Pöbel in Stücke zerrissen. Wie wenig die ganze Revolution mit etwaigen Friedenswünschen ihrer Leiter zu tun hat, zeigt die Tatsache, daß Protopopow dem russischen Volk als Helfer Stürmers bei dessen „ver brecherischen Sonderfriedensplänen" hingestellt und ihm vorgeworfen wurde, er habe in Stock holm mit deutschen Vermittlern Zusammenkünfte gehabt. Gleichzeitig galt er der Linken als der gefährlichste Mann der Petersburger Hofkreise. Trotzdem ist Protopopow ebenso wie Stürmer wohl nur als angeblicher Freund des Sonder friedens gefallen. verschiedene Rriegsnachrichten. Eine Folge unserer Frontverlegung. Französische Blätter melden, daß die eng lische Heeresleitung insgesamt 220000 Arbeits soldaten und sonstige Hilfskräfte an der Ancre- front zusammengezogen hat, um das von den Deutschen verlassene Gelände so schnell wie möglich wieder herzustellen und die Anlage neuer englischer Stellungen zu beschleunigen. * Die Kriegslage im englischen Lichte. Die Londoner ,Times' meldet aus dem englischen Hauptquartier: Unsere Fortschritte halten mehr als gleichen Tritt mit dem Rückzug der Deutschen. Wir sind dem Feinde dicht auf den Fersen. Der Feind wird schnell auf die Eisenbahn Bihucourt—Bapauine zurückgedrängt. Er geht nicht freiwillig, sondern weil er keine andere Wahl hat. Seine Linie dürste durch brochen werden, falls er wartete. Der ,Daily Chronicle' läßt sich dazu telegraphieren: Wir stehen am Vorabend wichtiger Ereignisse. Mehr kann augenblicklich nicht gesagt werden. Teicknet ciie keckste F« kriegsanleike! Fr Frankreichs Kriegslasten. Der Berichterstatter des Budgetausschusses, Perret, berichtete über das provborische Zwölftel sür das zweite Vierteljahr 1917. Die Höhe der Forderung geht aus 9 518 943 573 Frank. Die Gesamtausgaben seit Kriegsaus bruch bis zum 30. Juni 1917 beiragen 32 909 973 326 Frank. Dazu kommen die von der Negierung den verbündeten und befreundeten Staaten geliehenen Vorschüsse im Betrage von 3 Milliarden 875 Millionen Frank. Die Kriegsausgaben seien fortwährend im Wachsen. Perret verlangt größte Spar samkeit vom Volke, aber besonders auch von der Regierung, wenn man den finanziellen Schwie rigkeiten, in denen das Land sich befinde, die Stirn bieten wolle. * Sarrail unter dem U-Bootdruck. In Sofia wie in ganz Bulgarien sieht man den Durchbruchsversuchen Sarrails mit voller Ruhe entgegen. Zuverlässige Nachrichten be sagen, daß das Ernährungsproblem der Sarrailschen Armee immer bedenk licher wird. Die griechische Bevölkerung leidet bitterste Not, da Sarrail die letzten Bestände von Vieh und Mais für die Armee ange- sordert hat. Ein amerikanischer Dampfer versenkt. Nach den Berichten Londoner Blätter ist der amerikanische Dampfer „Algonguin" (2133 Tonnen), der von New Jork nach London mit einer Ladung Lebens mittel unter wegs war, von einem deutschen U-Boot ver senkt worden. Reuters Bureau meldet hierzu aus Washington: Halbamtlich verlautet, daß die Versenkung des Dampfers „Algonguin" zwar sehr ernst sei, aber wahrscheinlich keine Änderung der gegenwärtigen Lage bringen werde. Ein wirklicher Zwischenfall werde erst erwartet, wenn ein bewaffnetes amerikanisches auf freiem Platze ab. Dis Hetze beginnt. Rings auf hohen Ballonen, an den Fenstern, auf den Dächern neugierige, schadenfrohe, zischelnde Menschen, die Gesellschaft, wie sie leibt und lebt. Du wirst in die Arena ge stoßen; wehe dir, wenn deine Gesichtsnerven nicht von Eises und Stahl sind, wenn du zu sammenzucken solltest. Die Menge winkt dir mit roten Tüchern, sie lockt dich bald hierhin, bald dorthin. Du wirst verwirrt, mit Wucht rennst du in die scharfe, spitze Klinge und ver blutest an Verleumdung." Drinnen im Saal stimmte das Orchester einen Tanz an; die verführerischen Klänge lockten die beiden Freunde vergebens. Doktor Beer schritt erregt auf und ab, während der Fabrikdirektor düster vor sich hinstarrend auf einem Stuhle saß. „Das ist's, was ich fürchte l" murmelte er und lockerte den Stehkragen, der ihn zu er sticken drohte. „Da ist das nur, was du zu fürchten hast, wenn du deine Gesichtsmuskeln nicht beherrschst. Zuckst du unter den Streichen deiner Feinde zusammen," sagte Doktor Beer, „dann Hetzen sie dich zu Tode. Zucke mit keiner Wimper, wenn sie auch dein Innerstes dir erschüttern, und du bist Sieger. Mit den Menschen muß man Komödie spielen, dann kommt man mit ihnen am besten aus. Zeige deinen Feinden, daß du sie nicht fürchtest und deinen Freunden, daß du sie nicht brauchst, dann tragen sie dir Wasser zu." In diesem Augenblick wurde dis Türe ae- Schiff mit einem deutschen U-Boot zusammenstoße. Wilwns Erklärung bezüglich der bewaffneten Neutralität sei nicht anwendbar auf den Fall des Dampfers „Algonguin". Das 6cko äer XanLlerreäe. Das Bekenntnis des Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsidenten im preußischen Abgeordnetenhause zu einem neuen Preußen, das nach dem Kriege entstehen muß gewisser maßen als Ergebnis der während des Krieges gemachten schweren Erfahrungen, hat in dem weitaus größeren Teil derPresse eine zustimmende Beurteilung gefunden. Allgemein wird hervor gehoben, daß Herr v. Bethmann Hollweg noch nie mit solcherBestimmtheit gesprochen, noch nie seiner persönlichen Ansicht mit so starker Betonung Ausdruck verliehen habe. Und in der Tat, die Kanzlerrede, die fast gar nicht vorbereitet war und auS dem Stegreif gehalten wurde, bedeutet mehr als bloße Worte, die nur einen flüchtigen Eindruck bei dem Hörer hinterlassen, es ist eine Tat, die fortwirken wird und die man im ganzen Reiche nicht mehr vergessen wird. Der Kanzler sprach mit tiefer Bewegung und war an mancher Stelle seiner Rede in starker Erregung. Zunächst wandte er sich zu der Vorlage, deren Ablehnung durch das preußische Herrenhaus ihn eigentlich auf den Plan gerufen hatte: zur Diätenvorlage. Er sprach sein Bedauern ans, daß das Gesetz abgelehnt worden sei und mehr noch über die Form, in der es geschehen ist. Aber der Kanzler lehnte eine persönliche Polemik ab und betonte, daß er nur seine Stellung zu den allgemeinen politischen Fragen präzisieren wolle. Dabei sprach er von der Möglichkeit, daß sich daraus ein Gegensatz zu den An schauungen ergeben können. Der Kanzler hob weiter hervor, daß er das Wort ergreife, um die Zweifel an seiner Auffassung der Gesamt politik und ihrer Durchführung zu beseitigen. Dabei sand der Kanzler warme anerkennende Worte für den Reichstag, den er gegen die herbe Kritik, die im Herrenhause geübt worden war, nachdrücklichst in Schutz nahm. Den Höhepunkt erreichten indes die Aus führungen des Kanzlers, als er von dem neuen Aufbau des Reiches und im Zusammenhang damit von dem neuen Volke sprach. Ent schlossen trat er für die Regelung des Arbeiter rechtes und die Regelung des preußischen Wahl rechts ein und legte ein bedeutsames Bekenntnis ab zum deutschen Volke, zu allen Söhnen des Landes, die hoch oder niedrig, arm oder reich alle das gleiche Opfer für das Vaterland ge bracht hätten. Über allen Fragen aber steht jetzt die eine: Wie führen wir diesen Krieg zu einem siegreichen Ende? Kein anderer Gedanke soll und darf uns jetzt erschüttern. In diesem Gedanken ist das ganze Volk einig. Politische Aunälcbau. Deutschland. *Jm Bundesrat gelangte u. a. ein Gesetzentwurf zur Annahme, der die Herab setzung von Mindeststrafen im Mili tärstrafgesetzbuche vorsieht. *Jm Reichsamt des Innern hielten die Ressortminister der Einzelstaaten eine Beratung ab, um den W irt s chaft s p lan für 1917 zu beraten. Es handelt sich in erster Linie um die Fragen der Hinaussetzung der Fleischration, Herabsetzung der Fleischpreise und Hinaufsetzung der Getreidepreise. Wie verlautet, sind auch die Eisenbahnminister der Einzelstaaten in Berlin zusammengetreten, um zu den in der letzten Zeit so hestig erörterten und umstrittenen Fragen des Eisenbahnwesens, besonders auch zur Frage der Reichseisenbahnen, Stellung zu nehmen. * Im Hauptausschuß des Reichstags erklärte Minister v. Breitenbach sich gegen den Zusammenschluß der deutschen Bahnen. Es herrsche auf allen deutschen Bahnen eine solche Einheit des Betriebes, daß das Publikum es nicht bemerken würde, wenn die Staatsbahnen in Reichseisenbahnen umge wandelt würden. Auch ein bayerischer Bundes ratsbevollmächtigter wandte sich gegen den Ge danken der Umwandlung der Staatsbahnen in Reichsbahnen. öffnet und Fräulein Hedwig Lang trat in das Zimmer. Doktor Faller sprang sofort auf, als er die Angebetete erblickte. „Gnädiges Fräulein," rief Doktor Beer aus, „Sie erinnern mich an meine Ritterpflicht," und mit einer leichten Verbeugung gegen die junge Dame eilte er davon. 9. Hedwig sah in dem lichten, rosafarbenen Ballkleid entzückend aus. Ihre herrliche Gestalt, ihr tadelloser Hals, die klassischen schönen Arme, der stolze Kopf mit den schönen, strahlenden Augen und dem goldblonden, welligen Haar, in dem einige Blumen prangten, entzückten und begeisterten den Doktor so, daß er vor der Majestät ihrer Schönheit bis ins Innerste erbebte. Seine Blicke ruhten mit dem ungeschminkten Ausdruck der Bewunderung auf ihr und ver rieten dem schönen Mädchen allzu deutlich, wie sehr er sie bewundere. Sie errötete unter seinen Blicken und war verlegen wie ein Backfisch, der vor versammeltem Lehrerkollegium irgend ein sentimentales Gedicht vortragen soll. „Ei, ei, mein lieber Herr Doktor, so säumig im Dienste Ihrer Dame I" sagte sie lächelnd, „damit Ihr Tanz nicht für Sie verloren ginge, oder ich in die Lage käme, sitzen bleiben zu müssen, habe ich mich höchsteigen in Person aufgemacht, den verzauberten Ritter zu suchen." „Wie lieb von Ihnen, Hedwig," flüsterte er und preßte glühende Küsse auf ihre Hand, die sie ihm willig überließ. „Sie sind wenig galant» Herr Doktor!" * Nach dem ,Bayerischen Kurier' soll die Entscheidung über das Jesniten- gesetz nunmehr in greifbare Nähe gerückt sein. Der Bundesrat dürste sich voraussichtlich dem nächst mit der Angelegenheit befassen. Eine Aushebung des Gesetzes dürste demnach nur eine Frage der nächsten Zeit sein. Frankreich. * Der Widerstand, den Ministerpräsident Briand in wachsendem Maße in der Kammer findet, hat jetzt als- erstes Opfer den Kriegs- minister General Lyautey gefordert. Er ist nach einer sehr erregten Kammerdebatte über das Flugwesen zurückgetreten. Genau drei Monate ist er in seinem Amte gewesen, das zu verwalten ,ihm unter dem Widerstand der Kammer gewiß nicht leicht geworden ist. Es bleibt nun abzuwarten, ob Herr Briand nach dem Rücktritt Lyauteys sich noch auf seinem Platze halten kann. England. *Der Minister für Indien, Chamberlain, hat im Unterhause vorgeschlagen, das Ge schenk Indiens von 100 Millionen Pfund (2 Milliarden Mark) anzunehmen. Er erinnerte an die militärischen Dienste, die die indischen Truppen in Frankreich, am Suezkanal, in Ostafrika und Mesopotamien erwiesen haben, und teilte mit, daß. 300 000 Britisch-Jndier Dienst genommen Hachen. Er lobte die Frei gebigkeit der indischen Fürsten und sagte, daß die Anfertigung von Kleinwaffen in Indien jetzt 20 mal größer und die von Geschützen und Munition jetzt 12 mal größer sei als zu Anfang des Krieges. * Der heimliche Kampf um die zukünftige englische Handelspolitik geht weiter. Der Handelsminister Runciman bat in einer vertraulichen Unterredung die Leiter des Frei handelsausschusses im Unterhause keine Erörte rung über die geplante Schutzzollpolitik herbeizu führen. Diese Frage werde von selbst durch die Ereignisse gelöst werden. Italien. *Jn der italienischen Kammer kam es zu einem Zwist der Regierung mit der äußersten Linken über die Transportfrage. Der Vertreter der Baumwollindustrie Crespi warf dem Minister Arlotta vor, dieser habe nur darum keinen Transportvertrag mit den Vaum- wollindustriellen abgeschlossen, weil er statt ihrer andere Industrielle auf Staatskosten begünstigen wollte. Darauf entstand ein ungeheurer Lärm. Von der äußersten Linken wurden zwei Anträge auf Einleitung einer parlamentarischen Verhand lung angemeldet, welche der Ministerpräsident nach anfänglichem Sträuben und Drohen mit der Vertrauensfrage endlich annahm. Rußland. *Die Vertreter Englands, Frank reichs, Italiens und Serbiens sind im Hauptquartier vom Zaren in besonderer Audienz empfangen worden. Amerika. * Das Gerücht, die südamerikanische Republik Argentinien plane eine Friedens vermittlung, bestätigt sich nicht. Es sind lediglich Einladungen an die südamerikanischen Staaten zu einer unverbindlichen Besprechung über den Frieden ergangen. * Während englische Blätter zu berichten wußten, daß die Arbeiter in den Ver. Staaten entschlossen seien, die Politik Wilsons um jeden Preis zu unterstützen, heißt es jetzt in Amsterdamer Berichten, daß die Ge werkschaften einen großen Streik beginnen wollen, falls ihre Forderung nach dem Acht stundentag nicht bewilligt wird. Asien. * China soll jetzt dem Druck des Verbandes und Amerikas nachgegeben und, wie Reuter triumphierend meldet, nicht nur die Beziehungen mit Deutschland abgebrochen haben, sondern auch gleich zur Beschlagnahme deutscher Handelsschiffe im Hafen von Schanghai geschritten sein. Es soll sich um 13 Schiffe mit 35000 Tonnen Gesamtinhalt handeln. Die Bemannungen seien gelandet worden und würden überwacht. „Hedwig, ich bete Sie an!" „Beten Sie mich galant an, Herr Abgeord neter in sps," wehrte sie errötend. „Nur unter dieser Bedingung will ich es gestatten. Be wundern Sie nicht meine Güte?" fragte sie dann schelmisch und gewann ihre Selbstbeherr schung wieder. „Ich bewundere Sie; wie schön Sie sind, Hedwig," sagte er, und leise meinte er: „Wollen Sie Ihrer Güte gegen mich die Krone aus setzen ?" „Das käme auf den Versuch an I" antwortete sie leise. „Verzichten Sie um meinetwillen auf diesen Tanz, Hedwig," bat er dringend; „lassen Sie uns plaudern, gewähren Sie mir eine Unter redung." „Sie fordern viel, Herr Doktor," entgegnete sie und indem sie Platz nahm, willfahrte sie seinem Wunsche. Die Ballmusik spielte ihre flotten Weisen munter fort. „Wenn diese Weisen ertönen, bleibt selten eine junge Dame eine aufmerksame Zuhörerin, allein ich will es wagen." „Dank, tausend Dank l" Der Fabrildirektor rückte seinen Stuhl näher heran und ließ sich nieder. Ein verlegenes Schweigen trat ein; sie blickte zu Boden, ihr Busen wogte erregt auf und nieder, denn sie ahnte tief beglückt, was er ihr zu sagen hatte; in seiner Brust aber stritten Gewißheit und Zweifel. „Hedwig," sagte er weich und innig und er griff ihre Hand, die sie ihm ohne Widerstand ließ. Hedwig, ich liebe Sie!"
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