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Allgemeiner Anzeiger : 30.06.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191706300
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19170630
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- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-06
- Tag 1917-06-30
-
Monat
1917-06
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 30.06.1917
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attive'^, Offiziere mcuterle beim Abtransport. Sie prdcu gelangen gesetzt und der Bestand an Onizieren durch Beförderung von Unter- visi-iereu wieder ergänz!. Unter ihnen allen ist nicht einer, der sich nich! klar darüber wäre, daß sie verkamt und und nie die Sache Englands Schweiz. ! Die d e ul ! chfeindlichen Unruhen ! in Gens, bei denen die Fensler des Konsulats» gebäubes beschädigt und das kaiserliche Wappen schild hcnmtcrgerissen wurden, finden in der Presse einstimmige Verurteilung. Das politische Departement der Schweiz hat dem deutschen Vertreter in Bern sein Bedauern ausgesprochen. Weitere Schritte sind Vorbehalten. ^öikerrecdtsverbrecken. Man würde die Erntenz deS Völkerrechts überhaupt verneinen, wenn man die Möglichkeit verbrecherischer Handlungen nn völkerrechtlichen Verkehr aus dem Gründe bestreiten würde, weil sic keine rechtliche Sühne finden. Man kann auch nicht jede Verletzung völkerrechtlicher Ab machungen und Gebrauchs unter den Gesichts punkt des Verbrechens dringen, namentlich nicht inr Kriege. Im Kriegs steht die Macht stellung, ja ost die Eristenz des Staaletz auf dem Spiele: es handelt sich um die Nieder- zwingung des Gegners, um Siegen oder Unterliegen. Das sogenannte Recht des Krieges letzt die Anwendung von Gewalt voraus, das s Recht des Friedens will alle Gewalt ansschireßen ' und ihr Vorbeugen, und daher sind beide NechtS- gehietL von einander in ihrem Grunde ver schieden und im Kriege sind viele Maßregeln zulässig, welche im Frieden grobe Verletzungen des Völkerrechts sein würden. .Es kommt vielmehr bei der Würdigung der Untaten eines Staates gegen andere Staaten und deren Untertanen auf die Nichtswürdigkeit der Tat und die sich darin bekundete Gesinnung an. In dieser Hinsicht sind wohl in der Ge schichte aller Völker einzelne Vorgänge zu ver zeichnen, welche man als Böllerrechtsverbrechen ansehen muß; im allgemeinen aber hängt es von den geschichtlichen Umständen ab, wie weit die politische Handlungsweise einen verbreche rischen Charakter hat. Es kommen namentlich in Frage Maßregeln von ungewöhnlicher Grausam keit und Brutalität und von hinterlistiger ver räterischer Art. Wenn die Engländer vor- uehme oder tapfere Inder, welche einer Bestechung sich nicht zugänglich erwiesen, vor eine geladene Kanone banden und in die Lnft bliesen; wenn sie wehrlose Völkerscharen mit Kettenkugeln beschossen; wenn Lord' Kitchener zahllose Burensrauen und Kinder in Konzen trationslager zusammentrieb und dort elend verschmachten und hinslerben ließ, so sind dies Handlungen von solcher Brutalität und sittlicher Verkommenheit, daß man in ihnen einen ver brecherischen Hang und eine verbrecherische Ge sinnung wie die eines gemeinen Raubmörders erblicken muß. Hu diesen nicht bloß einfach völkerrechts widrigen, sondern verbrecherischen Maßnahmen kann auch der ganze von England ins Werk gesetzte Aushungerungskrieg gezählt werden, welcher nicht nur die deutschen Streitkräfte, sondern das ganze deutsche Volk dem Hunger tode weihen und vernichten soll, und charakteristisch für die Engländer ist das Gezeter über die entsprechende Gegenmaßregel, den U-Boot- Krieg. Die Engländer tragen kein Be denken, eine siktive Blockade über die Nordsee zu verhängen und selbst die neutralen, an Deutschland grenzenden Staaten mit Slot und Mangel zu bedrohen und ihren ganzen Waren verkehr unter Kontrolle zu nehmen; die Be schränkung ihrer eigenen Einsuhr und Ausfuhr aber durch deutsche Seestreitkräfie erscheint ihnen als eine unerhörte Verletzung des Völkerrechts. Denn unter dem letzteren verstehen die Eng länder, daß England den anderen Staaten gegenüber alles machen kann, was ihm beliebt; dis anderen Staaten dagegen nur, was Eng land ihnen erlaubt. Zu den schweren, verbrecherischen Ver letzungen des Völkerrechts gehören ferner die grausamen Mißhandlungen, Blendungen, Ver stümmelungen und Ermordungen von deutschen verwundeten Kriegern in Frankreich. In ihnen spricht sich die ohnmächtige Wut und der Sa dismus der Franzosen auS. Diese grauen haften Brutalitäten sind um so verabscheuungs- würdiger, als sie völlig zwecklos sind und lediglich dem wütenden Nationalhaß und der moralischen Verkommenheit der Franzosen frönen. Anch die Verwendung von farbigen VM.rn und Halbwilden zum Kampfe, gewöhn lich unter Vorspiegelungen von phantastischen Unwahrheiten, durch welche sie zur Wut gegen die weißen Gegner gereizt werden, kann unter die völkerrechtlichen Noheitsverbrechen gezählt werden. Die andere und schlimmere Art von völker rechtlichen Missetaten ist die der verräterischen. Darin sind die Engländer infolge ihrer Treu- ! losigkeit und Verlogenheit Meister. Ten eigenen i Verbündeten, den Zaren von Rußland, haben sie durch erkaufte Hochverräter vom Thron ge stoßen und ihn und seine Familie in daS Ge- fängnis geietzi; die Herrnber und Regierungen i neuiraler Slawen baden sie bedrängt und be droht, ohne Rücksicht aus die hergebrachten und allgemein ancrkamuen Rechte der Neutralen. Das Schicksal deS Königs von Griechenland, welcher die Unverschämtheiten der Engländer und Franzosen willig duweie, trotzdem aber von ihnen vom Thron gestoßen wurde, ist zugleichI ein Schandsteck in der Geschichie der Engländer i und Franzosen. Den Gipfel der Frechheit aber bildet das von den Regierungen des Vierverbandes ansge- steüte Verlangen, daß diejenigen Staaten,, die sie durch Bestechungen, Drohungen, bohle Ver sprechungen und hochverräterische Agitationen inj den Krieg gegen Deutschland und Österreich ge trieben haben, nachdem sie besiegt und von dem Vierverband hilflos verlassen worden sind, von den Verbündeten nicht nur wiedeihergestellt, sondern iür ihre Verluste entschädigt werden sollen. Da England, Frankreich nnd Rußland die Balkan- staalen zu dem heimtückischen Überfall der Mittelmächte angestiftet und ihnen dw ver heißenen Gewinne garantiert haben, so wären diese Staaten verpflichtet, für den Mißerfolg Schadloshaltung zu gewähren; aber doch nicht die Mittelmächte, ans welche Belgien, Italien, Serbien, Montenegro, Rumänien usw. wie eine Meute wütender wilder Hunde gehetzt worden sind. Der eigentliche Träger des internationalen Verbrechertums ist England, welchem von den die französische Regierung bildenden geschwätzigen und in der Verdrehung der Wahrheit wohl erprobten Advokaten sekundiert wird. Die welt geschichtliche Strafe für das auf Lüge, Verrat und Roheit ausgcbawe Verhalten wird auch nicht ausbleiben. Es ist das Schicksal Frank reichs, sich, für England zu verbluten und sich unter die englische Gewaltherrschaft zu stürzen. Däs gleiche gilt von' dem verräterifchen, ver- tragsbrüchigeu Italien: England selbst wird von seinem herrischen Auftreten bittere Früchte emsammeln; denn je weiter England seinen Hochmut treibt, desto enger werden die audcren Völker sich zusammenscharen, mn gegen die eng lische Tyrannei endlich gemeinsam Widerstand zu leisten. verschiedene UriegsnachrichLen. Ter U-Boot-Krieg. Die gesamte Presse des BierverbandeZ be schäftigt sich eingehend mit den Wirkungen des U-Boot-Krieges, die sich mit jedem Tag sür die einzelnen Länder immer fühlbarer machen. Ins besondere verspürt man seine Wirkungen in der f r a n z ö s i s ch e n M u n i t i o n s i n d u st r i e. Die. Arbeitseinstellungen in Paris und in der Provinz haben recht ernsten Charakter gehabt. Infolge des Streiks, des Mangels an Roh stoffen jeder Art und der Wirkungen des U- Boot-Ktieges ist eine neue große Munitions fabrik, die Peugöt schon im Frühjahr eröffnen wollte, noch nicht fertig. Ein großer Teil der sür sie in Amerika bestellten Maschinen ist unter wegs versenkt worden. Dazu kommt, daß die steigende Frachtraumnot das Ernährungs- problem der Westmächte immer schwieriger gestaltet. -k- Die portugiesischen Opfer. In der letzten Zeit wurden an der Westfront verschiedentlich Portugiesen gefangen genommen. Das Schicksal dieser weißen Vasallen Englands ist säst noch tragischer als das der farbigen Hilfsvölker. Was mit diesen Portu giesen, die angeblich für die Rechte um Freiheit und Menschlichkeit kämpfen, geschehen ist, ist glatter Menschenhandel. Die bisher gemachten Gefangenen sind Landarbeiter aus dem Norden Portugals. Sie sind zu einem großen Teil des Lesens und Schreibens unkundig und machet einen stumpfen, unglücklichen Eindruck. Sie erzählten, daß sie verladen wurden wie Tiere. Eine große Anzahl der portugiesischen seihten müssen. Die Gefangenen erzählten, daß man die Lmaboner Truppen bisher in Portugal gelassen bade, da man ftnchtew, daß sie sich gegen den Abrransport energischer auftehnen würden. * Kriegsmüdigkeit in Frankreich. Die französische Presse, die bereits ver schiedentlich auf die Unlust unter den französischen Truppen hingewissen hat, erklärt jetzt ein stimmig, daß die Hebung dcrSti m m ung an der Front unbedingt notwendig sei. Die. Freilassung der alten Jahresklaffen würde sehr viel dazu beitragen, um dis Stimmung im Innern des Landes und an. der Front zu heben. .Lictoire' erklärt, daß dis Engländer, die augenblicklich ein Vierie! der Front in Frankreich innehätten, von der französischen Re gierung wohl ausgesordcrt worden seien, oder es noch würden, etwa ein Drittel der Front Zu übernehmen, wie es recht und billig wäre. Amerika würde gleichsalls einen Teil der fran zösischen Truppen ablösen, was eine ungeheuere Erleichterung für alle Franzosen bedeuten würde. Die französischen Truppen hätten dann in einigen Monaten nur noch die Hälfte der Front inne. PoUtrlcbe K,unäsckau. Deutschland. * In der letzten Bnndesratssitzung wurden folgende Entwürfe angenommen: Ände rung der Verordnung über den Verkehr mit Wasch- und Reinigungsmitteln; Einschränkung der Erzeugung von Elektrizität, Gas usw.; Erntevorschätzung im Jahre 19l7; Entwurf einer NeichSgstrmdeordnung für die Ernte 1917.S Österreich-Ungarn. Sobald dis Wiener Ministerkrise gelöst ist nnd ein Zweifel über das Zustandekommen des österreichifch-ungarischen Ausgleichs nicht mehr besteht, werden dis Staatssekreiäre Dr. Helf e- r ich, Zimmerm a n n uüd Graf R oedern in Wien cintreffen, um mit den leitenden Ministern Osterreich-Ungarns die Grundznge eines gemeinsamen Wirtschaflspro - gramms zu vereinbaren, das den weiteren Verhandlungen der beiderseitigen Sachver ständigen Zur Unterlage dienen und in feinen Einzelheiten dann ausgearbeitet werden soll. Von den Wiener Besprechungen wird es ab hängen, was in dieses Programm einbezogen werden soll von den vielen Anregungen, dis hüben und drüben von den wirtschaftlichen Ver bänden gegeben worden sind. Tis Mittelmächte halten an dem Einschluß fest, bei den Friedens- Verhandlungen dem feindlichen Ausland gegen über als geschlossener Beriragsstaat aufzutrelen, um zu möglichst günstigen Handelsverträgen zu gelangen. Die Zusammenkunft dec leitenden Minister und Staatssekretäre mußte bisher ver schoben werden aus äußeren und inneren Gründen. Frankreich. * Ans Anlaß der Besprechung über die Ver pflegung der Armee kam es in der Kammer zu T u m ultfzenen, als ein Redner erklärte, es sei Zeit, einmal über die Moral der Truppen an der Front zu debattieren. Als der Verpflegungsmimster VioIet 1 e die Tribüne betrat, wurde er von der Kammer nusgelacht. Die Szenen ließen erst nach, als Ministerpräsi dent Ribot die Vertrauensfrage stellte. England. * Allem Anschein nach arbeitet dis englische Regierung mit Erfolg an einer Hintertrei bung der Stockholmer Konferenz. Wie nämlich das Rentersche Bureau verbreitet, wird Hendersons Besuch in Rußland voraus sichtlich dazu sichren, daß eine internatio nal e Z u s a m m e n k u n s t von Arbeitern nnd Sozialisten der verbündeten Länder nach London einberuten wird. — Damit wären dann alle Teilnehmer der Mittelmächte von vornherein ausgeschaltet. NuMmrÄ. * Die Eisenbahner verschiedener großer Strecken sind in den Aus st and getreten. Die Vorläufige Negierung veröffentlichte aus diesem Anlaß einen Aufruf an die Bevölkerung der Haupchadt, in dem sie diese aufsordert, im Hinblick auf die Möglichkeit einer Ausdehnung des Streiks ruhig zu bleiben, und die Hoffnung ausdrückt, daß die Streikbewegung durch deir Widerstand der übrigen Eisenbahner, die den Streik mißbilligen, zum Stillstand kommen wird. *Dsr finnische Senat hat der russischen Re gierung mitgeteilt, daß Finnland von einer Hungersnot bedroht sei. Da Unruben zu befürchten seien, sei es notwendig dis Lebens» mittelsrage sür Finnland zw regeln. Entweder müsse Finnland aus Nußland Getreide erhalten, oder Rußland müsse dw russischen Truppen, dis in Finnland stehen, zurückrusen. Rriegsereignisle. 16. Juni. Englische Angriffe bei Warneton, Loos und Bullecourt scheitern. — Östlich von .Monchy entwickeln sich neue Gefechte. — Er- folgreicheErkundungsvorstöße in der Lothringer Ebene. 17. Juni. Englische Vorstöße bei Warneton, Monchy und Croisilles scheitern. — Am M;emin-des-Dames erkämpfen bayrische Stoß trupps eine französische Stellung auf einer Bergnase nordwestlich des Gehöftes Hurtebisc. — Im Osten lebhaftere Gefechtstätigkeit Lei Luck, Zloczow und im Karpachenvoiland. — In Mazedonien räumen die Engländer ihre vorgeschobene Stellung längs der unteren Struma. — In der Nacht zum 17. Juni greift ein deutsches Lustschiff geschwader wichtige Festungen Südenglands mit gutem Erfolge an. Die Luftschiffe führen erbitterte Kämpfe mit englischen Ges und Landstreitkräften sowie Fliegern. Hierbei wird nach durchgeführtem Angriffe „L 48" von einem feindlichen Flieger über See brennend zum Absturz gebracht, wobei die gesamte Besatzung den Heideniod sindet. — Deutsche Flieger zerstören den russischen Siützpunkt auf der Insel Runö im Rigaer Meerbusen. 18/Juni. Englische Vorstöße bei Warnelon, Bermelles, Loos und Croisilles scheitern. — Bulgarische Posten weisen englische Angriffe südwestlich des Dojrau-Sees ab. 19. Juni. Östlich von Monchy werden die letzten Gräben, die am 14. Juni in eng lischer Hand geblieben waren, durch deuljche Sturmtrupps gesäubert. — Ein zweimaliger slanzösifcher Vorstoß bei Hurtebise völlig ab- gewiefen. dagegen gelingt es den Franzosen in der Champagne, in einen vorspringenden Teil der deutschen Stellung am Hochberg ein zudringen. Weitere Borstöße dort werden vereitelt. 20. Juni. Ein englischer Angriff ans dem Nord ufer des Souchez-Baches brachte dem Feinde nur einen schnell durch kräftigen Gegenstoß parierten kleinen Erfolg in den vordersten Gräben der Mitts der deutschen Stellung. Auf den Flügeln winden die Engländer glatt abgewiesen. — In der Champagne wurde das am 18. Juni südwestlich deS Hochwaldes verlorene Gelände fast ganz den Franzosen wieder entrissen. 21. Juni. Bet Hooge, Bermelles und Loos schlugen Unternehmungen des Feindes seht. — Bei Vauxaillon, nordöstlich von SoissonS, wurde eine sranzösische Stellung in 15LO Meter Breits erstürmt, 160 Gefangene nnd 16 Ma- ichinengewehrs wurden 'eingebracht. Die blutigen Verluste des Feindes sind sehr schwer. Heftige Gegenangriffe der Franzosen wurden abgeschlagen. ^neäe SLrrenlen. 17j Roman von H. Courth?- M ahler. "" sslorgetzvn^.) Weiter war eS ja nichts, als ein Taumel. Er mußte ja zur Besinnung kommen. Aber wenn sie sich das zum Tröste sagen Wollte, mußte sie au ihr eigenes Schicksal denken. Hatte Fritz Steinbach nicht auch erst zu spät erkannt, welchen Mißgriff er getan? Und von Georg flog ihr Blick zn Nath hin über, die scheinbar ruhig, aber doch bleich und mit heimlich zuckenden Lippen beiseite stand, wenn Ellen mit Georg plauderte und ihm mit lockenden, heißen Augen ins Gesicht blickte. Friede hätte Ruth zurusen mögen: „Wehre dich, stelle dich an seine Seile und kämpfe um ihn. wie es die kleine Trndi so tapfer getan hat I" Aber sie prcßte die Lippen fest auf einander und litt mit Ruth. litt noch einmal die Schmerzen de?> eigenen, vergangenen Leides und machte sich Vorwürfe, daß sie Lizzi nnd Ellen eingeladen batte. Sie Hütte eS wissen können, daß mit ihnen neues Leiv über ihre Schwelle zog. Ellen merkte sehr wohl, welchen Eindruck sie aus die Brüder gemacht hatte, und daß vor allen Dingen Georg wie gebannt io ibre Augen sah. Sie schürte das Feirer. welches 'e in ihm entzündet hatte, mit Bedacht. Tast Volkmars reiche Leute waren, haue sie bald heraus» gesunden. Georg wär einchaülicher, eleganter Mensch und eine angehende Berühmtheit. Es lohnte sich, diesen Boge! zu fangen. Hier warf itzr Zufall in den Schoß, wonach sie schon lange Ausschau hielt — die Gelegenheit, eine glänzende Partie zu machen. Sie hatte eine weiche, kosende Art, wenn sie mit Georg sprach, die ihn nm so mehr bestrickte, weil noch nie eins Fran in solcher Weile mit ihm verkehrt hatte. Es war da? Weib in der lockendsten Gestalt, das ihm da plötzlich in den Weg ge- treien war. Und seins Sinns waren jetzt doppelt empfänglich. Die Neigung, die er für Ruth empfunden, hatte gewissermaßen das Erd reich .eines Empfindens gelockert. Der Boden war bereitet. Und Ruth zog sich herb von ihm zurück. Da hatte es Ellen leicht, sich fest- znsehcn. ES waren fast drei Wochen vergangen, seit Lizzt mit Ellen eingctroffen war. Georg kam fetzt noch öfter als sonst nach der Molkerei. Friede bemerkte mir immer schwererem Herzen, daß er sich fast ausschließlich mit Ellen be schäftigte und daß diew seine ganze Aufmerk samkeit in Anspruch nahm. FriedeS ernsten Augen wich er auS nnd au Ruth richtete er kaum noch das Wort. Daß Ellen alle Künste spielen ließ, entging Friede nicht. Auch Ruth konnte sich dieser Er kenntnis nicht verschließen und obwohl sie dar über im tiefsten Herzen unglücklich war, besaß sie doch zu viel weiblichen Slolz, nm Ellen den bevorzugten Platz streitig zu machen. Qualvoll kam Friede mehr und mehr zum Bewußtiein, daß sich ihr eigenes Geschick an Ruth wiederholen würde. Aber zugleich sägte sie sich such, das; Georg Volkmar einst ans dein Taumel erwachen würde wie Fritz Stein bach, und Laim vielleicht, gleich diesem, sich nicht mehr aus dem Netze befreien konnte, das cr sich in blinder Leidenschaft hatte Überwerfen lassen. Waren denn die Männer alle blind und töricht, wenn ein schönes, kokettes Weib sein Spie! mit ihnen trieb! Und vielleicht gerade die besten, die hinter schönen Augen und einer glatten Stirn so wenig Arglist verwitteren, als sie selbst besaßen. War denn ihr Unger, scharf blickender Georg plötzlich ein Tor geworden, sah er denn nicht, daß Ruths feine stille Seele lauter wie Gold war, während ihre Schwester wohl überhaupt keine Seele besaß. Vergaß er über all den koketten, lockenden Augen Ellens alles, was sein Herz bisher bewegt hatte? Fühlte der allezeit gutmütig und ehrlich denkende Mensch nicht, wie sehr er sich an Ruth ver sündigte? Eine wilde Kampflust erwachte in Friede. Für sich selbst hatte sie damals nicht kämpfen rönnen, aber für diese wollte sie ein- treten, mit allen Mitteln, die ikr zn Gebote standen. Selbst wenn sie mit Arglist gegen Arglist zu Felde ziehen sollte! Was sie tun sollte, wußte sie noch nicht. Aber das; etwas geschehen mußte, um ihre beiden liebsten Menschen vor Unheil und Unglück zu bewahren, das stand fest bei ihr. Frau Lizzi schaute mit unterdrücktem Gähnen vom Fenster ihres Zimmers in den Garten der Molkerei, sie sand das Leben bei der Schwester reichlich langweilig. Ellen, von denselben Emp findungen beseelt," lag hinter ihr in einem Sessel und blätterte in einem Nomanband. „Zählst du die Stühle unten im Garten zum Zeitvertreib, Mams?" fragte sie spöttisch. Lizzi wandte sich um und warf sich, herzhaft gähnend, in einen anderen Sessel. „Darin habe ich's wahrhaftig schon zur Virtuosität gebracht. Ich bin sicher nicht mtt protzen Erwartungen hierhergekommen, aber, dis Wirklichkeit übertrifft alles. Mit Ausnahme dieser reichlich odiösen Sonntagsbeiuchr bei Volkmars ist man hier aus die Gesellschaft von Schweizerkühen angewiesen." Ellen lachte. „Aber Mama, du vergißt d:e fast allaoendlichen Besuche des Doktors. Georg Bolkmar ist doch ein sehr unterhaltender Mann !" „Geschmacksachc, Ellen. Ich für meinen Teil finde Reisebeschreibungen gräßlich öde. Mich interessieren dis Trachten, Sitten und Gebräuche wilder Völker nicht im mindesten. Und dir interessantesten Versteinerungen sind mir ebewo gloichgüliig ww die Sonntagstracht einer Loto- kudenfrau. Ich bewundere dich geradezu, daß du das alles mit w interessierter Miene und strahlenden Augen erträgst." Ellen wippte mit dem Fuß. „Dn vergißt, Mama, daß Doktor v. Vollmar eine angehende Berühmtheit nnd der Sohn reicher Ettern ist! Jeder ist seines Glückes Schmied! Ich Lia am Schmieden, Mama!" Frau Lizzi zuckte dis Achseln. „Wenn du dich da nur nicht verrechnest, Ellen. Mir scheint, als ob sich Doktor Volkmar sür Ruth interessiere." Ellen schmiegte sich katzenhaft nnd lächelnd in ihren Sessel. Ich bitte dich, mit Ruth werde ich doch wohl noch konkurrieren können." „Und das würdest du tim?" „Selbstverständlich, jeder ist sich selbst der
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