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Allgemeiner Anzeiger : 13.06.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191706130
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19170613
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19170613
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-06
- Tag 1917-06-13
-
Monat
1917-06
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 13.06.1917
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6runäfragen 2um frieäen. Nach den langen Kriegsjahrcn und den schweren Opfern tritt die Sehnsucht nach Frieden hervor. In vielen Kreisen unseres Volkes ver bindet sich damit eine falsche Hoffnung. Man glaubt, daß alle Schwierigkeiten des Verkehrs und der Volksernährung mit Eintritt des Friedens sofort behoben sind. Die einfachste Überlegung läßt erkennen, daß dies unmöglich ist. Die Lebensmittelknappheit hält die Ge müter am meisten und unmittelbar besangen. Man fragt sich nicht, woher der Zuwachs an Lebensmitteln bei Friedensschluß plötzlich kommen soll. Alle Völker leiden an dem Mangel an Nahrungsmitteln, manche unter ihnen sogar viel empfindlicher als wir. Von awßen ist oaher keine höhere Einfuhr zu erwarten, als sie jetzt schon erfolgt. Wir bleiben also aus die eigenen Erträge angewiesen. Sie können erst znnehmen mit der neuen Ernte. Aber auch dann tritt noch keine gründliche Änderung ein. Wir müssen weiter haushalten, um durchzu hatten. Erst wenn nach Eintritt des Friedens eine geordnete Bebauung mit allen Hilfsmitteln der Landwirtschaft wieder möglich ist, kann auf eine gründliche Besserung gerechnet werden. Wenn unsere Feinde als Ziel ihres Ringens die Vernichtung der Monarchie und des Mili tarismus hinstellen, lo handeln sie von ihrem Standpunlt aus ganz solgerichtig. Sie wissen, daß diese beiden Kräfte die Grundlagen sür die Größe des Deutschen Reiches sind. Daher müssen sie ihre Vernichtung erstreben. Dabei greifen sie skrupellos zu allen Mitteln. Sie juchen in Deutschland Zwietracht zu säen. Den urteilslosen Teilen des Volkes wollen sie ein reden, daß Monarchie und Militarismus die wahren Feinde Ler eigenen Freiheit seien. Es ist bedauerlich, daß mancher Deutsche ihnen da bei unbewußt Handlangerdienste verrichtet. Ver schwommene Träume von Freiheit verdunkeln die Erkenntnis der feindlichen Machenschaften. Während die Gegner den Militarismus bei uns vernichten möchten, sind sie bemüht, ihn bei sich selbst aufzurichten. Das sollte einen jeden zum Nachdenken veranlassen. Ebenso unklare Vorstellungen sichren zu der Forderung eines Friedens ohne Entschädigung. Man glaubt den Feind versöhnlich zu stimmen und den Anlaß zu künftigen Kriegen fort zuräumen. Mauch einer, der solchen Glaubens ist, mag ein guter Mensch sein, aber sicher ist er kein Menschen- rind Geschichtskenner. Es ist ein unfaßbarer Gedanke, daß erbitterte Gegner mit allen Mitteln der Vernichtung sich bekämpfen, töten und verderben, um als einziges Ziel zu dem Ergebnis zu kommen, „nun wollen wir alles vergessen, uns die Hände reichen, und alles ist wie der gut." Zu solcher Verstiegenheit kann nur ein weltfremder Deutscher kommen. Da sehe man Franzosen und Engländer an! Wir übergehen die unsinnigen Forderungen der feindlichen Tagesstimmen und führen nur den ernsthaften Bericht des Deputierten Dusmenil über das Einkommensteuergesetz an. Er sagt, man müßte Deutschland einen Teil der Lasten auferlegen. Kompensationen in Form der Abtretung der Bergwerke des Saargebiets und der Kontrolle über die Zölle, Eisenbahnen, Erz- und Kohlen gruben und andere nationale Domänen des Feindes seien nötig, um ein Pfand sür die jährlichen Schuldzahlungen in der Hand zu haben. Auch seien alle fortgenommenen Ge räte, Maschinen, Stoffe und Waren zurück zuerstatten und die Handelsschiffe auszuliesern. In England und auch in Amerika macht sich neben den eigennützigen Bestrebungen noch ein merkwürdiger Unterton geltend, der in dem un- christlichen Frankreich aus erklärlichen Gründen nicht mitklingt. Die Staatsleiter haben es dort verstanden, in weiten Kreisen die Vorstellung zu erwecken, als sei die Vernichtung Deutschlands ein gottgewolltes Werk und bedeute den Sieg des wahren Christentums. Eine wahre Kari katur, wenn man die Erreger dieser Bewegung und ihre Stellung zum Christentum ansieht. Es ist eine falsche Vorstellung, daß Deutsch lands Entsagen die Feinde versöhnen könnte. Die Gründe der Gegensätze bleiben bestehen. Was hat die schonende Behandlung Frankreichs nach Abschluß der Napoleonischen Zeit genutzt? frieäe Sörrenlen. 12j Roman von H. Courths-Mahler. E GorNetzungN Lizzi setzte ihr alles auseinander, und zwar mit überraschender Übersichtlichkeit. Erst hatte sie ein wenig flunkern wollen im Bestreben, die Situation auszunutzen, aber da hatte ihr Friede rund heraus erklärt, daß sie auf einen ver schleierten Bericht einzugehen weder Zeit noch Lust habe. „Entweder du sagst mir alles klipp und klar oder ich muß die Verhandlung abbrechen. Mit einem unklaren Tatbestand kann ich nichts an fangen,* hatte sie ruhig, aber bestimmt gesagt. Da war denn Lizzi zur Einsicht gekommen, daß hier Winkelzüge eher schaden als nützen könnten, und sie bequemte sich zur Wahrheit. Friede hörte aufmerksam zu, machte sich ver schiedene Notizen und warf hier und da eine Frage dazwischen. Sie nahm die ganze An gelegenheit streng geschäftlich. Als sie über Lizzis Verhältnisse im klaren war, wendete sie sich an Hans, dessen Sieges sicherheit bei dieser Verhandlung bedenklich ins Wanken gekommen war. „Nun zu dir, Hans. Wie steht es mit dir? Hast du Schulden? Ich bitte um vollständige Offenheit.* „Leider kann ich dir Frage nicht verneinen, liebe Tante Friede. Mit meinem knappen Zu schuß ist es manchmal nicht zu umgehen. So unvorhergesehene Fälle —* „Bitic, laß die Weitschweifigkeit, Hans. Sag mir kurz und bündig, wie hoch sich deine Seine Rache bat es nicht vergessen und bei ge gebener Gelegenheit gekühlt. Bon den allen Gegnern ha! es sich an den Russen in der Krim, an den Österreichern in Italien ge rächt. Bei Preußen - Deuljchland ging die Sache 1870/7! schief. Daher steh! sie jetzt Wieder auf dem Programm. Wn müßten Narren sein zu glauben, daß wir durch Nachgiebigkeit Feindschaft in Freundschaft wandeln könnten. Das widerspricht jeder geschichtlichen Wahc- heii. Nur der eigene Vorteil und die Not wendigkeit leitet di'e Völker. Aber viele Deutsche wollen dies nicht begreifen. Jetzt ist die Stunde, wo Deutschland sür sich sorgen kann und muß, um neue Lebensbedingnngen zu schaffen, daher kein Friede ohne Entschädigung! Gewiß häng! die Feststellung unterer Forderungen letzten Endes vom Ausgang der Wasienenttcheidnng und von der politischen Gefamllage ab. Aber die einseitige Forderung nach einem Frieden ohne Entgelt greift ihnen vor. Deshalb ist auch das eine Täuschung, daß die Forderung von Kriegsentschädigung den Krieg verlängert und ein Verzicht ihn abkürzt. In dem Maße, wie unsere Forderungen abnehmen, wachten die der Feinde und damit auch ihrs Tätigkeit. verschiedene llnegMachrichten. Tic mißglückte Offensive. Die MMärkriliker der holländischen Blätter kommen bei ihren Darlegungen über die Kriegs lage durchweg zu dem Urteil, daß die Früh jahrs o s f e n s i v e der Verbündeten beendet und angesichts der außerordentlichen Opfer, der riesigen Vorbereitungen und der ge ringen Ergebnisse sowohl in strategischer wie in taktischer Hinsicht als gescheitert angesehen werden muß. Auch andere neutrale Blätter sind der selben Ansicht. So schreibt das Kopenhagener Blatt /Politiken': Zweifellos halten die Ver bandsmächte gehofft, mit ihrer Frühjahrsosfenfive die deutsche Maner sprengen zu können. Die von deutscher Seite veröffentlichten Dokumente beweisen das und auch Nivelles Abgang deutet darauf hin,daß dieErwartungen nicht ersüllt wurden. Wieder hat die Verteidigung sich, wie schon so oft in diesem Kriege, als zu stark erwiesen. Ohne Zweisel haben die Engländer und Franzosen in diesem Frühjahr das Äußerste an Material und Menschen aufgeboten, um den Feind zu schlagen. Aber selbst, wenn namentlich die Engländer eine überlegene Artillerie hatten, die der Infanterie ihre An griffe erleichterte, io mußten die Angreifer an Menschenleben doch das bezahlen, was ein Angriff gegen Maschinengewehre und einen wohldiszipli- uierlen und zähen Feind nun einmal kostet. Vielleicht werden die Engländer und Franzosen nach Auffüllung ihrer Reserven die Angriffe in diesem Jahre ebenso fortsetzen wie im vorigen Jahre an der Somme, doch ist ein Durch- bruch nur sehr wenig wahr scheinlich. 1- 13OOV Schiffbrüchige in England. .Daily Telegraph' schreibt unter völliger Außerachtlassung der zuversichtlichen Erklärungen von Lloyd George: Der Krieg gegen unsere Handelsflotte geht von Woche zu Woche in einem Schritt weiter, der zwar etwas langsamer als vordem, aber dennoch hinreichend bedenklich ist. Ein die Überschrift „Tauchbootgefahr" tragender Aufruf der Gesellschaft sür Schiff brüchige ersucht um Zuwendungen unter der Angabe, daß in der Zeit vom Jahresbeginn bis zum 25. Mai von ihr nahezu 13000 an der Küste Englands gelandete Schiff brüchige unterstützt wurden. * Die russische Offensive. Der .Nieuwe Rotterdamsche Courant' be schäftigt sich mit den auch in der deutschen Presse aufgetauchten Gerüchten über eine bevorstehende russische Offensive. Das Blatt hält es vom politischen und militärischen Standpunlt aus ge sehen sür durchaus richtig, daß Deutschland den östlichen Gegner während der dortigen inneren Vorgänge in den letzten Monaten völlig in Ruhe gelassen hat, da voraussichtlich ein An ¬ griff van außen her Lie Uneinigkeit Rußlands l -Nell beseitigt und es zu neuen unlnärsichen An* :. ägungen ausgepettrht baden würde. Eine neue Ofsennve der Russen häil das Blau für noch nicht möglich, da znr Wieder herstellung der Disziplin erst die allernoi- wendigsten Schütte unlecnommcu werden konnten und auch die geregelte Anfuhr für das Heer noch keineswegs gesichert erscheine. -- Die Nach richten an? Rußland scheinen die Richtigkeit diewr Anschauung zu bestätigen. Nach ninischeu Blättern lies am 28. Mai der letzte Tag für die allgemeine Stellung aller Fahnen flüchtigen ab. Nur ein unbedeutender Teil hat sich an die Front zurnübegeben oder den Mitiläibehörden zur Verfügung gestellt. Der größte Teil hält sich nach wie vor in dec Heimat auf. Obgleich die Regierung strenge Maß regeln zu ergreifen sucht, steht sie dieser Be wegung im allgemeinen doch machtlos gegen über. 8!uff unä Wirklichkeit. Begeisterung ist immer ein schlechter Berater und Beurteiler. Immerhin ist sie auch die Quelle aller großen Taten. In Amerika aber ist sie nur dis Quelle großer Worte gewesen. Ats die Ver. Staaten in den Krieg eintratcn, hörte man von allen Seilen die Millionen und Milliarden surren. 1000 Holzschiffe werden für dis Versorgung der neuen Bundesgenossen als Trutzmiltel gegen die deutschen U-Boote gebaut! Drei Millionen Mann bringt Amerika auf die Beine und wirft sie an Deutschlands Ost- und Westfront! Milliarden werden Frankreich ge schenkt, andere dem Vierverband zu kulantesten Bedingungen geliehen! So flogen die Enten über den großen Teich und die Vierverbands presse floß über vor Entzücken, Jubel und Wonne. Wer Geireide lieferi, hilft uns siegel Landwirte, die Kraft der Feinde erlahmt! An Euch ist's, den Sieg zu vollenden: Liefert Getreide ab, und zwar sofort. Wir brauchen es dringend! Aber dis harte Wirklichkeit hat dem echt amerikanischen Bluff schnell ein Ende gemacht. Frankreich hat Geld nur zu üblichem Zinsfuß erhalten, der Geldmarkt sür „sremde" Anleihen ist gesperrt, die Verbündeten haben vorläufig nur Geld zur Deckung ihrer Bedürfnisse aus Amerika er halten, die'1000 Holzschiffe werden nicht gebaut und die Millionen, die an Rußlands und Frank reichs Front den Krieg entscheiden sollten, sind ein wenig schwer aufzutreiben. Vorläufig ist das Ergebnis der freiwilligen Rekrutierung kläglich. Insgesamt haben sich seit dem 1. April etwa 120 000 Mann sür Heer und Flotte zusammen gemeldet, wobei in Betracht zu ziehen ist, daß ein erheblicher Teil der Meldungen aus guten bürgerlichen und akademischen Kreisen stammt und unter der Einwirkung der ersten Begeiste rung erfolgte. Nachdem nun die englisch französische Mission abgereist ist, gewinnen die Ansichten der leitenden Militär- und Marine kreise, die sich nicht nur der Entsendung unge schulter Mannschaften, sondern auch eines so starken Expeditionskorps widersetzen, wieder die Oberhand. Generalissimus Wood verlangt die Zurückhaltung der Regulären als Nahmen für eine neue Armee, und insbesondere Admiral Fiska verhehlte nicht, daß es unmöglich sei, mit den durch eine maßlose Propaganda geweckten Erwartungen bezüglich der Kriegsleistungen Amerikas Schritt zu halten. Die plötzliche Abschwenkung vom Bau einer grandiosen Holzschifsflotte zu Stahlschiffen ist ebenfalls bezeichnend. Der Bericht des Präsi denten der United States Shipping Board Denman hatte nämlich ausgeführt: Der Bau von Holzschiffen könnte erst im Oktober be ginnen, man müsse grünes Holz verwenden, und die Schiffe würden nur ungesähr 15 Jahre Lebensdauer haben. Mehr als 200 000 Tonnen Schiffsraum monatlich feien nicht herzustellen. Tas bat wbr er»üch«en>d aewukt. Tw Re- gienmg ha! im Zusammenhang uni die.ec Lm- mche eine Mitteilung vndrenen lasten, dnmen tnrzec Frist 70 der Beichiagnahnneü dem!chen Dampier venvendnngsiäyig zu machen. Unter wichen Umständen konitte eS nicht anS- bleiben, daß sehr tchnell eine allgemeine Er nüchterung eintrat. Sie gibt sich am besten kund in dem Ergebnis der sogenannten „Frei heits-Anleihe", das einfach niederichmetteind ist. Das Publikum nimmt von der Anleihe einfach keine Notiz und überläßt die Beteiligung den großen Banken und Versicherungsgesellschaften. Die Öffentlichkeit lehnt die Anleihe so allgemein ab, daß sogar die Presse darüber als von einer ausfallenden Erscheinung berichten mußte. Schatz- sekretär Macdoo unternimmt nun einen großen Werbefeldzug, um einen endgültigen Mißerfolg der Anleihe zu verhindern. Dazu kommt, daß die Friedensbewegung im Westen des Landes immer weitere Ausdehnung gewinnt und daß mit ihr der Widerstand gegen die Rekrutierung wächst. Mit einem Worte: Das Volk der Ver. Staaten hat gegenüber dem Eintritt in den Krieg einen ganz anderen Stand punkt als in der ersten Begeisterung. Präsident Wilson hat eine schwere Enttäuschung erlebt. Er glaubte, das Volk durch eine Eintagsphrase sortreißen zu können, wie es in Frankreich und Italien den Drahtziehern so leicht, allzu leicht gelang. Er überschätzt die Begeisterungssähig- keit seiner Landsleute und unterschätzt die Macht des Dollars. So stürzt er vom Wolkenkratzer des Bluffs auf die harte Erde der Wirklichkeit. Doiitifeke Kunälckau. Deutschland. *Wie verlautet, wird in Reichstagskreisen die Frage einer erneuten Verlängerung der Legislaturperiode des Reichstages erörtert. Ein Teil der Abgeordneten ist der Ansicht, daß eine solche Verlängerung sich aus Zweckmäßigkeitsgründen empfehle. Der gegen wärtige Reichstag, meint man, ist in die ein schlägigen Fragen (die mit dem Kriege zu- sammenhängen) eingearbeitet, er hat auch vor dem Lande die Verantwortung für viele Fragen bereits übernommen. Auch zwischen der Reichs leitung und dem Reichstage besteht hinsichtlich einer Reihe von Fragen ein Einvernehmen, so daß ein großer Teil der bereits geleisteten Arbeit nahezu völlig verloren ginge, wenn ein Jahr nach Friedensschluß Neuwahlen statt zufinden hätten. Sodann wird behauptet, daß es nicht zweckmäßig wäre, mitten in der Zurück bildung der Kriegs- auf die Friedenswirtschaft, weite Kreise noch in die unvermeidlichen Auf regungen einer Wahlbewegung zu stürzen. Aus diesen gewichtigen Gründen sei es ange bracht, die lausende Legislaturperiode soweit zu verlängern, bis die wichtigsten und dringlichsten gesetzgeberischen Aufgaben ihre Erledigung ge funden haben. * Wegen der Kriegsentschädigung an die Reedereien schweben zwischen den zuständigen Reichs- und Staatsbehörden und den Schiffahrtsgesellschaften gegenwärtig Unter handlungen. Uber die Form der zu gewährenden Entschädigungen gehen die Meinungen einst weilen noch auseinander, so daß mit der Vor lage eines entsprechenden Gesetzentwurfes an den Bundesrat in den nächsten Tagen noch nicht zu rechnen ist. Die Verhandlungen sollen vielmehr noch weitergeführt werden. Österreich-Ungarn, * Nach Abschluß der ungarischen Minister» krise werden die Staatssekretäre Helfferich, Zimmermann und Freiherr v. Roedern in Wien die Verhandlungen über die Zollverträge zwischen Osterreich-Ungarn und der Monarchie beginnen. Schweden. * Die Vertreter der deutschen sozial» demokratische nMehrheitsparieien unter Führung Scheidemanns sind in Stock holm angekommen. Sie waren vom Minister Stauning begleitet. Schulden belaufen — aber ohne Beschönigung — ich werde sie nur dies eine Mal bezahlen." Hans nannte zögernd eine Summe. Sie war nicht gerade sehr hoch, aber Mutter und Schwester erschraken doch. „Haus — mein Gott — soviel Schulden hast du? Das ist ja entsetzlich!" rief Fran Lizzi entrüstet, ganz vergessend, daß sie min destens die gleiche Summe ihrer Modistin schuldete. Er zuckte die Achseln. „Ich konnte einfach nicht auskommen.* Friede hatte kein Wort erwidert, sondern nur dis Summe notiert. „Wieviel hat dir dein Vater Zuschuß ge geben?" fragte sie ruhig. Hans nannte den Betrag. „Und wieviel würdest du brauchen, um in Zukunft ohne Schulden auskommen zu können?" Wieder nannte Hans zögernd eine Summe. Er hätte sie gern ein wenig höher angegeben, aber er hatte das ungemütliche Gefühl, daß Tante Friede ihn durchschaute. Deshalb hielt er hübsch die Mitte zwischen allzugroßer Bescheidenheit und Kühnheit. Friede überlegte einen Augenblick, dann sagte sie ruhig: „Ich will dir diesen Zuschuß gewähren — es soll mir auf 20 Mark mehr im Bionat nicht ankommen. Aber merke dir, Litte, ein für allemal, Hans — Schulden darfst du dann nie mehr machen. Höre ich ein einziges Mal, daß du Schulden gemacht hast, dann entziehe ich dir sofort und unweigerlich den Zuschuß. Ich liebe Klarheit in allen Verhältnissen. Dor allen Dingen ist es mein sehnlicher Wunsch, daß du deinem Vater Ehre machst. Er hat mir euer Wohl ans Herz gelegt, und ich will es fördern, so gut ich kann. Dazu gehört aber, daß ich mein Vermögen nicht verschwenderisch in alle Winde streue. Ich habe es auch zu schwer erworben, um es zu tun. Und ich mache es ganz von eurem Betragen abhängig, ob und wie ich euch einmal in meinem Testament bedenken werde." Hans prägte sich die Beobachtung ein, daß Tante Friede energisch sein konnte, und nahm sich vor, ihr Mißfallen in keiner Weise zu er regen. Ihre ganze Art imponierte ihm gewaltig und daß sie so schlankweg ohne Feilschen den Zuschuß bewilligte und ihn sogar noch um zwanzig Mark erhöhte, erweckte sogar etwas wie Wärme und Dankbarkeit in seiner Brust. Er küßte ihr die Hand und stattete seinen Dank voll ehrlicher Herzlichkeit ab. Friede nickte ihm zu, freundlich und mit einem Hellen, klaren Lächeln. Der echte Ton in seinem Wesen, der sich bemerkbar machte, freute sie. So unsym pathisch wie Ellen. war ihr Hans überhaupt nicht. Bei einem Manne berührt oberflächliche Herzens kühle wohl nicht so unangenehm wie Lei einer Frau. Nun wandte sich Friede an ihre Schwester. „Du wirst, da ich sür Hans den Zuschuß be streite, die Pension, die du beziehst, für dich allein verbrauchen können. So lange deine Töchter noch bet dir bleiben — ich meine, bis sie sich einmal verheiraten, zahle ich dir noch jährlich zweitausend Mark zu. Ich denke, dann kannst du auskommen, Lizzi, nicht wahr?" Nach Friedes Noblesse Hans gegenüber hatte Lizzi mehr sür sich erwartet. Das prägte sich am ihrem Gesicht aus, obwohl sie sich zu einem dankenden Lächeln zwang. Ellen bezeichnete im stillen dieses Angebot mit „knietschig" und war der Ansicht, daß es mit dem berühmten Reich tum der Tante nicht weit her sein könnte. Friede erriet ungefähr die Gedanken von Mutter und Tochter. Es zuckte einen Augen blick wie ein Lächeln um ihren Mund. „Natürlich regle ich zuvor deine Verhältnisse." fuhr sie fort. „Deine Schulden werde ich be zahlen. Und wenn ihr jeden Sommer einige Wochen meine Gäste sein wollt, so könnt ih> während dieser Zeit alle Ausgaben außer dei Miete sparen. Auch könnte eine von deiner Töchtern ganz bei mir leben — allerdings gibi es bei mir viel Arbeit und wenig Vergnügen/ Aber du würdest dann die Ausgaben sür eine Tochter sparen und könntest vor allen Dingen eine kleinere Wohnung nehmen. Was meinst do zu diesem Vorschlags, Lizzi?" Diese überlegte schnell, daß sich ihre Ver hältnisse wirklich viel günstiger gestalten ließen, wenn sie nur für eine Tochter zu sorgen hätte. Daß sie lieber Ruth als Ellen fortgeben würde, darüber war sie sofort im klaren. „Ich glaube, Ruth würde sich geni in irgend einer Weise bei dir betätigen," sagte sie hastig. „Sie wollte schon immer gern einmal ihre Kräne versuchen. Und dann ist sie auch wirklich viel praktischer und tüchtiger als Ellen, die ist auch zu zart und würde dir nicht viel nützen. Nicht wahr, Ruth, du würdest sehr gern zn Tame Friede gehen?" .Ja, Mama." Mehr antworte^ Ruth nicht.
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