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Allgemeiner Anzeiger : 16.05.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-05-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191705162
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-05
- Tag 1917-05-16
-
Monat
1917-05
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 16.05.1917
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CngUscke 6enNemen. Don all unseren Feinden sind wohl die Engländer am kaltherzigsten auf unser Ver derben bedacht. Das entspricht ganz natürlich den Beweggründen, aus denen sie jahrelang den Krieg gegen uns vorbereiteten und aus denen sie dann auch selbst in diesen Krieg ein getreten sind. Neid auf den immer mächtiger «ujblüheuden deutschen Handel, Angst vor dem Wettbewerb und vor allem Angst, daß deutscher Fleiß und deutsche Tüchtigkeit den englischen Handel immer mehr zurückdrängen könnte. Des halb vor allen Dingen der Krieg gegen Deutsch land, das wirtschaftlich und militärisch auf viele Jahre hiuons zur Ohnmacht verdammt werden soll. Noch heule finden wir im Liver pooler .Journal of Commerce' eine Aufforderung, das; auf die Dauer von sechzig Jahren nach Friedensschluß kein feindliches Schiff einen Hafen England? und seiner Verbündeten oder eine ihrer Kohlenstationen benutzen darf. Nach dem Beitritt Amerikas wird die Durch führung dieser Matzregel sür möglich gehalten. Auch wird der Vorschlag gemacht, das Verbot anzuwenden auf jedeL Schiff, das deutsche oder österreichische Matrosen an Bord hat. Ferner müsse jedes Schiff, das die Flagge eines Landes sührt, in den, feindliches Kapital unmittelbar oder mittelbar arbeitet, beschlagnahmt werden. Wie die Engländer die deutsche Flotte, und! am meisten die deutschen U-Boote fürchten, so Haffen sie auch am meisten die deutschen Ma trosen. War doch jahrelang in England die Ansicht Eduards VII. verbreitet, die deutsche Flotte sei nur ein Spielzeug unseres Kaisers. Und deutlich, wenn auch reichlich prahlerisch, sprach sich noch zu Beginn des Krieges die eng lische Beurteilung der deutschen Flotte in den Worten des Großsprechers Churchill aus, nach denen die englische Flotte die deutschen Schiffe wie Ratten aus ihren Löchern, in die sie sich verkrochen hätten, ausräuchern würde. Zu ihrem grenzenlosen Ingrimm mußten die Engländer sich dann wohl überzeugen, daß die Ratten doch scharfe Zähne hatten, daß sie nicht ausgeräuchert werden brauchten, daß sie im Gegenteil an allen Ecken und Enden der Welt meere englische Schiffe anbissen. Und da man nicht den Mut hatte, seine Wut an den deutschen Schiffen auszulassen, die sich stets mit Er folg zu wehren und kräftige Schläge aus- zuteileu wußten, so lietz man seine Wut an den gefangenenen deutschen Matrosen aus (man denke nur an die schmach volle Behandlung gefangener deutscher N-Boot- leute!) oder an solchen, die wehr- und hilflos auf dem Wasser als Schiffbrüchige trieben. Mit flammenden Lettern wird ewig in der Geschichte das scheußliche Verbrechen des Baralongfalles, das der Bischof von London als eine große Tat feierte, und die ruchlose Tat des „King Stephen" verzeichnet stehen. Nun haben neulich einige deutsche Torpedo boote einen Vorstoß in den Kanal unternommen und dabei ein Gefecht mit englischen Flotten- streitkrästen gehabt, wobei zwei deutsche Torpedo boote in ehrenvollem sKampf verloren gingen. Von diesen Torpedobooten wurden einige Schiff brüchige gerettet. Und diese Tat einfachster Menschlichkeit wird nun im Londoner ,Globe' zum Anlaß genommen, Gist und Galle über Lie Deutschen auszuspeien und den englischen Charakter wieder einmal in Reinkultur zu zeigen. Wir lesen da: „Die Admiralität berichtet, wir hätten das Glück gehabt, bei Dover das Leben von deutschen Offizieren und Mannschaften zu retten. Wahrhaftig ein Glück! Welch ekelhafte Sentimentalität! Welch weibischer Humbug! Das Leben dieser gemeinsten Verbrecher zu retten, die je den Namen Mensch getragen haben! Wird eine solche Veröffentlichung ge- macht, um die englische Humanität darzulun? Wenn das der Fall ist, sp wird das nichts nutzen, cs wird vielmehr nur dazu dienen, die Briten als sentimentale Dummköpfe hinzustelleu. Durch die Rettung dieser deutschen Gauner wurde vielleicht den anderen deutschen Booten Gelegenheit gegeben, sich zu retten. Es ist ein Jammer, datz man der Welt nicht einprägen kann, daß die gänzliche Vernichtung der deutschen Raffe eine äußerst lobenswerte Tat sein würde." H Mutz man sich da nicht an den Kopf greisen und fragen, wie ist so etwas möglich, kann ein Mensch mit gesundem Verstand und menschlichem Fühlen so etwas denken und schreiben? Aber muß man da nicht auch in tiefster Seele den unerschütterlichen Vorsatz fassen, alles daran zu setzen, datz solche Feinde ihr Ziel, Deutschland zu vernichten, nicht erreichen! verschiedene Uriegsnachrichten. Leben oder Tod für den Vierverband. Der Pariser ,Rappel', der noch vor einigen Monaten den U-Boot-Krieg verspottete, be zeichnet jetzt die U-Boot-Frage als Frage auf Leben oder Tod sür die Verbündeten; sie hätten kaum noch einenMonatzu ihrer Lösung. Den Mittelmächten wüchse mit jeder Verlänge rung des Krieges das Hilfsmittel zum Erfolge, das ihnen bisher gefehlt habe, nämlich die steigende Zahl der U-Boote, denn der Vierver band könne nicht so viele U-Boote zerstören, als die Mittelmächte bauten. Die U-Boote müßten in Zeebrügge, in Oskude und in der Nordsee ausgesucht und zerstört werden und zwar schnell, denn in drei Monaten sei es zu spät. — Und auch aus England klingen jetzt Stimmen der Angst. So sagt die Londoner ,Daily Mail' in einem Leitartikel: Dr. Helfferich hat dem Reichstag eine Reihe von Tatsachen vorgelegt, die beweisen sollen, daß die deutschen Tauch- booie den Krieg gewinnen werden. Es ist wahr, daß die deutschen Tauchboote viel zu viel Schiffe versenken und daß unsere Admiralität noch nicht begonnen hat, sich ernstlich mit der Frage der Zerstörung der Tauchboote zu be schäftigen. In Wahrheit wird die Tauch bootfrage zum beherrsch enden Ge sichtspunkt des Seekrieges: das Tauchboot beherrscht die Lage mehr und mehr; die Überlegenheit auf See ist im Begriffe, ihm zuzufallen. Die Schisisverluste sind entsetzlich. In einer Ansprache au der Getreidebörse in London hat Lord Beresford die irrefüh renden Admiralitätslisten über die wöchentlichen Ein- und Ausklarierungen und Versenkungen von neuem angegriffen und die Angabe der Tonnenzahl der versenkten Schiffe verlangt, ohne welche die Verluste nicht richtig eingeschätzt werden könnten: Er führte aus, die Listen umfaßten die Versenkungen von neu tralen Schiffen nicht, wohl aber deren Ankünfte, und bemerkte, bei der starken Inanspruchnahme der englischen Schiffe durch die Kriegsmaterial- Verschiffungen machten die Lebensmittel nach England bringenden neutralen Schiffe etwa 8Oo,o der Ankünfte aus. Ferner sagte er: „Carson hat im Unterhause erklärt, daß die Schiffsverluste zugenommen haben; ich bedauere sehr, datz er nicht gesagt hat: sie haben enorm zu genommen! Ich glaube, die Verluste sind entsetzlich." * Englands Kricgsziel. Worauf England in diesem Kriege abzielt, spiegelt sich in einem Artikel der englischen Zeit schrift ,New Europe" wider, in dem es u. a. heißt: Stets hat Englands auswärtige Politik darauf hingearbeitet, zu verhüten, daß Ägyp ten und Palästina, die beiden Länder, die dem Landwege nach Indien vorgelagert sind, in die Hände einer großen europäischen Macht fielen. Wir haben uns Ägypten gesichert, und dieser Krieg muß uns Palästina bringen. Die Türkei darf Palästina nicht behalten. Können wir es aber zugeben, datz es in die Hände einer großen europäischen Macht fällt? Man hat uns vorgeschlagen, Palästina an Frankreich zu geben. Frankreich hat weder politische noch militärische Interessen in Palästina, und seine syrischen Interessen können nicht besser geschützt sein als durch ein zionistisches Palästina unter englischer Flagge. Palästina ist ein Pseiler für Englands Weltpolitik. Das haben wir erkannt und deshalb erobern wir es und werden es behalten. Wir werden vorwärts getrieben von Der unwiderruflichen Logik der Politik, nrit der wir die Aktien des Suezkanals aufkauften und Ägypten besetzten. — Das ist der Kaufmann, der über Leichen geht, wenn es das Geschäft erfordert, der Wucherer, der Hekatomben Blut fremder Völker opfert, damit sich sein Säckel fülle. * Jndochinese« beim französischen Heere. Unter den Gefangenen des 67. französischen Infanterie-Regiments der 12. Infanterie-Divi sion befinden sich 4 Jndochinesen, Anamiten aus Hinterindien. Jeder Kompagnie sind 10 Anamiten zugeteilt, als Arbeiter und zum Munitionsschleppeu. Waffen besitzen diese Anamiten nicht, sie haben nur das Recht, sich sür Frankreich töten zu lassen. * Eine Petersburger Armee. General Korniloff, der Oberbefehlshaber der Truppen des Bezirks Petersburg, hat einen Tagesbefehl veröffentlicht, in dem es heißt: Um eine neue mächtige Armee zu bilden, die unsere Hauptstadt gegen den An schlag des äußeren Feindes verteidigen und die durch Rußland errungene Freiheit befestigen kann, ordne ich die Wiederaufstellung der Re- serveverbände des Bezirkes in Übereinstimmung mit den Weisungen, die ich gegeben habe, an und gebe den Auftrag, ohne einen Augenblick zu verlieren, mit der eindringlichen Kriegsaus bildung der Verbände zu beginnen. Diese wiedcrausgestellten Verbünde werden in Peters burg bleiben müssen, in Übereinstimmung mit der Erklärung der vorläufigen Regierung, und bereit sein, die bürgerliche Freiheit zu verteidigen und, im Falle einer Bewegung des Feindes gegen Petersburg, sich ihm entgegenzustellen und ihn von der Hauptstadt fernzuhalten. * Die amerikanischen Kriegsvorbercitungen. Die amerikanische Flotte ist nach amerika nischen Berichten bereits ausgefahren, um die Bekämpfung der U-Boote zu be ginnen. Der Marineminister erklärte, daß das Land den vollen Ernst der Lage begreife. Wie man hört, haben sich die französischen und namentlich die englischen Abgesandten sehr be friedigt über das Ergebnis der Besprechungen ausgelassen. ES würden umfangreiche Ab kommen zur gemeinsamen Tätigkeit der Ver. Staaten und Kanada getroffen, hauptsächlich wegen der Beschaffung von Arbeitskräften sür die Ernte und die Festsetzung der Höchstpreise sür Weizen. Deutscher Keickstag. (Orig.-Bericht.) Berlin, 7. Mai. Die zweite Lesung des Militäretats wird fortgesetzt. Abg. Schirmer (Zentr.): Das bisherige Beschwerderecht ist unzulänglich. Der Duell zwang im Heere muß beseitigt werden. General Groener hätte sich vor Erlaß seines Aufrufes mit den Arbeitern in Verbindung setzen müssen. Abg. Dr. Müller- Meiningen (Vp.): Wir müßten unseren Truppen auch durch die Tat unsere Anerkennung beweisen. Tiefes Ärgernis besteht an der Front über die Verleihung des Eisernen Kreuzes an Leute, die nie im Feuer waren. Die Offiziere der Front klagen sämtlich darüber, daß sie auch sür ihre tapfersten Sol daten keine Auszeichnungen durchsetzen können. In der Etappe aber gibt es kaum einen Offizier oder Beamten, der nicht das Eiserne Kreuz be sitzt. Jetzt fängt der gleiche Mißbrauch schon mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse an. Oberst v. Wrisberg: Die 45 jährigen und noch Alteren sind fast alle aus der vordersten Linie herausgezogcn worden. Selbstverständlich kommen immer wieder neue Leute hinzu, aber wenn sie 6 Monate vorn gewesen sind, werden sie entlassen. Man holt junge Leute aus den Fabriken und zieht dafür Leute sogar unter 45 Jahren aus der Front zurück. Abg. Davidsohn (Soz.): Auch wir fordern als erste Tat die Abschaffung des An- bindenS. Mit der Toleranz ist es unvereinbar, daß cingezogenc Elsässer und Dänen keinen Urlaub bekommen. Der Groenerfche Ausruf war eine Übersetzung des Hindenburgbrieses in die Sprache der Kirdorfs, Stumm, Puttkamer und Sünnes, Durch solche Worte läßt sich die Arbeiterschaft nicht imponieren. Von Dr. Cohn lassen wir uns jetzt, 8 Tage vor Stockholm, nicht provozieren. Seinen Antrag auf Ein führung des Überwachungsausschusses lehnen wir ab. Abg. v. Graefe (kons.): Wir haben Ver trauen zur Heeresleitung. Ich wünschte, wir könnten zu allen Regierungsstellen dasselbe Ver trauen haben, dann wären wir vielleicht schon mitten im Frieden drin. General Groener: Man hat gejagt, ich hätte in meinem Ausruf Licht und Schatten besser verteilen und auf den Lebensmittelwucher Hinweisen sollen. Die Bauern haben in den letzten Wochen von den dazu berufenen Be hörden genug zu zu hören bekommen. Vielleicht ist die Frage berechtigt, ob wir die Hölle, die wir den Bauern in diesem Frühjahr gemacht haben, nicht überheizt haben. Abg. Lederer (Ztr.) spricht gegen die allzu schnelle Einziehung der Kirchenglocken. Oberstleutnant Koeth: Wir haben die>e Maßregel nicht leichtsinnig getroffen. Wir müssen die Glocken jetzt haben. Es ist zwar schor, nicht die höchste Not, aber kurzatmig- können wir nicht arbeiten. Die gezahlten Preise entsprechen sach verständigen Ratschlägen. Im Laufe der Zeit nach dem Kriege werden wir wieder zu Bronze glocken kommen. Mit dem bisherigen Vor gehen erfassen wir etwa die Hälfte aller Glocken. Abg. Mumm (Dtsch. Frakt.): Gegen den Großkampftag an der Aisne wiegt alles feder leicht, was wir hier reden. Den Namen des Herrn Cohn aus Nordhausen, der einen Hinden burg-Ersatz will, wird sich daS deutsche Volt merken. Im Einverständnis mit der Obersten Heeresleitung hält unser Kanzler fest an einem Flieden, der unseren Feinden in Ost und West keine Einfallstore läßt. Abg. Ledebour (Soz. Arbg.): Wenn man die Kirchenglocken nicht beschlagnahmen will, so empfehle ich die Bronzestandbilder der alten deutschen Kaiser, die im Reichstagsvestibül als Verkehrshindernisse herumstehen. Der Kriegsminister hat erklärt, daß es unwürdig und verächtlich sei, Schwächere zu beschimpfen, wie Sie es getan haben, Herr General Groener! (Ordnungsruf.) Wir verlangen einen Ausgleichsfrieden, der kein Volk demütigt. Das deutsche Volk, auch die Soldaten, wollen einen Frieden ohne Annektionen und Entschädigungen. Dr. Helfferich aber hat eine Kriegshetzrede ge halten, General Groener: Durch das Trommel feuer des Vorredners fühle ich mich gänzlich unerschüttert, und wenn ich darauf meine Mu nition verschleudern wollte, wäre eS schade darum. Ich frage den Abg. Ledebour, ob er den Arbeitern das englische Streikverbot sür alle Munitionsbetriebe mitgeteilt hat, daß dort die Gewerkschaftsregeln aufgehoben sind, die Lohn- regelung dem Munitionsminister unterliegt und besondere Munitionsgerichte bestehen? Tie Sachen sprechen für sich selbst. Ich schließe mit dem alten Scherzwort: Ach, sie sind wie kleine Kinder, unschuldsvoll und keine Sünder! Präsident Dr. Kaempf ruft den Abg. Ledebour wegen seines Schlußsatzes zur Ordnung. Staatssekretär Dr. Helfferich: Wenn Abg. Ledebour mir ruhig und verständig zuge hört hätte, dann hätte er sich seine Aufregung sparen können. Ich verzichte darauf, ihn heute zu belehren. Ein Antrag auf Schluß der Aussprache wird angenommen. Abg. Ledebour erklärt persönlich, General Groener sei kein Untersuchungsrichter, und ! er lehne es ab, die Flugblätter zu kritisieren, ! weil seine Worte sonst gegen die Verfasser und ! Verbreiter ausgenutzt werden könnten. Über die Entschließungen wird bei der dritten j Lesung abgestimmt. ! Das Haus vertagt sich. friere öörrenlen. Lj Roma» von H. CourtHS-Mahler, cssorgktzun«.) „Darum sorg' dich jetzt nicht, Papa." Er lächelte trübe. „Die Sorgen kommen von selbst, ich rufe sie nickt.' Während er bekümmert vor sich hinsah, tönte dir Wohnungsklingel in einer kurzen, scharfen Weise. Ruth schrak zusammen, sie wußte, so schellte nur ihr Bruder. „Es ist Hans,' sagte Steinbach lauschend. „Ja — er geht hinüber zur Mama. Wahr scheinlich glaubt er, du schläfst. Ich will ihm gleich sagen, daß du munter bist.' Ebe er etwas entgegnen konnte, war sie aus dem Zimmer. Was wollte Hans schon heule? Kam er des Geldes wegen, war er w eilig? Sie wollte um jeden Preis verhindern, daß er mit dem Vater darüber sprach. Hans stand noch im Vorsaal vor dem Spiegel und bearbeitete sein gescheiteltes Haar mit zwei Bürsten. „Tag, Ruth. Nun, wie geht es Papa?' „Wie immer, Hans. Was willst du heute hier? Du wolltest doch erst morgen kommen,' flüsterte sie. Er zuckte mit den Achseln. „Ich hab' es mir anders überlegt. Ist ja Unsinn, daß ich's noch einen Tag verschiebe — sagen muß ich's Papa doch.' Sie faßte nach feinem Arm. „Sag's nicht, Hans, ich bitte dich, schone Vava. Er ist jetzt so leicht erregt l^tur bis niorgen warle noch, komm' morgen abends her. Da ist Mama mit Ellen in der Oper. Sie haben Billetts bekommen von Arnheims, die verhindert sind. Vielleicht kann ich dir das Geld - bis dahin verschaffen." Er sah sie ungläubig an. In seinem ! hübschen Gesicht zuckle es ungeduldig. „Du? Wie willst du zu so viel Geld kommen?" „Das sollst du morgen hören. Jetzt schweig' davon, ich bitte dich. Und nun. komm' mit hinein zu Papa, sag' ihm ein liebes, gutes Wort. Hans — er ist so elend." Ruths Stimme brach vor Herzeleid. Hans ! sah sie etwas scheu und verlegen von der Seite i an. Sein Gewissen klagte ihn an, daß er dem Vater nicht liebevoll genug begegnet war. Aber mein Gott — er war doch Soldat und kein zimperliches Frauenzimmer! Aber er ging dann doch mit einem wär meren Ausdruck im Gesicht an das Bett des Balers. „Tag, lieber Papa. Nun — geht es wieder ein bißchen besser heute?" „Danke dir, Hans. Es geht, so gut es gehen kann. Keinen Dienst heute?" „Um drei Uhr wieder, Papa. Da wollte ich erst nochmal nach dir sehen. Ich hoffte schon, dich außer Belt zu finden." „Morgen will ich's versuchen mit dem Auf stehen." „Das freut mich, Papa, wahrhaftig, freut mich sehr. Du — was ich sagen wollte — da traf ich gestern bei Tisch einen früheren Kame raden. Der ist jetzt in L in Garnison. Wir saßen nach Tisch noch eine Stunde zu sammen und was meinst du wohl, von wem wir sprachen?" In Fritz Steinbachs Augen war es einen Moment aufgezuckt, als Hans die Stadt L nannte. „Nun?" fragte er halblaut. „Von Mamas Halbschwester Fräulein Friede Sörrensen. Du — die spielt eine Nolle in L mein Kamerad war sehr erstaunt, als er von unserer Verwandtschaft hörte, und gratulierte mir zu der famosen Erbtante. Soll ja scheußlich viel Mammon haben, die alte Dame, und einen großen Grundbesitz. Sag mal» Papa, warum besteht eigentlich kein Ver kehr zwischen ihr und uns? Ist es nicht sehr unklug, daß wir uns von ihr so fern halten? Sie ist ledig und kinderlos, haben mir da nicht berechtigte Hoffnung auf eine Erb schaft?" Steinbach sah zur Decke empor. „Nein, mein Sohn, leine. Das schlag dir aus dem Sinn. Wir sind — verfeindet — seit langen Jahren — das hab' ich euch doch schon einmal gesagt. Ich wüßte nicht, wie Friede Sörrensen dazu käme, euch etwas zu vererben?" „Aber wir sind doch wohl ihre nächsten Ver wandten? Mein Golt, solche Familienzerwürinisse lassen sich doch aus der Welt schaffen. Weißt du, ich hätte Lust, mich ein bißchen an die alte Dame heranzupirschen. Was meinst du dazu?' Steinbach inhr jäh jm Bett empor. „Das wirst du nicht tun, ich verbiete cs dir,' sagte er Hefti-, / „Aber, Papa, bitte, nimm eS mir nicht übel, ist das nicht recht unklug? Ich meine, in unserer Lage ist falscher Stolz sehr unange bracht. Wie die Verhältnisse liegen, müssen wir jede Gelegenheit benützen, sie zu verbessern," sagte Hans eindringlich. Steinbach atmete tief und schwer. Endlich sagte er tonlos: „Diese Gelegenheit werden wir sicher unbe nutzt lassen. Höre mich an, mein Sohn. Mama und ich, wir haben an Friede Sörrensen einst schweres Unrecht begangen, ein Unrecht, das nie wieder gut zu machen ist. Außerdem sind alle Brücken zwischen uns abgebrochen.' Hans nagte an seiner Lippe und sah sehr verstimmt aus. Noch gab er sich nicht besiegt; „Mama Hai aber doch selbst schon den Ge danken in Erwägung gezogen, sich um Hilfe an ihre Schwester zu wenden. Du vergißt, daß lange Jahre dazwischen liegen.' Steinbach krampfte die Hände in die Bett decke. Seine Stirn rötete sich und die Adern schwollen an. „Ich weiß, daß Mama davon gesprochen hat, aber ich kann es nur bedauern. Niemals würde ich erlauben, daß ihr euch Friede Sörrensen nähert, um ihre Hilse in Anspruch zu nehmen, nie, io lange ich lebe, das präge dir fest ein, Hans.' Der junge Mann zuckte die Achseln, a!S wollte er sagen: Wem nicht zu raten ist, dem ist auch nicht zu helfen. Ruth aber beugte sich besorgt über den Vater. „Du sollst dich doch nicht ausrcgcn, Papa. Bitte, sei ruhig. Hans wird nie gegen dcincn Willen derartiges tun.'
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