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Allgemeiner Anzeiger : 07.02.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191702072
- PURL
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- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1917
-
Monat
1917-02
- Tag 1917-02-07
-
Monat
1917-02
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 07.02.1917
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Vas letrte Mttel. Monaielang ist in Deutschland der Streit um den O-Bootkrieg geführt worden, sehr zum Schaden der inneren Geschlossenheit. Jetzt ist er ent'chieden. In einer Note an die Neutralen (Amerika erhielt eine besondere, die wohl zu gleich als Antwort am Wiltons Ansprache im Senat der Ber. Siaaien gelten darf) tritt Deuttchland mit, daß vom 1. Februar ab das Seegebiet um England, Frankreich und Italien iür die feindliche und die Bannware führende neutrale Schiffa.ut geiperrt ist. Es ist ein Beschluk von ungeheurer Trag- k^ile, den die Miiielmüchie geiaht haben. Aber er muhte geiaht werden, um dem allem Recht und aller Menschlichkeit zuwiderlausenden Miß- brauch ein Ende zu machen, den England mit seiner Seegewall treibt, er muhte geiaht weiden, um das Ende des Krieges zu beschleunigen, nachdem die von England geführte Mächte gruppe unterem Friedensangebot ihren brutalen Vernichtungswillen entgegengesetzt und damit der Wiederkehr des Friedens in die geplagte Well ein Hmdernis bereitet hatten, das nicht anders als durch die Schöne inneres Schwertes weggeräumt werden kann. Das alles ist der amerikanischen Re gierung in einer Antwortnote der deutschen Regierung auf Wckwns Friedensbostchatt an den Sena« geiagt worden, und diese Nole ist so klar, oie in ihr angefübnen Gründe iür nnler Handeln wirken >o unmittelbar und mit solcher Wucht, dah zu ihrer Erläuterung nichts mehr geicutt zu weiden brauchi. Was über die Gründe zu mgen ist. die uns zu dem Enttchluh gemhn haben, seht in den s uneingeschränkten O-Booi-Krieg einzmreien, hat der Reichskanzler im Haupiaus'chuh des Reichs tages dargelegt. Aus 'einer Rede ergibt sich, dah wir leinen Aki der Verzweigung benetzen, wenn wir nunmehr von un erer kl-Born Waue seden, auch den rücknchi-lowilen, Gebrauch machen, sondern dah wir kühl und klar die Ziele ins Auge geimt haben, die wir eneichen wollen und dah wir klar die Wege «eben, die zu diesen Zielen sühren. klar auch die Mac!n- mutel errechnen, die wir ein ehe» können um unwre Ziele zu erreichen In kne-er Beziehung können wir ms am die Ämoniäi umeres Hindenburg stützen, von dem wir gehört haben, dah es die milttür-'che Gemmlla s zulähi, alle Folgen aui uns zu nehmen, d e der uueinge- schränlie l -Boot-Krieg nach sich ziehen könnte Nachdem nun un ere oberste Heeresleitung den Zenvuukl für gekommen bäl«, nun umere stärkste Waffe rüchichislos emzmehen, und wie wir ihr sicher darin ver'ramen, dah die Gründe ! die ue km her von der vollen Ausnutzung umerer O-Booi-Wafse abhielien, gerecbtterttgi waren, >o veriraueu nur auch darin, dah ste nunmehr von dieier Wo"? eilten Kein auch zu machen verstehen wird der uns zu dem er-! strebten Ziele rührt, zum Siege über untere Feinde. In der Tat, der Augenblick, da wir in den uneingeirlräntien O-Bom-Kneg emueten, ist günstig iür uns. Wir erzählen der Welt nihis l Neues, wenn wir mgen, dah wir in den dreihig Monaien, während deren der Weltkrieg nun schon tobt, alles daran gewtst haben, um die Zahl umerer kl-Boote zu vermehren, und ihre Taren haben der Welt demlnh gezeigt, wie ge waltig ihre techm che Vollendung ge'örderl morden ist. Die ichlechte Wellerme Hal die Versorgung! Englands und 'einer Verbündeten mii Ge- weide ganz anheimdemlich ei'chweri, und eS handelt sich iür England und wme Verbündeten r nicht blog um die Veriorgung mit Geireide, ! sondern auch mit Erzen und mit Rohmaterial aller Ait Tie Zmubr ist ihnen durch die un- s geheuien Verluste die ihre Handelsflotte bisher schon dank der Tätigkeit umerer L'-Booie er litten Hai ungeheuer er'chweu worden, und r azu kommi noch als baupnäch ichiies Moment, dah der Weil ihrer Handelsflotte durch den ll-Boms-Krieg am das ichwerste gelitten hat. Endlich aber wird es setz' noch ichwerer als bisher win, Seeleute zu bekommen, die Bann ware isthrende Schiffe bemannen Der umrnchibcne innere ll-Boot-Streit ist! beende«. Das deutt-be Volk stelu aechio'scu hinter seinen Führern. Es nimmt, wir ge- s brauchen Hindenburgs Worte, freudigen rijjge-! brochenen Mutes alle Folgen auf sich, die au? der « Wendung der Dinge entstehen können, es ist von einem einzigen mächtigen Willen beseelt: dem Willen zum Siege! All-Deutschland ist der testen Zuversicht, dah der unemgeichläntte H-Bom-Kneg eine Beschleunigung der Wieder- lehr des Weltfriedens bringen wird. * Der Eindruck im Aus and. Die ge'anne neutrale Presse äußert sich mit großer Sorge über die Folgen der neuen deutschen Seesperre. Atan nimmt allgemein an, dah die Veriorgung eine überaus schwierige sein wird. Doch finden fich auch in den nichtdeulichireund- lichen Blättern nicht die üblichen, dem Sprach schatz des Vieiverbandes entlehnten Vorwüne. llbugens ist auch dem holländischen Ver kehr nach England ein Zugeständnis gemacht wor en. Allwöchentlich darf unter gewissen Borans'etzungen ein Schiff hin- und zurück iah, en. Die hollänsuchen Reedereien haben ihren Schiffen die Ausiahrl verboten. In Schweden ist die Wirkung eine ähnliche. Die neueste deut'che O-Bool-Veiordnung wurde vom Mmistenum des Äußern länttlichen schwedi'chen Reedereien lelegraphuch bekannt- gegeben. Noch im Lanie der Nacht wurden sämiliche schwedi'chen Sigualstaiionen telegraphisch beordert, alle auslamenden ichwediichen Handets- 'chiffs zurückzuhalien. Die ichwedischen Schiffe in den europäischen Gewänern erhielten die lelegraphuche Order, die Rückreise w on anzu- treien. Die in den überieeuchen Hmeu befind lichen schwedi'chen Handels'ch'ffe bekamen die Weisung, dort liegen zu bleiben. Soweit es möglich war. wmden die betreffenden Orders dialnlos'den am dem Ozean schwimmenden schwedi'chen Schiffen übermittel«. De Swck- bolmer Postduetnon hat en Großfirmen an- geiaien, die Brienendungeu nach England ein zustellen. Der Ankau« enstucher Schecks von 'euen der Stockholmer Banken «st ebemalls ein gestellt woiden. Tei Eindruck des deutschen Enttchlnsse? in' Ameri! a war ein oe oalttger. Der ,Frist ! Zig wild darüber belichte!: Neuler meldet ! aus Wa'hingion : Die aeuttchs Nme, in der i ertlärl wird, die Zö ge der Zurückwerung des Friebe« aiigebo s der M"teimSchle milch den Werve«band werbe der ver chärste Tauctzboot- lrieg inne« Hali des anocaebenen Gebiets ein winde veiönentlichl. Blau Hali hier die Lage fü« äußerst ernst und eiwartei ein rasches Vor gehen Die engIi' che Preise ist natürlich wm- erttbranui. Die Times' velöffenilicht un- s mittelbar vor dem Be anniwerben der deuttchen No e eilten Arnkel, in dem es u a. Helgi: Die cngltiche Bevölkeinng müsse nch dam" nb- finden, daß die VeUuste der engli'chen Haudels- sch'ffahr« während der letzien drei Monate noch nicht den Hö epnnki er Le «un.s ähig'ett dei deut'chen k^Booie barstellen Wir müssen die kommende Emimcklung des l -Vooi-Krieges ernu ms Auge «assen. Deulichland hat zweitellos in den letzien Monaien große schnelle dnd kiä t'ge Uittenee Booie gebaut. Höchstwahr cheinlich sind noch nicht einmal alle auf der See geweien Tas deuttche Gerede von der O-Booi-Blockierung Eng lands erscheint keineswegs un möglich Wenn wir auch alles Menschen mögliche uw, um die heimische Erzeugung in Lebeuslmtteln zu vermehien, w müssen wir noch immer Mindenens drei Fünftel umerer Lebens mittel aus über zwischen Ländern beziehen. Das Pioblem. vor das wir jetzt gestellt find, ist eins der tchwierigslen teil Beginn des Krieges. verWeöene llrregsnachrichterl. 13 Schiffe von „Möwe St" versenkt. Engluche Blätter vei öffentlichen eine Be- ichleibung des deut-chen Kapeiickuffes. Danach Heigl das Schiff wieder „Viöwc": es siebt wie em gewöhnlicher Dampier aus, bis sich die Kultssenp onen öffnen und Kanonen erscheinen. Die Bewaffnung besteht aus vier großen und zwei tlemeu Kanonen. Der Proviant nnd die Muntion reicht bis April. Häufig führt die „Möwe" Segel. Dadurch wird es unmöglich, von anderen Schiffen aus auf das Deck der „Möwe" zu sehen. Mit dem eben versenkten englischen Dampier „Cambriae Range" t4234 Tonnens hat „Möwe" bisher dreizehn Schiffe versenk!. Die Schuld des Vierverbandes. Das Amsterdamer Blatt ,Nieuws van den Dag' enthält einen Leitartikel unter dem Titel „Düstere Aussichten" aus der Feder Dr. Lolchs. Er schreib!: Der kleine Rest von Kultur, der Ewopa noch übrig geblieben ist, steht ans dem Dosran-Sees werden feindliche Abteilungen « abgewiescn. Deutschland. * Die wichtigsten neuen Ausführungs - jbestimmungen zum Gesetz über den 'Vaterländischen Hilfsdienst beziehen . sich aus die Erteilung des Abkchrschems. Nach ! der Verordnung ist jeder Arbeitgeber, der einen > Hilfsdienstpflichtigen beschäftigt, verpflichtet, ihm einen Abkehrlchenr auszustellen, wenn daS ! Arbeitsverhättnis von seiner — des Arbeit Spiele. Geht auch dieser verloren, dann ist der Vierverba nd der Schuldige, weil er sich geweigert hat, mit den Mittelmächten zu unterhandeln, gleichviel, ob die augebotene Unterhandlung als aufrichtig von ihm ange sehen wurde oder nicht. Das ändert an der Sache nichts. Sein einziges Ziel bleibt jedoch die vollständige Niederlage des Gegners; und er scheint sich dieser so sicher zu tühlen, daß er Fliedensbedingungen ver- öffentlichi, die nur dann nicht lächerlich sein würden, wenn die Führer der verbündeten Truppen nach der Vernichtung der deut'chen Macht in Berlin säßen, um den Friedensver- trag zu diktieren. Daß dies jemals geschehen wird, ist jedenfalls unwahrscheinlich; aber die Siegeshoffnung des Vierverbandes ist denn auch wohl weniger aui die Kratt ihrer Waffen gegründet, als vielmehr am die Absicht, die Mittelmächte durch dauernde Abichließung zu erichöp'en. Nusfengreuel in Rumänien. Die Aussagen von Landeseinwohnern er geben ein erschreckendes Bild russischer D e i po l e n h err« ch a i t in Rumänien. Die Emwobner von Focmni waren durch die Diang'alieiung ihrer iogenannien Netter völlig verängstigi und hielten sich in den Hamern ver steck« Eri« jetzt wagen sie sich wieder am die Snake Obgleich die nnsnche Soldateska die Lä"en plünderte, wcnen sie gezwungen, die Ge- «chä le oben zu halten. Zuwidnhandelnde wmden liuuachfichtttch mit 25 Kniiten- hieben tesiratt. Ein Polizeikommtt'iar in Foc am tagt aus. daß er allein zweimal mit eigenen Augen ge ehen habe, wie die Russen die s Sira en an niedlichen ange ehenen Bingern au« ouene« Straße vollzogen haben. Aui dem Voli.zeikommiffmia« nno der Piä eknir ianden sich gegen 'Ott ichrittliche Beschwerden von Enwrhnern nbei Biandsti'tnug, Plünderung, böewuuge Zerstörung durch die Russen. Die Gemmzahl der von den Russen verübten S>'ä^igungeu der Einwohner wird am 2000Fälle gechäö«. Anegsene»<?ml le. 27 Januar Vergebliche Versuche der Fran- zo en. die Stellungen am Höhe 304 zurück- zugewinnen. — Neue Angriffe der Russen an der Aa abgeuhkagen. — Erfolgreiche Kämme deuttcher und österreichischer Truppen zwilchen Cafinu- und Puma-Tal. 28. Januar. Englncher Vorstoß bei Translot) abgermesen, nur in einem kleinen Teil der voidersten Linie nisten sich die Feinde ein — Die Russen treten an der Goldenen Bistritz - im Mestecanesci-Abschnitt mit überlegenen! Kräften am so daß die österreichiichen Linien ' etwas zmückgenommen weiden müssen 29 Januar. Englische Angriffe bei Armenliöres, iranzösi'che gegen Höhe 304 aui dem West- mer der Waas «cheitern unter großen Ver lusten. — Türtiiche Truppen westen an der Zlola Lipa mehrere starke russische Angriffe ab. Ebenso scheitern russische Vorstöße am Mestecauesci-Awchnitt. 30 Januar. Neue vergebliche Vorstöße der s Franzosen gegen die Höhe 304. Sonst keine ! besonderen Ereignisse. 1. Februar. An der Narafowka, südöstlich von Lipmca, bringen Teile eines sächsiichen Negi- mems von einem gelungenen Vorstoß in die ruttstche Stellung 60 Gesangene und 1 Ma schinengewehr zurück. — Südwestlich des gebers — Seile oder mit seiner Zustimmung aufgelöst wird; es ist dabei gleichgültig, ob der Bcttiebdes Arbeitgebers felbstzudenHistsbetriebcn zählt oder nicht. Weigerung hat fürden Artze' geber zwar keine Bestrafung, wohl aber Schaden ersatzpflicht zur Folge. Die Ausdehnung der Verpflichtung zur Erteilung von Ablehricheinen ist im Interesse der Arbeiter wie in dem der Kriegswirtschaft, deren Aufgaben kein zeitweiliges Brachliegen von Arbeitskräften dulden, not wendig geworden. "Die erste Sitzung des Reichstages wird in diesem Jahre am 22. Februar statt finden. Vorher wird der Haupiausschuß zu sammentreten, um sich über die Art der Beratung des Reichs Haushalts schlüssig zu werden. — Der Hilfsdien st ausjchuß des Reichstages tritt am Freitag wieder zusammen. Österreich-Ungarn. "Das Kaiierpaar empfing Huldi gungsdeputationen der selbständigen Verttenmgen von Oberösterreich, Salzburg, Steiermark. Kärnten, Krain, Görz nnd Gra- diska, Mähren, Schlesien, Tirol, Vorarlberg, Galizien und der B u ko win a. In den an das Kaiierpaar gerichteten Huldigungsan- iprachen gaben die Landeshauptmänner oder deren Stellvertreter der unwandelbaren Treue und innigen Liebe sowie der unerschütterlichen Anhänglichkeit der Bevölkerung aller Nationali täten an Kaiser und Reich Ausdruck. — Der Kaiser dankte in seiner Antwort für die Ver sicherung der Treue und hob hervor, daß Tnol für immer ungeteilt mit seiner Krone ver ewigt bleibe, und daß Görz und Gradiska bald von den Zerstörungen der Feinde zu neuem Leben erweckt werden sollen. Griechenland. "Die Leiden der griechischen Be völkerung nehmen infolge der Blockade mit jedem Tage zu. Dazu kommt, daß man nach Erhaltung des Ultimatums neue Forde rungen des Vierverbandes betr. die Zensur, die Radio-Telegramme, die Polizei und die Eisen bahnen eiwariet. — Wie verlautet, ist in Salo- niti eine sie reiche Gegenrevolution ausgebrochen und Hai auch aui die Inseln Mpnlene und Korfu übergegriffen. Die Mi nister der Scstonikier Revoluiion sind nach Kreta und Sina geflüchtet. Venizelos hält sich auf einem Vierverbandschiff versteckt. Die Veni zelos-Armee befindet sich in der Auf lösung. Ein großer Teil desertierte in die Wälder um Saloniki herum, wobei sich zahl reiche serbische Soldaten den Deserteuren an schlossen. Amerika. "Nach englischen Blättern hat der deutsche Botschailer Grat Bernstorfs die Ameri kaner gewarnt, auf bewaffn etenHandels- schitfen zu reisen. Sie bildeten für die Restenden eine ernste Gefahr, da sie als Hilfs kreuzer angesehen werden, die man ohne jede voiherige Warnung ver'enkt. — Haager Blätter wollen wissen, daß Präsident Wilson demnächst den lriegiührenden Staaten mitteilen werde, daß er gern bereit wäre, einige Vertreter nach dem Haag zu senden, falls die Krieg führenden gleichialls Abgemndle schicken würden. Die amerikannche Regierung wird voraussichtlich demnächst die Kriegfühlenden ersuchen, ihr mir- zuterten, ob ihnen der 1. März für eine Zu sammenkunft geeignet er'cheint. Aus dieier Zu sammenkunft sollen zunächst nur die Grundgedanken des Wilsomchen Programms ohne nähere Einzelheiten besprochen werden. hinnerk, äer kneckt. 23« Roman von Bruno Wagener NzorUetzung. Schweigend gingen sie nebeneinander hin Endlich iagie Liese: „Deine Mutter har mir noch einen Auf trag an dich gegeben, den ich nicht ganz ver standen habe. Ich iollte dir «agen, sie Hütte nur den e ncn Taler genommen — den Taler mit dem Frauenkop' — das andere Geld hätte sie nicht angeiührl. Das solltest du wissen, und es sei wahr, w gewiß sie bald vor Gottes Thron stehen werde " Er war unwillkürlich stebcngeblieben. Ihm war zumute, ats feien ihm die Glieder ge- lüMck. Das war ja nicht zn glauben, das war ja nmnöglich l Wo alle Beweiie io klar gegen fis sprachen — der Krämer Kleinjohann batte doch hundertundfiinizehn Mark aui den Dich gezählt — er hatte Hinnerks Mutter ins Haus gehen sehen — auch Knschan nnd Gesine hatten sie deutlich erkannt — und dann der Packen Slrümvie I Nein! Nein! Das war alles sonnenttar. Sie hatte doch auch ihm gegen über gelogen, als sie bchanplele, überhaupt nichts genommen zu haben, bis er ihr den Taler vors Gesicht hielt. Er schüttelte das Grauen ab, das ihn einen Augenblick bei dem Gedanken an einen schrecklichen Jnlum befallen hatte. Dann sagte er traurig zu seiner Be gleiterin : „Sie hat irre geredet; sonst wäre ste somit rlner Lüge auf den Lippen gestorben." Er begegnete dem ernsten Blicke des jungen Mädchens. „Nein, Hinnerk," sagte sie bestimmt, „deine Mutter mag sonst zuweilen die Unwahr heit gesprochen haben — diesmal ganz gewiß nickst! Sie wußte, daß sie sterben müsse; sie batte schon eine ganze Weile wie bewußtlos ge legen. Dann ichlug sie plötzlich die Augen ans, angstvoll, und als täme sie ans dem Jeweils, und sagte ganz leise und doch w, daß man cs verstehen konnte, was ich dir bestellen sollte. Nein. Hinnerk, das war lo feierlich — da hat sie lucku gelogen. Verlaß dich drauf, mit einer Lüge ist sie nicht gestorben." Da stöhnte er laut, daß das Mädchen er schrocken stehenblieb. „Dann hat ein anderer das Geld gestohlen, und ich habe au ihre Schuld geglaubt — test geglaubt, daß sie das Geld genommen, und habe mein Glück ge opfert, habe alles bingegeben, um ihre Schuld gulzumachen. Und das war alles nmfonst! Alles unnötig!" Mit plötzlichem Verstehen sah ihn Liese Rickmann an, und dann fragte sie lefie: „War eS das, weswegen du mir wlches Leid angetan hast'-"' Seine verzweifelte Gebärde gab ihr die Antwort. Da nahm sie seine beiden Hände, unbekümmert darum, daß sie mitten aus der Straße und gerade vor dem Volten-Siemers- fchen Hoie standen, und sagte mit einer Stimme, in der das Weh ihres Herzens zitterte: „Du armer Mann!" Er sah un Dunkeln die Träne nicht, die ans ihrem Ange sich löste und über ihre Wange rann. Aber er iühlte, wie sie in diesem Augenblick nur ihm gehörte. Ihm war, als streichelte ihn eine milde Hand. Dann hörte er Lieses Worte, so warm nnd ernst und von innerem Leben erfüllt: „Nun müssen wir tragen, was über uns gekommen ist, wir können's nicht ändern. Und jetzt leb wohl, Hinnerk I Wir wollen einander nicht vergessen, auch wenn wir uns nicht Wiedersehen." Damit ließ sie ihn stehen und schritt eilig zum Dorfe hinaus. — Gelenkten Hauptes betrat Hinnerk den Hof. Die letzten Worte der noch immer Geliebten klangen in ihm nach; sie bedeuteten die Ver gebung, doch auch den Verzicht. Schwerfällig durch'chritt er den Flur und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Gesine saß bei der Lampe am Tisch und nähte; das war ihre Lieblings- beschäftignng, sie arbeitete iür das zu erwartende Kind. Ohne Gruß blieb Hinnerk vor ihr stehen. „Meine Mutier ist gestorben," sagte er kurz. Sie nickte nur: „Ich hörte es schon." Kein Wort des Beileids; er hatte es auch nicht erwartet. Trotzdem bäumte sich sein Ge- sühl gegen diese Herzenskälte ans, und der Haß, der unter Liese Rickmanns Worten einer weicheren Regung gewichen war, regte sich aufs neue in ihm. War Gesine nicht die Anklägerin gewesen? Hatte sie nicht in vollem Ester den Beweis gegen seine Mutter geführt? Alles stand ihm wieder lebendig vor der Seele, wie sie ihn unter ihr Joch gezwungen, ihn mürbe gemacht batte mit ihrem Hohn und ihren Drohungen. Und auf einmal durchschoß ihn der Gedanke, daß sie auch wissen mußte, wer der Dieb ge wesen war, der das Geld genommen hatte. Gesine hatte weiter gearbeitet. Aber als sie ! seinen Blick fortgesetzt auf sich gerichtet fühlte, ! wurde ihr unheimlich zumute. Sie legte die ! Arbeit aus der Hand und erhob sich. „Ich f will nach dem Jungen sehen, ob er schon schläft," ! sagte sie und wollte das Zimmer verlassen. Da vertrat ihr Hinnerk den Weg. Sie erschrak vor der finstern Falte zwischen seinen Augenbrauen und vor dem Grolle, der aus seinen Augen glühte. Sein Blick flog über ihre Gestalt und erinnerte ihn an die Stunde, die ihr in wenigen Wochen bevorstand. Nein, sie war ein Weib nnd hatte ein Recht aus Schonung. Sie ahnte nicht, was in ihm vor ging, sie deutete sein Znrückweichen als einen neuen Sieg, und deshalb fragte sie ihn mit dem höhnischen Tone, den sie fich ihm gegenüber angewöhnt hatte: „Wolltest du noch etwas von mir?" Mit einem Nucke fuhr er herum. „Wissen will ich, wer damals das Geld gestohlen hat. Du hast mich belogen. Meine Mutter war es nicht. Wer war der Dieb?" Sie war säh erbleicht. „Wie soll ich das wissen?" fragte sie. Aber ihr unruhiger Blick verriet ihm ihr böses Gewissen. Seine Hände krümmten sich und streckten sich ihr entgegen, als wollten sie ihren Hals um krallen. Da schrie sie in ihrer Angst laut um Hilse. Er wich zurück. „Ich tue dir nichts, nur die Wahrheit will ich wissen!" Sie lauschte, ob jemand auf ihr Rufen kam. Es blieb still. Da plötzlich im Nebenzimmer ein Geräusch — leise tappend. Man hörte die Tür vom Schlafzimmer zur guten Stube gehen; und jetzt ging sachte die Tür zwischen beiden
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