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Allgemeiner Anzeiger : 28.07.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190007286
- PURL
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19000728
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1900
-
Monat
1900-07
- Tag 1900-07-28
-
Monat
1900-07
-
Jahr
1900
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 28.07.1900
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Wußte es sein? Lj Roman von C. v. Berlepsch. <F Isekung.) Bon dem Augenblick an kannte Frau Pohl keine Ruhe mehr. Sie wußte, ihr Mann würde Wort halten und vor keinem Verbrechen zurück schrecken, aber hier wenigstens durfte es nicht geschehen. Hier, wo jeder sie kannte, hier wollte sie üie Schande nicht erleben. Wenn er ganz schlecht werden wollte, dann mußte sie sich an einem Ort verbergen, wo sie nicht bekannt waren. So beschloß fie denn, die Stadt zu verlassen. Ein Grund der diesen Vorsatz bestärkte, war die Sorge, daß ihr das Kind genvmmen werden könnte. Der Arzt war tot; die drei Jahre, welche der Vater als äußersten Termin für seine Rückkehr angegeben Halle, waren beinahe ver flossen ; jeden Tag konnte er kommen und seine Rechte geltend machen. Sie wollte aus der Gegend verschwinden, ohne eine Spur zu hinter lassen; dann gehörte das Kind ihr, und fie konnte es als ihr eigenes behalten. Welches Unrecht fie damit beging, sowohl am Vater wie an ihrer geliebten Editb, das machte sich die verblendete Frau nicht klar; im Gegenteck, fie glaubte das Hefte zu thun. Sicherlich, so dachte sie, würde der junge Mann, den fie nur als Herm Prankenau kannte, nicht immer um den Verlust seiner Frau trauern, sondern wieder heiraten und wer weiß, wie es ihrem lieben Kinde bei einer Stiefmutter ergehen möchte. Sie mußte also ihre« Mann zu bewegen su*en, Ober-Drausiedt zu verlassen, was ihr muy nicht schwer siel. Sie sagte ihm, daß mit dem Tode des Doktors ihr Einkommen auf hörte, da fie den Wohnort des Vaters nicht wüßte und deshalb sich an niemand wenden könnte. Daß sie nur den Kasten öffnen und die Papiere einzusehen brauchte, um ganz orien tiert zu sein, verschwieg fie. Sie hatte sich fest vorgenommen, im unklaren zu bleiben; fie wollte die Wahrheit sprechen, wenn fie versicherte, nichts von der Herkunft der Kleinen zu wissen. Erst war Heinrich Pohl empört, daß die Einnahmequelle versiegte, und er verlangte, daß das Kind in ein Waisenhaus gebracht würde, aber Ernestine stellte ihm vor, wie niedlich und klug die Kleine sei und später viel Geld ver dienen könne; hier wäre dies aber nicht möglich, fie könnten nur in einer großen Stadt einen befferen Erwerb finden. Mit einem lustigen Augenzwinkern und estnischem Lächeln, für das fie ihn hätte zu Boden schlagen mögen, willigte er ein. Er hatte fich schon selbst gesagt, daß seines Bleibens hier nicht länger sein könne und es besser wäre, wenn sie ihrem Aufenthaltsort den Rücken lehrten und über ihren Aufbruch völliges Stillschweigen bewahrten. Er kam hiermit den Wünschen seiner Frau entgegen, sie wußte wohl, wie allgemein man fich für die kleine Waise interessierte, und daß es nicht ge duldet werden würde, wenn fie dieselbe entführen wollte. Wie lange das Häuschen am Walde leer gestanden hatte, wußte niemand. Es vergingen oft mehrere Tage, ja bisweilen Wochen, ohne daß die Bewohner fich blicken ließen. Der Pfarrer war der erste, der fie vermißte. Er hatte sich immer für die Frau mteresstert, uuo als er hörte, sie sei lange nicht in die Stadt gekommen, um Einkäufe zu machen, fürchtete er, fie oder das Kind seien krank, und er ging hin, um nach ihnen zu sehen. Groß war sein Erstaunen, das Nest leer zu finden, offenbar schon seit Wochen verlassen. Auf seine Nachfragen hin fand er, daß niemand etwas von dem Verbleib der Familie wußte. Pfarrer Baumann konnte nicht verstehen, weshalb die Frau fortgegangen sei, ohne irgend jemand Adieu zu sagen. Er vermutete ein Geheimnis, ahnte aber nicht, daß dieses in der leidenschaftlichen Liebe zu dem fremden" Kinde lag. Die ganze Stadt nahm Anteil an dem Ver schwinden der kleinen Waise. Alle schienen fich verantwortlich für fie zu fühlen, aber nichts gab Aufschluß. Doch wurde dies Ereignis bald durch neue verdrängt und trat erst wieder in den Vordergrund des Interesses, als Graf Prankenau in Ober-Draustedt eintraf. Diesmal kam er nicht inkognito. Er fuhr beim Gasthof vor und schrieb seinen vollen Namen in das Fremdenbuch. Dann wollte er den Arzt aussuchen und vernahm zu seiner größten Betrübnis, daß dieser bereits vor drei Monaten gestorben sei. Die Nachricht war ihm ein schwerer Schlag. Graf Prankenau hätte dem braven Mann, der ihm in seiner Not bei gestanden hatte, so gern noch einmal die Hand gedrückt. Dann ging er weiter, um Frau Pohl und sein Kind zu sehen; er erinnerte sich des Häuschens am Walde, und die Sehnsucht be flügelte seine Schritte. Groß war sei«e Ent täuschung, als er alles verschlossen und unbe- wohttt vorfand. In der Hoffnung, daß es sich f Politische Rundschau. Der Boxer-Aufstand in China. * Der chinesische Eisenbahn-Direktor Scheng und der Gouverneur von Petschili werden nicht müde, Meldungen über die geretteten Ge sandten und Fremden in die Welt zu setzen. Die Geretteten sollen sogar schon auf dem Wege nach Tientsin sein, was man auch in Amerika glaubt, während die merk würdige Thatsache, daß immer noch kein direktes Lebenszeichen vorliegt, außer Be tracht zu bleiben scheint. Mac Kinley hat fich „unter gewissen Bedingungen" zu ver mitteln bereit erklärt. Deutschland hat das angebliche Vermittelungsgesuch des Chinefenkaisers kurzer Hand abgewiesen, „so lange nicht das Schicksal der in Peking ein geschloffenen fremden Gesandtschaften und der dortigen übrigen Fremden aufgeklärt ist, die kaiserlich chinesische Regierung für die frevel- hafte Ermordung des kaiserlichen Gesandten Sühne gewährt und für ein dem Völkerrecht und der Zivilisation ent sprechendes künftiges Verhalten genügende Garan tten geleistet hat." * So frech werden jetzt die chinesischen Lügen fabrikanten, daß fie jetzt sogar den Prinzen Tuan zu einem Freunde derFremden umstempeln. Das Washingtoner Kabinett erhielt vom amerikanischen Konsul in Schanghai fol gendes Telegramm: „Prinz Tuan telegraphiert, daß ein Beamter des Tsungli-Aamen alle Ge sandten am 18. Juli gesehen habe. An diesem Tage sei keiner von ihnen verletzt gewesen, auch habe kein Angriff damals gegen fie stattge- ftinden. *Jn Depeschen, die der Gouverneur von Echantung, der Vizekönig von Nanking und der chinesische Eisenbahndirrktor Scheng verbreiten, wird durchweg behauptet, daß „die Regierung" Herr des Aufstandes geworden sei und alle Maßregeln zum Schutz der Gesandten getroffen habe. Die „Regierung" sei im Bc- griff, die Mörder des deutschen Ge sandten zu ergreifen und zu bestrafe«; die Kaiserin habe die Bekämpfung der Boxer, sowie die Feststellung der den Aus ländern in Tientsin zu leistenden Ent schädigungen angeordnet. Schließlich heißt es, die diplomatische Verbindung mit Peking werde voraussichtlich binnen kurzem wieder hergestellt sein. So wünschenswert die Bestätigung dieser Angaben auch wäre, so stark find die Zweifel, die in ihre Nichtigkeit gesetzt werden müssen. * Bei Wei - Hai - Wei kam es kürzlich zu zwei Zusammenstößen zwischen den Eng- ländern und den Chinesen. Den Eng ländern gelang es, nachdem fie aus der Festung verstärkt worden waren, die Chinesen nach hartnäckigem Kampfe zu schlagen, wobei fie 200 Gewehre erbeuteten. -Li-Hung-Tschang befindet fich in mißlicher Lage. Bei seiner Ankunft in Schanghai haben ihm die Konsuln keine amtlichen Besuche gemacht, wie es heißt, soll sogar seine Leibwache nicht die Erlaubnis zum Landen erhallen haben. Das Mißtrauen, das fich hierin offen ausspricht, ist von dem chinesischen „Bis marck", wie er fich gem nennen hörte, doch etwas peinlich empfunden worden. Er muß fürchten, fich durch seine zweideutige Stellung zwischen zwei Stühle gesetzt zu haben und seine Umgebung spricht es unverhohlen aus, daß sie, da ihrem Meister der Rückhalt an den Mächten verloren gegangen zu sein scheint, ernste Be sorgnisse für ihre persönliche Sicherheit haben. *Die Verwaltung von Tientsin wird durch ein internationales Komitee provisorisch ausgeübt, das aus dem japanischen Oberstleutnant Aoki, dem englischen Oberst leutnant Bower und dem russische« Obersten Wogack besteht. V V Vom afrikanischen Kriegsschauplatz. * In dem nun entbrannten Guerilla kriege haben die Boeren mehrfache Vor teile errungen, die natürlich für den Gesamt verlauf keine Bedeutung mehr haben. Sie haben bei Bethlehem eine britische Abteilung mit Verlusten zum Rückzug gezwungen und nördlich von Bloemfontein einen Eisenbahn zug, der 100 Hochländer beförderte, abge fangen. Die englische Verbindung zwischen Bloemfontein und Pretoria ist unterbrochen; „die zweite und dritte Infanterie-Brigade verfolgen den Feind". -Lord Methuen hat laut Roberts' Meldung am Sonntag die Boeren mit schweren Verlusten bei Oliphantsnek zerstreut, Rustenburg befreit und fich sodann mit General Baden-Powell vereinigt. Deutschland. * Der Kaiser trifft zur Einschiffung deS ersten Detachements nach China am 27. d. in Bremerhaven ein, kommt am 1. August abermals und bleibt dann, bis sämtliche Trans porte ausgelaufen find. *Ueber das Verbot der Waffenein fuhr nach China haben die europäischen Mächte fich noch nicht geeinigt. Die deutsche Regierung wägt jedoch schon jetzt Sorge dafür, daß von Deutschland aus den Chinesen keine Waffen geliefert werden. * Das deutscheExpeditionskorps, das bei Tientsin rühmlich mitgefochten hat, ist größtenteils auf die Schiffe zurückgekehrt; Kapitän zur See v. Usedom, ihr Führer, ist vom Kaiser zum Flügeladjutanten ernannt worden. * Die von München aus verbreitete Meldung, Kaiser Wilhelm werde fich zum Geburts tag des Kaisers FranzJosepH nach Wien begeben, um diesem persönlich zu gratu lieren, erweist fich als durchaus irrig. Eine solche Absicht besteht in keiner Weise. * Sogenannte Kriegstrauungen haben aus Anlaß der China-Expeditionen in letzter Zeit wiederhoü stattgefunden, wobei das Auf gebot und sonstige die Trauung hinausschieben den Förmlichkeiten wegfallen, so daß die standes amtliche Handlung unmittelbar nach vorher gegangener Anmeldung in der üblichen Weise erfolgen kann. * Aller Voraussicht nach wird der aus Grund des Gesetzes bett, die Bekämpfung gemein gefährlicher Krankheiten einzusetzende Reichs- gesundheitsrat schon im Frühjahr 1901 konstituiert werden können. Mit ihm wird die schon jetzt stattliche Reihe der aus Sachverstän digen gebildeten, den einzelnen Ressorts un gegliederten Beiräte um einen vermehrt werden. Oesterreich-Ungarn. -Minister-Präsident v. Körber verhandelt mit den Christlich-Sozialen und dem liberalen Großgrundbesitz über die Bildung einer neuen Mehrheit und gleichzeitig mit den Tschechen über Auf- gäbe der Obstruktion. Die Sprachen verordnungen sollen zwar aufge hoben bleiben, doch soll den Tschechen wert voller Ersatz auf dem Gebiet des S chu l- wesens geboten werden. (Also ein neuer Verständigungs - Versuch auf Kosten der Deutschen!) Rustland. -Der Schah von Persien hat am Montag von Petersburg aus die Reise nach Frankreich angetteten. Balkanstaaten. - Die Verlobung des jungen Serben königs mit der Witwe Draga Maschin Wirbelt in Serbien viel Staub auf. Nach den verschiedenen Angaben wird die Braut als „Hofdame", „intime Freundin" Nataliens ge nannt; fie ist 8 bis 17 Jahre älter als ihr Verlobter. Vater Milan, der vorher keine Ahnung von der Sache hatte und erst dnrch die Proklamation seines Sohnes Kenntnis von der Verlobung erhielt, hat sofort telegraphisch sein Oberkommando über die serbische Armee niedergelegt. Serbien ist ohne Ministerium. Die Minister haben nach Einreichung ihres Ent- lafsungsgesuchs fich weiter zu amtieren ge weigert. Den jungen König, der schon zwei Staatsstreiche glücklich mit bestem Erfolg hinter fich hat, ficht das Wetter nicht an. * Dem König fällt es schwer, ein neues Ministerium zu stände zu bringen. Er hat es mit verschiedenen Generalen versucht, die aber stehen auf seilen Milans und lehnten ab. Christitsch hat auch keinen Er folg gehabt. Milans Abschiedsgesuch ist bewilligt worden. Viele Hofbeamten haben ihre Posten niedergelegt. Die Trau ung des Königs soll schon in der nächsten Woche stattfinden. (Ergänzend wird noch ge meldet, daß die Braut deS Königs Mutter eines erwachsenen Sohnes ist.) -Der Dragoman deS französischen Vizekonsulats in Kirk - Kilise (Vilajet Adrianopel) wurde am Sonntag vonRäubern entführt, welche ein Lösegeld von 4000 türkischen Pfund verlangen. Die französische Botschaft machte Vorstellungen bei der Pforte, welche daraufhin mitteilte, daß Maßregeln zur Befreiung des Gefangenen getroffen worden wären. Amerika. -Nach dem Bericht des Kontre-Admirals ' Hichborn, Chefkonftruktors der Ver. Staaten- Bundesmarine, sind gegenwärtig nicht weniger als 70 amerikanische Kriegs schiffe im Bau: 12 Schlachtschiffe, 9 ge- schützte Kreuzer, 4 Monitors, 1 Kanonenboot, 16 Torpedozerstörer, 15 Torpedoboote und 7 Unterseeboote. Afrika. * Im As ch anti g e bi et hat fich die Lage für die Engländer insofem gebessert, als Oberst Wilkox dieEntsetzung Kumassis und die Befreiung des Gouverneurs bestätigt. Verbesserung brr Uolksgesuudhett tu Deutschland. Zur Hebung der Volksgesundheit find im Reiche in diesem Jahre das Reich-fluchen- und das Fleischbeschau-Gesetz erlassen, und es wird demnächst mit der Errichtung eines Reichs gesundheitsrates vorgegangen werden. In Preußen wird in naher Zeit die schon gesetzlich beschlossene Verbesserung der Organisation der Sanitätsverwaltung ins Leben treten. Man darf im Hinblick auf die zahlreichen andern staatlichen, kommunalen und privaten Anstren gungen zur Bekämpfung und Verhütung von Volkskrankheiten sich der Hoffnung auf eine wesentliche Verbesserung der Gesundheits- und Sterblichkeitsverhältnisse in Deutschland hin- geben. Aber auch schon die letztverflossenen Jahre haben erhebliche Fortschritte in dieser Hinsicht gebracht. Die letzte Hälfte des verflossenen Jahrhunderts weist bereits eine von Jahrzehnt zu Jahrzehnt fortschreitende Besserung der Gesund heits- und Sterblichkeitsverhältnisse auf. Wäh rend in dem Jahrzehnt von 1850 bis 1860 der Ueberschuß der Geborenen über die Gestorbenen jährlich nur neun auf das Tausend der Bevöl kerung betrug, stieg er in dem Jahrzehnt bis 1870 auf 10,3, in den folgenden Jahrzehnten auf 11,9 und 11,7 und im Durchschnitt der Jahre 1891 bis 1898 sogar auf 13,9 auf das Tausend der Bevölkerung. In dem letzten Jahre, aus welchem statistische Ermittelungen vorliegen, dem Jahre 1898, belief sich der Ueberschuß der Geborenen über die Gestorbenen sogar auf 15,6 pro Mille. Hand in Hand damit ist ein ent sprechender Rückgang der Sterblichkeit zu ver zeichnen. Die Zahl der Gestorbenen, welche noch 1870 fich auf 28,8 auf das Tausend be lief, ist im Durchschnitt der Jahre 1891 bis 1898 auf 23,6, im Jahre 1898 sogar auf 21,8 gesunken. Nach den Ermittelungen des be kannten Hallenser Hygienikers Prof. Dr. Franke betrug in einigen ländlichen Grafschaften Eng lands durch Jahrzehnte die Sterblichkeitsziffer jährlich nur 15 bis 17 pro MAe. Es besteht dafür für Deutschland noch die Möglichkeit einer sehr erheblichen Verbesserung. Die wirtschaft liche Bedeutung einer solchen weiteren Vermin derung der Sterblichkeit fällt namentlich in unserer Zett deutlich ins Auge, wo Deutschland überall Mangel an schaffenden Händen hat und genötigt ist, vielfach kulturell unterwertige Arbeits kräfte aus dem Auslande heranzuziehen. Die Verminderung der Sterblichkeit um nur 1 auf das Tausend im Jahre bedeutet die Erhaltung I von mehr als 55 000 deutschen Leben und dem zufolge auch eine entsprechende Vermehrung der Volkskraft. ' Dian wird in der Annahme nutzt fehlgehen, daß die erhebliche Verbesserung der Gesundheits- und Sterblichkeitsverhältnisse gerade im letzten Jahrzehnt im ursächlichen Zusammen hänge mit der Reichsgesetzgebung und zwar so wohl der Arbeiterverficherungs- als der Arbeiter schutzgesetzgebung steht. ssssssss—SS—ssss—s—s——SS—SS Usn Uaif «nd Fer«. Boun. Der Kaiser hat die Villa Fritz König von dem jetzigen Professor Finkler käuf lich erworben. Das stolze schloßarttge Gebäude an der Wörthstraße mü dem breiten Garten und den Terrassen am Rheinwerst wird so in Zu kunft die Residenz des Kronprinzen und aller kaiserlichen Prinzen werden, welche zur Univer sität noch Bonn kommen. Der Kronprinz wird zum Frühjahr die Besitzung beziehen. Dresden. Eine gemütvolle Szene ereignete fich beim Abmarsch der China-Freiwilligen. Als der Zug auf einer Straße anlangte, wo Pflasterer beschäftigt waren, sammelten dieselben alle vor rätigen Zigarren, die dann den Abreisende« eingehändigt wurden mit den Worten: „Wir hatten leider ni' mehr." Ein aller Arbeiter schenkte seine Pfeife weg, indem er sagte: „Bring fie aber auch hübsch wieder!" Rastatt. Unter den Elsässern, die al? Freiwillige nach China gingen, befindet fich unter anderen ein gewisser Schwarz aus Markirch, der hinsichtlich seiner militärischen Vergangenheit unter seinen Kameraden ohne Beispiel dastehen dürste. Schwarz trat im Alter von 18 Jahren in die französische Fremdenlegion ein und be> teiligte sich mit Auszeichnung an der Expedition in Madagaskar. Sväter ließ er fich in Elias' Lothringen renaturalifieren, kehrte in seine Heimat zurück und dient fest mehr als Jahresfrist in der Garnison Rastatt. Er hat die Erlaubnis er halten, seine französischen Kriegsdekorationen während der Dienstzeit zu tragen. München - Gladbach. Das verstorbene Fräulein Luise Äueury vermachte der Stadt ungefähr eine halbe Million zur Errichtung einer großen Lungenheilstätte. Emden. Der Bau des Emdener Außen hafens wird jetzt auf höhere Weisung hin in be schleunigtem Tempo ausgeführt. Die gesamten Anlagen sollen bereits im Frühjahr k. so weit fertig gestellt sein, daß ihre Benutzung möglich ist. Es ist deshalb schon die Errichtung von Hochbauten in Angriff genommen worden. Für die Westfälische Transport-Aktien-Gesellschast wird z. B. an einem etwa 5000 Quadratmeter großen Schuppen gearbeitet. Die Anlagen de! Hamburg-Amerikalinie werden in allernächster Zeit in Angriff genommen werden, und zwar: ein Seegüterschuppen von 4l00 Quadratmeter Grundfläche mit dem Verwaltungsgebäude, ein 5000 Quadratmeter großer Kohlenlagerplatz, sieben elektrisch zu betreibende KrShne, eine elek trische Schiffswinde. Die übrigen Anlagen (Bahnhof, Kohlenkipper, Zollamt, Postamt dürften erst im nächsten Frühjahr gemacht werden. Köln. Als Sonntag abend ein mit Aus flügler» dichtbesetzter Zug in die Station Kall einlief, öffnete eine Anzahl Personen die Koupee- thüren an der unrichtigen Sette. Im selben Augenblicke durchfuhr ein Schnellzug die Station. Zwei Personen wurden erfaßt und unter den Zug geschleudert. Die gräßlich verstümmelte« Leichen wurden später aufgefunden. Drei weitere Personen trugen Verletzungen davon. Die Persönlichkeit der beiden Getöteten war noch nicht festzustellen. Goslar. Treue Freunde des Kapitäns Mirow, der auf der Kommandobrücke der „Saale" bei Hoboken den Heldentod starb, habe» dessen Aschenreste gesammeü. Die eben einge troffene „Lahn" hat fie in einer Urne überbracht und damit einem heißen Wunsche der tiefge beugten Witwe Genüge gethan. Auf der „Lahn hat Kapitän Mirow als erster Offizier siebzig Reisen gemacht. Diese letzte Fahrt war also die einundfiebzigste. Die Reste sollen in Goslar auf dem Friedhof neben denen der Mutter vo« Mirow beigesetzt werden. nur um einen Wohnungswechsel handele, be schloß er, den Pfarrer aufzusuchen, der ihm gewiß die nötige Auskunft geben könnte. Pfarrer Baumann sah befremdet auf, als ih« der Graf gemeldet wurde. Was konnte dieser von ihm wollen? Sein Erstaunen wuchs aber, als er den Herrn vor fich sah, dessen jungt Frau er vor drei Jahren begraben hatte. „Ich sehe, daß Sie mich wiedererkennen, sagte Graf Prankenau lächelnd; „damals, als der Verlust meiner Frau mich hier traf, reiste ich unter einfachem bürgerlichen Namen. Jetzt kehre ich aus Italien zurück, wo ich die letzten drei Jahre mit meinem Vater lebte. Dieser starb kürzlich, und ich komme jetzt, um mein Kind abzuholen. Wo ist meine liebe Edith ? Ich höre zu meinem Leidwesen, daß mein Freund, Doktor Reinhold, gestorben ist und finde das Haus geschlossen, in dem Frau Pohl lebte. Was bedeutet das?" Der Graf hatte sich bemüht, ruhig zu sprechen, aber seine innere Erregung war unver kennbar. Er sah das ernste Gesicht des Pfarrers und legte hastig die Hand auf seinen Arm. „Um Gotteswillen, Herr Pfarrer, sprechen Sie, es ist doch dem Kinde nichts passiert? Es ist doch nicht gestorben? Als ich meine Eotth zuletzt sah, war fie ein hilfloses, kleines ^>ng, aber wie habe ich mich alle diese Jahre nach ihr gesehnt und die Stunde herbeigewünscht, m der ich fie an mein Herz drücken konnte. „Nein, tot ist sie nicht,", entgegnete der Pfarrer zögernd. „Vor zwei Monaten habe ich fie noch gesehen, damals war fie em ge sundes, kräftiges Kind."
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