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Allgemeiner Anzeiger : 01.08.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190008019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19000801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19000801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1900
-
Monat
1900-08
- Tag 1900-08-01
-
Monat
1900-08
-
Jahr
1900
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 01.08.1900
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, Politische Rundschau. Der Boxer-Ausstand in China. *Die Regiemngeu selber scheinen bezüglich der Gesandten und Fremden in China wieder einige Hoffnung zu hegen. Die Meinung bricht sich Bahn, daß die chinesische Regierung die Fremden mit mehr oder weniger sanftem Zwang als Geiseln zurückbehält, um ihre Entschädigungspflicht zu vermindern. Indessen find die Mächte zum Vormarsch auf Peking entschlossen, der schon in den ersten Tagen des August angetreteu werden soll. * Nach einer Meldung der »Daily Mail' ist ein chinesischer Dolmetscher der britischen Gesandtschaft in Peking nach Niu-tschwang entkommen. Dieser erzählt, daß, als er Peking verlassen habe, die Mehrzahl der Mitglieder der Gesandtschaften tot und die Lage der noch Lebenden hoffnungs los gewesen sei. Sir Robert Hart sei am 2. Juli gestorben. *Li-Hung-Tschang ist noch in Schanghai. Wie verlautet, haben mehrere Konsuln chiffrierte Telegramme an ihre Gesandten inPeking gerichtet und diese Telegramme Li-Hung-Tschang zur Beförde rung übergeben, und man glaubt, daß dieser in Schanghai bleibt, bis die Antworten ein gegangen find. * Auch der Schanghaier Vertreter der,Times' hat erfahren: Li-Hung-Tschang empfing geheime Weisungen, vorläufig in Schang hai zu bleiben und sich zu bestreben, Unter handlungen anzuknüpfen, um den Mächten abzuraten, auf Nekina zu marschieren. Die Konsuln weigerten sich jedoch, mit Li die Lage zu erörtern, bis sie von der Sicherheit der Gesandten überzeugt find. *Die zweite japanische Armee- division wird am 31. Juli in Taku landen und am 3. August Tientsin erreichen. *Rußland hat einen großen Poli- tischen Erfolg errungen, indem ihm seitens der andern Großmächte die Kontrolle über die Eisenbahn Taku-Tientsin zugesprochen worden ist. England und Nordamerika fügten sich, aber unter Protest. Nordamerika scheint dem „Konzert" untreu werden zu wollen, denn in einer offiziösen Washingtoner Note heißt es: Wenn es der Regierung der Ver. Staaten nicht gelingt, die Mächte zu bewegen, bei den Verhandlungen mit den Chinesen Milde walten zu lassen, werde sie sich nicht in weitere Feind es x l i a k e i t e n hineinzirhey lassen, nachdem sie für ihre eigene Angelegenheit Sorge getragen hat, und sich zurückziehen, aber dies nicht thun, ' ohne zu verstehen zu geben, daß die Vereinigten Staaten nicht zügeben werden, daß ihre eigenen Interessen durch die Handlungen irgend einer derjenigen Mächte verletzt werden, welche für gut befinden, in Unversöhnlichkeit zu verharren. - - - * «c * . Vom afrikanischen Kriegsschauplatz. *Die jüngsten Vorgänge auf dem süd afrikanischen Kriegsschauplatz haben in England derart verschnupft, daß sich nach der ,Jndöpen« dance BUget fortgesetzt das Gerücht erhält, Lord Roberts werde demnächst durch einen anderen Heerführer ersetzt werden. Die Ver anlassung zu der Unzufriedenheit gebe der l an g- same Verlauf der weiteren Operationen u»w -dfl jetzt mehrfach gemeldeten Schlappen der, eng lischen Truppen. ' — * Ein h - g e r K aÄ p f zwischen Boeren und Engländern hat neuerdings imOfte« des Oranje-Freistaats stattgefunden. Der Frontangriff der Engländer mißlang und, wie schon so ost, vermochte nur eine Umgehung die Boeren nach zwei Tagen dazu, ihre Position zu räumen. Deutschland. *DerGeneral-Feldmarschall Gras Leonhard v. Blumenthal vollendet am 30. Juli sein neunzigstes Lebensjahr. Bringt ein so hohes Mer auch seine Bürde mst sich. so erfreut sich der greise Herr doch ungetrübter geistiger Frische. Graf v. Blumenthal wird seinen Geburtstag im engsten Familienkreise bei seinem Schwiegersöhne, Generalleutnant z. D., Ritter und Edler von Oetinger, in Quellendorf bei Köthen verleben. Am Geburtstage des General- Feldmarschalls Grafen v. Blumenthal find fast auf den Tag genau 73 Jahre verflossen, fest feinem Eintritt in das Heer, mit dem er noch heute, insbesondere als Chef des reitenden Feld- jägerkorps, in Fühlung steht. * Der neu ernannte Kolonialdirektor D r. StübeI weilt zur Zeit auf der Heimreise nach Deutschland in New Jork. Von dort wird er sich in einigen Tagen nach Deutschland emschiffen. Man nimmt an, daß er sich erst noch in einer kurzen Pause wieder an das deutsche Kümo gewöhnen will, ehe er sein neues Amt definitiv übernimmt. * Der deutsche Haudelstag veran staltet gegenwärtig bei seinen Mitgliedern, zu denen sämtliche Handelskammern und gleichbe deutenden Körperschaften zur Vertretung der Interessen von Industrie und Handel des Deutschen Reichs gehören, eine Umfrage über die Errichtung einer Auskunftsstelle für den auswärtigen Handel in Deutschland. * Der frühere nationalliberale Abgeordnete Dr. Wehrenpfennig ist am 25. d. tm Mer von 71 Jahren in Berlin gestorben. * Am 1. März ist auf Samoa die deutsche Flagge gehißt worden und am 19. Mai wurde das britische Protektorat üb-r Tonga proklamiert. Damit find die beiden Hauptpunkte der Samoa-Konvention zur Ausführung gelangt, und wenn man in Betracht zieht, daß die Konvention ohne Berücksichtigung spezieller Wünsche der Eingeborenen abgeschlossen worden ist, so ist eS nur erfreulich, daß die Durchführung keinerlei Reibungen mit den Ein geborenen veranlaßt hat. Frankreich. * Die Boerevabordnung w«Äe am Mittwoch von dem Gesandten Leyds dem Prä sidenten Loubet vorgestellt. Da Minister Delcassö der Unterredung nicht anwohnte, ist sie als politische nicht anzusehen, doch versichern die Boeren, dir über den Inhalt des Gespräches übrigens Stillschweigen beobachten, sie hätten Grund, mst dem Ergebnis ihres Besuches zu frieden zu sein. *GeneralBrugörehatum Enthebung von seinem Posten als Gouverneur von Paris nachgesucht. O - <e«gla«-. *Die Anficht, daß das englische Par ia m e n t im Oktober aufgelöst werden wirb, gewinnt täglich mehr Anhänger unter den Abge ordneten, und es scheint, daß sie auch bei Liberalen Glauben findet, die sich schon für eine altgemeine Wahl im Herbst vorbereiten. Während die liberalen Führer der Ansicht find, daß ein zu starkes Hervorkehren der südafrika nischen Frage für sie nachteilig sein könne, glauben sie anderseits doch, daß sie manche gute Gelegen heit zu Angriffen auf die Regierung bietet. Wie es jetzt heißt, ist das Gerücht, daß die Mini steriell-Liberalen hei der Regierungspartei Um frage gehalten haben, wie man dort über bas Datum der Neuwahl denke, unbegründet. Es scheint über, daß unter Heu LnisnWn eine über wiegende Partei für die Herbstwahl ist. Die Mitglieder, die dafür find, meinen, daß wahr scheinlich der 15. Oktober als Wahltag avge- setzt werden wird. Kajranstaate«. -BonKönig Alexander werden einige Aenßeruugen mitgetestt, die die Lage in Serbien beleuchten. Zu den Belgrader Offizieren, dir erzufichindenKonak kommen ließ, sagte er: „Was den Standpunkt anbelangt, den mein Vater in dieser Angelegenheit einnimmt, io ver weise ich darauf, daß der Chef des Hauses und der Dynastie Obrenowitsch ich bin und daß es sehr nebensächlich ist, wasmeinVater zu diesem Schritte sagt." Gegenüber einer Abordnung angesehenster Belgrader Kaufleute erklärte der König: „Meine Ellern tragen die Schuld, daß ich keine Frau aus fürst ¬ lich e m Hause bekommen kann. Nun folge ich dem unwiderruflichen Gebot meines Herzens." * Von Milan verlautet, er werde sich noch einige Tage in Wien aufhalten, Privatange legenheften ordnen und die AbM haben, vor läufig nicht nach Serbien zurückzu kehren. Doch sei es irrig, anzunehmen, daß er Alexander gegenüber feindselig cmftreten wolle. Milan soll geäußert haben, er wolle im Aus lande leben, aber als treuer Serbe sich allem beugen, was der rechtmäßige König verfüge. *Der frühere serbische Minister-Präsident Nikolajewitsch erklärte einem österreichischen Journalisten gegenüber, ganz Serbien sei über die Verlobung des Königs er bittert. Wenn es Milan nicht gelingen sollte, die Heirat zu verhindern, könnten ernste Ereignisse eiutreten. Alle Meldungen von Glück wunschtelegrammen Md Deputationen seien ge fälscht. Der Metropolit hat sein Widerstrebe« gegen die Vermählung infolge einer Unterredung mst dem König fallen gelaffen und seinen Segen zur geplanten Heirat gegeben. *Die türkischen Räuber, die jüngst den Dragoman des französischen Vizekonsuls in Kirk - Kilise gefangen genommen und ent führt hatten, find festgenommen worden, der Dragoman ist bestell worden. Dir Kedr de» Kaisers. In der Ansprache, mit welcher Kaffer Wil helm am Freitag in Bremerhaven sich von dennach Ostasien gesandten Truppen ver abschiedete, wies er zunächst auf die Auf gaben hin, die dem Deutschen Reiche in den letzten Jahrzehnten auf überseeischem Gebiete erwachsen seien md führte dann Ms, die Truppen sollten nunmehr vor dem Feinde Probe ablegen, ob die Richtung, in der Deutsch land sich in militärischer Beziehung bewegt habe, die rechte sei. Die Kameraden von der Marine hätten bereits gezeigt, daß die Aus- bildung Md die Grundsätze, nach denen die militärischen Streitkräfte Deutschlands ausge bildet seien, die richtigen seien. Sache der jetzt nach Ostafien gehenden Truppen sei eS, es ihnen gleich zu thun. Der Kaiser erwähnte dann, es erfülle alle Deutschen mit Stolz, daß gerade aus dem Munde auswärtiger Führer den deut schen Strellern das höchste Lob -verkannt sei, und wies auf die Größe der Aufgabe hin, dte die Truppen zu lösen hätten. Daß ein Volk, wie es die Chinesen gethan hätten, im stände ge wesen sei, tausendjährige alte Völkerrechte umzu werfen und der Heiligkeit der Gesandten und der Heiligkeit des Gastrechtes in so abscheulicher Weise Hohn zu sprechen, sei in der Weltgeschichte «Sch nicht vorgtkominen, noch dazu bei einem Volte, welches stolz sei auf eine vieltausend» jährige Kultur, Per Kaiser betonte hierauf, daß jede Kultur, die nicht auf dem Christentum auf- gebaut sei, zu Grunde gehen Müsse und fuhr dann etwa fort: „So sende ich euch hinaus, daß ihr. bewähren sollt, einMgl eure alte deutsche Tüchtigkeit, zum zweiten die Hingebung, di« Tapferkeit, das freudige Ertragen jedweden Ungemachs und zum driften Ehre Md Ruhm unserer Waffen und unserer Fahnen. Ihr sollt M Beispiel abgeben der Manneszucht und Disziplin, der Selbstüberwindung Utto Selbst beherrschung. Ihr sollt fechten gegen einen gut bewaffneten und gut ausgerüsteten Feind. Aber ihr sollt auch rächen, nicht nur den Tod des Gesandten, sondern auchdenvielerDeutscherundEuro- p ä e r." Der Kaffer sagte dann noch ungesähr fol gendes: Noch nach tausend Jahren möge der Name Deutschlands in China in solcher Weise bekannt sein, daß niemals wieder ein Chinese wage, einen Deutsche« auch nur scheel m zusehen. Der Kaffer erwähnte weiter, daß die Truppen mit einer Uebel macht zu kämpfen haben würden. Das seien die dräschen Truppen ober gewöhnt, wie die deutsche Kriegsgeschichte beweise. Die Rede schloß etwa folgendermaßen: „Der Segen des Herm sei mit euch, die Gebete eines ganzen Volkes begleiten euch auf allen euren Wegen. Meine besten Wünsche für euch, für das Glück eurer Waffen werden euch folgen. Gebt, wo es auch sei, Beweise eures Mutes. Möge sich der Segen Gottes an eure Fahnen heften und er euch geben, daß das Christentum in jenem Lande seinen Eingang findet. Dafür steht ihr mir mit eurem Fabnen- erd ein. Und nun glückliche Reise. Adieu, Kameraden!" Bei der Besichtigung war der Kaiser tu» der Kaiserin, den Prinzen Eitel Friedrich nick Adalbert, dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe, dem Staatssekretär Grafen von Bülow, de» Kriegsminister v. Goßler und dem General- leut.iant v. Lessel begleitet. Uon Nah und Fern. Berlin. In großer Auflegung befindet sich die Börse. Die Kölner Firma Salmony und Sohn hat den „Differenzeinwand" erhoben. („Spielschulden" find nicht einklagbar.) Das ist nun hin und wieder auch sonst vorgekommen fest dem Inkrafttreten des Börsengesetzes. Aber eS handelte sich nur um kleine Leute Ms dem Publikum, um Jobber I Diesmal ist es ein be deutendes angesehenes Bankgeschäft, das sich auf diese Weise Verpflichtungen von etwa 600 000 Mark gegen einige der angesehensten Berliner Bankfirmen entzieht. Die Meinung, trotz deS Börsengesetzes Differenzgeschäfte, gestützt auf Treu und Glauben der Börsenkreise, unternehm-: zu können, ist durch dies Vorkommnis aufs heftigste erschüttert worden. Hildbürghauseu. Der Herzog voa Sachsen-Meiningen hat den nach China gehenden Unteroffizieren und Mannschaften des 32. Infanterie-Regiments und des 2. Bataillon! des 95. Infanterie-Regiments ein ansehnliche! Taschengeld überweisen lassen. Jeder Unter offizier erhält 100 und jeder Musketier oder Gefreite 50 Mark. Köln. Der Donnerstag morgen hier an gekommene Schah von Persien sandte seinen Großwestr, vermutlich als Versuchsperson, in den Dom. Als dieser seinen Fes nicht vom Köpft nehmen wollte, wurde er ausgewiesen und ihm bedeutet, daß auch dem Schah nicht gestattet werde, den Dom bedeckten Hauptes zu besuchen. Daraufhin ist der geplante Besuch unterblieben. Der Schah reiste am Freitag mit einem ihm vom deutschen Kaiser gestelltenHofzuge nach Paris. Magdeburg. Dem Inhaber der früheren Stadtbriefbeförderungsanstalt Kourier" ist in diesen Tagen die festgesetzte Entschädigung fettens der hiesigen Postverwaltung ausgezahlt morde». Die Summe betrug 174 520 Mk. 69 Pfg. Koburg. Während des hiesigen Turnfeste! haben sich nicht weniger denn 67 Unfälle aus dem Festplatz zugetragen. Oberammergau. Joseph Mayr, der Christus der Nasfionsspiele, wurde zum Bürger meister von Oberammergau gewählt. Rastenburg. Ein von Zigeunern in West- Preußen geraubtes Kind ist aufgefunden worden. Der Gendarm aus Stürlack traf am Montag nachmittag eine im Mettenheimer Walde rAndt" Zigeunerbaude, die ein zu den Zmeunern an scheinend nicht gehöriges Mädchen mit sich führte. Ueber die Herkunft des Kindes konnten die Leute nur unsichere Angaben machen; es stellte sich heraus, daß das jetzt 8 jährige Mädchen vor zwei Jahren seinen in Westpreußen wohnenden Eltern geraubt worden ist. Die Zigeuner hatten versucht, das Gesicht des Kindes mit Oel und anderen Mixturen zu bräunen. Die Mutter des wiederaefundenen Kindes Wyche benachrichtigt und hat sich am Dienstag nach Stürlack be geben, wo das Kind uniergebracht ist. Gelsenkirchen. Trotz der unzähligen Un glücksfälle md der eindringlichsten Mahnungen, zum Feueramnachen kein Petroleum zu verwen den, gibt es immer noch Leute, besonders Frauen, welche die ernsten Mahnungen un beachtet lassen. Eine Frau in Horst wollte um Petroleum das im Verlöschen begriffene Feuft anfachen, der Behälter explodierte und im M stand die Frau in Hellen Flammen. Auch die in der Stube befindlichen Kinder wurden von dem Feuer ergriffen und entsetzlich verbrannt- Nur mit größter Anstrengung gelang es, die Flammen zu löschen. Mutter und Kinder liegen nun im Krankenhause danieder, an ihrem Am' kommen ist zu zweifeln. - . .. ... „ —— dort sie das Auge jedes Künstlers ent- Mer Seide Swönheit, einer Anmut, einem Liebreiz, gegen die wohl niemand und am wenigsten ein Mann gleichgültig bleiben konnte. Ja, Gabriele von Roden gehörte zu den gefeiertsten Schönheit Wiens, gleich ausge zeichnet durch körperliche Vorzüge wie durch Geist und Reichtum. Ihr Vater war früh ge storben und Halle ihr, seinem einzigen Kinde, große Besitzungen hinterlassen. Sie war der Abgott und Stolz ihrer Mutter, die nur den einen Gedanken hatte, ihrem Liebling das Leben reich und schön und glänzend zu gestalten. Aber das Schicksal entriß Gabrielen auch die Mutter in einem Aster, in dem sie ihrer Leitung bedurft hätte. Die anmutige, reiche uud stolze Erbin war erslstebzehn Jahre alt, als sie allein stand endet, zücken mußte. Ein Gewand von . umfloß weich und anschließend die reizenden Körperformen; die weißen Arme waren halb entblößt, und in dem Haar schimmerte eine dunlelrote Rose. Das Mädchen war von einer S) Roman von C. v. Berlepsch. ... lFo U kun«.) „Wenn er sich sehnte, mich wiederzusehen, würde nichts ihn zurnckhalten." „Deine Ungeduld zu sehest, müßte ihm sehr schmeichelhaft sein," warf die alte Dame hin. „Und warum soll ich nicht ungeduldig sein's Ich habe einen Grund dafür. Auf der ganzen Welt habe ich niemand so lieb wie ihn." „Gabriele, liebes Kind, sage doch so etwas nicht, ehe du weißt, wie er dazu steht." Das junge Mädchen lachte. „Er? Glaubst du, daß er mir lange gleich gültig gegenkberstehen wird? Das hat noch keiner gethan." „Ich habe manche Täuschung im Leben ge sehen," entgegnete Frau von Palm, „ich rate dir, nicht zu fiegesgemiß zu sein." „Es ist mir so wunderbar, wieder mit ihm zusammen zu sein," begann Gabriele von neuem. „Die Zeit erscheint mir so kurz, seit er Abschied nahm. Ich war fast noch ein Kind, als ich ihn zum letzten Male sah, er kam zu uns nach Rodenhof, nur auf eine halbe Stunde." Sie errötete, ihre Augen leuchteten, und eine ver haltene Leidenschaft lag in ihrer Stimme, als sie fortfuhr: „Ich erinnere mich des Tages, als ob es gestern gewesen wäre. Wir hatten am Morgen einen heftigen Regen gebabt, jetzt schien die Sonne wieder, aber auf Büschen und Bäumen lagen noch die glänzenden Tropfen. Mama stihrte ihn zu mir in den Garten. „Gabaele," sagte sie, „Walter reist morgen ab, er will seiner kleinen Frau Adieu sagen." Wir batten als Kinder immer Mann und Frau ge° entfeinte Verwandte, bat, ganz zu ihr zu ziehen. Mit dieser verlebte sie die Trauerzeit in der Sülle von Rodenhoft ihrem Landsitz. Mit neun zehn Jahren trat sie in die Welt und glänzte seidem als erster Stern in der Gesellschaft. An diesem Nachmittag konnte sie eine ge wisse Unruhe nicht verbergen. Sie spielte mit ihren Ringen, während sie sich leichten Träume- reien zst übersüssen schien, dann ergriff sie ein Buch Wit Gedichten, blätterte darin, um es bald wieder aus der Hand zu legen. „Wie langsam die Zeiger heut vorrücken," sagte sie endlich. „Du bist ungeduldig!" bemerkte eine ruhige Stimme. „Wenn man die Uhr anfieht, geht sie nie vorwärts." „Ach," war die Entgegnung, „bei mir wird die Ungeduld wohl erst mit der fliehenden Jugend aufhören." Frau von Palm, die Dame d'honneur der jungen Erbin, war eine ältere Dame, deren Wesen durch eine vornehme Ruh'- chmakürifiert wurde. Sie war eine stattliche Erscheinung, die sich, in schwarze Seide gekleidet, mit einer Spitzenhaube aas dem schneeweißen Haar, recht würdig ausnahw. Ihre Gesichts ausdruck zeigte große Milde und Güte; sie liebte ihre Schutzbefohlene mit mütterlichen Gefühlen und Gabriele war ihr gleichfalls herz lich zugethan. „Um drei Uhr wollte er kommen, nicht wahr ?" begann Gabttele nach einer Pause. -Fa. meine Liebe, aber es ist oft unmöglich, wüst jetzt zu groß, ich darf dich nicht mehr ft' nennen." Ich lächle ihn aus, und da wir getü^ unter einem Fliederbusch standen, zog ich einen Zweig herunter und ließ die Tropfen über un» regnen, dann pflückte ich eine Dolde und kM sie. „Wie lange bleibst du fort, Walter? fragte ich. „Zwei bis drei Jahre," entgegnete er, „wenn ich zurückkomme, wirst du eine vollendete Weltdame geworden sein und schon manche Er oberung gemacht haben." „ , „Für dich werde ich immer dieselbe bleibe», entgegnete ich. . Er nahm den Fliederzweig aus meiner Hand- „Wenn ich Fliederblüten sehe, werde ich fte>r deiner gedenken," fügte er hinzu, und deshaiv ließ ich auch alle Lasen mit diesen Blumen füllen. Dann beugte er sich über mich E küßte mich auf die Stirn. „Lebe wohl, Gabriele, sagte er, „bleibe so gut und rein bis ich zur»» komme." Das war unser Abschied. Wunder" du dich nun über meine Freude?" Frau von Palm sah besorgt auf. „Du bist aber nicht mit ihm verM „Was nennst du verlobt?" entgegnete dE „Er hat nie von Liebe zu mir gesprochen, E nie direkt geftagt, ob ich ihn heiraten wollte, war ein stillschweigendes Uebereinkommen. „Zwischen wem?" „Zwischen unsern Müllern. Als sie 'M beide lebten, hielt sich Frau von Hohenstedt w bei uns in Rodenhof auf. sie war eine re Kouftne meiner Mutter und uns ftq. besten. ^' Hätte Tizian oder Velasquez sie gesehen, sicher wäre die Welt um ein Kunst werk reicher geworden. Das schwarze, lockige Haar umrahmte ein schön geschnittenes Gesicht, die dunklen Augen zeigten das Feuer der Leiden schaft, die ganze Gestalt war so edel, so voll
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