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Allgemeiner Anzeiger : 03.02.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191702037
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-02
- Tag 1917-02-03
-
Monat
1917-02
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 03.02.1917
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Mr kalten äurckl — Eine AnIwoN auf die Frage des TagcS. — Der Präsident des KriegsernährungsamteS v. Batocki hat jüngst in dem Verein zur Förde rung des Gcwcrbefleißes eine längere Rede ge halten, in der er die Frage zu beantworten suchte, ob wir, durchhalten werden. Dabei führte Herr v. Vatocki u. a. aus: „Die wichtigste Frage: Werden wir durch kommen können bis zur neuen Ernie? kann, sorgsamste Verteilung und sparsamste Ver wendung der Vorräte vorausgesetzt, unbedingt mit Ja beantwortet werden. Aber knapp wird das Auskommen sein, noch knapper leider als in den beiden Vorfahren. Für die menschliche und tierische Ernährung stehen im laufenden Jahr, wenn man Kartoffeln in Körnerwert umrechnet, zwei Millionen Tonnen Getreide weniger als iin Vorfahre zu Gebote, denn dem Ausfall von etwa 30 Millionen Tonnen Kartoffeln steht ein Kvrnermehrertrag von etwa vier Millionen Tonnen gegenüber, und fünf Zentner Kartoffeln entsprechen etwa einem Zentner Körner. Die Ernährung des Viehes ist infolge der zur Sicherung der mensch lichen Nahrung nötig gewordenen Veriütterungs- verbote aufs äußerste erschwert, demgemäß der Ertrag an tierischen Erzeugnissen stark vermin dert, bis die Weibe- und Grünfutterzeit darin Besserung bringen wird. Sogar die Kohlrübe muß jetzt der menschlichen Ernährung dienen, sie geht dem Vieh verloren. Da ein Zentner Kohlrübcnfütterung etwa 15 Liter Milch bringt, ergiebl sich olM weiteres, wie sehr durch die Verwendung der .Kohlrübe zur menschlichen Ernährung die Erzeugung von Milch und Butter beeinträchtigt wird. Da jedoch Nahrungsmittel, die der Mensch unmittelbar genießt, sich im allgemeinen doppelt so gut verwerten, als wenn sie erst den Tieren zugewiesen werben, mußten die scharfen Versülterungsbeschränkungen er folgen. ... Die Einfuhr aus neutralen Staaten ist ein Posten, den man nur sehr vorsichtig in Rechnung stellen kann. Um so wertvoller sind die Zuschüsse zu unserer Verpflegung, die wir aus Rumänien, freilich angesichts der Verkehrs- schwierigkeitcn in dem von seiner Regierung vor der Räumung systematisch zerstörten Land nur ganz allmählich, erwarten dürfen." In derselben Rede setzte sich Herr v. Batocki auch mit einigen seiner Kritiker auseinander, besonders mit jenen, die das System der öffent lichen Bewirtschaftung bekämpfen. Er meint, mit jener Preisbildung, die vielfach verlangt wird, sei nichts anzufangen. Es müsse bis zum Ende des Krieges an dem jetzigen System der Preisbildung und der damit verbundenen Ver teilung sestgehalten werden. Bei einiger Opser- willigkeit, die ohne Zweifel in allen Kreisen des deutschen Volkes gleich stark ist, werden wir auch die schwere Zeit des Winters überwinden. Ganz sicher ist: Wir halten durch! Das deutsche Volk läßt sich nicht durch Hunger oder Mangel auf die Knie zwingen. verschiedene ttriegsnachrichten. Ei» deutsches lv-Boot gesunken. Das norwegische Marineministerium gibt bekannt: Ein norwegisches Motorfahrzeug setzte bei Hammcrfcst die 34 Mann starke Be satzung eines deutschen E-Bootes, das gesunken war, an Land. Da die Besatzung nach einem norwegischen Hasen auf einem neu tralen Schiffe gebracht wurde, sind sie gemäß den in ähnlichen Fällen erfolgten früheren Ent scheidungen in Freiheit gesetzt worden. Wie an zuständiger Stelle dazu erklärt wird, halte das E-Boot am 27. abends in der Nähe von Hammerfest ein Gefecht mit einem englischen Hilfskreuzer. Die Besatzung des Booles ist bis auf den Ingenieur Hermann gerettet. * Serbiens Schuld am Kriege. Der Landkommandant Sarkotic (Serafewo) sagt, es wäre in letzter Zeit gelungen, eine völlig klare Darstellung der Vorbereitung des Mordes in Serasewo zu erhalten. Danach wurde die serbische Regierung als oberste Leiterin der Ochrana entlarvt, ihre Milcher Wilfonschen Rede bestätigt, schuld an dem Mord des Thronfolgerpaarcs is^hinaus auch sachlich zum Inhalt Ob darüber hinaus auch sachlich zum Inhalt der Wilsonfchen Diese Verbündeten erhalten müsse. Schweiz. ungewöhnliche Erörterung der Kriegspläne der Verbündeten durch einen aktiven General ist nur zu erklären durch eine neue Bestätigung der Ansicht Cadornas, daß Italien Hilfe erwartet, nicht aber anderen helfen kann. Italic» ka»n nicht helfen. Der Korpskontmandant Graf Marazzi, seit zwanzig Jahren auch Abgeordneter und früher Unterstaatssekretär des Krieges im Kabinett Sonnino, augenblicklich als Eroberer von Görz volkstümlich, veröffentlicht im halbamtlichen .Giornale d'Jtalia' einen Artikel, der zweifellos im Einverständnis mit Cadorna an die Ver bündeten Italiens gerichtet ist. Marazzi ver langt als Vorbedingung für den Sieg das Ein heitskommando im Vierverband zur Durchführung des Kriegsplanes gegen Osterreich-Ungarn. Die schwierigste Offensive falle dabei Italien zn, das die Hilfe der Gedankengänge Stellung genommen worden ist, wird sich in einigen Tagen entscheiden. *Jn Posen ist eine neue polnische Partei der nationalen Arbeit im preußischen Staate ins Leben getreten. Die Partei erstrebt die nationale Gleichberechtigung der Polen im preußischen Staat und möglichste Freiheit auf religiösem und staatsbürgerlichem Gebiet. Sie erkärt sich bereit, eine voni Verständnis für diese Bestrebungen geleitete Politik der Staats regierung sowie deutscher politischer Parteien und Staatsbürger zu unterstützen. Österreich-Ungarn. * Kaiser Carl hat auf der Rückreise aus dem deutschen Hauptquartier dem König Fer dinand von Bulgarien einen kurzen Besuch abgestattet. Frankreich. *Nach einer Mitteilung des ,Temps' erklärt der Generalgouverneur von Französisch- Westafrika, daß die Finanzlage der Kolonie dank der hohen Einnahmen aus den Ausfuhr zöllen zwar günstig sei, die politische Lage jedoch zu Bedenken Anlaß gebe. Seit Ende 1915 habe sich infolge der Aushebung von 50000 Eingeborenen eine aufständische Bewegung gellend gemacht, welche nach Mißerfolgen der zu ihrer Bekämpfung nach dem Nigerbogen entsandten Truppen einen bedenk lichen Umfang annahm, und erst nach sechs monatigen sdhr energischen Bemühungen in den Küstengebieten niedergelämpst werden konnte, während bei Timbuktu im Tschadgebiet und in der französischen Sahara und im französischen Aquatorialafrika augenscheinlich mit dem Auf stand in Tripolitanien zusammenhängende Un ruhen weilerbestehen. England. *Der Arbeiterabgeordnele Anderson, der zu dem Ausschuß für die Regelung der Lebens- mitlelpreise gehört, sagte in einer Rede, er glaube, keine Geheimnisse zn verraten, wenn er milteile, daß die englische Bevölkerung demnächst auf die V e r t e i l u n g d e r L e b e n s m i t t e l angewiesen sein würde, und zwar durch Ein führung des K a rt e n s y st e m s. — Man sieht sich also auch auf diesem Gebiet gezwungen, die Methoden der verhaßten Deutschen nach zuahmen. erwiesen. Jin Serajcwoer Gefängnis befand sich ein Mann namens Banjac, der auf Befehl eines serbifchen Grenzoffiziers dem Attenläler Unterschlupf gewährte und seine Mordwerkzeuge bei sich verborgen hielt. * Warum führt Portugal Krieg? Die portugiesische Negierung hat es, wahr scheinlich unter dem Druck ihrer Gegner rm Parlament, für nötig befunden, den Eintritt Portugals in den Krieg in einem besonderen Weißbuch zu rechtfertigen. Seit sechs Jahr hunderten, heißt es darin, sei Portugal bereits der Bundesgenosse Englands, und Portugal habe sich in diesem Kriege niemals für neutral erklärt. Es sei aber erst in den Krieg einge treten, als es vom Feinde seines ältesten Freundes angegriffen wurde. Die Beschlag nahme der deutschen Schiffe habe das Kabinett erst verfügt, nachdem alle ordent lichen Gerichte, alle zuständigen Behörden und auch das Parlament befragt worden seien. Das Weißbuch erklärt, genaue Angaben über die Truppenverbände, die Portugal den Ver bündeten zur Verfügung stelle, nicht geben zu können, doch sei es gewiß, daß die Sieges offensive nicht ohne Teilnahme der portu giesischen Soldaten vor sich gehen werde. Kricgshilssdienst in England. Nach den neueren Plänen der, Regierung zur Ergänzung des Mannschastsbestandes soll der größere Teil der Mannschaft, die für die Armee erforderlich ist, um den Krieg bald möglichst zn entscheiden, aus den Muni tionsfabriken,Kohlenbergwerken, Schiffswerften, dem 'Transport dienst und der Landwirtschaft geholt werden. Man werde sich möglichst anstrengen, eine hin reichende Anzahl von Stellvertretern für die jenigen zu finden, die wahrscheinlich zum Heeresdienst einbcrufen werden. Atan werde jedermann ausfordern, seinen Teil zu über nehmen und zuerst Freiwillige emberufen. Die Altersgrenze liegt zwischen dem 18. und 60. Lebensjahre. Es sollen sofort Versamm lungen abgehallen werden, um die Werbung zu fördern. Aus allen Postämtern sollen .Karten verfügbar sein, auf denen die „Rekruten" sich verpflichten, sich ohne Vorbehalt dem Generaldirektor des nationalen Dienstes zur Verfügung zu stellen. Man erwägt die Fest setzung eines Mindestlohnes. Insbesondere wird dringend an diejenigen herangelreten werden, die zur H i l f e l e i st u n g in der Landwirtschaft geeignet sind. Politische ArmcklebLU. Deutschland. * Der Text der Ansprache des Präsi denten Wilson an den amerikanischen Senat ist bekanntlich der deutschen Negierung durch den Berliner Botschafter der Ver. Staaten Herrn Gerard in amtlicher Form zugestellt worden. Die deutsche Regierung hat in einer nach Washington übersandten Mitteilung den Empfang *Auf die Frage, ob die Neutralität der Schweiz in Gefahr sei, hat der Bundespräsident zu dem Mitarbeiter eines ungarischen Blattes geäußert: Ich glaube nicht, daß irgendeine kriegführende Partei die Absicht hat, Truppen durch schweizerisches Gebiet hin- durchzusühren. Übrigens wäre es auch für keine kriegführende Partei ein vorteilhafter Ver such, durch die Schweiz Ziehen zu wollen, denn sie würde, wer immer es sei, neben den Ge ländeschwierigkeiten und den bisherigen Feinden sich der ganzen Schweiz gegenüberfehen. Dänemark. * Die neuen Block ade maßnahmen Englands haben im ganzen Lande große Beunruhigung hcrvorgerufen. Man ist der Ansicht, daß zwar die Schiffahrt wenig be hindert wird, fürchtet aber für die dänische Fischerei. Akan erwartet infolgedessen nnd in folge der bereits bestehenden Schwierigkeiten, mit denen die Fischerei zu kämpfen hat, ein weiteres Steigen der Fischpreise. Spanten. * Mehrere Personen versuchten bei Granada den königlichen Zug zum Entgleisen zu bringen, indem sie Bleiklötze auf die Schienen legten. Das Attentat mißlang. Die rechtzeitige Entdeckung der Hindernisse erfolgte durch kontrollierende Zivilgardisten. Zwei Per- fonen wurden verhaftet. Sie stammen aus dem allen Revoluttonsherd Barcelona. Griechculand. * Die D e m ü t i g u n g Gri e ch e n l an d s ist nun vollzogen. Die griechische Regierung hat dem französischen Gesandten mitgetcilt, daß sie vom König dazu ermächtigt worden fei, alle Verbindungen, die man als schädlich skr die Staatsintcreffen betrachte, aufzulwen, und daß die Regierung gemäß der übernommenen Ver pflichtung am' Freitag zur Auslösung des Reservistenverbandes geschritten ist. Snglanäs N-Voot-^urckt. In den täglich sich mehrenden Aufsätzen der englischen Zeitungen nnd Zeitschriften über die Gefahr des deutschen Kreuzerkrieges mit E-Booten kommt die Erkenntnis Englands zum Ausdruck, daß unsere E-Boote stets eine größere Gefahr für England werden. Die englische Zeilschrüt »Journal of Commerce^ erklärt, daß nach deutschen Behauptungen bisher 225 E-Boote gebau tseien und 75 dergrößten Klaffe ihrer Voll endung entgegen sehen. Nach dieser englischen Meldung, die sich angeblich auf deutsche Be hauptungen stützt, würde demnach unsere E-Boot- Flotte nach Beendigung der neugebauten die beträchtliche Anzahl von 300 Einheiten umfassen. Wir haben zwar bisher von einer derarttgen deutschen Behauptung noch nichts gehört, und man kann annehmen, daß es sich vielleicht nur um den AusdruK der englischen Riesenangst handelt, aus der solche Nachrichten geboren werden. Wir wissen aber, daß die Anzahl der E-Boote nicht ausschlaggebend ist, sondern das es der Geist unserer E-Boot-Flotte ist, der die großen Erfolge erzielt hat, die jetzt wieder aufs neue in der englischen Presse mitgeteilt werden. Nach einer Nachricht der,Daily Chronicle' sind im November über 300000 nnd im Dezember 500000 Tonnen englischer Schiffsraum versenkt worden. Die beiden letzten Monate haben dem gemäß der englischen Handelsflotte den Verlust von nicht weniger als 800000 Tonnen Schiffs raum gebracht. Diese Tatsache allein zeugt am besten für den Geist, der unsere E-Boot-Flotle beherrscht. Die englischen Zeitungen weisen darauf hin, daß im November und Dezember der dritte Teil des gesamten Verlustes der vorangegangenen 27 Kriegsmonate zu verzeichnen gewesen ist. In dieser ungeheuren Zunahme der Schiffsver senkungen sieht die englische Zeitung die große Gefahr für England, da der für den Handel verfügbare Schiffsraum nur sehr gering ist. Von den 16 Millionen Tonnen des gesamten Schiffs raumes wird nämlich mehr als die Hälste für militärische Zwecke verwendet, scheidet also dem gemäß sür den Handel aus. Auch der Rest ist dem freien Handel nicht verfügbar, sondern nur ein Bruchteil' davon kann zu Geschäftszwecken verwendet werden. Nun hat England allerdings eine Reihe von Perfonendampfern in Fracht dampfer umgewandelt. Außerdem wurden soeben von der englischen Regierung neue Vorschriften über die Höhe der zulässigen Deckladung der englischen Handels schiffe herausgegeben. Auf diese Weise soll der Laderaum Englands vergrößert werden. Ferner wird auf englischen, japanischen und amerikani schen Wersten mit Hochdruck für die Vergröße rung der englischen Handelsflotte gearbeitet. Angeblich soll der jährliche Zuwachs eine Million Tonnen betragen. Wer aber die Schwierig keiten, mit denen England im Kriege beim Schiffbau zu kämpsen hat, kennt, der weiß, daß diese Zahl bei weitem zu hoch gegriffen ist. Nun kann man trotzdem als richtig unter stellen, daß der Zuwachs an Laderaum jährlich eine Million Tonnen beträgt, ohne daß dadurch die Lage Englands günstiger wird. Wenn man berücksichtigt, daß nach der englifchen Milteilnng allein in zwei Monaten 800 000 Tonnen Schiffs raum verloren ging und dabei die ungeheure Steigerung nuferer E-Booitätigke!t von Monat zu Monat in Rechnung stellt, dann kann man erkennen, welchen geringen Einfluß selbst der Zuwachs von einer Million Tonnen in einem Jahre auf die Lage Englands ausübt. Abgesehen davon, hat jüngst ein neutrales Blatt davon gesprochen, daß auch die neutralen Handelsschiffe es sich immer mehr überlegen werden, ob sie den gefährlichen Handel mit England bei dem ungeheuren Risiko, das durch die deutsche E-Boot-Flotte geschaffen wurde, noch weiter in dem alten Umfang werde be treiben tonnen. Aus allen dielen Taliachen i erkennt man, wie berechtigt die englische Angst i vor unlcren E-Booten ist. hinnerk, 6er k^neckt. 2Zf Roman von Bruno Wagener. (Fortsetzung.) Unterdessen stand Gesine Meyer mit dem fremden Herrn am Tisch in der guten Stube »uh ließ sich auf einer großen Flurenkarte aus- einanderielM, wo die Zementfabrik hiukommen sollte, mit deren Bau noch dieses Frühjahr be gonnen werden sollte. Der Herr zeigte ihr ganz genau, welche Ländereien man dazu brauchte. Wie weit das Mergellager sich in brauchbarer Mächtigkeit vom Möllner auf das Neueuselder Gebiet erstreckte, mußte noch durch genauere Untersuchungen festgestellt werden. So viel wußte man aber schon, daß der Abbau lohnend war, und daß ctwa dreißig Morgen vom Bollcu-Siemersschcn Hose für die Zement- sabrik in Betracht kommen würden. Es waren die besten Schläge des Hofes, schöner mittel- schwerer Wcizenboden. Gesine wußte, welche Bedenken Hinuerk gegen den Verlauf erhoben hatte. Aber Herr Fowler, Vertreter der Hannoverschen Zement- fgbiikcn, suchte ihr klarzumachen, wieviel der Hof durch die Ansiedlung der Industrie in der Gegend an Wert gewinnen würde; schließlich wollte das Konsortium doch auch einen guten Preis zahlen. Fünszigtausend Mark für rund dreißig Morgen! Wer hatte je so etwas ge bart! Tas war weit über das Doppelte des landwirtschaftlichen Nutzwertes l Jetzt kam die Lüttemagd zurück nnd meldete, daß der Bauer in einer halben Stunde kommen würde. Gesine wurde rot vor Ärger. Gr' blamierte sie ja vor dem feinen Herrn; sie ließ ihn rufen, und er kam nicht. Herr Fowler lächelte maliziös. Vielleicht ließe sich die Sache auch ohne den Bauern machen. Soviel er wisse, sei sie doch die Be sitzerin und habe zn entscheiden. Natürlich müsse man die Meinung ihres Mannes hören, aber vor allem sollte sie selbst sich ein Urteil bilden. Gesine ging eifrig darauf ein; der Mann hatte sie gerade an ihrer schwachen Stelle ge faßt. Natürlich hatte er recht; sie war die Bäuerin, und sie hatte die Entscheidung. Und wenn Hinncrk sich über ihr selbständiges Handeln ärgerte, ihr konnte es recht sein. Während sie jetzt im Wohnzimmer mit dcnr Vertreter der Zemcntfabrik srühstückte und ihr Glas mit Rot wein an das seinige klingen ließ, gewann der Entschluß, zu verkaufen, immer festeren Boden in ihr. Nun gerade, weil sie wußte, daß ihr Mann dagegen war. Endlich kam er. Im schmutzigen Arbeits- anzug mit den schweren Stieseln, an denen die Ackererde klebte, sah er neben dem feinen Herrn im schwarzen Gehrock recht wie ein Bauer aus. Das luar Gesine sonst nie io ausgefallen, sie schämte sich heule beinahe ihres Mannes, der sich so, wie er war, mit ungewaschenen Händen an den Tisch setzte und schweigend aß, während der Fremde sprach. Gesine ärgerte sich über seine Zurückhaltung. Sie sah ihm an, daß er nicht einverstanden war. Und als er jetzt Gabel und Messer von sich schob und reden wollte, nahm sie ihm das Wort vor dem Munde weg. „Ich halte eS wirtlich für das beste, aus das Angebot Les Herrn Fowler emzugehen," sagte sie hastig, als fürchte sie seine Einwürfe. „Dis dreißig Morgen können wir entbehren, und die fünszigtausend Mark kommen uns in der Wirt schaft mit zupaß." „Fünszigtausend Mark?" fragte Hinnerk. „Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, was die Fabrik daran verdienen wird." „Uber den Preis ließe sich vielleicht nach reden, wenn wir genauere Untersuchungen über die Mächtigkeit des Mergellagers angestellt haben. Sollte das Ergebnis günstig sein, so würde das in unserm definitiven Angebot zum Ausdruck kommen." Herr Fowler hatte sich bei diesen Worten mit einer verbindlichen Verneigung an die Bäuerin gewandt und den Mann kaum be achtet. Er wußte seine Leute zu behandeln und war daher gar nicht überrascht, als Fran Meyer sofort auf feine Anregung einging. So war denn der Verkauf der dreißig Morgen be schlossene Sache; nur über die Preishöhe war man sich nicht einig. Hinncrk Ivar, ohne sich weiter einzumischen, aufgestanden und hatte das Zimmer verlassen. Wenn Gesine ihn nicht hören wollte, er drängte sich ihr nicht auf. Sie sollte nicht denken, daß er glaube, ihm gehöre auch nur das Geringste auf dem Hof. Ihr eigen war der Hof; er be gehrte nicht nach ihrem Gule; mochte sie damit schalten und walten, wie sie es für gut hielt und später einmal vor ihrem Sohne verantworten tonnte. kZ In Gelbreife stand der Roggen. Auch der i Sommerweizen, der au Stelle des ausge winterten gesät war, begann die schwcrkörnigen Ähren tiefer zu neigen. Es war ein gutes Jahr gewesen. Mochte nun die Frucht trocken in die Scheuern kommen, dann war der Hof wieder einen guten Schritt vorwärts gebracht. Hinnerk Meyer hatte rechtzeitig sür die ge nügende Zahl von Arbeitskräften gesorgt, nur die Ernte in einem Zuge zu bewältigen. Über morgen sollte es losgehen. Das war die schwere Zeit im Jahre, in der es heißt: früh vom Lager und spät zur Ruhe. Nm Sonntag nachmittag war Hinnerk noch einmal bei Johannes Fohkuhl gewesen, der an seinem Schüler immer größere Freude hatte. Hinnerk hatte seinen Lehrmeister schnell über flügelt. Daß er sich so lange im Zeichnen ge übt hatte, hatte seinen Formensinn entwickelt. Die Umrisse der Landschaft, wie der Figuren erfaßte er llar und brachte sie in sicherer Wie dergabe auf das Papier. Nun aber erwies cs sich, welch eine Lehrmeisterin ihm die seist ab getönte nordwestdeutsche Landschaft gewesen war, der es an großartigen Gegensätzen, an schreiendem Nebeneinander der Farben fehlt, wofür sie reichen Ersatz bietet durch eine unend liche Mannigfaltigkeit der Schattierungen, dis reizvollsten Übergänge einer vornehmen Farben skala und durch die entzückendsten Wirkungen einer stimmungsvoll wechselnden Beleuchtung. Gerade diese Landschaft hatte ihm den Sinn sür das Malerische in wunderbarer Eindringlich keit geschärft, so daß ihm das Geheimnis der feinsten Nuancen von Farbe, Lust und Licht und Schatten rasch tu bewußtem Erkennen sich er»
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