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Allgemeiner Anzeiger : 12.05.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191705128
- PURL
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19170512
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-05
- Tag 1917-05-12
-
Monat
1917-05
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 12.05.1917
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Dem Veutfcken Kronprinzen. Am 6. Mai vollendet der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen sein sünf- unddresßigstes Lebensjahr. Wie jeden einfachen Soldaten des großen Voltsheeres findet ihn der Tag im Felde, in schlichtem Feldgrau, in treuer Pflichterfüllung. Findet ihn bei ernster Arbeit zur sieghaften Abwehr der aus Deutsch lands Zertrümmerung sinnenden Feinde. Sein dritter Geburtstag im Felde! Noch immer hat das trotzige Wort seine Geltung, daS er selbst vor drei Jahren unter ein Bild schrieb: „Wir stehen still auf Posten — im Arme das Gewehr — Im Westen und im Osten — viel Feinde und viel Ehr" . . . Zu der Ehre im Westen hat der jüngste Armeeführer das Seine redlich beigetragen. Wie unter den Siegen des Bormarsches die Schlacht von Longwy, der Fall von Monimödy unlöslich mit seinem jungen Ruhm verknüpft sind, 'o wird die Geschichte mit der besonnenen und kraftvollen Abwehr feindlicher Übermacht auf gewonnenem Boden seinen Namen eng ver binden. Und wer in kommender Friedenszeit vom wiederhergestellten Turm von Monliaucon — von dessen zerschossenem Glockenstuhl der Kronprinz so oft, die Granatengrüße mißachtend, die teindlicheu Linien beobachtete — hinüber schaut nach dem unheimlichen Dunkel des Argonner-Waldes, der wird der unerhörten Zähigkeit der Kämpfe gedenken müssen, die hier unter des Deutschen Kronprinzen Leitung gegen einen tapferen Feind, der im eigenen Lande mit allen Listen und Hilten focht, durchkämpft und durchlitten worden sind. Der älteste Sohn des Kaisers, dessen sport liche Neigungen weite Kreise häufig in den Vor dergrund des Interesses rücken zu müssen glaubten, hat eine gute militärische Schule hinter sich. Groß geworden in der strengen Zucht alt- preußischer Überlieferung, sehen wir ihn dann an der Spitze feiner Potsdamer Grenadiere, feiner Leib-Eskadron des Regiments der Gardes du Eorps und später als Danziger Leibhnsar. Willig und gern teilte er mit leinen Unterge benen Freuden und Härten des Dienstes. Seine offene, aller Pose fremde Liebenswürdigkeit, sein heiteres, freies Wesen gewannen ihm im Fluge die Herzen seiner Soldaten. Alle, Offizier wie Mann, schätzen den fröhlichen, frischen Kameraden. Danzigs Husaren rühmten den kühnen Reiter und strammen Kommandeur, der sein Regiment in allen Tagen trefflich führte. Die Art eines künftigen Krieges stellte der fürstliche Regimeutssnhrer sich wohl anders vor, als moderne Technik ihn gestaltete. In dem von ihm angeregten und durch zwei wertvolle Beiträge seiner Hand bereicherten illustrierten Werk „Deutschland in Waffen" schrieb er von einer Neiterattacke: „Wer solche Attacke mitge ritten hat, für den gibts nichts Schöneres auf der Welt. Und doch: Noch eins erscheint dem echten Reitersmann schöner: Wenn alles dies dasselbe ist, aber man am Ende des schnellen Lauses dem Feind entgegenreitet, und der Kamps, für den wir geübt und erzogen, einsetzt: der Kampf auf Leben und Tod. Wie ost bei solcher Attacke hat mein Ohr den sehnsüchtigen Ruf eines daherjagenden Kameraden aufgefangen: Donnerwetter, wenn das doch Ernst wäre! ... Reitergeist I Alle, die rechte Soldaten sind, müssen's fühlen und wissen: Unles et ckoeornm esb pro patria morl!" . . . Solche Attacke ist selten in diesem Kriege ge ritten worden, in dem sich nun Deutschland in Waffe» so wundervoll bewährt hat. Der Kron prinz selbst aber hat den forschen Neitergeift zügeln müssen und, mit dem Generalstabschef und den Generalen über die Karten gebeugt, die verantwortungsvollen Entscheidungen des Führers Monate und Jahre lang zu treffen ge habt. Das übt in jener entsagungsvollen Ge duld, die ein künftiger Herrscher besitzen muß. Jahre des Krieges — Jahre der ernstesten Lehre. So hat sie der Kronprinz ausgefaßl und genutzt. Ans dem jungen Reiteroffizier, dec leuchtenden Auges, die Sporen am Gurt, im Gias der Ostleedünen seinem Schimmel die Zügel ließ, ist im Angesicht des Argonner Waldes und der Feste Verdun der be sonnene junge General geworden, der geduldig /. frieäe Lörrenlen. tj Roman von H. Courths-Mahler. Ruth Wischte den Staub von der Truhe und ließ sich sinnend darauf nieder. Ihre Gedanken mußten sehr unerfreuliche sein, das !ah man ihren ernsten traurigen Augen an. Sie dachte an die unerquicklichen Verhältnisse, in denen sie lebte. Keins von ihren Geschwistern litt so schwer unter all den Mißhelligkeiten. Hans und Ellen waren leichtlebig und oberflächlich wie die Mutter. Nur sie hatte den schwerblütigen Ernst des geliebten Vaters geerbt. Der Vater I Sie seufzte rief auf. Ein Krüppel — so hatte Ellen herzlos gesagt, ein Krüppel. Dieser stolze, aufrechte Mann, der sich durch alle Widerwärtigkeiten des Schicksals nicht halte beugen lassen. Ein Krüppel, der schöne, statt liche Offizier, der ihr bisher der Inbegriff kraft strotzender Männlichkeit gewesen war. Jetzt, da er so sicher auf ein Avancement gerechnet hatte, da endlich Aussicht war auf eine Verbesserung der quälenden pekuniären Verhältnisse, jetzt wurde er durch ein tückisches Ungefähr znrück- geschleudert in Sorgen und Kummer. Ein scheuendes Pferd — ein Stein am Wege — und der geliebte Vater lag blutend am Boden. Für immer gelähmt — beide Beine — fo halte der Arzt gesagt. Nie — o nie vergaß sie den jammervollen Blick des Vaters, als er es er fuhr, nie wieder. Welch eine herzzerreißende Qual lag in diesem Blick. Sie hatte mit zitternder Hand stumm seine blassen Wangen gestreichelt — immer wieder, ohne ein Wort wegs starben. Als dann der Nest in Jassy ein« trat, war keine Unterkunft für sie zu finden. Flecktyphus und Cholera fordern ge waltige Opfer. Deutscher Reichstag. (Orig.-Bericht.) Berlin, 3. Mai. Bei der Weiterberalung des Postetats fragt Abg. Taubadel (Soz.): Weshqlb nimmt die Post keine Eiuschreibepakete mehr a» ? Man täuscht sich, wenn mau glaubt, das Publikum habe die Portoerhöhung gelassen hingenommen und man könne deshalb bei neuem Bedarf wieder auf die Post zurückgreifen. Wie steht es mit der Aufhebung der Portofreiheit der Landesfiirsten? Die Frauenarbeit bei der Post hat sich be währt. Dann sollte man aber auch die Frauen ausreichend bezahlen. Dasselbe gilt von den Aushilfskräften bei der Post, die über eine viel zu geringe Bezahlung lebhaft klagen. Abg. Nacken (Ztr.): Stach dem Kriege ist eine allgemeine Reform der Anstellungsverhält nisse der Postbeamten unbedingt notwendig. Abg. Hubrich (Vp.): Auch wir sind voll des Löbes ob der vorbildlichen Tätigkeit der Postbeamten aller Grade. Auch die gegen wärtigen Erschwerungen im Postverkehr können diese Anerkennung nicht beeinträchtigen. Die Briefbestellung sollte man durch Anbringung von Hausbriefkästen erleichtern. Den geplagten Großstadtbrieflrägern wäre das sehr will kommen. Die wirtschaftliche Lage der Postbeamtcn- schaft ist durch die riesige Teuerung noch ungünstiger geworden. Wir kennen ja alle die Klagen des Publikums über den Verlust und die Beraubung von Postsendungen während des Krieges. Das Publikum ist in so weitgehendem Maße zur Versendung von Einfchreibepaketen übergegangen, daß die Post sich gar nicht mehr helfen konnte und die Einschreibepakste einfach verbot. Die beste Bevölkerungspolitik sind eine auskömmliche Besoldung der Beamten und günstige An- stellungs- und Beförderungsverhältnisse. Abg. v. Flemming (kons.): Noch immer wird geklagt über unregelmäßige Beförderung von Feldpostsendungeu. Wäre es nicht möglich, die Verhängung einer Postsperre vorher mitzu teilen? Vielfach sind Pakete vom Lande nach der Stadt untersucht worden. Es liegt mir fern, die Hamsterei zu begünstigen, aber solche Maß nahmen verärgern. Abg. Meyer-Herford (natl.): Notwendig ist eine Reform des gesamten inneren Post dienstes. Die Stellung der Beamtinnen muß besser werden. Für Sendungen in Blinden schrift sollte man Portoerleichterungen gewähren. Staatssekretär Kraetke: Natülich klappt der Postdienst jetzt nicht so, wie wir das selbst wünschen, denn es fehlt an genügenden Kräften. Außerdem fahren die Elsenbahnzüge langsanier und sind überlastet. Die Emschreibepakete find aufgehoben worden, weil wir einfach keinen Naum mehr hatten. Wer auf einen bestimmten Ersatz rechnet, kann sich nach wie vor der Wertsendung bedienen. Die Zahl der verlorengegaugeuen Pakete ist nicht allzu groß, von 4000 Paketen ist im Durch schnitt nur eins verloren gegangen. Die Ver luste sind nicht auf schlechte Bezahlung der Beamten zurückzuführeu. Postsperre aus dem Felde kann den Angehörigen der Kriegsteil nehmer aus militärischen Gründen nicht vorher bekannlgegeben werden. Kein Postbeamter darf ein Paket durchsuchen. Von einem Mißbrauch der Portofreiheit der Landesjürsten kann nicht die Rede fein, sie wird höchstens zu wohltätigen Zwecken jetzt mehr verwendet als sonst. In der weiteren Debatte sucht Abg. Zubeil (Soz. Arbg.) zu beweisen, daß die niedrigen Löhne der Aushilfskräfte bei der Post die Schuld an der Entwendung von Paketen hätten. Abg Dr. Quarck (Soz.): Die Preßtele gramme müssen billiger werden, damit die Presse ihre Leser besser über das Ausland unter richten kann. Abg. Sivkovich (Förtsch. Vp.): Die Pott- freiheit der Fürsten, ihrer Gemahlinnen unü Witwen entspricht nicht mehr dem Geist der Zeit. Hier ist auch ein Stück Neuorientierung zu leisten. Welche Stellung nimmt die Negierung zu der Entschließung des Reichstages hierzu ein? Hier muß dem Empfinden des gesamten Volles Rechnung getragen werden. Die neue Zeit fordert mehr als je ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten von Postverwaltung und Beamtenschaft. Reichspostsekrelär Kraetke: Über die Ent schließung des Reichstags gegen die Portofrei heit der Bundesfürsten hat sich der Bundesrat noch nicht schlüssig gemacht. Der Postetat wird genehmigt, der Gesetz entwurf über die Abrundung der Telegramm gebühren verabschiedet. Das Haus vertagt sich. Politische AunMcbau. Deutschland. *Jn der letzten Bundesratssitzun gelangten zw Annahme: der Entwurf einer Bekanutmachrmg über den Schutz der im vater ländischen Hilfsdienst tätigen Personen, der Ent wurf einer Bekanntmachung zur Ergänzung der Bekanntmachung über den Verkehr mit Knochen und der Entwurf einer Bekanntmachung über die bei Behörden oder in kriegswirtschaftlichen Organisationen beschäftigten Personen. * Eine Lawdeserbschaftssteuer soll in Neuß ä. L. zur Einführung kommen. Der Landtag befaßte sich mit einer entsprechenden Vorlage. Die neue Landessteuer soll erhoben werden von Eltern, deren Abkömmlingen und von Ehegatten. Von Abkömmlingen beträgt sie 2 °/o, von Ehegatten 3 °o, von Eltern und Voreltern 4 und von allen übrigen Erben 6 Hinterbliebene von durch de» Krieg um daS Leben gekommenen Militärpersonen bleiben — bis zum Werte vom 10 000 Mark — steuerfrei, ebenso bleibt frei ein Erbwert bis 2000 Mark, bis 3000 Mark ber Ehegatten, deren Vermögen nicht mehr als 3000 Mark beträgt. * Einen Beschluß der Br e m er Bürg er - schäft zufolge soll eine Kommission von 14 Mitgliedern eine zeitgemäße bremische Ver fassung vorbereilen. — Weiter nahm die Bürgerschaft eine Seiratsvorlage auf Einführung einer Vermögenssteuer in Bremen an, deren Ertrag auf 1200 000 Mark geschätzt wird. Ervgland *Eine recht betrübende Rechnung legte Bonar Law im Unterhause vor. Danach über trafen die Darlehen an die Verbündeten die Schätzung um 100 MMonen Pymd und be trugen ii» ganzen 540 Millionen, seit KriegS- begmn 828 Millionen Pfund (über 16 Mil liarden Mark). Die Staatsschuld ist auf 3854 Millionen Pfund (77 Milliarden Mark) ge stiegen ; aber davon müsse man die Vorschüsse an die Verbündeten und die überseeischen Ge biete in Abzug bringen. — Rian kann unter solchen Umständen begreifen, daß England alles daran setzt, um aus dem „Geschäft" noch etwas herauszuholeu. Schweden. * Verschiedene Blätter erinnern daran, daß bei derletztennoroischenMinistevkonferenzinChristiania die Verabredung getroffen wurde, die drei nor dischen Regierungen sollten erwägen, welche Schritte möglicherweise zu tun feien, um die Wiederherstellung des Weltfrie dens zu fördern. Die Blätter fragen, ob jetzt nicht der rechte Augenblick gekommen sei, wo die Minister der drei Länder in Stockholm wieder eine Zusammenkunst abhaltev könnten. Amerika. *Wie Reuter meldet, bezog fich die Unter redung, die der Schweizer Gesandte mit Präsident Wilson hatte, und die zu Friedens- gerächten an der Chicagos Weizenbörfe ver anlaßte, nur auf die Ernährungsfrage. Der Präsident wiederholte die Versicherung," daß die Ver. Staaten nicht beabsichtigten, die Zufuhr nach deu Neutralen, wenn nicht absolut not wendig, zu unterbinden. am Scherenfernrohr ves Feinoes ferne Bewegung verfolgt; der im Pflichtgefühl des Fürsten und Führers sich dem Wohl und Wehe der Taufende, die unter ihm fechten, unlöslich ver bunden fühlt; der mit frohem Dankwort den bestaubten Siegern das Eisenkreuz anhestet und mit mildem Trostfpruch manchem braven Burschen im Lazarett an der Maas dis Hand gehalten hat, bis das Auge vom Tode gebrochen war; der an der Spitze seiner tapferen Hcerestruppe gerade in diesen kampfesschweren Tagen des erbittertsten Ringens um die Endentscheidung des Weltkrieges allen feindlichen Durchbruchs versuchen an der Aisne und in der Champagne Trotz bietet und sie zum Scheitern bringt. Ein Kronprinz ist ein Versprechen an die Nation. Aus einer reinen und frohen Jugend ist im deutschen Thronfolger ein rechter starker Mann emporgewachsen, seelisch und körperlich gesund, sroh in der Liebe zum Leben, ernst im Bewußtsein der Pflicht und Verantwortung. Der lange und harte Krieg hat dieser Jugend die letzte Prüfung auserlegt. Ohne Eitelkeit, die seinem schlichten Wesen fernliegt, aber im Stolz, mit all den Braven seiner Armee wohl- bestanden zu haben, wird er heimkehren als Sieger. Bald — das wünschen wir von Herzen; und grüßen den Kaisersohn und jungen Feldherrn in deutscher Treue, die unseres Volkes schwerste Zeit von allen Schlacken ge reinigt hat. verschiedene ttriegrnachnchten. Ein Erfolg des Hindenbnrgschen Schlachtplanes. Das Mitglied des französischen Heeresaus schusses Ferry folgert im .Pelit Parisien', daß Hindenburg durch seinen Rückzug die englisch- französische Front zu drei Vierteln neutralisiert habe, so daß ihr nur »och insgesamt 70 Kilometer zur Entwicklung übrig bleibe. Der Fachkritiker des Maluck Civrieux nimmt die jüngsten Operationen deck englisch- französifchen Streitkräfte zum Anlaß, einen neuen Gesamtplan zu befürworten. Der Aushungerungsplan Deutschlands könne nicht ernst genommen werden. Es sei unmöglich, den wahren Zustand der Mittelmächte richtig zu be urteilen. Helfen könne nur eine zusammen fassende militärische Verständigung des Vier verbandes. * Am Vorabend grosrer Ereignisse? Die römische ,Tribuna' verzeichnet das Ge rücht, daß das italienische Parlament demnächst einberusen werden sollte und widerspricht ihm sogleich. Wir stehen, sagt das Blatt, am Vor abend großer Ereignisse, und jeder Abgeordnete begreift dies und wartet. Die Kammer soll, das wünschen wir alle, vor ruhmvollen vollendeten Tatsachen stehen und eine geklärte Lage vorfinden, wenn sie wieder zn- sammentritt. — Wird das nicht ein wenig lange dauern? Die italienischen Blätter haben schon häufig solche Siegessanfaren hören lassen und mußten noch immer die Melodie jählings abbrechen. * Rumänische«« Elend. Die .Times' berichtet aus Jassy, dem Sitz der rumänischen Negierung, daß die Zu stände dort furchtbar siud. Die Verwaltungsbe hörden haben danach gegenüber dem ungeheuren Zustrom von Flüchtlingen vollständig versagt. Arbeitslose sieht man in Scharen auf den Straßen, und Hungersnot und Elend ist überall. Fleisch, Zucker und Gebäck ist nahezu verschwunden. Lange Reihen von Frauen und Kindern stehen hungernd vor den Bäckerläden. Eier kosten das Stück 2 Mark. Die meisten Menschen sind nicht nur halb verhungert, son dern auch ungenügend gekleidet und lebten bei 20 Grad unter Null in ungeheizten Zimmern. Das Vieh krepiert auf den Weiden. Aber das Schlimmste von allem sind die ansteckenden Seuchen. Trotzdem man Tausende »ach Ruß land fortgeschafft hat, sind alle Hospitäler über füllt. Bevor die Deutschen nach Bukarest kamen, waren dort schon 30000 Kranke. Davonschaffle man 60 «so nach der Moldau, wobei viele unter hervorbringen zu können, während Mama starr und stumm hinausgegangen war und Ellen laut aufweinend fich in einen Sessel geworfen hatte. Und als die Tür hinter der Mutier ins Schloß fiel, da hatte ein bitteres Lächeln um den Mund des Vaters gezuckt, fo bitter und kalt, daß sie zusammenschäuerte. Wie furchtbar das alles war zu Hause. Vater und Mutier fremd, fast feindlich ein ander gegenüberstehend. Die Mutier ver gnügungssüchtig, von einem Fest zum anderen tändelnd, der Vater allein zu Haus an seinem Schreibtisch, rechnend und wieder rechnend und immer mit dem gleichen Resultat: „Es müssen wieder Schulden gemacht werden." Wie schrecklich war es, der Mutier Klagen zu hören. Hans jammerte, daß er mit denr knappen Zuschuß nicht anSkommen konnte, nnd Ellen! Alle waren mit sich beschäftigt, keiner kümmerte fich um die Leiden des geliebten Vaters. Sie ließen ihn allein, iahen nur flüchtig einmal in sein Krankenzimmer und ver schärften seine Pein durch egoistische Klagen. Ach — nur sie allein fühlte, wie er litt. Sie kannte jeden Zug in seinem gramvollen blassen Gesicht, sie sah, wie sein Haar grau geworden war in dieser Zeit. Armer, lieber Vater! „Das ist der Anfang vom Ende," hatte er vor sich hingefagt, als er das Entsetzliche ganz begriffen hatte. Und später hatte ihm Mama noch Vorwürfe gemacht, daß er sein Pferd nicht genügend in der Gewalt gehabt hätte. Was war das Mr eine häßliche Szene gewesen! — Freiwillig batte Ruth die Pflcae des Vaters übernommen, während Ellen und die Mutier soviel wie möglich aus dem Hause gingen. Auch Hans ließ sich nur selten sehen und dann nur, wenn er ein Anliegen hatte. So auch gestern wieder. 300 Mark mußte er haben auf alle Fälle, er hatte es ihr auf dem Korridor gesagt. Sie hatte ihn erschrocken gebeten: „Sag es Papa nicht, er kann dir nicht helfen jetzt, quäle ihn nicht — er ist so schwach noch und so elend." Da war er finster davongeqangen. Mit Mühe und Slot hatte sie zwei Tage Aufschub erbettelt. Aber morgen würde er wiederkommen nnd dann ließ er sich nicht mehr abhalten, den Vater um das Geld anzugehen. Aber vielleicht ließ sich das Geld hier aus diesen alten Sachen schaffen, dann brauchte Papa gar nichts zu erfahren. Sie mußte doch mal einen Überschlag machen, wieviel sich von dem Althändler fordern ließ. Sie erhob sich und kranite von neuem. Die Truhe selbst war gut erhallen und sicherlich ein wertvolles Stück; was mochte wohl dadrinnen sein'? Sie hob mit Mühe deu schweren Deckel und sah hinein. Allerhand alle Stoffe lagen darin, alte Portieren, ein kleiner, verblichener Teppich, eine schadhafte Tifchdecke. Aber es schien alles nur wertloser Plunder, bis auf die Portieren. Die konnte man vielleicht unten vor die Tür zu Papas Zimmer hängen, damit der Lärm vom Vorsaal nicht zu ihm hereindrang. Aber hier — unter all den Sachen — aus dem Boden der Truhe -- was war denn daS? Mein Gott — ein Gobelin — ja wirklich — ein Gobelin, aanz ähnlich, wie sie neulich einen in einer Ausstellung gesehen hatte. Dreitausend Mark sollte der kosten, sie hatte die Aufzeich nung gesehen. Dreitausend Mark — c-S ging wie ein heißer, freudiger Schreck durch ihre Glieder — wenn dies ein solch wertvolles Stück wäre! Konnte es nicht möglich fein'? Waren Mamas Eltern nicht sehr reiche Leute gewesen? Ein Zufall konnte dem Gobelin in die Truhe zwischen alte Portieren gebracht haben; Dienstboten konnten aus Unverstand wohl solch ein kostbares Gewebe zwischen alten Plunder gepackt haben. Wenn sie hier einen Fund gemacht hätte, viel wertvoller als all dieser alte Kram! Sie starrte mit brennenden Amgen dmanf nieder und unruhige Gedanken durchkreuzten ihr Hirn. Dreitausend Mark — dreilausenv Mart — das summte ihr in den Ohren. Wenn sie so viel Geld dai'ür bekäme — auch mir die Hälfte oder ein Drittel — dann sollte Papa diese Summe haben — er allein, um ihn ein klein wenig seine Sorgen zu erleichtern. Ach, wenn das doch Wahrheit würde! In ihre Gedanken hinein ertöntem Schrine. Und dann hörte sie Mama und Ellett auf der Treppe sprechen. Instinktiv warf sie den Gobelin in die Truhe und häufte die anderen Sachen hastig darüber. Gleich darauf erschien Frau von Steinbach neben Ellen in der Srwicherlür. Sie war noch immer eine sehr schöne Fran und sah in dem eleganten Kleide nnd mit der mo dernen kleidsamen Lockenfriinr noch lew suqend- lich aus, io daß sie sehr wohl iür Re ältere Schwester ihrer Töchter gehalten werd«, konnte. Ihr Zierlicher. schlanker Wuchs und circ leicht«
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