Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 30.05.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190005303
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19000530
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19000530
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-05
- Tag 1900-05-30
-
Monat
1900-05
-
Jahr
1900
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 30.05.1900
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Non Nah «nd Fern. Emden. Das Kabelschiff der Deutsch- Atlantischen Telegraphen-Gesellschaft hatte bis Mittwoch mittag 1772 Meilen Kabel ausgelegt und die Azoren in Sicht. Die Inseln dürften inzwischen erreicht und damit der schwierigste Teil des Werkes beendet sein. Potsdam. Ein raffinierter Diebstahl wurde am Dienstag nachmittag in Potsdam in dem Hause Schwertfegerstr. 8, das kürzlich von der Hofverwaltung des Kaisers zur Vergrößerung des Kabinettshauses angekauft wurde, ausge führt. In dem Hause wohnen noch verschiedene Privatleute, unter andern auch eine Frau, die möblierte Zimmer vermietet. Bei derselben er schien nun am Montag ein junger Mann in der Uniform eines Schiffsoffiziers, welcher sich Ewald Fürstenberg nannte. Sein Schiff habe Havarie erlitten und müsse repariert werden, so daß er vier Wochen Urlaub erhalten habe, die er im schönen Potsdam verleben wolle. Am Dienstag kam er wieder und mietete ein möb liertes Zimmer. In Abwesenheit der Wirtin hat er sich dann in die Zimmer zweier Buch handlungsgehilfen geschlichen, dort die Spinde erbrochen und die ganze Garderobe im Werte von 600 Mk., ebenso eine Konzertzither, mit gehen heißen. Dessau. Der verstorbene Baron von Cohn, der Hofbankier des Kaisers Wilhelm I. hat, wie der ,Konf/ erfährt, ein Vermögen von rund 30 Millionen Mark hinterlassen, aber kein Testament. Universalerbin ist seine einzige, durch ihre Wohlthätigkeit bekannte Tochter, die Witwe und kinderlos ist, deren großes Ver- möaen, wenn nicht andere Bestimmungen ge troffen werden, an ihre in Frankreich lebende Mutier zurückfällt. Das Fehlen des Testaments Kat aber die Erbin nicht verhindert, alle Per sonen, die dem Verstorbenen im Leben nahe standen, mit sehr ansehnlichen Legaten zu be denken, außerdem aber auch große Summen für Wohlthätigkeits - Anstalten zu Men. So hat z. B., wie bereits gemeldet, das Armenhaus iu Dessau allein eine halbe Million Mark er halten. v - Hamburg. Die Bürgerschaft bewilligte auf Senatsantrag sieben Millionen Mark für Umbauten einzelner Stadteile mit gesundheits schädlichen Wohnungen. Würzburg. Oeffentlich protestiert hat hier am Sonntag in der protestantischen Kirche die Gattin des kommandierenden Generals v.Lylander gegen die boerenfreundliche Geistlichkeit. Als der amtierende Dekan in seiner Predigt den Boerenkrieg erwähnte und andeutete, daß des grausamen Spiels der Engländer gegen die gottesfürchtigen Boeren nun genug sei, erhob fich die Dame (eine geborene Engländerin) und verließ ostentativ ihre Loge und die Kirche; die Thür fiel laut hinter ihr ins Schloß. Der Vor gang wird hier lebhaft besprochen. Gommern. Ein Häftling des hiesigen Ge fängnisses, namens Nicolas, erhielt 4 Wochen Urlaub, um dem Kriegsministerium einen Feld- keffel zum Gebrauch für Soldaten vorführen zu können. Für das Patent fordert N. 150 000 Mk. Konitz. Der Antrag des Rechtsanwalts Maschke auf Haftenlassung des früheren jüdischen Fleischers Jsraelski wurde von der Kammer ab- gehnt. Der Rechtsanwalt hat eine Beschwerde an das Kammergericht eingelegt. Hannover. In Flammen steht das Eiberger Moor, es sind bereits über 4000 Morgen vom Feuer ergriffen worden. Die umliegenden Forsten und Dörfer schweben in Gefahr. Es find gegen 200 Eisenbahnarbeiter beordert worden, die im Verein mit den Einwohnern das Eindämmungs- Werk bewirken sollen. Die Ortschaft Hassendorf bei Lübeck ist bis aus zwei Bauernhöfe in Flammen aufgegangen. Eingeäschert wurden 28 Gebäude, darunter die Meierei, das Schul haus und acht große Bauernhöfe. Heldburg. Am Sonntag nachmittag wurde auf dem hiefigen Bahnhof der Schneidermeister Weigandt von der Lokomotive erfaßt und über fahren ; der Kopf wurde ihm vom Rumpfe voll ständig abgetrennt. Weimar. Zu der Ilm bei Niedertrebra wurde die Leiche eines Mannes gefunden. In der Nähe wurde ein in die Erde gesteckter Stock mit auf den Griff gehängter Mütze bemerkt, an dem ein Zettel mit dem Vermerk befestigt war: „So weit bringt es eine Frau! Karl W. aus Pfuhls born." Straßburg. Große Aufregung herrscht über ein angebliches Geständnis, das der Ortsein nehmer Stauf in Wingersheim (Niederelsaß) auf dem Totenbett abgelegt haben soll. Demnach soll er als Soldat in den siebziger Jahren zu Mainz einen Feldwebel oder Büchsenmacher in den Main gestoßen haben, so daß er ertrank. Ferner soll er unlängst eine alte irrsinnige Frau aus Mommenheim in die Zorn geworfen haben. Auch sie kam umS Leben. Dann habe er, so heißt es, im August 1898 nachts seinen Amts vorgänger einen steilen Abhang hinabgestoßen, so daß er fich das Genick brach. Endlich habe er eine ganze Reihe von Brandstiftungen in Wingersheim sMst begangen. Vom Amtsgericht Hochfelden wurde eine Untersuchung eingeleitet. Leider wird wohl der Hauptzeuge, nämlich der Pfarrvikar, dem der Verstorbene gebeichtet hat, fich hinter das Beichtfiegel zurückziehen, wie es übrigens seine Pflicht ist. Ob überhaupt Licht in die Sache kommt, wird fich bald zeigen. Man hält übrigens den Stauf der Verbrechen für fähig, die er eingestanden haben soll. Budapest. In der Gemarkung von Gyar- matha wurde der Schafhirt Rista Rußalim er mordet ausgefunden. Sein 19jähriger Sohn Johann war der Mörder; er hat fich bei der Temeswarer Staatsanwaltschaft bereits gemeldet, wo er mtt der größten Kaltblütigkeit zu Pro tokoll gab, er habe den Alten ermordet, wett er ihm einen Trunk Branntwein verweigerte und ihn auch sonst brutal behandelte. Der ent menschte Sohn, der keine Spur von Reue ver rät, wurde sofort in den Kerker abgeführt. — Der Personendampfer „Carl Ludwig* stieß in der Nähe der Stadt am Himmelfahrts tage mit einer unbeleuchteten Fähre zusammen- Von den sieben auf der Fähre befindlichen Per sonen wurden drei gerettet, die übrigen vier er. tranken. Paris. Die Entführungsgeschichte der Gyp (Gräfin Martel), über die berichtet wurde, hat sich noch nicht im geringsten geklärt. Der Polizei gelingt es nicht, Licht in das Dunkel zu bringen. Sie vermag weder der Gyp nach zuweisen, daß sie eine Schwindelgeschichte er funden hat, noch kann sie trotz aller Bemühungen irgend eine Spur der Thäter entdecken. Die Recherchen werden eifrig fortgesetzt. Montreux. Seit vier Jahren wird in Montreux zu Beginn des Frühlings das „Nar- zissenfest" gefeiert. Das Fest unter freiem Himmel besteht in einer großen Anzahl von Tanzreigen, die nur von Kindern ausgeführt werden, die allerliebst in Blumenkostümen ge kleidet find und die Verherrlichung des Früh lings darftellen. Da Montreux von Jahr zu Jahr ein mehr bevorzugter Winteraufenthalt der Deutschen wird, so waren sie auch als Zuschauer zahlreich vertreten. Die reizenden Tänze der Kinder, die mit großer Sorgfalt durch die erste Balletmeisterin des Genfer Theaters eingeübt waren, boten unter Begleitung der vorzüglichen Kurkapelle ein anmutiges Frühlingsbild in der großartigen Szenerie des Genfer Sees. An die Tänze schloß sich ein Blumenkorso mit Blumen schlacht. Die Narzissen, die zu Millionen auf den Bergwiesen um Montreux wachsen und dem Fest Namen und hauptsächlichste Dekoration geben, bilden das bevorzugte Wurfgeschoß. Die Wagen nnd Zweiräder, die mtt hohen Preisen prämiiert wurden, waren in einen verschwende rischen Blütenflor gehüllt, so daß man fich nach Nizza versetzt wähnte. Benedig. Eine hier lebende reiche Ita lienerin schickte an ihren in Süditalien wohnenden Bruder durch die Post eine Kiste mit zwei präch tigen venetianischen Glasvasen von hohem Wert. Diese Kiste wurde schon auf dem Postamt in Venedig zerbrochen. Doch das ist nicht das Wunderbare, weil es eigentlich zu erwarten war, denn das Zerbrechen von Postsendungen mit wert vollem Inhalt ist eine Spezialität der italienischen Postämter. Ungewöhnlich wurde die Sache viel mehr erst, als die Postdirektion die Absenderin der Kiste aufforderte, auf dem Postamt 0,30 Lire (24 Pfennig) für 3 Kilogramm Glas scherben in Empfang zu nehmen. „Der wirkliche Wert zerbrochenen Glases," so hieß es in der Zuschrift, „ist eigentlich nur 0,05 Are per Kilo gramm ; in anbetracht dessen aber, daß es fich um künstlerisch verarbeitetes Glas handelt, hat die Poftverwaltung beschlossen, den doppelten Preis zu zahlen." Der Witz ist nicht schlecht, ob die geschädigte Dame aber darüber sehr ge lacht hat, das ist eine andere Frage. Mailand. Der Selbstmord des Obersten Ernesto Contro, der bis vor kurzem Verwal tungsrat der Versicherungsgesellschaft „La Nuova Milano" war, erregt großes Aussehen. Die Gesellschaft machte im April d. Bankrott und die Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung über die Art und den Umfang ihrer Geschäfte ein. An einem der letzten Tage wurde auch Oberst Contro zur Polizei gerufen, um über seine Person Auskunft zu geben. Das regte ihn derart auf, daß er sich das Leben zu nehmen beschloß. Er begab sich zu einer bekannten Familie und wollte vom Flurfenster aus auf die Straße springen. Ein junger Mann hielt ihn jedoch zurück und brachte ihn nach seiner Wohnung. Von dort ging der Oberst in das Haus, in welchem fich früher die „Nuova Milano" befand. Er klingelte an der Wohnungs thür des im dritten Stockwerk wohnenden Gene rals Agliati und übergab dem Dienstmädchen einen Brief, in welchem er den General zum seinem Testamentsvollstrecker ernannte. Dann ging er rasch in das zweite Stockwerk hinunter und sprang von einem Lichtfenster aus in den Hof hinab. Er wurde in ein Hospital gebracht, wo er bald nach seiner Einlieferäng verschied. Sebastopol. Eine Schiffskatastrophe hat fich in der Nacht zum Mittwoch unweit der Stadt ereignet. Der Personendampfer „Pay- lowskaja" ist bei Sturm auf ein unterseeisches Riff aufgefahren und untergegangen. Von 63 Passagieren fanden 48 den Tod in den Fluten; die übrigen wurden durch Boote ge rettet. Sidney. Eine prächtige Mumie erwarb kürzlich ein hiesiger unternehmender Kaufmann für die geringe Summe von 400 Mk. und ver schiffte sie wohlgemut nach seiner Heimat, in der festen Ueberzeugung, daß er einen gut erhalte nen, entfernten Verwandten der Pharaonen nun mehr sein eigen nennen dürfe. Als er mtt viel Stolz seinen Kauf einem befreundeten Arzt zeigte, schlug dieser vor, mit Hilfe der Röntgen strahlen das Innere der königlichen Mumie zu erforschen, was denn auch geschah. Leider wollten jedoch während dieser Prozedur irgendwelche menschliche Formen nicht sichtbar werden, und als der glückliche Besitzer die vielen Hüllen der Mumie sorgfältig entfernte, fand er zu seinem Entsetzen nur Steine, Tierknochen, Zeitungen von 1898 und ähnliches Stopfmaterial. Viel leicht könnten wir an der Hand dieser traurigen Erfahrung mit Hilfe der Röntgenstrahlen einige recht interessante Entdeckungen in der eigenen, mtt schwerem Gelde erworbenen Mumienkollektion in den Museen machen. Gerichtshalle. Bremen. Der Raubmörder Grube, der einen Mord und mehrere Raubmordversuche, u. a. auch einen auf den Direktor Bremermann vom Nord deutschen Lloyd verübt hat, wurde am Mittwoch vom Schwurgericht zum Tode, zu fünfzehn Jahren Zuchthaus, zehnjährigem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und Stellung unter Polizeiaufsicht ver urteilt. Düsseldorf. „Abonniert!" schnarrte hier ein schneidiger junger Mann, als er auf einen Straßen bahnwagen hüpfte und der Schaffner ihm eine Fahr karte reichen wollte. Der Schaffner ließ sich aber durch die hochnäsige Art des Auftretens nicht impo nieren, er wünschte vielmehr die Abonnementskarte zu sehen, und siehe da, das schneidige Herrchen hatte die Karte „vergessen". Hinterher stellte es sich heraus, daß er garnicht abonniert war. Die hiesige Straf kammer verurteilte den Schwindclmeier wegen Be truges zu einer Woche Gefängnis. Leipzig. Ein Herr vom hohen Adel, Leutnant L 1a suite der Armee, fing hier in weinseliger Stimmung erst mit dem Portier, dann auch mit dem Bahnhofs-Schutzmann, der ihm das Ueber- schreiten der Geleise untersagte, Krakehl an. Den Beamten beleidigte er erst wörtlich und schlug ihm dann noch unters Kinn, al« er nach der Polizeiwache mitgehen sollte. Der Schutzmann zog blank und brachte den Grafen mit Hilfe eines Droschkenkutschers nach der Polizeiwache, wo er nach Feststellung seiner Person gegen Kaution entlasten wurde. Das Landgericht versagte die Zubilligung mildernder Umstände und verurteilte ihn wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu 3 Wochen Gefängnis. Now Trinkgeld. In einer interessanten Rechtsfrage hat das Landgericht in Chemnitz dieser Tage entschieden. Voriges Jahr hatte in einem der ersten Chem nitzer Hotels ein Reisender den Hausknecht für Stiefelputzen und Kleiderreinigen — er hatte einige Wochen dort logiert — statt der verspro chenen 12 Mark erheblich weniger Trinkgeld ge geben. Der Hausknecht wurde klagbar, und das Amtsgericht verurteilte den Reisenden zur Zahlung von 10 Mark, da der Hausknecht auf die Trinkgelder angewiesen sei, von dem Hotel besitzer nicht bezahlt werde und fich sogar auf eigene Kosten noch Hilfskräfte halten müsse. Anders urteitte das Landgericht als oberste Instanz. Es wies den Hausknecht mtt feiner Klage ab, weil nicht er, sondern lediglich der Hotelwirt Forderungen an den Gast zu stellen habe. Der Gast, heißt es in der Begründung, schließe mtt dem Wirt stillschweigend einen Ver trag, dessen Gegenstand seine Beherbergung sei, wozu er auch die zur Befriedigung seiner Be dürfnisse und zu seiner Bequemlichkeit unum gänglich nötigen Dienstleistungen und Kleider reinigen zu rechnen habe. Gebe der Gast ein zu geringes Entgelt, so habe der Hotelwirt die Mehrforderung zu stellen, nicht aber der Haus diener, der diesen nur vertrete. Der Wirt bleibe unter allen Umständen haftbar, wie denn auch er, nicht sein Personal, Schadenersatz zu leisten habe, wenn Gepäckstücke abhanden kämen. Wenn der Wirt auf der Rechnung erkläre, das Trink geld für den Hausknecht sei nicht mit einbe griffen, so liege darin keine Abtretung der For derung an den Knecht, sondern der Wirt über lasse es nur dem Gast, nach eigenem billigen Ermessen das Entgelt zu bestimmen und es dem Hausdiener direkt zu übergeben. Ganz außer gewöhnliche Dienste allerdings, die nichts mit dem Vertragsverhältnis zwischen Wirt und Gast zu thun haben, könne der Bedienstete besonders bezahlt nehmen, doch kämen solche im vorlie genden Falle nicht in Bekacht. ES ist das Verdienst des Verbandes reisender Kaufleute Deutschlands, Anregung zu dieser nicht unwich tigen Klarstellung gegeben zu haben. . - ui», Kuntes Allerlei. Feme Tropfen. Bei der Versteigerung von Weinen aus der prinzlichen Administration Schloß Reinhartshausen (Rheingau) erzielten fünfzehn Halbstücke 78 060 Mk. Das beste Halbstück, Erbacher Siegelsberg, wurde mit 19 000 Mk. bezahlt. Das macht, auf den Liter ausgerechnet, 38 Mk. I Eine Pariser Rauchstatistik. Vierzig Millionen Kilogramm Tabak konsumiert Paris jährlich, d. h., wie ein Blatt berechnet, genug, um den Eiffelturm vom Boden bis zur 1. Etage, 56 Meter hoch zwischen seinen vier Pfeilern vollständig auszufüllen; die -Madeleine-Kirche könnte diese Menge in ihrem Schiff kaum fassen. Zwei Vendome-Säulen würden, übereinander gestellt, die gigantische Zigane darstellen, deren Volumen dem jährlichen Zigarrenkonsum in Paris gleichkommt. Die Säule auf dem Bastille-Platz endlich würde eine Vorstellung von dem Volumen der Zigarretten geben, die in jedem Jahre in Paris in Rauch aufgehen. * Mist Kate: „Und Sie vermochten bei solch' mörderischem Kugelregen kalt zu bleiben?" — Kolonel: „Katt? Ich sage Ihnen, mein Fräu lein, ich zitterte förmlich ... vor Kälte." Der alte Freier: „Bedenken Sie de« Luxus, den ich Ihnen als reicher Gatte bieten kann." — Miß Young: „O, ein reicher Vater wäre mir viel lieber, heiraten Sie doch meine Mama." """ -- „Ja — Vater," war die Antwort, und Hennys Agen blickten ängstlich und fragend den alten Nscher an. „Gut denn, geh' jetzt hinein und schaff'Ord- wmg; — nichts," — und der Atte betonte dies Wort, — „soll mich an den nächtlichen, vornehmen Besuch erinnern." Ohne ein Wort zu erwidern, erhob fich Henny; «er auf ihren Wangen lag wieder ein Purpur schatten; schweigsam ging sie in die Hütte. Der alte John Gilbert blieb noch draußen, vor dem Platz, wo seine Tochter gesessen hatte, stehen, sein gedankenvoller Blick schweifte über das wette, sonnenvergoldete Meer hin, der Richtung nach, wo das Schloß von Avonshire am fernen Ufer fich im glänzenden Meere ab spiegelte. — Als kurze Zett vorher der Wagen des Squires «a Strande dahinflog, wandte fich der alte Herr an den jungen, ihm gegenüberfitzenden Clifford. „Hat der Fischer, den alten meine ich, Euch seinen Namen genannt?" fragte der Squire. „Ja Sir, er nannte fich John Gilbert!" Des Squires Lippen hefteten fich fester auf- ekmndcr. Dann fragte er wieder: „Und das Mädchen?" „Er nannte es Henny," erwiderte Clifford, — »ts ist die Tochter des alten Griesgrams." Edith drohte ihrem vis-L-vis mit dem Zeige ßager: „Ei, wie Herr James Clifford fich doch leicht vie Namen schöner Mädchen merkt," rief sie, »and wirklich schön war diese Fischerstochter." James lächelte nur, — der alte Squire lehnte fich, als hänge er Gedanken nach, in den Sitz zurück, und der Wagen sauste, von den Vollblut-Rennern gezogen, blitzschnell am Meeres ufer weiter. 2. Der Sommer ging zur Neige, der Monat September war gekommen, wo die Distelwolle, frühzeitigen Schneeflocken ähnlich, über den harten Uferweiden spielend, vom Winde geka- gen, ins Meer hinausgetragen wird. Es war gegen Abend, graue Wolken hingen dicht über dem Leuchtturme, ein sanfter Wind blies über das Meeresufer. Der Helle Tag er- starb, purpurglühend versank die Sonne im Westen des unabsehbar erscheinenden Meeres. Etwa eine halbe Meile abwärts von dem kleinen Fischerdorf, das wir kennen lernten, er hoben fich graue Sandbänke, wie Rücken fabel hafter Meeresungeheuer, und noch weiter ab wärts reckten zackige Felsen ihre seltsamen Ge stalten, gleich Knochengerüsten urweltlicher Riesen tiere, die hier ans Ufer gewälzt waren, auS dem Meeresspiegel. Auf einem der Felsspitzen saß an diesem Septemberabend das schöne Fischermädchen Henny Gilbert, — zu ihren Füßen das weite unend liche Meer, das blutrot-golden erglänzte von den spiegelnden Strahlen der untergehenden Sonne. Hell und deutlich konnte das Mädchen von ihrem Sitz aus das Schloß Avonshire erblicken. Wi ! eine Burg, wovon in alten Märchen er zählt wird, lag eS da, zauberhaft schön ver goldete der Sonnenpurpur die hohen Bogen ¬ fenster; das funkelte, das leuchtete und glänzte so farbenprächtig und wunderbar. Und wie die Brandung des Meeres fich über die Sandbänke ergoß und wie sie donnernd zu Füßen des einsamen Mädchens, gegen die grau grünen Felsen schlug! Das schöne Fischermädchen glich selber einem Märchenbilde, — hätte nicht der große schwarze Neufundländer, welcher zu ihren Füßen, den mächtigen Kopf mit den keuehrlichen, klugen, wachsamen Augen zwischen den Tatzen ruhend, lang ausgestreckt dalag, verraten, daß man eS mit einem lieblichen Menschenkindt zu thun hatte. Henny hatte diesen Platz seit kurzem gewisser maßen zum Lieblingsaufenthalt gewählt- sie befand fich hier in einer Art Felsenhöhlung, über ihrem Haupte ragte, gleich einem Schirmdach, eine Felszunge frei hinaus Das Fischermädchen erklomm fast täglich den Fels, sobald Vater und Bruder hinaus gefahren waren ins Meer, oder hinauf und hinab am Gestade, um ihren Fang auf den Märkten der kleinen zerstreut liegenden Oerter und Flecken zu verwerten. Stundenlang saß sie dann hier, — und ihr Blick fiel immer und immer wieder auf Avon shire. — Seit jenem Abend, an welchem ihr Later und der Bruder jenen schönen, jungen, vornehmen Fremden in die Hütte trugen, hatte das alte Schloß einen eigentümlicher Reiz für sie er halten. Warum haßte der alle Vater die Bewohner von Avonshire, — warum nannte er sie harte, herzlose, schlechte Menschen? Ja, hart und herzlos waren sie, denn weder der Squire noch seine Tochter hatten fich um die toten Domestiken bekümmert, welche an jene« Abend beim Scheitern der Jacht am Höllenriff umgekommen waren. Der Gerettete, der fich James Clifford nannte, — o fie hatte seinen Namen nicht ver gessen, — war allein am Tage des Begräbnisses wieder gekommen, er sollte auch dem Einsenken der Leichen ins Grab beigewohnt haben, mck hatte die Kosten berichtigt. Henny sah ihn nicht, sah ihn nie wieder, — der Vater hatte ihr befohlen, unsichtbar zu sein, wenn der junge Mann wiederkäme, und des Vaters Befehl war ihr heilig. — Aber was hatte der Vater gegen ihn? Er bewies doch, daß er nicht so herzlos war, wie der alle Squire; — Clifford war auch später noch einige Mal im Fischerdorfe gewesen, er hatte den Ertrunkenen ein Kreuz setzen lassen, er hatte auch ihren Vater nochmals besucht. — Vor jener Sturmnacht dachte Henny kaum an das Schloß Avonshire, — fie hatte keine Augen für das Gefährt des Squires, für dessen ost am Strande vorbeireitende stolze Tochter gehabt. — Jetzt standen Tag und Nacht die Leute aus dem Schlosse lebendig vor ihrem Blick und in ihren Träumen weilte fie in Avon shire, geführt von dem bleichen schönen Fremd ling, dem der Vater, dem sie das Leben gerettet hatte. Auch heute saß Hennv träumend auf der Spitze des Meeresfelsens, - ihr Auge unver wandt nach Avonshire gerichtet. L t (Fortsetzung iolgiO
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)