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Nahrung geben. Sehen Sie, dieses Bild soll eine alte Nothin, ! Emanuela Noth, die sogenannte „rote Frau" darstellcn, eine > Augenblick Jules icknvankte und lieh füllte Tasse, welche boden fallen. „Jule!" „Mein Gott!" „Aber Jule!" Or. §eyds der Gesandte der südafrikanischen Republik mit dem kegationsrat Zonkhcer van der Hoeven j,„ Palast-Hotel zu Berlin. heisere, ängstliche Stimme vernehmen, sie mit einem lauten Aufschrei die mit Thee ge he sür Kasimir hereinbrachte, auf den Fuß- Ahnenmutler dieser Familie. Sie soll eine unglückliche Ehe mit ihrem Mann gcsührt, sich schließlich selbst entleibt haben und es geht von ihr die Sage, daß sie den Mitgliedern des Hauses, so >vie die Weiße Frau den Hohenzollern, sobald ein Unglück oder ein Todesfall bevorsteht, erscheinen soll." „Ach, du lieber Gott! Du lieber Gott!" ließ sich in diesem Die Alte weinte laut auf. „Das kommt nur von von — die alte verdammte Hexe — die rote Frau, das!" Damit stürzte sie hinaus, ohne die zerbrochene Tasse auszuheben. „Solche Leute sind immer abergläubisch. Sie hat sich ent setzt, die gute, treue Seele!" rief Eugenia und beeilte sich, mit Kasimir die Scherben zusammenzulesen. Trine zitterte ein wenig, Kasimir aber nahm ihre Hand und drückte sie zärtlich. „Laß doch Vergessenes vergessen sein, Tante Trine." „Das thue ich auch — aber die alten trüben Er innerungen — — Sie sollen alles wissen, Eugenia, und urteilen Sie dann selbst, ob es natürlich ist, daß sie mich traurig stimmen." „Aber es erregt Sie." Tante Trine überhörte den Einwurf. „Als meine selige Nichte, Kasimirs Mutter, ein totes Mädchen zur Welt brachte und am Kindbettfieber lag, da hielt Jule bei ihr getreulich die Wache. Meine Nichte schlief, es war mitten in der Nacht, Jule benutzte die Gelegenheit, um aus dem Garten frisches Eis zu den Umschlägen, welche die Kranke auf den Kopf erhielt, zu holen. Als sie wieder leise in das Zimmer kam, war Kasimirs Mutter aüsgewacht, starrte mit großen, fieberglühenden Augen nach der Thür, wehrte mit den Händen ab und rief mit heiserer, erregter Stimme: „Die rote Frau — die rote Frau ich sterbe!" — So sagte sie und als die Sonne aufging, hauchte sie den letzten Atemzug aus." Tante Trine hielt schwer atmend inne und Eugenia Prinz Georg Prinz Georg von Bayern bezieht zum erstenmal die Residenzwache in München am az. Januar. I" Martin Airschner, Oberbürgermeister von Berlin. konnte erraten, daß ihr Aberglaube stärker war, als sie es zugeben und sich selbst eingestehcn wollte. Es war ganz still im Turmzimmer geivorden. Tante Trine lehnte sich in ihren Lehnstuhl zurück und starrte mit feuchten Augen in den rosigen Abendhimmel. Kasimir aber ivagte kaum zu atmen. „Es war die erhitzte Phantasie einer Schwer- kranken," sagte er endlich leise, „und dennoch kann sich auch der ruhigst Denkende eines gewissen unheimlichen Grauens nicht erwehren, wenn er anch nicht an die Einwirkung überirdischer Mächte glaubt." „So ist cs, und wenn Sie das schon als Mann empfinden, um wie viel mehr ein zartbesaitetes Frauen gemüt wie das Ihre, liebe Tante, oder ein ungebildetes Wesen wie Jule." „Ganz bestimmt," bestätigte Kasimir. „Der Herr Kommerzienrat lassen Herrn Kasimir bitten," sagte Jule jetzt, das immer noch verweinte bleiche Gesicht zur Thür hercinsteckeud. Kasimir ging, Eugenia blieb noch eine Zeitlang und verließ dann auch das geheimnisvolle Turmzimmer mit dem blaßwangigen, unhcunlichen Bilde der roten Frau. Die Dämmerung senkte sich herab und breitete ihre Flügel um das vielbesprochene Haus. Der Geist der roten Frau huschte unter ihrem Schutze in den Räumen umher, und schreckte die Zaghaften. In den alten Bäumen aber flüsterte es geheimnisvoll und um den Turm schloß sich der alte Zauberbann. (F^s. folgt.) 16*