Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 28.04.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190004284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19000428
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19000428
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-04
- Tag 1900-04-28
-
Monat
1900-04
-
Jahr
1900
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 28.04.1900
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
! Lüneburg. Die Verlegung der hannover schen Stadt Dannenberg scheint allen Ernstes ins Auge gefaßt zu sein. Der Stadtvogt von Dannenberg, Lampe, erläßt durch die Presse er greifende Schilderungen der Wassernot, durch die die Stadt Dannenberg seit langen Jahren und auch in diesem Jahr schwer zum Nachteil ihrer Bewohner zu leiden hat. In 12 Jahren sei Tannenberg 15 Mal von Ueberschwemmungen heimgefucht worden, wodurch die Bewohner an dem Fortschritt ihres Wohlstandes dauernd ge hindert und der Notstand namentlich unter der ärmeren Bevölkerung von Jahr zu Jahr be drohlicher wird. Lampe sagt, der Ruin der Stadt Dannenberg sei besiegelt. Zu diesen Aus führungen wird als Antwort von einem hohen Negierungsbeamten eine Anregung zur Gründung einer neuen Stadt zwischen Marwedel-Hitzacker durch die Presse verbreitet, der folgendes ent nommen ist: Das Terrain bei Marwedel-Hitz acker, unmittelbar am Jeetzelstrom, westlich der Elbe, ist hoch gelegen und daher sehr günstig. Es kann leicht durchschnitten werden, um beide Ströme (Elbe und Jeetzel) miteinander zu ver einigen, d. h. ein recht geräumiges Wasserbecken zu schaffen zum Zweck eines guten Binnen hafens. Die neu zu gründende Stadt würde sich Schiffahrt, Handel, Industrie und Militärs zu erfreuen haben, folglich auch einer vermehrten Bevölkerung und eines neuen Lebens. Hierbei mag auch der projektierten Kleinbahn von Uelzen nach Dannenberg gedacht werden. Das Terrain der alten Stadt Dannenberg mit wenigen An wohnern verfällt merklich. Dieser Plan der Stadtverlegung ist der königlichen Negierung zu Lüneburg unterbreitet worden. Stade. Ein Liebesroman in drei Annoncen hat sich im ,Kreisblatt' des Landes Hadeln ab gespielt. Anfang vorigen Monats machte „er" di einer Annonce bekannt, daß er seine Ver lobung mit „ihr" aufgehoben habe. Dagegen protestierte „sie" in einer zweiten Annonce: Nicht „er" sondern „sie" habe die Verlobung aufge hoben. Dann trat eine Pause ein, in der der Frühling mit dem Osterfeste in die Welt einzog und alles neue Triebe schlug. Diesem Frühlings wunder hat auch die „doppelt" aufgehobene Verlobung nicht widerstehen können. In der Kreisblattnummer nach Ostern verkünden „er" und „sie" in einer gemeinschaftlichendrittenfett gedruckten Annonce: „Die Aushebung der Ver lobung nehmen wir hiermit wieder zurück." Hoffentlich wird die Ehe eine weniger wechsel volle sein. Döbel». Bei der Ueberfahrt über die Mulde zwischen Klosterbach und Maibusch er tranken Sonntag nachmittag der Oberlehrer Vogel und Frau. Das Boot kenterte infolge starker Strömung. Der Fährmann rettete sich an der Kette. Glatz. Wegen Duldung von Glücksspielen ist seitens der hiesigen Staatsanwaltschaft gegen 14 Gasthausbesitzer in Münfterberg Anklage er hoben worden. In der den Angeklagten dieser Tage zugestellten Anklageschrift werden sehr viele Zeugen namhaft gemacht. Die Angelegenheit erregt dort das größte Aussehen. Pose«. Ein gräßlicher Mord ist in der Nähe von Kobylagora verübt worden. Der frühere Wirt Wojciech Dolata aus Ligota war wegen schweren Diebstahls angeklagt und gegen ihn sollte sein früherer Knecht Ponitka als Zeuge auftreten. Um diesen Belastungszeugen zu be- seitigen, lockte ihn Dolata in eine Gastwirtschaft, woselbst er den Ponitka traktierte. Ms letzterer den Heimweg angetreten hatte, verfolgte ihn Dolata, stach ihn zunächst mit einem Taschen- meffer, begoß ihn alsdann mit Spiritus und zündete die Kleider an. Ein kurz darauf des Weges kommender Mann aus Zmyslona fand den Ponitka bereits tot vor. Dolata wurde verhaftet. Konitz. Die bisherigen gerichtlichen Unter suchungen in der Winterschen Mordsache haben greifbare Anhaltspunkte zur Aufdeckung des Verbrechens noch nicht ergeben. Der verhaftete Pferdeschlächtcr Israels« ist wegen Verdachts der Beihilfe ins Landgerichtsgefängnis ein- grliefeit worden. Ein wandernder Böttcher- geselle Friedrich Klebs aus Ellerwalde wurde auf belastende Indizien hin in Bartenstein als mutmaßlicher Mörder festgenommen, soll aber, inzwischen sein Alibi glaubhaft nachgewiesen haben. Nürnberg. Der hier als sozialdemokratischer Landtagskandidat aufgestellte Freiherr Haller von Hallerßein ist praktischer Arzt, hat aber auch die Rechte studiert und das Unioerfitäts- examen bestanden. Er stammt Ms dem be kannten alten Nürnberger Patriziergeschlecht und ist als Alter Herr eines der feudalsten bayrischen Korps Korpsbruder des Ministerpräsidenten Freiherr» von Crailsheim. Straßburg. Wie Blätter berichten, ist eine in Straßburg in ärmlichen Verhältnissen lebende Frau über Nacht zur Millionärin geworden. Vor vielen Jahren wanderte die Schwester der Frau mit ihrem Manne nach Mexiko aus, wo es die beiden Leutchen zu einem immensen Reichtum brachten. Als der Mann starb, hinter ließ er das Gesamtvermögen seiner Frau. Nun ist auch diese gestorben, und es wurde nach den Erben geforscht. Durch Vermittelung des deut schen Konsulats ist besagte Frau in Straßburg als die glückliche Erbin entdeckt worden. Wie man sagt, handelt es sich bei dieser Erbschaft um acht und eine halbe Million Frank. Benedig. Am Montag vormittag stürzte hier ein dreistöckiges, bewohntes Haus plötzlich zusammen und sank in den darunter fließenden Sankt Jakobs-Kanal. Mehrere find tot, andere verwundet. Neapel. Der Neffe des italienischen Ministers der öffentlichen Arbeiten Lacava, der hier als Postbeamter angestellt war, wird be schuldigt, auf dem Eisenbahnpostamt von den frankierten Soldatenbriefen die Marken entfernt und sie in anderen Postfilialen für eigene Rechnung noch einmal verkauft zu haben. Außer dem beraubte er die Briefe, die sehr ost kleine Geldsendungen enthielten, ihres Inhalts. Ein höherer Postbeamter, der im Hause des jungen Lacava eine Haussuchung vornahm, fand bei ihm mehr als 50 erbrochene Soldatenbriefe und eine große Anzahl Papierschnitzel, die von bereis vernichteten Briefen herrührten. Der Neffe des Ministers ist sofort aus dem Postdienst ent lassen worden, ob er aber bei der in Italien herrschenden Günstlingswirtschaft auch der Justiz übergeben werden wird, ist eine andere Frage. Konstantinopel. Bei Beirut fand auf einem türkischen Torpedoboot eine Explosion statt. Der größere Teil der Bemannung wurde getötet. Tientsin. Nach hier eingetroffenen Nach richten haben die Boxers in der Nähe von Pastingfu eine große Anzahl katholischer Chinesen niedergemetzelt. Jedenfalls liegt hier aber ein Beweis dafür vor, wie geringe Wirkung das kürzlich auf die Vorstellungen der Mächte er gangene Edikt der chinesischen Regierung gehabt hat. Die Geheimgesellschaften kümmern sich nicht im geringsten darum, weil sie eben wissen, daß das öffentlich Getadelte und mit Strafen Bedrohte insgeheim die volle Billigung einer hohen Regierung in Peking findet! Algier. Ein Gelehrter, welcher von der französischen Negierung mit geologischen Forschungen in Algier betraut war, hat vierzehn Petroleumquellen von ungeheurem Reichtum ent deckt. Dieselben sollen ebenso ertragreich sein, wie die von Baku und Galizien. Verschiedene Finanzgesellschajten zur Ausbeutung dieser Quellen werden in den nächsten Tagen gebildet werden. Gerichtslkalle. Leipzig. Die nachstehende hübsche Schilderung einer Gerichtsverhandlung ist einem Leipziger Lokal blatt entnommen: Der kleine Mann, der da auf der Anklagebank sitzt, hat gqr nicht das Aussehen, als ob er einen Mitmenschen betrüben könnte, und dennoch ist er angeklagt, den Restaurateur W. in Leipzig mit einem „gefährlichen Werkzeug im Sinne des Gesetzes" verletzt zu haben. Das gefährliche Werkzeug war nämlich ein Bierglas. „Ich war Se abber ooch dichtig rachig uff den alden Freind," meint der Angeklagte in Beziehung auf den Ver letzten. — „Was thut er Ihnen denn zuleide?" fragt der Vorsitzende. — „Egal veralbert hat'r mich." — „Wodurch?" — „De Sache war Se nämlich so. Ich hatte mer vor S baar Wochen ä Hiehnchen ge- koost, abber das L . . . . wollte kenne Eier legen; wie ich das am Stammtische erzählen dhat, da meente der Resteradeer W., nee'm welchen ich wohnen dhu, ich sollte ä Stickchen Brot mit Gamillendhee befeicht'n un dieses dann den Hiehnchen ze fressen g'eem. Na scheen, das hab 'ch ooch gemacht un richtig, am nächsten Morgen fand 'ch zehn Eier im Stalle. Naddierlich hab 'ch den Dhier- chen gleich Widder Gamillenbrot gegee'm un am nächsten Morgen lagen wieder zehn Eier da. So ging es drei Dage lang. Wie 'ch abber an vierten Morgen in'n Hiehnerstall kam, da lag nee'm den Buttchen ä großer Zettel un dadrauf stand geschrie'm: „Ich kann nicht mehr!" — Jetzt ging mer erscht ä Licht uff, daß mich die L ... . sch an Stammtische veralbert hatten. Bald d'rauf hat mersch ooch unser Hausmann erzählt, daß d'r W. alle Tage sich von jeden Stammgast hat änn Groschen gee'm lassen un fer das gesammelte Geld hat 'r dann die Eier gekooft, die er mer nachenS in 'n Hiehnerstall vrakdi- zierte. De merschten waren Se iebrigens schon faul und thaten hellisch riechen. — Na, da kenn Se sich wohl denken, daß 'ch fuchsdeifelswilde wurde un glei nieberging zu den alten Fiffikaner. In der Bosheet hab 'ch mich dann nich mäßigen gekonnt und hab'n cs Bierdebbchen an Gopp gewixt." — Zum Glück war die Verletzung keine gefährliche, der Besitzer der vom vielen Eierlegen so sehr er schöpften Henne wurde zu einer Geldstrafe von 20 Mk. verurteilt. Dir Durchführung de» Handwerks- Organisalionsgrfrtzrs. In einzelnen Blättern wird davon gesprochen, daß, nachdem mit dem 1. April die Errichtung der Handwerkskammern möglich geworden ist, das Handwerks-Organisationsgesetz vom Jahre 1897 vollständig zur Durchführung gelangt sei. Hierzu schreiben die offiziösen ,Berl. Pol. Nachr.': Das ist ein Irrtum. Zwei Abschnitte dieses Gesetzes werden erst im nächsten Jahre Geltung erlangen. Der eine betrifft die besonderen Be stimmungen über die Lehrlingsverhältnisse der Handwerker. In der Gewerbeordnungsnovelle vom 27. Juli 1897 waren die Lehrlingsverhält nisse in zwei Abteilungen geschieden; die eine behandelte die allgemeinen Bestimmungen, unter welche also auch die Lehrlinge in den Fabriken fallen, die andere die besonderen Vorschriften für die Handwerker. Die ersteren find schon seit einiger Zeit in Kraft, die besonderen Vor schriften über die Lehrlingsverhältnisse im Hand werk werden erst am 1. April 1901 Gesetzes kraft erlangen. Bis dahin werden die Ms- führenden Behörden in der Lage sein, etwaige Ausnahmen, welche fie von der Bestimmung über das Halten von Lehrlingen zu machen für angezeigt erachten, zu erlassen. Der zweite Gesetzesabschnitt, der hier in Rede steht, wird sogar erst am 1. Oktober 1901 in Kraft treten. Er betrifft den Meistertitel. Nach dem Hand werks - Organisationsgesetz dürfen bekanntlich den Meistertitel in Verbindung mit der Bezeich nung eines Handwerkers Handwerker nur führen, wenn fie in ihrem Gewerbe die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erworben und die Meisterprüfung bestanden haben. Zu letzterer find fie in der Regel nur zuzulassen, wenn fie mindestens drei Jahre als Geselle oder Gehilfe in ihrem Gewerbe thätig gewesen find. Die Abnahme der Prüfung erfolgt durch besondere Prüfungskommissionen, und die Errichtung dieser geschieht nach Anhörung der Handwerkskammern durch Verfügung der höheren Verwaltungs behörde, welche auch die Mitglieder ernennt. Voraussetzung für die Bildung der Prüfungs kommissionen, also auch für die Verleihung des Meistertitels, ist die Errichtung der Handwerks kammern und der Beginn deren Thäugkeit. Von diesen Kammern find bisher nur einige ins Leben getreten. Man nimmt zwar an, baß spätestens im Sommer des laufenden Jahres die Bildung der Kammern ihren Abschluß ge funden haben wird, jedoch darf man dann auch nicht vergessen, daß die Kammern nach ihrer Konstituierung zunächst eiligere Angelegenheiten zu erledigen haben und daß dann auch die Vorbereitung für die Gutachten der Kammern auf dem in Rede stehenden Gebiete einige Zeit erfordert. Es ist deshalb durchaus zweckmäßig gewesen, den Termin des Inkrafttretens der Bestimmungen über den Meistertitel auf den 1. Oktober 1901 zu verlegen. Zu diesem Zeit punkte erst wird das gesamte Handwerks-Orgaui- sationsgesetz zur Geltung gelangt sein. Eine Adrlsfakrik ist die neueste Errungenschaft findiger Ruffen, die binnen kurzem vor den Schranken des Senats die gebührende Würdigung finden wird. Im Gouvernement Kukais ist eine Anzahl von Personen in Hast genommen worden, die sich gegen anständige Zahlung zur Fälschung von Adelsbriefen des imeritischen Zaren Salomo und der einstigen Beherrscher Mingreliens, der Fürsten David und Leo Dadiani Hergaben und dieselbe ungestraft in sehr großem Maßstabe jahrelang betrieben haben. Die Untersuchung steht hier vor einem grmdiosen Meineids-, Fälschungs- und Bestechungsprozeß, der sehr charakteristische Streiflichter auf das Beamtentum in den russischen Grenzmarken wirft, und m einem solchen Umfang wohl noch nie vor russi schen Gerichten verhandelt worden ist. Die Häupter dieser Fälscherbande, Aschotria, Schelia, Vurgawa und Kulaiskeri, alle Kaukaster, be finden sich gegenwärtig im Gefängnis zu Kuh lais, dessen ganzes Gouvernement fie mit ihren Vertretern bezogen hatten, die alle nach Leuten suchten, die für einen Adelsbrief Geld zahlten. Außerdem unterhielten fie eine Filiale in Tiflis, die gleichfalls sehr gut arbeitete, da bisher die Fälschung von allein 285 Fürstendiplomen fest gestellt werden konnte, während die Zahl der sonstigen Adelsbriefe Legion ist. Die Fälschun gen der Matrikel wurden nach der,Königsb. Hart. Ztg/ auf gewöhnlichem Papier vorge nommen, das vorher in Wasser mit Ruß ge kocht worden war und alsdann mit den ge fälschten Siegeln der einst unabhängigen Herrscher Imeretiens und Mingreliens versehen wurde. Diese Dokumente wurden von deren Inhabern in das Adelsarchiv von Kukais zur Eintragung in die Adelsbücher eingesandt, was gewisse be stochene Beamte der dortigen Kanzlei seit mehreren Jahren anstandslos im Dienste der Fälscher gethan haben, bis plötzlich kürzlich der Wechsel des Vize - Gouvemeurs das ganze Treiben dieser Adels fabrik aufdeckte. Dem neueingesetzten Vize - Gouverneur fielen die Radierungen in den Adelsbüchern auf, zudem bestärkte ein aus dem Heroldiedepartement an ihn unbestätigt zurückgesandtes Fürstendiplom eines stadtbekannten Wucheres seinen Bedacht, der sich bei einer telegraphischen Anfrage in Petersburg bestätigte, weil es sich erwies, daß der dem besagten Fürstendiplom beigelegte Brief des Vize - Gouverneurs, in welchem er das Heroldiedepartement darum ersuchte, das Diplom nicht ihm, sondem dem Adelsarchiv bestätigt zn- zustellen, gefälscht war. Nun erfolgte die Auf deckung der grandiosen Fälschungen, in denen viele Beamte verwickelt find, und die Uebergabe an die Prokuratur. Der Monstreprozeß, der 285 Personen ihres unrechtmäßigen Fürftentitels entkleiden wird, dürste zahllose Mißbräuche in dem Verwaltungsapparat der Provinzen auf decken. Kuntes Allerlei. Die reinen Neger haben bekanntlich eine tiefe Abneigung gegen die Mulatten. Als nun eines Tages ein Missionar einen Neger deshalb zur Rede stellte und bemerkte: „Warum haßt ihr die Mulatten? Sie find ja doch auch Menschen wie ihr und Kinder unseres himm lischen Vaters," da schüttelte der Schwarze den Kopf und meinte: „O nein, der liebe Gott hat den Kaffee geschaffen und die Milch geschaffen, aber nicht den Milchkaffee." Ans der Sekundärbahn. „Schaffner, hält der Zug hier so lange, daß man ein Glas Bier trinken kann?" — „Nein, so lange HSU er nicht . . . aber Sie können ja nachkommen!" Nette Sorte. Wirt: „Meine Weinberge find bis jetzt noch immer von der Reblaus ver schont geblieben!" — Gast (trocken): „Das wundert mich nicht!" Ein Münchener Kind. Arzt: „Was muß ich sehen, Sie geben Ihrer Kleinen Bier?" — Bauer: „Nein, wir geben ihr d' Medizin Mr aus'm Maßkrug!" 'n- ' - zusammengesetzten künstlichen Wasserhaltungsma- lchinen eines Bergwerks zu zerstören find! . . . Ein paar tüchtige Steine hinein und ein paar Schaufeln Erde, die allmählig die Oeffnungen verstopfen, wie's just kommt. Das andre macht sich von selbst urd dauert nicht einmal lange— wie lange, ist freilich nicht ganz zu bestimmen! Vielleicht einen Tag, oder zwei — höchstens! Versteht Ihr mich?" „Freilich verstehe ich Euch," nickte Hiller zu stimmend, indem er sich die Verwüstung verge- gegenwärtigte, die der zerstörte, oder auch nur gehemmte Mechanismus für daS Bergwerk zur Folge haben mußte. Die Kühnheit und Sicher heit des Planes überraschte ihn um so mehr, als er eivsah, wie leicht und verderbenbringend die Ausführung war. „Und wenn das Ting herauskommt?" fragte tt voll gespannten Interesses. „Unsinn! Das Ding wird nicht heraus kommen — so wenig wie die Explosionen und die schlagenden Wetter. So etwas macht der -Zufall"! - Hahaha I" Auch Häuer Hiller stimmte in das Lachen Mit ein. „'s ist freilich am besten, wenn Ihr Euch uns dem Stc ube macht, ehe der Spaß losgeht! Am Abschied entgeht Ihr nicht, den bekommt 3hr ohnehin—" „'s mag wohl so werden!" ^^Anders könnte man vielleicht doch an Rache -Freilich! Aber wohin? - Ohne Geld?" „Ihr habt ja die Streikkasse noch im Besitz, dte wir gesammelt haben! Von Rechtswegen gehört fie uns! Stimmt fie noch Ms Heller und Pfennig?" „Nicht ganz!" gestand Häuer Hiller. „Einerlei! 's wird mehr als genug sein, was drin ist! Hört, waS ich Euch Vorschläge!" „Nun?" „Nicht wahr, am Montag sollte fie Euch abgenommen werden?" Häuer Hiller nickte zustimmend. „Nun am Samstag Nachmittag geht Ihr zur Kreissparkasse, um das Geld zu erheben, nachdem Ihr am Morgen mit den Wasser haltungsmaschinen fertig geworden seid! Wie gesagt, ein paar tüchtige Steine und einige Schaufeln Erde werden den Kommerziemat zum armen Manne machen! Nicht wahr, Ihr habt doch Frühschicht am Samstag? Wann ist jetzt der Wechsel?" „Um sechs Uhr früh, bei achtstündiger Zeit unter Tage: also bis zwei Uhr/ „Just wie's sein soll — für uns! Zeit für alles — vollauf! ... Tie Sparkasse in der Stadt zahlt auf das Quittungsbuch sofort Ms — verstanden?" „Jawohl!" „Mit dem Gelde kommt Ihr in den „Gnom", hierher in dies Zimmer, wo wir drei uns treffen, um mit dem nächsten Zug nach Antwerpen und Amerika abzufahren. Tas Geld wird natürlich unterwegs geteilt. Wenn das Bergwerk ersoffen ist, werden die Verräter hier am Hungertuche nagen müssen. Wir aber werden zufrieden sein können. Die Maschinen werden wohl bis zum andern Tage arbeiten, dann aber wird der i Spaß ganz gewiß losgrhen — vielleicht wenn fie hier miteinander im „Gnom" fitzen. Wir drei sind dann über alle Berge l Ihr zweifelt doch nicht, daß Ihr den Laufpaß vom Alten erhallet ? „Nein," gab Häuer Hiller kläglich zu. „So überlegt Euch das Ding und sagt uns morgen Antwort, hier an dieser Stelle," schloß Charles Noir, indem er das oft geleerte Brannt weinglas des Häuers von neuem füllte. „Adieu für heute — ich will noch auf eine andere Zeche hinüber, um einmal mit Augen zu sehen!" Häuer Hiller saß noch lange still und stumm und dachte an alles und nichts. Die sichere Entlassung aus der Arbeit, die Enthebung von der Verwaltung der Streikkasse, in der sich auch ein Defizit fand — alles zusammen machte ihm den Kopf wirr. Sell seine Atte gestorben war, hatte er „kein Glück mehr"! 20. Irene Nllenhagen saß im weinlaubumwachsenen Erker ihres Mädchenstübchens und hielt einen Brief des Vetter-Leutnant in der Hand. Es war die lange vorgeahnte Werbung. Der Brief war sehr diplomatisch an „Tante Kommerzienrat" gerichtet, indem der Schreiber darin in den ehrfurchtsvollsten, aber auch ein dringlichsten Worten um deren Fürsprache bei der schönen Koufine bat. Natürlicherweise hatte es die Kommerziemätin auch keineswegs an solcher Fürsprache fehlen lassen. „Daß du als Vetter-Wolffs Frau meinen geliebten, hochgeachteten Familiennamen tragen wirft, liebe Irene, ist nur ein glücklicher Zufall, auf welchen ich keinen besonderen Wert legen will," hatte die Mutter gesagt. „Aber Vetter Wolffs Person, und die Kreise, in welche er dich einführen wird, find glücklicherweise derartig, daß dein Los an seiner Seite nur ein beneidens- wertes sein kann. Sein guter Name, im Verein mit seiner Tüchtigkeit, müssen ihm notwendiger weise die Wege ebnen. Ja, ich hoffe zuversicht lich, daß er eine gute Karriere machen wird, und werde Papa veranlassen, euch pekuniär derartig zu stellen, daß ihr gleich von Anfang an anständig in der Gesellschaft auftreten könnt. Ein Haus zu machen, natürlich in taktvoller, bescheidener, seiner Anfangsstellung entsprechender Weise ist sür den jüngern Offizier noch immer ein gutes Mittel zu nutzbringenden Bekanntschaften und Konnexionen geworden! .... Die Verhältnisse stimmen hier m selten glücklicher Weift zusammen!" Die Tochter hatte der langatmigen Aus einandersetzung schweigend zugehört und ver sprochen, sich die Sache zu überlegen. Sie hoffte dabei auf die Unterstützung des Vaters, mit dem fie sich bis jetzt immer verstanden hatte. Leider mußte fie aber dabei die Er fahrung machen, daß dies Verständnis bei dem Punkt ihrer Verheiratung zu scheitern drohte. Der Kommerzienrat hatte sich lange und tapfer gegen die Einflüsterungen gewehrt, mit denen man Friedr ch Melzer bei ihm verdächtigen wollte. Nicht nur von Mutter und Sahn waren diese Verdächtigungen gekommen, sondem auch aus Geschäftskreisen, welche das neue Empor- blühen der Firma mit neidischen Blicken be trachteten, und dem Kommerzienrat die tüchtige Kraft nicht gönnten. LG is (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)