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Allgemeiner Anzeiger : 02.05.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190005026
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19000502
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1900
-
Monat
1900-05
- Tag 1900-05-02
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Monat
1900-05
-
Jahr
1900
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 02.05.1900
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Münster. Zur Aufklärung des großen Postdiebstahls berichtet der .Wests. Merkur': Am 23. d. wurde der frühere Postunterbeamte, jetzige Eisenbahnbeamte Heinrich Claes, als der That dringend verdächtig verhaftet. Der Diebstahl wurde in der Nacht vom 7. zum 8. September 1898, morgens 3 Uhr, ausgeführt. An Geldkurssack, in welchem fich die für Münster bestimmten Geld- und Wertsendungen in Höhe vo« 13000V Mk. befanden, wurde während der Fahrt vom Bahnhofe zum Postamt aus dem unverschlossenen Postwagen gestohlen. Die Ober postdirektion Halle auf die Entdeckung des Thäters eine Belohnung von 3000 Mk. ausgesetzt. Ver schiedene Verhastungen führten zu keinem Er gebnis. Im Januar d. schied Claes aus dem Postdienst aus und ging zur Eisenbahn über. Zur Zeit des Diebstahls hatte er eine Jung gesellenwohnung in der Schützenstraße und speiste in einem Hause der Marievengasse. Er war zuerst Postillon, wurde dann Posthilssbote am Bahn- Postamt und leistete Hilfe bei der Stadtbrief bestellung. Nachdem er angeblich wegen Strei tigkeiten mit einem der Mitangestellten seinen Dienst aufgegeben, zog er durch Ankäufe von Grundstücken u. s. w. die Aufmerksamkeit auf sich. Er ist Besitzer zweier an der Mecklen- beckerstraße gelegenen Häuser. Die großen Aus gaben, welche Claes machte, veranlaßten die Behörde, in eine Untersuchung über den Ur sprung der Geldquelle einzutreten. Jetzt hat Naes den Raub eingestanden. Der Verhaftete Schänd, die Summe von 90 000 Mk. sei noch « seinem Hause an der Mecklenbeckerstraße ver steckt. Eine Durchsuchung des Hauses bestätigte die Angabe; es wurde auf dem Speicher des Hauses unter den Fußdieleu verborgen das Geld vorgefunden. Die Poftbehörde wird also ziemlich schadlos gehaüen, da neben der Summe von SO 000 Mk. auch die Häuser und Grund stücke des Verhafteten beschlagnahmt wurden. München. Idyllische Zustände herrschen dl gewisser Hinficht noch in Bayern. In der Montagsfitzung der bayrischen Kammer teilte Präsident Dr. Orterer mit, daß die Plenar- sttzung am 28. d. nur bis 11V- Uhr morgens dauern könne „aus den den Herren bekannten Gründen". Der Fernstehende wird daraus schließen, daß irgend ein wichtiges parlamentari sches oder politisches Ereignis die Abgeordneten verhindere, noch nach 11V- Uhr in der Kammer zu tagen. Ein für München sehr wichtiges Er eignis ist es nun allerdings, das die Abgeord- «eten am 28. d. um 11V, Uhr an einem andern Oll lebhaft beschäftigen sollte. Es findet näm- «4 zu der angegebenen Zeit im Hofbräuhaus der erste Bockanstich in diesem Jahre statt und die Abgeordneten suhlen fich in ihrem parlamen tarischen Gewissen verpflichtet, fich zu über- Mgen, ob das Hofbräuhaus, dessen Etat ja «rch ihrer Bewilligung unterliegt, zufrieden stellende Leistungen aufweist. Würzburg. Die Statue St. Georg am Haupteingang zum neuen Rathanse wurde däh«nd der Nacht von Bubenhänden zer- Mmmert; beide Arme und der Speer wurden abgehauen und der Schweif des Drachen ver stümmelt. Straßburg i. E. Vom Blitz getroffen wurden am Donnerstag bei einem Gewitter während der Feldarbeit zwei Brüder Salomon aus Jrmstell. Der eine der Brüder war sofort tot, der andere wurde schwer ver brannt. Metz. Die Zoll- und Steuerbehörde fahndet hier augenblicklich sehr scharf auf Spielkarten mit falschem Steuerstempel. Es sollen that- sächlich derartige Spielkarten vielfach vorhanden und auch bereits beschlagnahmt sein. Man nimmt an, daß die ungestempelten Kallen erst vach Luxemburg ausgeführt werden, dort mit falschem Stempel versehen und über die Haupt- steucramtsbezirke Metz und Trier wieder nach Deutschland zurückkommen. Da das Großherzog- wm Luxemburg zum deutschen Zollverein gehört, so unterliegen die Kallen bei der Wiederein führung keinerlei zollamtlicher Kontrolle. Der Reichsstempel beträgt für das Spiel 30 Pfg. Paris. Ein Ausstand der Waschfrauen ist die neueste Bescherung, welche die Weltaus- strllusg den Parisern bringt. Gasthöfe und Restaurants, die auf die Großwäschereien an gewiesen find, geraten dadurch in große Ver legenheit. Allseitig werden Anstrengungen zur Begleichung dieses Lohnstreites gemacht. Ber«. Durch Beschluß hat der Staatsrat des Kantons Wallis die Gemeinde Jserables (Kanton Wallis) unter Vormundschaft gestellt. Es bestand zwischen dem Gemeindepräsidenten und den sechs Gemeinderäten ein bitterer Haß. Infolgedessen brachte der Gemeinderat keine Be schlüsse mehr zu stände. Seit zwei Jahren wurde kein Gemeindebudget mehr aufgestellt — die Gemeinde zählt über 900 Einwohner — und die Steuern wurden zum Teil nicht mehr entrichtet. Eine Straße sollte notwendig gebaut werden: wegen des Haders im Gememderate kam sie nicht zu stände. Alle von den über geordneten Behörden gemachten Versöhnungs- Versuche waren erfolglos. As der Regierungs statthalter von Martinach eine Versöhnungs- Versammlung anordnete, verließen die sechs Gemeinderäte sofort den Saal, als sie des ge haßten Gemeindepräsidenten ansichtig wurden, und der Regierungs Statthalter mußte unver richteter Dinge abziehen. Zweimal hatte der Dorfpräses demissioniert, aber hartnäckig wählten ihn die Bürger wieder. Mit der Politik oder Konfession hat der Handel nichts zu thun; Präses und Gemeinderäte find katholisch-kon servativ. London. Ein ungewöhnlich glänzendes Meteor wurde in den südöstlichen Teilen Eng lands beobachtet. Man Hölle drei scharfe Explosionen. Nach dem Verschwinden des Meteors wurde ein Geräusch, ähnlich einem fernen Kanonenschuß, vernommen. Der Himmels körper kam aus dem Sternbilde des Löwen südwärts vom Himmel herab, an einer anderen Stelle wurde er zuerst im Sternbilde der Jungstau gesehen. Vor seinem Bersten blitzte es glänzend auf. Von der Stadt Reading aus sah man die Erscheinung in eine Wolke von Funken ausgehen, die für einen Augenblick den Himmel und die ganze Landschaft mit Licht überflutete. Der Astronom Cromelin schätzte die Helligkeit auf das Dreifache des Lichtes der Venus in ihrem hellsten Glanze und sah das Meteor in der Nähe des Sternes Denebola im Großen Löwen endigen. Es liegen so viele Berichte über das Meteor vor, daß sich vielleicht dessen Bahn bestimmen lassen wird. Sein Aus gangspunkt lag wahrscheinlich in der Nähe des Sternes Alioth, des ersten im Schwänze des Großen Bären. Die Höhe, in der die Feuer kugel über der Erde explodirte, wird vorläufig auf rund 80 Kilometer angegeben. Athen. Das Schloß Achilleion auf Korfu, das Kaiserin Elisabeth von Oesterreich mit einem Aufwand von sieben Millionen Frank errichtete, wurde an eine französische Aktien- Gesellschaft für eine Million Frank verkauft. Der Käufer erlangte, ehe der Kauf perfekt gemacht wurde, von der griechischen Regierung die Konzession zu einer Spielbank großen Stils. Es werden schon alle Vorbereitungen zu dieser Umwandlung getroffen. Uebngens wurden schon im vorigen Sommer die schönsten Kunst schätze aus Achilleion nach Wien gebracht. Nur zwei Zimmer find dort noch in dem Zustand, in dem sie die Kaiserin verlassen hat; anch die Statue Heines steht noch auf ihrem Platz. Washington. Die vom Marineamt im Jahre 1897 zu Gunsten der Hungersnotleiden den in Indien bewilligten Gelder zur Ber stachtung amerikanischen Getreides nach Bombay und Kalkutta werden auch den Notleidenden dieses Jahres zu gute kommen. Damals hatte man in New Jork und San Francisco große Mengen Reis und Mais für die verhungernden Indier gesammelt und das Marineamt in Washington hatte die zum Transpoll dieser Liebesgaben nötigen Schiffsmietsgelder ange wiesen. Es war damals in New Jork nicht möglich gewesen, rechtzeitig einen Dampfer zu bekommen, das gesammelte Getreide mußte ver kauft werden, und mau begnügte fich, den Erlös in bar nach Indien zu schicken, während von Kalifornien ein Schiff nach Kalkutta abging. Da in diesem Jahre die Hungersnot, die schon jetzt 5 Millionen Menschen zu Almosen-Empfängern gemacht hat, ganz andere Maße annimmt als vor zwei Jahren, so haben die wohlthätigen Gesellschaften, die auch diesmal wiederum große Menzen Mais für die Indier zusammengebracht h^m, beim Marineamt sngefragt, ob die da- umrs für die Verschiffung des Getreides vom Kongreß dem Amte angewiesenen Gelder heute noch verwendungsbereit find. Der Marine sekretär hat nun bejahend geantwortet, und die Hilfssendung wird demnächst auf Kosten der Ber. Staaten nach Indien abgehen. Gerichtslialle. Erfurt. Der 13 Jahr alte Schulknabe Ed mund H. in Tcnnstädt, der mittels Dietrichs im Schulzimmer einen Schrank öffnete und einige Schreibhefte stahl, wurde von der hiesigen Straf kammer wegen schweren Diebstahls zu 1 Monat Ge fängnis verurteilt. Regensburg. Der langwierige Millionenprozcß der Stiftungsverwaltung des Grafen Dörnberg gegen die Verwaltung des Fürstenhauses Thurn und Taxis wurde vom hiesigen Landesgericht wegen Verjährung kostenfällig abgewiesen. Co»so-Greuel. Das ,Petit bleu' veröffentlicht einen sen sationellen Brief des congolrfischen Korrespon denten Paul Conreur, welcher ungeheures Auf sehen erregt und auch in der Kammer demnächst zur Sprache kommen wird. Die berichteten Greuelthaten dadurch bestätigend, ergänzt der Verfasser die Berichte über die All der Gummi gewinnung durch folgendes: Wenn Eingeborene Gummi abliefern, werden fie von Soldaten umringt und ihre Körbe abgewogen. Enthalten dieselben nicht volle fünf Kilo Gummi, dann erhalten die Betreffenden hundert Stockhiebe, andernfalls Stoff oder sonstige Gegenstände als Bezahlung. Bringen von 100 Einwohnern nur 50 Gummi, so werden diese als Geiseln zurück- gehalten, während dir Soldaten die übrigen 50 niedermetzeln und ihr Dorf in Brand stecken. Unterwegs werden unterworfene Neger als Hilfstruppen eingereiht, mit Lanzen bewaffnet und bei den Streifzügen gegen die Eingeborenen losgelassen mit der Erlaubnis, ihre kannibalischen Gelüste zu befriedigen und die getöteten Feinde aufzuessen. Der Gewährsmann sendet Dupli kate eines Protokolls des Gerichtsoffiziers Moray mit, welche die Aussagen zweier Ser geanten und zweier Soldaten enthaften, denen zufolge der Agent Vaneycken, Chef der Ndobo- Zone, alle Dörfer von Ambao bis Ndobo an zuzünden und die eingeborenen Männer, Weiber und Kinder niederzumetzeln befahl. Er ließ den Männern die Köpfe abhauen und auf Pfähle stecken, außerdem den Getöteten die Hände ab schneiden und die Weiber und Kinder kreuz förmig auf Pfähle spießen. Mangel an große« Ostsee-Fracht- dampfern. In jüngster Zeit ist wiederhoft auf den Mangel an großen, zur Frachtbesörderung ge eigneten Ostseedampfern hingewiesen worden. Die Lübecker Handelskammer machte in ihrem Jahresbericht für 1898 darauf aufmerksam, daß fich für Massengüter ein Mangel an verfügbarem Schiffsraum unter deutscher Flagge zeige und daß es wünschenswert sei, wenn die deutsche Kauffahrteischiffahll sich baldigst auch dieser Sette des Betriebes zuwende, um den deutschen Kauf mann in diesem Punkte von fremden Schiffen unabhängig zu machen. In ähnlicher Weise sprach fich ein Danziger Reedereibesitzer dahin aus, daß für die deutsche Volkswirtschaft eine starke Frachtdampferflotte ebenso nötig sei wie eine starke Kriegsflotte. Zwar find in allen größeren Ostseestädten Reedereien mit einer An zahl Seedampfer von stattlichem Fassungsver mögen vorhanden. Trotzdem erfolgt der Kohlen- transpoll von England nach der Ostsee und der Holztransport von Finnland aus zum großen Teil durch englische und dänische Dampfer. Hier müßte eine Aenderung eintreten. Daß es den Ostsee-Reedereien möglich ist, größere Fracht- dampfer ständig in Fahrt zu hatten, zeigt uns nicht nur Flensburg, sondem auch das Beispiel Wiesmars, dessen Dampferflotte, zum großen ' Test aus 1000—1500 Tonnen großen Schiffen , Plötzlich fährt Polly jäh in die Höhe und knurrt bissig wie zur Abwehr eines Feindes. „Leg di dal, Hundevieh!" ermahnt Gerd, der anscheinend nicht gestört sein mochte. Aber Polly bellt wütend und fährt einem lebenden Wesen entgegen, welches sich langsam »nd mühsam quer über die Heide schleppt. Zu- >veilen scheint die Gestalt in Moor und Sumpf Kl versinken: dann rafft fie sich wieder in tue Höhe und strebt anscheinend in Eile dem Oll Py wo Gerd sich augenblicklich niedergelassen hat. Noch wenige hastige Schritte — und Häuer Hiller steht schwankend und blutüberströmt, aber in voller, mächtiger Größe dem Lüttgen gegenüber: Riese und Zwerg. „Hast zu trinken, Mtger?" fragte er mit Anstrengung. Gerd schüttelte den Kopf. Die Heide ist huellenarm, und er hat fich das Trinken abge- wöhm, wenn er nicht gerade im Klaushof ist, woselbst es Bier, Branntwein und Buttermilch öenug gibt. Häuer Hiller hat fich auf die trockene, warme Erde niederfalleu lassen — schwer wie ein gefällter Baum. Er reißt ein Bündel Heidekraut ab und trocknet fich das Blut, Ms aus einer klaffenden Stirnwunde immer don neuem über das Gesicht rieselt. Die Um- pbuug des Auges ist bereits stark und gefahr drohend angeschwollen. „Hilfe, Hilfe!" stöhnte § laut. „Muß ich hier umkommen, wie's liebe «ieh?" „Ich will Schwester Grete« holen aus dem Hirtenhouse l" sagte Gerd, der fich keinen Rat Mß. Aber er muß die Wolle wiederholen, beim Häuer Hiller Höll und steht nicht und "ahnt und heult von neuem. Der Lüttge ist ausgestanden und wi^ hinweg. Häuer Hiller und Polly und Schwester Greten find immer gut zu ihm gewesen, und er ist auch gut zu ihnen. „Soll rch Schwester Greten holend fragt er noch einmal. „Hilfe! Hilfe l" jammert der Riese. „Und ihn sollen sie kriegen, den Spitzbuben; er hat mich totgeschlagen!" Gerd wendet fich zu Polly und deutet auf die Heerde — mit ihm ist fie wohl aufgehoben. Dann nimmt er den Fahrweg und läuft was er kann. An der ungefähr zweihundert Schritt entfernten Stelle, wo fich die Wege nach War- finghausen und Süttel kreuzen, trifft er auf ein Fuhrwerk. „Lüttger, du rennst ja, als ob dein Dickkopf brennt!" ruft ihm der Lenker lachend herab. „Wo willst du hin?" Gerd blickt auf und erkennt „Herrn Friedrich" wie er den jungen Herrn immer von Schwester Greten nennen Höll, welche bei der Frau Pastorin in Süntel jahrelang ein- und ausgeht. „Ich ich will" — Du rennst ja mitten in das Donnerwetter hinein, das am Himmel steht," sagt der junge Ingenieur und zeigt auf die fich sammelnden Gewitterwolken. „Mach, daß du wieder zu den Schnucken kommst!" Gerd schüttelt den Dickkopf. „Ich will Schwester Greten holen! Der Häuer blutet — sie haben ihn totgeschlagen!" „Wer blutet? — Was? — Wen haben fie totgeschlagen?" Es dauert eine Weile, ehe Friedrich Melzer unterrichtet ist — dann aber ist er schnell vom Bock herab und wirft dem im Jagdwagen fitzenden Kutscher die Leitung an den Kopf. Wenn er auch noch nicht klar sieht, gilt es doch kein Besinnen. .Steig auf und laß dich nach Wülfinghausen fahren, Gerd," bestehlt er — „aber nicht zur Schwester Greten, sondern zum Doktor, er soll mit dir kommen, sofort, nach der Heide/ Damit ist Friedrich Melzer in der Rich tung hinweg, aus welcher Gerd gekommen ist. Zehn Minuten später steift er neben dem jammernden und fluchenden Hiller, der den blut überströmten Kops an die zur Erde gerichtete Deichsel des zweirädrigen Schäferkarrens ge lehnt hat, in dem Gerd die kühleren Nächte aus der Heide verbringt. Scharfsichtig entgeht es Friedrich Melzer nicht, daß der Verwundete, anstatt die Hilse mit Freuden zu begrüßen, beim Anblick des Retters hoch aufschreckt. Der Argwohn, dessen fich der junge Monn schon bei Gerds Erzählung nicht erwehren konnte, verstärkt fich unwillkürlich. Häuer Hiller siebt längst bei ihm in Mißkredit; demgemäß ist das Examen, das er anstellt, scharf genug. Zuvor reicht er indessen dem zer setzten Häuer sein Taschentuch zum Verbinden. Daneben versucht er aber auch durch geschickt gestellte Kreuz- und Querfragen der Sache auf den Grund zu kommen und erfährt bald, daß es fich um einen räuberischen Angriff handelt, der Häuer Hiller begegnet ist, als derselbe mit dem auf der Kreissparkasse erhobenem Gelbe der Streikkasse nach dem „Gnom" unterwegs war, und daß der Räuber der Belgier Charles Noir ist. „Wohin ist der Räuber?" inquirielle er. „Fort! Nach Amerika! Wir wollten lieber Antwerpen sollte der Weg gehen . . ." bestehend, fortwährend und zwar in der ausge sprochenen Absicht erweitert wird, zunächst den Kohlentransport zwischen den englischen Häfen und Wismar selbst zu übernehmen. Ein weiteres sehr lehrreiches Vorbild gibt das kleine Schles wig. Eine einzige Schleswiger Reederei besitzt 10 Frachtdampfer von je 2000—3200 Tonnen, welche vorzügliche Erträge abwcrfen. Diese Flotte hat einen Well von 4 Mllionen Mall und zählt zu den größten und modernsten sämt licher deutschen Ostsee-Reedereien. Kiel, Lübeck, Rostock, Königsberg, Danzig, Memel, Stralsund und Wismar haben keine größere oder doch gleich große Reederei aufzuweisen und dabei ist Schleswig eine kleine, im Vergleich zu den eben genannten Ostseehäfen herzlich unbedeutende Hafenstadt. Die deutschen Seestädte der Ostsee sollten dieses Beispiel Nachahmer:! Da» D«eU ix Kerskemrl. Zu dem schon kurz erwähnten Duell in Kecs- kemet zwischen dem Rittmeister Grafen Otto Bissingen-Nippenburg und dem Oberleutnant Ernst v. Bekassy wird dem ,N. W. Tagbl.' ausführlich geschrieben: Graf Otto Bissingen war der Kommandant der in Czegled statio nierten dritten Eskadron des 13. Husaren- Regiments, und unter ihm diente der Ober leutnant v. Bekassy. Beide Offiziere waren sehr eng befreundet. Am Freitag kam es zwischen den beiden Offizieren wegen einer geringfügigen Ursache zu einem Wortwechsel, der mit einer vom Rittmeister dem Oberleutnant zugeschleudelle« Beleidigung endete. Bekassy suhr noch an dem selben Tage nach Kecskemet, erstattete de« Regimentskommando Bericht und verlangte zu gleich die Erlaubnis zur Herausforderung seines Kommandanten. Diese wurde ihm auch elleilt, und der Oberleutnant ließ seinen Vorgesetzten fordern. Graf Bissingen, der in Begleitung seiner Frau, geborenen Gräfin Lazar (einer dcr gefeiertsten Schönheiten der fiebenbürgischeu Aristokratie), dem Oberleutnant nach Kecskemet gefolgt war, nahm das Duell an, und dieses wurde Samstag in der Kecskemeter Kavallerie kaserne ausgefochten. Als Waffen wurden Pistolen gewählt. Vereinbart wurde: dreimaliger Kugelwechsel auf 25 Schritt Distanz mü glatten Pistolen. Der erste Schuß gebührte als Be leidigtem dem Oberleutnant v. Bekassy. Der selbe ziette einige Sekunden, der Schuß fiel, Graf Otto Bissingen wankte und stürzte dam ohnmächtig zu Boden. Aus seinem Halse floß das Blut in Strömen; die Kugel hatte den Hals durchbohrt und zerriß die Hauptschlagader. Nach einigen Minuten verschied Graf Bissingen. Major Henriquez, einer der Sekundanten, über nahm es, die Gräfin, welche in einem Hotel in Kecskemet auf Nachricht wartete, von dem un glücklichen Ausgang des Duells zu verständigen. Die Gräfin fiel beim Empfang der Schreckens nachricht ohnmächtig zusammen, faßte fich aber bald darauf und fuhr in die Kaserne, wo fie fich laut aufschluchzend über die Leiche ihres Gatten warf. Die Szene machte auf alle An wesenden einen entsetzlichen Eindruck. Ober leutnant v. Bekassy weinte gleichfalls und bat die Gräfin um Verzeihung. Graf Otto Bissingen, kaum 40 Jahre alt, war mit Gräfin Lazar fünf Jahre in glücklichster Ehe verheiratet und Vater von zwei Kindern. Kuttte» Allerlei. Beim Tapezieren eines Zimmers sollte man berücksichtigen, daß in einem solchen mit Licht von der Nordseite „warme Farben" — gelb, orange, warmes rot rc. — verwendet werden und ein dunkler Raum mit recht Hellen Farben ausgestattet wird. Für ein kleines Zimmer ist auch ein kleines Muster zu wählen. Senkrechte Linien (von der Decks zum Fuß boden) lassen einen Raum allemal hoher, wage rechte Linien stets niedriger erscheinen, als er in Wirklichkeit ist. » * Aus junger Ehe. „Sie haben also auf Ihrer Hochzeitsreise den Harz und Thüringen besucht? Nun, was hat Ihnen unterwegs am besten gefallen?" — Junge Gattin (errötend): „Mein Mann." „Nun, die Polizei wird ihn bald wieder haben; hoffentlich früher, als die Kasse aufge- braucht ist; ihn und den Saaraemünder, der wahrscheinlich auch nicht wett ist!" „Er wartet im .Gnom" l" „Dacht' ich's doch! Es wird der Polizei keiner entgehe«! Sie versteht es, Jagd zu machen l" „Die Polizei? Jagd machen? Auf — wen?" fragte Hiller zusammenfahrend. Auch die neue Bewegung des Verwundeten ward be merkt. Es ward Friedrich Melzer immer klares daß der Häuer nicht das unschuldige Opfer eines zufälligen, räuberischen Ueberfalls geworden, sondern in einen unsauberen Handel ver- wickeü gewesen sei, bei welchem er den Kürzeren gezogen hatte, was bei der Zerschlagenheit und Niederträchtigkeit des Bel giers und der Trunksucht des Häuers nur na- türlich war. Er rückte Hiller mtt Kreuz- und Querfragen immer näher aufs Gewissen, bis unter dem Einfluß der noch nicht vollständig verflogenen Trunkenheit und zunehmenden Schwäche die Wahrheit ans Licht kam. Mtt steigendem Entsetzen vernahm der junge Berg ingenieur den Plan der Vernichtung der Irene. „Schurke!" sprang er in die Höhe und stieß wutschnaubend den verwundeten Häuer mtt de« Fuße zurück. .Teufel!" Zehn Minuten später stand Friedrich Melzer an dem großen Hoftor der Irene. Der erste, der ihm aui dem Zechenhofe begegnet, war Häuer Weinert. Stumm vernimmt er die Nachricht. TB cr (Fortsetzung folgt.)
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