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Allgemeiner Anzeiger : 31.03.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190003314
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19000331
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-03
- Tag 1900-03-31
-
Monat
1900-03
-
Jahr
1900
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 31.03.1900
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Politische Rundschau. Vom Kriegsschauplatz. * Der Versuch desGeneral French, die vom Oranje-River nach Norden anziehende Boerendetachements abzufangen, ist gescheitert. French ist mit seiner Kavallerie-Division un verrichteter Sache nach Bloemfontein zurückgckeh.t. " Mit der „ Unterwerfung" der be setzten Gebiete, deren die Engländer schon sicher zu sein sich brüsteten, ist es nicht weit her. Der ziemlich lange Aufenthalt der britischen Truppen in Bloemfontein ist, wie derimes' von dort berichtet wird, bedingt durch die Zu stände in dem besetzten Gebiet. Das Land im Rücken der vorgehenden Streitkräfte müsse durch aus gesichert werden. Das militärische Regime arbeite ganz vortrefflich, doch zeigen neuerliche Untersuchungen, daß es notwendig ist, im Ver kehr mit anscheinend loyalen Persönlichkeiten vorsichtig zu sein. *Jn der amtlichen Liste der Boerenverluste find bis zum 15. Januar die Namen von 40 Frauen, die von englischen Kugeln getötet oder verwundet wur den, eingetragen. Das Alter der Jüngsten wird auf 13 Jahre angegeben und das Aller der Arltesten auf 29 Jahre. * Deutschland. * Der Kaiser hatte am Dienstag vormittag im Auswärtigen Amt eine Besprechung mit dem Staatssekretär v. Bülow. * Gegen die Isx Heinze wird, wie der ,Nat. Zeitung' aus München gemeldet wird, die bayrische Regierung in der jetzigen Fassung stimmen. Die Stellung des Grafen Lerchenfeld sei dadurch nicht erschüttert. "Der Generaldebatte über die Flotten novelle, die am Dienstag in der Budg et- Kommission den Reichstags beginnen sollte, ist die Disposition zu Grunde gelegt, nach welker die Begründung des FlottengrsetzeS ausgear beitet worden ist. Danach sollen also zuerst die Notwendigkeit und der Umfang der Vermehrung der Kriegsmarine beraten werden, dann die Durchführung der Vermehrung, die Kosten und Beschaffung der Mittel, und schließlich die gesetz liche Festlegung der Vermehrung. * Ueber die L a g e der Ko h l enin d ustrie wich im , Reichsanzeiger' mitgeteill, daß die Kohlengewinnung noch nie so hoch gewesen ist wie in dem laufenden Monat. Am 23. März wurden an Steinkohlen und Koks durch die Staatsbahn 274 490 Tonnen abgefahren — die höchste bisher erreichte Tagesziffer. "Zur Beratung von Maßregeln gegen den Srbeitermangel in der Landwirt schaf t trat am Montag in Anwesenheit der Minister v. Hammerstein und v. Rheinbaben und eines Vertreters des Auswärtigen Amts eine parlamentarische Kommission im Berliner Abge ordnetenhause zusammen. Dem Vernehmen nach handelte es sich in echter Linie um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ausländische Arbeiter in größerer Zahl und auf längere Zeit, als jetzt gestattet ist, zuzulassen seien. Zur wetteren Prüfung der in der Kommission laut gewordenen Vorschläge und zur Formulierung derselben wurde ein Unterausschuß eingesetzt. Oesterreich-Ungar«. "Der König der Belgier hat entschieden, daß der Kronprinzessin Stephanie weder der Titel Königliche Hoheit noch der einer Prinzessin von Belgien zu kommen dürfe. Von dieser Entscheidung ist das Oberhofmeisteramt in Wien verständigt worden. Die Kronprinzessin führt nunmehr den Namen GräfinLonyay ohne weiteren Titel. Frankreich. "Die Unruhen in Martinique hatten am Montag bei ihrer Besprechung noch Unruhen in der Deputiertenkammer im Gefolge, bei denen es sogar bis zu einer Schlägerei zweier Abgeordneten kam. Die Temperatur fing an, auch für die Regierung etwas schwül zu werden, doch erreichte ste schließlich die An nahme eines Vertrauensvotums mit 285 gegen 239 Stimmen. "Sin Denkmal für Garibaldi ist am Sonntag in Dijon du ch den Kultus- Au» dem Reichstage. Nm Montag wurde im Reichstag die neue Seemanns-Ordnung beraten. Die Reden aller Par- minister Leygues enthüllt worden. Er bezeich nete das Denkmal als Symbol der Brüderlich keit, das Frankreich und Italien vereine. Der Sohn und der Schwiegersohn Garibaldis hatten ihr Nichterscheinen entschuldigt. Belgien. "Die Brüsseler Transvaal-Ge sandtschaft hatte gegen die Belgische Transvaal - Eisenbahn - Gesell schaft wegen Herausgabe ungebührlich er haltener Gelder geklagt. Die Gesellschaft ver öffentlicht nunmehr eine Erklärung, wonach jene Gelder zur Bestechung der Trans vaal-Regierung verwendet worden sind, um die betreffende Konzession zu erhalten. Sie gibt gleichzeitig eine Liste aller Bestoche nen. Von den 2 4 Mitgliedern des Parlaments figurieren in dieser Liste 2 2, v. a. der Schwieger sohn Krügers, Eloff, die Generale Delarey und Botha, sowie der Generalsekretär der Brüsseler Transvaal - Gesandschaft Boeschoten. Weitere Namen noch höherstehender Personen Transvaals werden in der eigentlichen Prozeßverhandlung genannt werden. (Den Engländern konnte nichts gelegener kommen, als dieser Skandal, wenn die Bestechungen wirklich vorgekommen find.) Italien. * Eine Intervention des Papstes für Südafrika ist dieser Tage in Ausficht gestellt worden. Mehrere Blätter wußten zu berichten, daß die Präsidenten Krüger und Steijn die Vermittelung des Papstes nachgesucht hätten, und daß der Papst eine diesbezügliche Encyclica vorbereite. Demgegenüber ist der Pariser,Uni- vers' in der Lage, mitzuteilen, daß ein Friedens- Vermittelungsgesuch bisher im Vatikan nicht eingelaufen, und daß eine den Frieden be treffende Encyclica nicht in Aussicht ge nommen sei. Dänemark. "Der Eisenbahn-Ausschuß deS dänischen FolkethingS beantragte am Montag die Annahme der Regierungsvorlage betr. die Dampf- fährverbindung zwischen Gjedser und Warnemünde. In Verbindung mit der Dampffährenvorlage wird die Legung eines neuen Telegraphenkabels Gjedser- Warnemünde vorgeschlagen, vorausgesetzt, daß Mecklenburg die Hälfte der Kosten der Kabel- Legung tragen will. Portugal. "Die Pairskammer beschäftigte sich mit der am Montag erfolgenden Abreise der aus 750 Mann bestehenden militärischen Expe dition, welche nach Mozambique be stimmt ist. Der Kriegsminister erklärte, die Mannschaften seien zur Verstärkung der Ein geborenen-Garnison von Mozambique und zum Ersatz der europäischen Mannschaften, welche in die Heimat zurückkehren, bestimmt. Die Mozam bique-Küste ist dem Transvaal vorgelagert. Ruhland. * Die Vorbereitungen zur Aufhebung der finnländischenVerfassung wer den in Petersburg fortgesetzt, und cs gehört wohl zu ihnen, daß der Gehilfe des Staats sekretärs für Finnland, General - Leutnant Procope, „auf seine Bitte" unter Beförde rung zum General der Infanterie seines Postens enthoben worden ist. Balkanstaaten. " In Sofia erhält sich das Gerücht von der bevorstehenden Vermählung des Fürsten Ferdinand mit einer russischenGroß- fürstin und dem Uebertritt des Fürsten zur orthodoxen Kirche. "Wie aus Belgrad berichtet wird, hat der bisherige serbische Gesandte in Eettinje, Oberst Maschin, dem Fürsten Nikolaus in Eettinje sein Abberufungsschreiben überreicht, womit die Be ziehungen zwischen Serbien und Montenegro endgültig abgebrochen erscheinen. Glücklicherweise grenzen die beiden interessanten Länder nicht aneinander. Oester reich steht in der Heyegowina Gewehr bei Fuß zwischen ihnen. teien stellten sich zu der Vorlage günstig. Doch wurde von den Rednern der Sozialdemokratie volle Koalitionsfreiheit für die Seeleute, vom Abg. Raab (Antis.) Koalitionsfreiheit am Lande, von beiden sowie vom Abg. Spahn (Zentr.) die Bildung be sonderer Seeschöffengerichte gefordert; Graf Posa- dowSky bestritt, daß dafür ein Bedürfnis vorliege. Die Vorlage wurde einer Kommission von 21 Mit gliedern überwiesen. Am Dienstag begann die dritte Beratung deS Etats. In der Generaldiskussion bringt Abg. Frhr. v. Scheie (Welfe) die Lage der Steinarbeiter in seinem Wahlkreise zur Sprache. Infolge der langen Arbeitszeit und des Mangels an wirksamen Schutzvorrichtung m sei die Sterblich keit unter diesen Arbeitern eine ungewöhnlich hohe. Eine weitere Folge der mißlichen Zustände sei daS Fortschritten der Sozialdemokratie Damit schließt die Generaldiskussion. Die Spezial- diSkuision beginnt mit dem Etat deS Reichstages, zu dem die Abgg. Bargmann u. Gen. (frs. Vp.) eine Resolution einbringen, betr. Gewährung von Diäten und Reisekosten an die Reichstagsmitglieder. Abg. Fischbeck (frs. Vp.) bittet um Annahme der Resolution Bargmann. Aehnliche Anträge seien bereits zehn Mal vom Reichstage angenommen worden, zuletzt im Jahre 1897 mit einer an Ein stimmigkeit grenzenden Mehrheit. Am beredtesten spreche für den Antrag die beständige Beschlußunfähig- keit, bei der eS unmöglich sei, wichtige Gesetze zur Verabschiedung zu bringen. Die Abg. Gröber (Zentr.) und Bassermann (nat.- lib.) beantragen in dem Antrag Bargmann daS Wort „Diäten" zu ersetzen durch „Anwesenheits- Gelder". Abg. Bassermann: Durch die Bewilligung von Diäten würden zwar die Uebelstände nicht sofort abgcschafft, aber vieles würde doch unzweifelhaft anders werden, namentlich wenn die Regierung die einzelnen Sessionen nicht zu sehr belastete. Sein« Freunde halten eS jetzt für zweckmäßiger, nicht Diäten einzuführen, sondern Anwesenheitsgcldcr. Abg. Groeber (Zentr.) hält den jetzigen Zu stand auf die Dauer für unhaltbar. Er glaube, daß die Regierung geneigter sein werde, NnwesenheitS- gelder zu bewilligen als Diäten. Dir Freifahrts- karten für die Eisenbahn müßten aber neben den Anwesenheitsgeldern beibehalten werden. Abg. Singer (soz.) erklärt sich für die Be willigung der Diäten im Sinne des Antrages Barg mann. Seine Freunde würden aber auch der von den Abgg. Groeber und Bassermann beantragten Einschränkung auf Bewilligung von AnwesmhcitS- geldern zustimmen können. Die Freifahrtskarten müßten nicht nur beibehalten, sondern ihre Gültig keit müsse wieder auf das ganze Gebiet des Reiches ausgedehnt werden. Abg. Gräfe (Antis.) erklärt namens seiner Partei, daß sie ebenfalls der Meinung sei, die Diäten- losigkeit habe nur den Sozialdemokraten genützt. Deshalb sei es zu bewundern, daß nicht die Regie rung selbst schon mit einem solchen Anträge hervor getreten sei. Die produktiven Stände in Stadt und Land kämen unter der Diätenlosigkrit nicht zur genügenden Vertretung. Abg. v. Kardorsf (frcikons.) bemerkt, daß seine Freunde bisher immer gegen die Gewährung von Diäten gewesen seien. Ein Teil derselben inter essierte sich jetzt auch für die Gewährung von Diäten. Da aber der Antrag erst gestern gestellt sei, hätten sie sich nicht schlüssig machen können, sie würden sich daher der Abstimmung enthalten. Abg. Rickert (frs. Vgg.) tritt für den Antrag Bargmann ein und gibt sich der Hoffnung hin, daß auch die Konservativen sich Herrn v. Kardorsf an schließen werden. Abg. Richter rechtfertigt die späte Einbringung des Antrages. Diäten hätten den Vorzug vor Prö- scnzgeldern, da es bei einem großen Parlament schwer sei, eine Kontrolle einzuführen. Der Antrag Bargmann wird darauf mit der von den Abgg. Groeber und Bassermann beantragten Aenderung angenommen und der Etat deS Reichs tags bewilligt. Der Etat deS Reichskanzlers wird be- williqt. Beim Auswärtigen Amt befürwortet Abg. Bassermann eine internationale Rege lung des Schiffs-Pfandrechts. Direktor im Auswärtigen Amt Dr. d. Körner teilt mit, eS sei bereits eine bezügliche Anregung an die Nachbarstaaten ergangen, emc Antwort sei aber noch nicht eingetroffen. Der Etat des AuSwärtigenAmt» wird bewilligt. Beim „RetchSamt de« Innern" bittet Abg. Schmidt- Marburg (Zentr.) um Gleich stellung der Beamtm beim Reichsversicherungsamt mit denjenigen deS Reichsamts des Innern. Geheimrat Hauß kann Erfüllung nicht in Aus sicht stellen, da das Reichsamt des Innern-als Zentralbehörde nun einmal höhere Gehälter habe. Die Tochter de» Grubenbelilrers. L) Roman von Zoö von Reuß. lF.rU-dnng; t" „Ich bin der Ueberzeugung, daß ein wirk licher Grund zu der Arbeitseinstellung nicht vor liegt, selbst abgesehen von der ungesetzlichen Form," erklärte der junge Mann bestimmt. „Lon den Forderungen der Arbeiter halte ich die auf Erhöhung der Löhne gerichtete für eine solche, zu deren Erreichung es einer Arbeitsein stellung nicht bedurfte. Auch wird niemand sagen können, daß die bei uns eingeführte Ar beitszeit von acht Stunden unter Tage für die Gesundheü und die Lebensstellung eines Ar beiters nachteilig ist, selbst in England wird sie als die kürzeste angesehen. Kleinere Klagen Hütte man korrekter auf dem Wege der Be schwerde erledigt. Dennoch — —" Friedrich Melzer stockte, eS ward ihm anscheinend schwer, fortzufahren. ! ... „Weiter!" sagte der Chef. „Ich fühle mich verpflichtet, den Herrn Kommerzienrat zu bitten, keine Gewaltmaßregeln mrzuwenden. Ich halte es für falsch, durch Requisierung von Militär Lärm zu schlagen. Vielleicht erinnern-Sie sich, daß ich im vorigen Herbst bei einer Unterredung Menenius Agrippas, des alten Römers, gedachte, und seines bekannten Gleichnisses von dem Magen und den Gliedern. Nun, vielleicht gelingt es uns auch, unsere Ar beiter zu überzeugen, daß unsere Interessen eng verbunden sind ... ." „O, wie schön l" höhnte Max, indem er seine wohlgepflegten Fingernägel prüfend betrachtete. „Ich habe natürlich schon darüber nach- gedacht, wie wir dem kommenden Schaden am besten begegnen," fuhr Friedrich Melzer unbeirrt fort. „Meine Ansicht ist zuerst, im stillen fremde Arbetterkolonien herbeizuziehen, um den hiesigen Arbeitern zu zeigen, baß wir uns noch zu helfen wissen. Eine Einstellung beziehungsweise Be schränkung des Betriebes zu vermeiden muß jetzt noch die Hauptsache bleiben!" „Und der Kontraktbruch ?" machte Herr Ullen- Hagen junior. „Soll er ungerügt bleiben? Vor treffliche Zucht!" „Der Kontraktbruch ist vorgesehen — durch den bezüglichen Paragraphen," berichtigte Friedrich Melzer. „Wieso?" „Bei Wiederaufnahme der Arbeit wird den Arbeitern eine Konventionalstrafe berechnet, die bei der Lohnauszahlung in kleinen Beträgen in Abzug gelangt!" „Daß du den Paragraphen nicht einmal kennst, beweist am besten, wie wenig du dich mit der Sache bekannt gemacht hast, trotz ihrer Wichtigkeit," sagte der Vater mit gerunzelter Stirne. „So willst du das Ding also wirklich ruhig mft ansehen, Papa?" „Wie du siehst, ja!" „Unbegreiflich!" „Nur für dich und deinesglei-ben — wie mir scheint! Vorläufig geht die Sache nur mich allein an — gegen meinen Willen hat sich niemand einzumischen! Es wird meinen Ar beite m jederzeit unbenommen bleiben, ihre Forderungen auf friedlichem Wege zur Geltung und zum Austrag zu bringen — wenn ich auch anderseits jederzeit Gewaltthätigketten und Un gesetzlichkeiten mit allen, erforderlichenfalls den schärfsten gesetzlichen Mitteln entgegentreten werde. Aber — soweit ist es glücklicherweise noch nicht! . . ." „Im Fall der Herr Kommerzienrat gesonnen ist, mir einen achttägigen Reise-Urlaub zu be willigen, werde ich die schleunige Herbeischaffung fremder Arbeiter selbst in die Hand nehmen — ich hoffe, daß sie mir glücken wird," sagte Friedrich Melzer. „Wie ich bereits erwähnte, habe ich mich schon damit beschäftigt -" „Der Urlaub versteht sich von selbst — unter den gegebenen Verhältnissen. Wann wer den Sie reisen?" „Spätestens Mittag. Ich bin schon jetzt bereit! Emen kurzen Brief an meine Mutter, der ihr eine Reise in Geschäftsangelegenheiten meldet, habe ich am frühen Morgen geschrieben, und liegt in meiner Wohnung bereit. Ein Bote mag ihn nach Süntel bringen!" Der Kommerzienrat sah immer heiterer drein. Die Berechtigung des Vertrauens, das er in den jungen Mann setzte, war in letzter Zeit häufig angezweifelt worden. Gaisin und Sohn behaupteten, daß Friedrich Melzer nur aus Eigennutz handle. Aber auch außerhalb des Familienkreises begegneten dem jungen Ingenieur vielfach Neid und Mißgunst. Er hatte durch seinen langjährigen Aufenthalt in England größere, freiere, praktischere Anschauungen ge wonnen, die vorläufig no ) unverstanden blieben . ... Um so angenehmer war dem Chef jetzt die Ueberzeugung, daß er sich dennoch mit seinem Abg. Eickhoff (fr. Vp.) wiederholt seine Be schwerde aus der zweiten Lesung über Vie Sub ventionierung deS Vereins thüringischer Export- Industrieller. Staatssekretär Graf PosadowSkY verweist auf seine neuliche Erklärung, daß die Subvention auf Befürwortung der weimarischen Regierung be willigt worden ist. Slbg. Prinz Schoeneich-Carolath (wild- lib.) tritt für weitere Erleichterungen de« Frauen» studiums ein. Staatssekretär Graf PosadowSkY erwidert, er stehe dieser Frage sympathisch gegenüber. Abg. Rosenow (soz.) fragt an, welche Schritt» die Regierung gethan habe, um zu einem ReichS- wohngesetz zu gelangen. Staatssekretär Graf PosadowSkY erwidert, er habe sich zunächst an die verbündeten Regierung« gewendet; die Antworten auf die Umfragen stünd« aber noch aus. Abg. Speck (Zentr.) dankt dem Reichsamt VeS Innern für die Sorgfalt, mit der die Produktions- statistischen Untersuchung« angestcllt worden. Abg. Fürst zu Inn- und Knyphauseil (koni.) beantragt folgende Resolution: Dm Her« Reichskanzler zu ersuchen, im Interesse der Hochsee fischerei in der Nordsee Verhandlung« mit den Staaten Holland, England, Dänemark und Schweden- Norwegen anzuknüpfen und zwar in der Richtung, daß 1) die Einführung einer Schonzeit für Fische vom 1. Februar bis 1. Mai, 2) die Festlegung vo» Schonrevicren für Fischdampfer, 3) die Beseit,«mg der Trawl-Fischeret oder wenigsten« doch die Ein schränkung derselben auf bestimmte Fischgründe — unter den bei der Hochseefischerei interessiert« Staat« vereinbart werde. Abg. Hahn (wildkons.) befürwortet diese Reso lution, wünscht aber auch, daß die Bäreninsel noch mehr als bisher zum Stützpunkt für die deutschen Fischereigesellschaften gemacht werde. Staatssekretär Graf PosadowSkY schildert beiden Vorrednern, daß die Durchführung ihrer Forderungen schon um deswillen auf Schwierigkeit« stoßen würde, weil die Zett vom 1. Februar bi» zum 1. Mai für verschiedene Fischarten die Haupt sangzeit sei. Abg. Fürst zu Inn- und Knyphause» zieht darauf seine Resolution zurück. Abg. Rembold (Z.) beantragt eine Resolution, in welcher eine Revision der Vorschriften Über die Bekämfung der Maul- und Klauenseuche gefordert wird. Staatssekretär Graf PosadowSkY sagt ein« eingehende Prüfung der Frage zu. ' Darauf wird die Weiterberatung vertagt. Vr-nftiem-r Kandiaa. Im Abgeordnetenhaus stand am Montag zuerst die Erweiterung der Stadtkreise FlmSburg unv Frankfurt a. M. zur Beratung — die Entwürfe gingen an die Kommission. — Das Gesetz über die Vermeidung von Doppelbesteuerungen wurde unver ändert angenommen. Es folgte sodann die Fort setzung der Beratungen über die Bildung von Zwifchmkredit. Auch dieser Entwurf wurde mit einer, Abänderung (Zedlitz) angenommen. Im Abgeordnetenhaus« stand am Dienstag dir Sekundärbahn-Vorlage auf der Tagesordnung. ES entspann« sich nur unbedeutende Debatten über lokale Erfordernisse, und auch die Beratung VeS Kleinbahn-Fonds wurde ohne wesmtlichc Erörterung« erledigt. SS Ko« Nah ««d Fern. Konitz. In der Könitzer Mordaffäre ünfi nunmehr vierzehn Tage verstrichen, ohne »aß es bisher gelungen wäre, auch nur den geringfit» Anhaü zu finden, der zur Ermittelung des oder der Thäler führen könnte. Nach ärmliche» Gutachten müssen bei der Zerlegung des u»' glücklichen Winter mehrere Personen mitgewi^ haben. Allgemein herrscht die Ansicht vor, daß der junge Winter sich zu einem in der dunkle» Rähmstraße am Mönchsee verabredeten Stell' dichein eingefunden hat, hier plötzlich vs» mehreren Personen überfallen, nach vergeblich« Hilferufen betäubt und dann in ein benachbarte? Grundstück geschleppt worden ist, wo die eigeiü' liche Abschlachtuna vor sich gegangen ist. Du That muß mindestens zwei Stunden in Anspruch genommen haben. In letzter Zeit neigt der Anficht zu, daß einzelne der Thäler nicht in der Stadt selbst, sondern auswärts zu suche» find. Sie find vermutlich zur Ausführung o» vorher verabredeten und reiflich überlegten Th» eigens nach Konitz gekommen und haben i» Gemeinschaft mit dort wohnenden Helfershelfer» die Abschlachtung vorgenommen. SS————-—------—-— Urteil und oft bewährten Blick auch dieSM^ nicht getäuscht hatte. Und in solchem Gefühl sprach er nach kurzem Besinnen sehr freundlich- „Also Sie fahren mittag zur Bahnstation, lieber Melzer! Was aber die Nachricht an Jh« Mutter betrifft, so werde ich ihn noch heute selbst abgeben. Es ist meine bestimmte Absicht, ,l» unsere Lebensgewohnheiten keine Aenderuno ein' treten zu lassen durch die drohende Arbeit' einstellung. Alles bleibt beim alten! Auch d'< gewöhnliche Spazierfahrt am Sonntag nach' mittag unterbleibt nicht, meine Frau und TochA würden sie ohnehin ungern entbehren! Nun, btt dieser Gelegenheit befördern wir auch Ihre» Brief! Und jetzt; glückliche Reise! . . ." U»° indem er sich an den Sohn und Buchhalter wendete, schloß Kommerzienrat Ulleuhagen fest- und deren verblüffte Gesichter vollständig ig»^ rierend: „Die Sache ist abgethan!" 9. Kommerzienrat Ullenhagen ward am ande« Morgen, Montag, früher als sonst wach, dE die ungewöhnliche Ruhe draußen — gleich »» dm Müller das Stillstehen des Mühlenrad« aus tiefem Schlafe aufzuwecken pflegt. Hinauf tretend fand er die Bekanntmachung des St«» von allen Wänden der Grubengebäude zu lei« Obgleich ihn die Thatsache durchaus nicht übt - raschle, kehrte er doch hochbetroffen und niedergeschlagen in sein Haus zurück. . > Der Ärbeiterkreis verharrte in triumphieren» Ruhe. Man war äußerst befriedigt, daß pUeberrumpelung" gelungen und saß sehr st" rm „Gnom" beieinander.
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