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Allgemeiner Anzeiger : 03.03.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-03
- Sprache
- Deutsch
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- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190003036
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1900
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Monat
1900-03
- Tag 1900-03-03
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Monat
1900-03
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Jahr
1900
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 03.03.1900
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Politische Rundschau* Bom Kriegsschauplatz. * Der achttägige heldenmütige Widerstand Cronjes gegen die erdrückende Uebermacht der Engländer ist vergeblich gewesen. Laut amt licher Meldung aus London hat General Cronje sich am Dienstag morgen mit seiner ganzen Armee dem Marschall Roberts ergeben. * Die Verluste der Boern bei der Kapi tulation Cronjes find nicht so bedeutend, als man nach der ersten Meldung Lord Roberts' anzunehmen genötigt war. Nur 4000 Diann und nur sechs Geschütze find von der Armee Cronjes den Engländern in die Hände gefallen. Danach wäre das Gros der Boern mit ihrer Artillerie entkommen. Allerdings: Cronje ist gefangen, und der aus Deutschland stammende Lester der Freistaat-Artillerie, Major Albrecht, ebenfalls. Das bedeutet einen großen Vorteil für die Engländer. * Die nächste Frage ist, welchen Einfluß die Boernkatastrophe auf den ferneren Verlauf des Krieges nehmen, ob sie auf die beiden Republiken so niederschmetternd wirken wird, daß diese jetzt schon umFrieden bitten. Roberts findet den Weg nach Bloemfontein durchaus noch nicht frei. Bullers „Vormarsch" gegen Ladysmith macht durchaus kein« Fortschritte und auch die Lage der Engländer in Mafeking soll aufs äußerste bedroht sein. "Daß der Jubel ob der Sieges nachricht in ganz England groß ist, läßt sich nach den zahllosen Hiobsposten während der ersten 15 Wochen des Krieges begreifen. * In der Kapkolonie find anscheinend die Engländer weiter im Vordringen begriffen. Sie haben Barkly East besetzt. Die dort be findlichen Boern zogen sich nach Ladygrey zurück. Der Landdroft telegraphirte an den Präsidenten Steijn und erbat Verstärkungen, da er sonst genötigt sei, die Wassen nieder- zulegen. * * * Deutschland. "Die Taufe des jüngst geborenen Sohnes des Prinzen Heinrich wird auf dem Schloß in Kiel im Beisein des Kaisers am 15. März ftattfinden. Au dem selben Tage wird von der Germania-Werst der russische skeuzer „Askold" ablaufen. * Die Verzögerung derKanalvor- lage wird in den ,Berl. Polst. Nachr.' damit begründet, daß es zur Entscheidung über die Jmeressentenbeiträge bei den neuen in die Vor lage aufzunehmenden Projekten der Verhandlung mit kommunalen Körperschaften, sowie der Be schlußfassung dieser bedarf. Die Feststellung der Lesträge der näckst Beteiligten bilde das letzte Stadium der Vorbereitungen. "Die Wertschätzungskommission für den deutschen Außenhandel hat ihre Thätigkeit zwecks Feststellung der 1899 er Warendiochschnütspreise beim kaiserlichen Sta tistischen Amt begonnen. Die Kommission teilt sich in sieben Gruppen, und die letzte derselben hat als erste in diesem Jahre getagt. Sie um faßt folgende Artikel: Glaswaren, Glasabfälle und rohe Häute und Felle, bearbeitete Felle, Leder, Wachstuch, die Leder-, Riemer- und Täfchnerwaren, Pelzwerk, Spielzeug, Bau- und Nutzholz, roh, Brennholz rc. Holz- und Schuh waren, gepolsterte Wagen und Möbel, musika lische Instrumente, Rohstoffe und Halbzeug zur Papierfabrikatton, Papier und Pappe, Papier- und Pappwaren, die Uhren und Uhrenbeftand- teile. Die Schätzungsarbeit wird nunmehr in rascher Folge gefördert, so daß in wenigen Wochen die endgültigen Außenhandelswerte für das verflossene Jahr berechnet werden können. *Auf den größeren deutschen Eisenbahnen — die bayrischen ausge nommen — find in den Monaten Oktober bis Dezember 82 008 Schnell-, 833 719 Personen- und 385 404 gemischte Züge gefahren. Geleistet wurden im ganzen 57 539 900 Kilometer. Von den fahrplanmäßigen Zügen mü Personen beförderung haben sich verspätet: im ganzen 21 252 Züge (mehr 6869 in 1898) und zwar durch Abwarten verspäteter Anschlußzüge 11-^20 und Vorkommnisse bei den verspäteten Zügen selbst 9332. Von den Verspätungen der letzteren Art entfallen auf 1 Million Zugtilometer 162 (mehr 60 in 1898). Dit Anzahl der versäumten Nachschlüsse betrug 11968 (mehr 3161 im Vor jahre). * Unmhen in Deutsch-Ostafrika aus Anlaß der Eintreibung der Hütten st euer werden in kolonialfreundlichen Blättern für das Kilimandscharo-Gebiet angekündigt. Der wieder holt aufrührerische Häuptling der Wadschagga, Mali, der nach seiner letzten Besiegung unter den Kanonen des Forts von Moschi angefiedelt wurde, ist aus dem Machtbereich der Station entflohen und gilt als das Haupt einer Koalition von Stämmen gegen die deutscheHerr- schäft. Die kolonialfreundlichen Blätter führen die Unruhen darauf zurück, daß die deutsche Verwaltung etwas versehen in der Befolgung des Grundsatzes: Teile und Hensche! Selbst Mareale von Marangu, der stets deutschfreund lich war, soll unruhig geworden sein. Oesterreich-Ungar». * Der Polenklub hat vernünftigerweise erklärt, daß er im Neichrat die Staatsnot« Wendigkeiten ohne Obstruktion bewilligen wird. Wie die ,Narodny Lifty' melden, werden sich die Tschechen durch die Haltung der Polen nicht von der Obstruktion abhalten lassen, um so weniger, als auch die anderen slawischen Parteien und der konservative Großgrundbesitz fest zu ihnen hielten. Frankreich. * Frankreich hat Verstärkungen nach Madagaskar senden müssen. In der Kammer führte Abg. HörW darüber Beschwerde, daß junge französische Soldaten, die nicht im stände seien, den Anstrengungen und dem Klima zu widerstehen, nach Madagaskar an Stelle von Senegalesen und Sudanesen geschickt seien. Der Ministerpräsident antwortete, die Regierung habe gebieterischen Not wendigkeiten gehorchen müssen, im Augen blick der Formation der Verstärkungen sei keine Marinetruppe verfügbar gewesen. Hierauf drückte die Kammer der Negiening das Vertrauen aus in der Erwartung, daß sie das Gesetz von 1893 über die Verwendung des französischen Kontingents in den Kolonien respektiert. * Der Minister des Königs Menelik, I l g (ein geborener Schweizer), ist in Marseille angekommen, nachdem ihm der Negus die Er laubnis erteilt hat, ein Jahr in Europa zuzubringen. Jlg erklärte, daß er mit keiner amtlichen Mission betraut sei, doch beabsichtige er, dem Ministerpräsidenten Waldeck-Rousseau und dem Minister des Aeußern Delcassö einen Be such abzustatten. Menelik sei von den fried lichsten Abfichten beseelt und wolle mit allen benachbarten Mächten in Frieden leben. Alle Zwischenfälle an den Grenzen von Tigre und dem Sudan seien geregelt oder auf dem Wege einer friedlichen Regelung. Er hoffe, daß diese ruhige Lage Menelik gestatten werde, die Pariser Welt-Ausstellung zu be suchen. Holland. * Es bestätigt sich, daß die Niederlande, dem Beispiel Dänemarks folgend, die in ihrem Besitz befindlichen kleinenAntillen an die Ver. Staaten zu verkaufen gedenken. Diese Besitzungen kosten den Holländern angeb lich mehr, als sie ihnen einbringew Rustland. * Zur Entwickelung der Handelsinter- essen zwischen Frankreich und Ruß land sowie zur Wahrung der russischen Inter essen haben russische Banken und die Kaufmann schaft beschlossen, inParisdie erste russische Handelskammer zu begründen. Ta diese nationale Einrichtung dazu bestimmt ist, dem russischen Handel Dienste zu leisten, hat der Botschafter Fürst Urussow das Ehrenpräsidium übernommen. Balkanstaaten. *Aus Belgrad wird die schon mehrmals in Aussicht gestellte, aber noch nicht erfolgte Amnestierung Verurteilter aus- dem Hoch verrats - Prozeß abermals «»gekündigt, und zwar für den 6. März als Jahrestag der Thronbesteigung Alexanders und der Proklamierung des Königreichs Serbien. Es heißt, an diesem Tag werde durch einen Gnadenakt die Strafzeit der zu 20 Jahren schweren Kerkers Verurteilten abgekürzt werden. Aber da mehrere derselben, namentlich der Erz priester Gjuritsch, Advokat Zivkowitsch, Sekttons chef Protttsch, infolge langer Haft sehr schwer leidend find, dürften fie kaum die abgekürzte Strafzeit überleben. Deutscher Reichstag. Am 27. d. wird die Beratung des Militär etats fortgesetzt mit dem Extraordinarium. Bei den einmaligen Ausgaben für Bekleidungs- und Ausrüstnngswesen, Neubau von Korpsbekleihungs- ämtern bringt Abg. Böckel (Antis.) zur Sprache, daß auch die Militärverwaltung mehrfach die Verwendung ausländischer Gerbstoffe, so des Quebrachoholzcs, begünstigt habe; er fragt im Interesse des deutschen Eichenschälwaldes nach den Ergebnissen der betreffen den Versuche. Generalleutnant v. Heeringen: Die Militär verwaltung hat solche Versuche nicht angestellt. Die früher, etwa 1895, angestellten Versuche haben keine günstigen Resultate ergeben. Wir halten nach wie vor darauf, daß wir mit Eichenlohe gegerbtes und lange gegerbtes Leder verwenden. Eine weitere Debatte entsteht bei der Forderung einer ersten Neubau - Rate für eine Feld - Artillerie- Kaserne in Küstrin. Die Kommission hat die Forde rung gestrichen. Von den Abgg. Büsing, v. Levetzow, Eickhoff und Müller-Sagan liegen Anträge auf Bewilligung vor. Nach längerer Debatte wird der Titel, entgegen dem Anträge der Kommission, bewilligt. Bei der Forderung von 20 Millionen als achte Rate zur Vervollständigung der wichtigeren Festungs anlagen beleuchtet und bemängelt Abg. Groeber (Zentr.) die Höhe der Summe und die rasche Steigerung dieser Ausgabe von 2>/, Mill, vor 7 Jahren bis auf gegenwärtig 20 Millionen. Minister v. Goßler gibt zu, daß man die bis herige Bedeutung der Festungsanlagen verschieden beurteilen könne. Thatsächlich seien wir gezwungen, Aenderungen in unserem Festungswcsen vorzunehmen, Festungsgürtel bei Städten fallen zu lasten und dafür einzelne Positionen stärker zu befestigen. Der Titel wird bew illigt; auch im übrigen tritt das Haus überall den Beschlüssen der Budget kommission bei. Damit ist der Militäretat erledigt und eS werden noch die von der Kommission bean tragten Resolutionen angenommen, betr. die Sprache, in der Soldaten beichten, betr. Erhöhung des Ankaufspreises für Remontepferde und betr. Versetzung der Staatshoboisten in die Servisklaffcn der Feldwebel. Es folgt die erste Beratung der Vorlage betr. Bestrafung der Entziehung (Diebstahls) elek trischer Arbeit mittels eines Leiters, der zur ordnungsmäßigen Entnahme elektrischer Arbeit nicht bestimmt ist. (Nach Rechtsprechung des Reichsgerichts finden bekanntlich bislang die Strafbestimmungen über Diebstahl auf Entwendung elektrischer Energie noch keine Anwenoung, weil dieselben die Körper lichkeit der Sache voraussetzen, diese Voraussetzung aber hinsichtlich der elektrischen Energie nicht zu- trifft.) Die Abg. Esche (nat.-lib.), Müller- Meiningen (freis. Vv.) und Groeber (Zentr.) stimmen der Tendenz der Vorlage zu, abgesehen von juristischen Bedenken wegen der Fassung. Abg. Groeber findet es außerdem nicht richtig, dm Diebstahl an elektrischer Energie unter Umständen nur mit Geldstrafe zu bestrafen, ihn also milder zu behandeln, als Diebstähle an körperlichen Sachen. Dazu liege kein Grund vor. Abg. Stadthagen (soz.) hält eS für viel notwendiger, ehe man die elektrische Arbeit schütze, die menschliche Arbeit zu schützen, zum Beispiel gegm schwarze Listen. Die Vorlage geht hierauf an eine Kommission. Es folgen Petitionsberichte. Bei der Mehrzahl derselben schließt sich das Haus ohne Debatte den Vorschlägen der Kommission an. Ucber eine Petition betr. die kommunale Be steuerung der Konsumvereine beantragt die Kommission Uebergong zur Tagesordnung. Abg. Wurm (soz.) empfiehlt einen Antrag auf Ueberweisung zur Berücksichtigung an den Reichs kanzler. In Sachsen seien von den Gemeinden viel fach geradezu Erdrosselungssteuern gegen die Konsum- Vereine eingeführt worden. Das stehe in offenbarem Widerspruch mit der Reichsgewerbeordnung. Selbst in Preußm, wo gegenwärtig über eine Warenhaus steuer entschieden werde, widersetze sich die Regierung dem Verlangen von Jyteressenien, die Steuer so hoch zu schrauben, daß es auf eine Erdrosselung hinauS- lausc. In Sachsen scheue man sich nicht, die Konsum- Vereine noch dazu gerade der ärmeren Bevölkerung steuerlich geradezu zu unterdrücken. Weshalb werde nicht gegen andere Großbetriebe, von Leuten wir Stumm u. f. w. vorgegangen! Sächsischer Bevollmächliglcr v. Fischer, die Angriffe des Vorredners aui die sächsische Regierung zurückweisend, stellt fest, diese habe laut Verordnung eine Sonderbesteuerung der Konsumvereine und großkapitalistischen Vereinigungen nur zugelassen zu dem Zweck, um einen Ausgleich zu schaffen, falls in einer Gemeinde der Kleingewerbetreibende das Arbeiten durch eine Ueberausdehnung der Thätigkeit jener anderen Gcschäftsbetriebsformen fast unmöglich ge macht werde. Abg. Oertel-Sachsen (kons.) sich ebenfalls gegen den Wurmschen Standpunkt wendend, be streitet, daß die Umsatzsteuer auf die Konsumvereine in Sachsen gar so drückend sein könne. Redner be merkt beiläufig, daß er und seine Freunde auch durchaus bereit seien, andere Großbetriebe, Braue reien, Mühlen, staffelförmig je nach dem Umsatz zu besteuern. Er bitte jedenfalls, den Antrag Wurm abzulchncn. Hierauf wird ein Vertagungsantrag angenommen. Preußischer flirndtng. Am Montag beriet das Abgeordnetenhaus den Gesetzentwurf betr. die Einführung der Warenhaus steuer in erster Lesung. Minister v. Miquel betonte in seiner einleitenden Rede, daß es unmöglich sei, steuertechnisch soziale Fragen zu lösen; die Waren haussteuer solle den Gemeinden zu gute kommen und würde dem Mittelstand Segen bringen. Es solle mit dieser Vorlage nur ein Anfang gemacht werde«. Abg. Crüger (frs. Vp.) motivierte den ablehnenden Standpunkt seiner Partei. Eine anhaltende Schädi gung des Kleingewerbes durch die Warenhäuser sei bisher nicht erwiesen. Die Misere des Kleinhandels sei durch die Verhältnisse im Kleinhandel selbst be gründet ; statt nach staatlicher Hilfe zu rufen, sollten die betreffenden Kreise sich genossenschaftlich organi sieren. Abg. Roeren (Zentr.) bemerkte, die Vorlage sei kein Steuer-, sondern ein Schutzgesetz. Die Mehr zahl seiner Freunde ständen auf dem Boden der Vorlage, abgesehen von Bedenken gegen einzelne Punkte. Abg. Hausmann (nat.-lib.) enipfahl statt der Umsatzsteuer eine Ertragssteuer. Abg. v. Brock hausen (kons.) erklärte sich >m großen und ganzen mit der Vorlage einverstanden, während Abg. Gothein (frs. Vgg.) dieselbe rundweg ablehnte. Das Abgeordnetenhaus beendete am Dienstag die erste Beratung der Warenhaussteuer-Vorlage und überwies dieselbe an eine Kommission. Abg. Gamp (freikons.) befürwortete Ausdehnung der Warenhaussteuer auf alle Großbetriebe und Ver wendung der Steuererträge zur direkten Hebung de» Handwerks und Kleingewerbes, ein Vorschlag, dem Steuerdirektor Burghardt entgegentrat. Finanz minister v. Miquel anerkannte die Vorteile, welche die Warenhäuser dem Publikum gegenüber dem Kleinhandel bieten. Die Vorlage wolle nicht die Kleinen begünstigen, sondern bloß verhindern, daß ! sie zu Tode konkurriert würden. Die preußische Steuerpolitik habe von jeher aus einem sozialen Standpunkt gestanden, und ebenso wie man seiner Zeit für die Erhaltung des Bauernstandes gewirkt habe, so müsse auch der gewerbliche Mittelstand ge- ! schützt werden. Uon Uah und Fern. Eschweiler. Tie Erdsenkungen hierselbst und die dadurch hervorgerufenen Risse an den Häusern nehmen neuerdings vorzugsweise auf' dem östlichen Teil der Dürener Straße eine«! gefahrdrohenden Charakter an. Der Eschweiler Bergwerksvrrein hat bis jetzt jede Schadenersatz pflicht abgelehnt und läßt es auf einen Prozeß' ankommen. Celle. In der Forst bei Weyhausen wurde in einer unbenutzten Köhlerhütte der Gemüts kranke Franke ms Eschede als Leiche ausge-! funden. Franke hatte sich seit Mitte November v. heimlich entfernt und sich seit der Zeit in den Wäldern Herumgetrieben. Zweifellos ist er der herrschenden Kälte und dem Hunger zum Opfer gefallen. Schleswig. In dem nahen Süderbrarup hatte sich der Bäckermeister Nissen, Sohn eine- Oberlehrers in Mona, mü einem jungen Mäd chen verlobt. Währeno eines Wohlthättgkeits» Konzerts kam es zwischen dem Brautpaar zu Differenzen, sodaß sich Nissen ms dem Lokal entfernte. Als seine Braut später heimkehrte, bot sich ihr ein erschreckender Anblick: auf der Schwelle zum elterlichen Hause lag der Verlobte entseelt; neben ihm das doppelläufige Jagd gewehr, mü dem der erregte Mann sich erschosst« hatte. Der Spuk im alte« Herrenhaus». 23j Erzählung von Adalbert Reinold. (Schluß., Nach einer Weile war der Thee serviert, und die Unterhaltung der Eltern über die bevor stehende Verlobung, über die nächste Zukunft, ja über das was dieser Abend noch an Ueber- raschungen bringen würde, wenn die beiden Paare von ihrer Gondelfahrt heimkehrend, gar bald ins Zimmer treten würden, war eine so interessante, daß man gar nicht merkte, wie der Zeiger der Uhr weiter und weiter rückte, ohne daß die jungen Leute erschienen. — Eben blickte die Baronin auf das Zifferblatt der Pendule, und wollte auf den spätgewerdenen Abend aufmerksam machen, als die Vorhallen thür hastig geöffnet und fast im selben Augen blick auch die Salonthür mfgerissen wurde. Auf der Schwelle stand eine Frmengestalt, dieselbe hielt sich, wie nach Atem, nach Besin nung und Fassung ringend, mü schwankendem Körper und brechenden Knieen an dem Drücker, während der Graf mü einem Angstruf von seinem Sitz mfsprang. Er hatte in der Ankommenden seine Tochter erkannt, die jetzt dem ihr entgegeneilenden Vater halb ohnmächtig in die Arme sank. „Was ist geschehen — ein Unglück?" fragte dieser, Adele nach einem Sessel geleitend, „rede, mein liebes Kind, damit wir helfen." „O mein Gott," jammerte die Komtesse, während unaufhaltsam die Thränen über ihre geisterhaft bleichen Wangen rieselten, „helfen kann nur Gott, Agnes ist im Weiher ertrunken." Die Baronin sank mit einem Schrei ohn- mächttg in das Sofa zurück, während der alte Baron von seinem Sitz emporschnellte. „Ertrunken," rief er, „ertrunken," gurgelte er wiederholt und alle Muskeln in seinem gelben Gesicht spielten; seine grauen Augen schienen aus den Höhlen zu treten, als er dann fragte: — „ist fie tot — wirklich tot?" „Arthur und Emil find mü ihr auf dem Wege hierher " erzählte ganz außer sich Adele, „Emil hat alle Versuche gemacht, fie ins Leben zurück zu rufen, fie sind alle vergeblich gewesen." Die Baronin hatte den ersten natürlichen Schreck überwunden, fie erschien jetzt als die Gefaßteste von allen. Sie zog heftig den Glockenzug und rief dem herbei kommenden Diener zu: „Sofort muß der Reitknecht ins Dorf reiten und den Wundarzt holen, dann zum nächsten Arzt in S. retten und den Herrn hierher mit bringen, der Baroneß ist ein Unglück zugestoßen, rasch, ohne Säumen, du selber und der Katscher ihr eilt den Weg zum Weiher hinab, woher mein Sohn und der Herr Hauptmann kommen, eile, so schnell wie nur möglich." — Während der Diener erschrocken davon eilte, wandte sich die Baronin nun an die Komtesse, sah aber, daß das junge Mädchen auch gefaßter war, wie anfänglich schien. „O, dieses entsetzliche Unglück, —' rief sie unter noch immer fließenden Thränen, — „wir hatten, ich weiß nicht wie lange, gerudert; der Abend war ja so schön, endlich landeten wir, — die Lampions waren verlöscht, — Arthur sprang zuerst hinaus, er reichte mir die Hand und ich kam ohne jede Schwierigkeit ans Land, Agnes wollte mir folgen, — Gott weiß, wie es kam, — schwankte das Boot, trat sie fehl, — ich hörte plötzlich den Fall eines Körpers ins Wasser und einen Schrei wahrer Verzweiflung Ms Emils Munde. Tiefe Finsternis umgab uns, — schwarz, wie die Wasserfläche vor uns, war alles um uns und unheimlich warfen die verlöschenden Pechfackeln noch einzelne rote Flammen empor. — Bevor Arthur und ich zur Besinnung gekommen, was denn eigentlich ge schehen, hörten wir einen zweiten Fall ins Wasser und dann ein lautes-,Schlagen, Plätschern, Rauschen, mir vergingen fast unter dem Schrecken die Sinne und ich mußte mich an Arthur halten. Jetzt wurde alles still, es war fürchterlich, dann arbeitete es wie. Ruderschlag im Wasser vor mir, ein dunkler Körper, ein Helles Gewand schwebte vor meinen Augen und ich Hötte Emil stöhnen: „Helfe Arthur! hierher!" Arthur bückte sich, es war mir, als bewege sich alles rings um mich her wie im Kreise, ich selbst griff zu, wonach, das war mir unklar, ich wußte nur, etwas Entsetzliches war geschehen. Als ich nach einer mir als Ewigkeit erscheinenden Zeit zu mir kam, lag Agnes auf dem Rasen, während Ewil und Arthur sich bemühten, fie ins Leben zurück zu rufen. Es war vergeblich, wie lange Emil unter den Ausbrüchen der Verzweiflung seine Bemühungen fortsetzte, ich weiß nicht, mir ist's, als habe diese Nacht kein Ende; — jetzt tragen fie fie hierher —" Die Komtesse gab diese Unglückskunde von fortwährendem Schluchzen unterbrochen; — fie hatte kaum geendet, als ein Diener erschien, dem Angst und Schreck aus dem Gesicht zu lesen war. Er brauchte nicht erst zu melde», wer ihm folgte. Emil und Arthur, begleitet von mehrere« männlichen und weiblichen Domestiken, trüge« den leblosen Körper des jungen Mädchens, dessen Gewänder noch vom Wasser triften, auf ihren Armen ins „alte Herrenhaus". Es war ein entsetzlicher Anblick, als die beiden Männer das schöne Mädchen auf weiche Teppiche, welche rasch herbeigeschafft wurden,, betteten. Aller Augen richteten sich voll Angst mck mit dem Gefühl des tiefsten Mitleids auf di« Baroneß, während Emil jetzt erst zu sich zu kommen schien. Er stand zuerst mit ausge streckten Armen, die heftig zitterten, da, daun sank er auf beide Kniee, faßte die kalten, leblosen Hände, beugte sich zu dem Gesicht der bleichen, lieblichen Mädchengestalt und horchte, ob nicht ein Hauch, ein schwaches Atmen ver kündete, daß noch Leben in dieser schönen Hülle pulsiere. Nur zwei Augen glichen denen der Nacht- Hyäne, die frohlockend auf den Leichenraub nieder stieren, es waren die Augen des alten Barons, die Augen des Vaters Emils, welcher letzterer voll Verzweiflung, unfähig, auch nur einen Laut zu sprechen, knieend neben Agnes dalag. Sie war tot, die der Erbschleicher allein ge fürchtet hatte, die er hatte unschädlich machen wollen, jetzt war fie ja unschädlich, fie lag du kalt, tot, eine starre Leiche. Der alte Baron blickte, wie alle andern, auf die Unglückliche, er schien nur einem einzigen
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