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Zabrze. Ein Opfer treuer Pflichterfüllung M der Bergwerksdirektor Moll anläßlich der Bwndkatastrophe auf der Grube „Ludwigsglück" geworden. Der Beamte war nach Ausbruch des Brandes sofort mit mehreren anderen Berg- beamten zur Aufsuchung der Verwundeten in die Grube eingefahren und zwar halte der Brave hierbei zweimal sein Leben in die Schanze geschlagen. Das erste Mal wurde er durch Gase betäubt, so daß er zu Tage be fördert werden mußte: gelegentlich der zweiten Einfahrt wurde er bei Oefsnung der Eisenthür, die zu dem Flötz führt, in welchem die Brand stellen lagen, von den Flammen explodierender Gase schwer verletzt. Trotz seiner furchtbaren Brandwunden hatte er noch die Geistesgegen wart, das Notsignal zu geben, worauf er mit seinen Leidensgefährten aufgezogen wurde. Im Krankenhause zu Zabrze, wohin Moll alsbald gebracht wurde, stellte man außerdem eine innere Vergiftung fest, die einen operativen Eingriff notwendig machte. Die vom Professor Wagner aus Königshütte vorgenommene Operation ver lief zwar glücklich, doch verschlimmerte sich der Zustand des Patienten so rapide, daß bald darauf der Tod eintrat. Direktor Moll ist das zwölfte Opfer, welches die Katastrophe auf „Ludwigsglück" erfordert hat. Bremen. Der Direktor des Norddeutschen Lloyds, Bremermann, wurde bei seiner Villa von einem Strolch überfallen und am Gesicht vud Kopf schwer verletzt. Leipzig. Umfangreiche Entwendungen aus öffentlichen Bibliotheken find hier vorgekommen. Es handelt sich ausschließlich um wissenschaft liche Werke, auch solche neueren Datums und besonders theologische Schriften. Es wird eifrig gefahndet, bis jetzt aber ohne Erfolg. Pirna. Einen raffinierten Schwindel hat hier ein erst dreizehnjähriger Bursche, namens Petrick, in Szene gesetzt. Derselbe hatte für feinen Arbeitgeber die Postsachen von der Post abzuholen. Dabei hatte er u. a. auch drei Poliauweisungen über 4 Mk., 9,60 Mt., und 5,75 Mk. erhalten. Um sich Geld zu ver schaffen, fälschte er diese Anweisungen, indem er hinter die Marksumme jeweils eine 0 setzte und 40 Mk., 90,60 Nik. und 50 Mk. erhob. Leider gelang das Manöver, da einerseits die Fälschungen sehr geschickt ausgesührt waren, anderseits die Beamten die vorgeschriebeuen Vergleichungen unterließen. Erst bei der nach träglichen Prüfung bei der Zentralstelle wurden die Fälschungen entdeckt und der jugenoliche Verbrecher hinter Schloß und Riegel gebracht; eine strenge Strafe dürfte ihm bevorstehen. Für den Schaden haben die Beamten aufzukommen, soweit er nicht durch Petrick gedeckt werden kann. Kiel. Der Einjährig-Freiwillige Schnell vom 85. Infanterie-Regiment hat sich in der Wachtstube des Scheibenstandes erschossen. Er war der Sohn eines GyNnasialpcofessors in Kiel. Auf dem Tisch in der Wachlstube lag ein Buch aufgeschlagen über „Die Arten des Todes." Oberhausen. Im ersten Schacht der Zeche .Konkordia" wütet seit Sonntag eine verheerende Feuersbrunst, die durch große Oelmassen genährt wurde. Durch eine Kohlenstaub-Explosion wur den das Magazin und die Ladebrücken gänzlich zerstört. Der Brandschaden beträgt etwa 60 000 Mk. Der Betrieb im Schacht ist ein gestellt worden. Lötzen. Neulich feierte der Hirt W. in R. seinen Geburtstag und lud dazu auch mehrere seiner Freunde ein. Er tischte diesen eine Quan tität Fleisch auf, das allen sehr gut mundete. Doch machten die Freunde kuriose Gesichter, als ihnen ihr Gastgeber mitteilte was sür Fleisch sie genossen hatten; es war das seines — alten Hu^ es, den er zur Geburtstagsfeier geschlachtet hatk. Von den Pflichten eines Gastgebers scheint der Mann sehr dunkle Begriffe zu haben. Paris. Die Gendarmerie von Excidenil (Dep. Dordogne) hat einen herumziehenden Lumpensammler Molinier verhaftet, der an wahnhafter Mordsucht litt und mit seinen Ver brechen in der ganzen Gegend eine wahre Panik anrichtete. Am 23. November erschoß er nach Einbruch der Dunkelheit einen Schneider ms Tayzac und stahl aus dessen Wohnung 140 Frank, eine Hose und einen Hut; am 25. streckte er durch einen Flintenschuß die Witwe Guyes auf dem Hofe ihres Gehöftes nieder, drang in das Gebäude und nahm 36 Frank und einen Revolver mit; schließlich erschoß er am 30. November einen 65jährigen Bauern, um ihm seinen Hut zu stehlen. Die Polizei hatte die größte Mühe, den Mörder nach seiner Verhaftung, bei der er übrigens durch einen Messerstich verwundet worden war, vor der Wut der aufgeregten Menge zu schützen. London. Eine wahre Plumpudding-Epidemie herrscht gegenwärtig in London. Eine einzige Londoner Firma hat, wie ein englisches Blatt erzählt, bereits 84 000 Weihnachts-Puddings hergestellt, von einem Durchschnittsgewicht von 7 Pfund. Die gewöhnlichen Plumpuddings der guten alten Zeit genügen aber nicht mehr. Die neueste Mode find Plumpuddings mit Juwelen oder Goldstücken. Die Puddings werden jetzt mit den verschiedenartigsten Ueber- raschungen- versehen, die von einem Knopf bis zu einem Diamantringe aufsteigen. Goldene Fingerhüte, Zehn- und Zwanzigmark - Stücke werden in die Puddings versteckt, die als Ge schenke bestimmt find. Eine große Zahl so ausgestatteter Plumpuddings ist für die Offiziere in Süd-Afr ka bestimmt. Besonders effektvoll als Weihnachtsüberraschung sind Puddings, die mit verschiedenartigem Inhalt ve schickt und ver teilt werden, ohne daß man ihren Inhalt kennt. Der Plumpudding, der für das Königshaus be stimmt ist, soll ein Siiberkästchen mit einer Diamant- und Opalbrosche enthalten, das einen Wert von 2000 Mark repräsentiert. Antwerpen. Von den hiesigen 3031 Mühlen zur Diamnntschleiferei find nur noch 1460 be schäftigt. Voraussichtlich werden im Laufe der nächsten Woche weitere 400 Diamantschleifer feiern müssen. Petersburg. Ein furchtbarer Orkan wütete zwei Tage lang im Gouvernement Minsk. In vielen Ortschaften wurden Wohnhäuser vom Sturm niedergerissen oder abgedeckt, in Wäldern sogar alte Bäume entwurzelt. Die Verwüstungen haben einen großen Umtang angenommen und der materielle Schaden ist enorm. In den ein gestürzten Häusern find nach bisheriger Er mittelung gegen 35 Menschen ums Leben ge kommen. New York. Im hiesigen Nachlaßgericht wurde vor einigen Tagen das in Berlin auf dem amerikanischen Konsulat von General Graf Waldersee ausgesertigte Attest hinterlegt, durch welches der Graf bescheinigt, daß er der Aus fertigung des Testaments seiner Schwieger mutter, der im März d. im Alter von 95 Jahren verstorbenen Frau Anna Lee aus New Nork, als Zeuge beiwohnte, und daß die Erblasserin bei Aussetzung ihres letzten Willens bei klarem Verstände war. Frau Lee hinterläßt den größten Teil ihres bedeutenden Vermögens ihrem Sohne David Bradley. Der Gräfin Waldersee, ihrer Tochter, vermachte sie ihr Mobiliar, Gemälde und verschiedene Wertsachen, die sich zur Zeit in einem ihr gehörenden Hause in Hamburg befinden. Ihre anderen Töchter, Josephine, verehelichte Baronin Wächter, und Frau Abby Murray, Gattin eines Engländers, find in dem Testament garnicht erwähnt, haben aber das Testament anerkannt. Kiautschou. Sogar einen Preßprozeß hat die deutsche Kolonie in Tfintau nun schon zu verzeichnen. Wegen eines Artikels, betitelt „Monopolwirtschaft" in Nummer 46 der .Deutsch- Asiatischen Warte' hat der kaiserliche Gouverneur in Anwendung des H 194 Reichsstrafgesetzbuches im Namen des ihm unterstellten Hauptmanns Frhrn. v. Liliencron sowie des stellvertretenden Zivilkommissars Dr. Schrameier gegen den ver antwortlichen Redakteur des genannten Blattes, Arthur Eggers, Strafantrag gestellt und wegen Beleidigung Privatklage erhoben. Gevichtslnrile. Essen. Wegen Beleidigung von Gendarmen wegen der Herner Unruhen ist der Chefredakteur der nationalliberalen ,Rhein. Wests. Ztg/, Neismann, zu 300 Mk., und der Redakteur des Blattes von Bracken zu 150 Mk. Geldstrafe verurteilt worden. Düsseldorf. Das Schwurgericht verurteilte den Artisten Friedrich Kühn, welcher am 31. Oktober den kleiner Zeit gemeldeten Mordaufall auf die 20jährige igerin Bertha Lippke unternahm, zu zwölf Jahr Zuchthaus. Das Mädchen befindet sich auf dem Wege der Besserung. Mirgerliches (SeMuch. Vormundschaft. Als Vormünder find in folgender Reihen folge zu berufen: 1) der vom Vater, 2) der von der Mutter des Mündels letztwillig Be nannte, 3) der Großvater des Mündels väter licher-, 4) der mütterlicherseits. Vater und Mutter können solche letztwilligeu Ernennungen nur dann erfolgen lassen, wenn sie sich bei ihrem Tode im Besitze der elterlichen Gewalt befinden. Für eine Ehefrau soll der Mann vor allen anderen, für ein uneheliches Kind die Mutter vor dem Großvater zum Vormund bestellt werden. Sollten von den oben unter 1—4 genannten Personen keine vorhanden sein — vorhandene können nur aus triftigen Gründen übergangen werden (wer selbst unter Vormundschaft steht,— Geisteskrankheit — Konkurs — Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte) — so ernennt das Vormundschaftsgericht nach Anhö ung des Waisenrats einen Vormund und hat dabei Ver wandte und Verschwägerte zunächst zu berück sichtigen, auch auf die Konfession Rücksicht zu nehmen. " Jeder Deutsche muß Vormundschaften über nehmen. Ablehnungsgründe find: Jede Frau dars die Vormundschaft ablchnen; ferner, wer über 60 Jahre alt ist, oder mehr als vier eheliche Kinder hat, oder wer durch Krankheit und Gebrechen an der ordnungsmäßigen Führung behindert ist; die Entfernung des Wohnorts des Vormundes von dem des Mündels ist gleich falls ein Ablehnungsgrund; auch braucht niemand eine Vormundschaft zu übernehmen, bei dei eine Sicherheitsleistung verlangt wird — oder dem ein Mitvormund gesetzt werden soll — oder wer schon zwei Vormundschaften oder 2 Pflegschaften oder 1 Vormundschaft und 1 Pfl gschast hat. 2 Gegenvormundschaften zählen dabei als eine Vormundschaft. Man kann durch drei Ordnungsstrafen, jede bis zu 300 Mk., zur Uebernahme einer Vor mundschaft angehalten werden. Der Vormund erhält eine Bestallung. Bei vermögenden Mündeln setzt das Gericht einen Gegenvormund. Bei Beginn der Vormundschaft hat der Vor mund unter Zuziehung des Gegenvormunds ein Vermögensverzeichnis ausznstellen. Geschenke aus dem Mündelvermögen dürfen nur dann ge macht werden, wenn sie auf sittlichen Pflichten beruhen oder aus Anstandsrücksichteu erfolgen. Der Vormund darf Mündelgelder nicht für sich, auch nicht in Form eines Tarlehns, ver wenden. Ueberhaupt soll der Vormund nur so anlcgen, daß zur Wiedererhebung die Genehmi gung des Geuenvormundcs notwendig ist. Als mündelsichere Anlagen gelten: Sichere Hypothe ken (nähere Bestimmung durch die Landesgcsetze), Reichs^ und Staatspapiere, Reichs- und Staats buchschulden, vom Reich oder Staat garantierte Papiere, vom Bunde-rat für geei gret erklärte Papiere, Sparkassenbücher. Wenn aus irgend welchen Gründen eine Anlage in Genannten nicht erfolgen kann, soll das Geld des Mündels bei der Reichs- oder einer Staatsbank oder einer Hinterlegungsstelle deponie t werden. Der Vormund bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts u. a.: zur Verfügung über ein Grundstück des Mündels, oder zur Verfügung über ein Gruud- stücksrecht, Reallast, Servitut — zum Erwerb eines Grundstücks oder Grundstücksrechts, — zur Entsagung einer Erbschaft, eines Ver mächtnisses oder zum Verzicht auf einen Pflicht teil oder einer Erbteilung, — zum Verkauf oder Erwerb eines Erwerbsgeschäftes, — zu einem Pachtvertrag über ein Landgut oder ge werblichen Betrieb, — zu einem Mietsve! trag, der länger als bis zum Eintritt in das 22. Lebensjahr des Mündels bestehen soll, — zu einem Lehrvertrag auf länger als ein Jahr, — zur Aufnahme von Darlehen, — Wechsel- Verbindlichkeiten, — Bürgschaft, — Prokura- Erteilung. Das Vormundschaftsgericht soll das Mündel stets hören bei Dienst-, Arbeiis- und Lehrver- t ägen; ist das Mündel 18 Jahre alt auch über die vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Das Mündel kann auf Anordnung des Gerichts in eine Besserunas- oder Erziehungs anstalt gebracht werden. Alljährlich (bei kleineren Verwögen alle drei Jahre) hat der Vormund Rechnung zu legen, die vom Gegenvormunde zu prüfen ist. Der Vormundschasts r i ch t e r, der dem Mündel vorsätzlich Schaden zu fügt, ist e satzpflichtig. Bei Fahrlässig keit haftet der Richter nur, wenn Ersatz von dritter Seite (etwa Vormund oder Gegen vormund) nicht zu erlangen ist. Parlamentarische Redebliite«. Die .Kreuzztg.' veröffentlicht eine neue Sammlung parlamentarischer Redeblüten, der wir sollende heitere Beispiele entnehmen: „Wir fühlen uns von den weiten Dimensio nen des Hauses beengt." „Das Exemplar, das wegen der Kommunal steuern fortzöge, müßte auf den Tisch des Hauses gesetzt werden." „Dem Kontraktbruch, der geeignet ist, das Herz des Volkes zu vergiften, muß das Wasser auf allen Wegen abgegraben werden." „Nicht allein der Stoff, sondern auch der Schnitt der Kommißhose soll aus Kommißtuch hergestellt sein." „Jener alte Römer hatte es (Krieg und Frieden) in der Hosentasche." „Ich als seit Generationen geborener Schleswig-Holsteiner." „Die mütterliche Liebe der jüngeren Juristen für ihre älteren Kollegen." „Ich konstatiere, daß die Eisenbahnoerwaltung in den letzten Jahren häufi i von akutcn Be dürfnissen überrascht worden ist." „Do t hat man vergessen, in der Schule Bedürfnisanstalten zu bauen. Selbst die Lehrer haben ein ganzes Jahr warten müssen." „Ich möchte nochmals sür die Universität Bonn eine warme Lanze einlegen." „Tie Gebrüder Denhcudt sollen in die Länge gezogen werden." „Es fuhren in der Post in der Woche Null Komma 6 und Sonntags Null Komma 9 Per sonen." „Der Verkehr muß billiger und schneller be fördert werden." „Es ist schlimm für die Angehörigen des Kleinbauern, wenn die Fleischbeschau auch auf ihn ausgedehnt wird." „Ich bin bisher auf einen fruchtbaren Boden nicht gefallen." „Jeder Besitzer ist schon heute verpflichtet, seinen Kadaver so lange aufzuheben." „Ich erlaube mir, Herrn Kollegen Kante einige Bemerkungen zu machen, die wohl nicht ganz richtig sein dürften." „Ich verlange, daß beispielsweise jedes Mädchen ein festes, dauerhaftes Verhältnis in einer Fabrik nachzuweisen vermag." Suntes Allerlei. 155 Schiffe verloren. Nach dem,Büreau Veiitas' gingen im Oktober 155 Schiffe völlig verloren, davon 122 Segelschiffe mit 44113 Registcvtons und 33 Dampfer mit 44 257 Registertons. Darunter befanden sich vier deutsche, und zwar Segelschiffe mit 2205 Register- tous und ein Dampfer mit 3105 Register tons. Außerdem find noch 503 Schiffe, worunter 30 deutsche, durch Uusälle beschädigt worden. Neues Rettungsboot. In Rochefort wurden Versuche mit einem neuen von Herm Henry erfundenen Rettungsboot angesiellt, die sehr beweiskränig waren. Das Boot kann in folge seines eigenartigen Baues weder kentern noch auf den Grund finken. Mehrere Exem plare sind sofort von Rettungsstationen bestellt worden. * Wink. Unteroffizier: „Was ist Ihr Vater?" — Rekrut: „Inhaber eines Wurstgeschäfts." — Unteroffizier: „Tas glaube ich nicht so ohne — weüeres." sohn u. Komp, in der Jägcrstraße Ed Dir den Betrag auszahlen. Es wäre ja möglich, daß Du vor der Reise einige Toilettenangelegen heiten zu regeln hättest. Bitte Frau v. L. um Rat. Ich wünsche, daß meine Schwester in keinem Fall anders als einfach, aber „ch" der den sehr reichen und auf Äußerlichkeiten großes Gewicht legenden P.'s auftritt. Also: Tadellos, Thyrchen! Das ist unsere Parole." , . Wie gut und umsichtig von Theophil. Bei nahe väterlich so gte er sür sie. Hut und Mantel waren wirklich ein wenig verbraucht und das Schuhwerk, Handschuhe, Regenschirm und Mancherlei sonst, war auch zu erneuern Welche Lust, fich so hübsch auszuftatten! Fräu- mn Irmgard v. L. — die Tochter des Hauses Half aussuchen, und man unterhielt sich bestens dabei. „Es ist gar nicht weit bis Neustadt," sagte „Im Kursblich berechnete ich's. In etwa anderthalb Stu den sind Sie da. Ich bringe auf den Bahnhof und hole Sie auch wieder M bei Jh^r Rückkehr. So - wenn auch M umgckeyrter Reihenfolge - wird auch Gräfin Z- es cinrichten. Sie werden derselben doch Tag und Stunde Ihrer Ankunft melden?" sagte Thyra. „Theophil hat es verlangt. Er hat sogar „besondere vorgeschrieben - von beiden Seiten. 8 getragene rosa Astern. Ist das nicht ° gute Phil denkt an alles." war ihr doch vor dem WENN Mama auch oft und 8 rn von ihrer lieben Alma — eben jener Gräfin P. erzählt und unzählige Briefe mit der Jugendfreundin gewechselt hatte, ein eigen Ding war's doch sür Thyra, so ganz allein im sremden Hause ihr fremden Menschen gegenüber zu treten . . . noch dazu mit ihrem für andere so überaus lästigen Gebrechen. Aber was helfen alle Ueberlegungen! Sie hatte es Theophil versprochen und — sie reiste. Pünktlich ging der Zug ab und etwa ändert- halb Stunden später hielt er vor dem Bahn hofsgebäude der Station Neustadt a. D. „A. D." ? Die angehängteu Buchstaben wußte Thyra fich nicht zu erklären. Theovhil hatte immer nur „Neustadt" — ohne Appendix — ge schrieben. Sollte es noch ein zweites Neustadt geben? . . . Gleichviel, hier mußte sie aus- steigen. Sie ließ das Fenster herunter und blickte nach rechts und links den Bahnsteig auf und ab. Er wimmelte von Menschen. Welcher von den vielen war ihretwegen hier? Ein Herr oder eine Dame? Vielleicht ein Diener? Oder das Kammermädchen der Gräfin ? Aber nirgends fiel ihr Blick auf rosa Astern, so aufmerksam sie auch spähte. Seltsam! Vielleicht eine kleme Verspätung von feiten der Abholenden. Sie stieg aus. Ein Kofferträger trat an sie heran; fie gab ihm den Gepäckschein. „Wohin?" fragte der Mann. „M.-Straße 28. Ist das weit von hier?" Der Träger schüttelte den Kopf und wies nach rechts. „Die zweite Querstraße. Ich komme gleich nach. Nummer Zwei!" Er zeigte auf das Blechschild an seiner Mütze und eilte davon, mit dem Handgepäck anderer Reisenden beladen. Abermals schaute Thyra sehnsüchtig-beklom-! men nach dem verabredeten Erkennungszeichen aus. Aber nirgends auch nur eine einzige rosa Aster, geschweige denn überhaupt eine der artige Blume. Was sollte fie machen? Schweren Herzens enschloß fie fich zum Gehen. Der Gepäckträger Halle die Himmelsrichtung angedeutet. Also vor wärts ! ... Mit Gott! Hinter der ersten Querstraße schon konnte sie deutlich das Schild der zweiten lesen. M.- Straße! Sie war also auf dem rechten Wege. Nicht lange, und sie stand vor einem hübschen, steingrauen einstöckigen Hause, mitten im Garten gelegen, das die Nummer 28 trug. Thyra durchschritt die schöne geschmiedete Eisenpforte und den allerliebsten blumenreichen Vorgarten. Der Eingang war an der Giebel seite des Hauses. Ueber der geschnitzten Eichen thür breitete fich ein Glasdach aus, wie eine Art von Baldachin. Kein Klingelschild . . . nun ja . . . die P.'s wohnten ja nur vorüber gehend hier; bis ihr abgebranntes Schloß wie der bewohnbar sein würde. Aber warum nur niemand auf dem Bahnhof war? Vielleicht war ihr Ansagebrief nicht angekommen? Sie hatte zum Glück auf den Umschlag geschrieben: „Ab sender Thyra v. H." und ihre Berliner Adresse. Wenn er unbestellbar war, kam er ihr wieder zu. Freilich nicht in so kurzer Zeit. Sie hätte um Rückantwort bitten sollen! Aber das war ihr unbescheiden vorgekommen, und Theophil hatte ausdrücklich geschrieben: „Eine kurze, natürlich höflliche Anmeldung genügt. Zögere nicht. Benutze die schönen Herbsttage!" Sie hatte an der Schelle gezogen. Eine einfach, aber sauber gekleidete Magd öffnete. „Bin ich hier richtig?" fragte Thyra. „Ist die Frau Gräfin zu Hause?" Sie fühlte, wie unlogisch sie vorging, sah, wie die Magd stutzte und lächelte. „Gras ist schon richtig," sagte fie. „Aber doch nicht Gräfin. So sagt niemand." Thyra verstand fie nicht. Das Mädchen stand halb hinter der Thür und Thyra konnte ihre Mundbewegungen nicht sehen. Darum mußte sie ihre alte Bitte vorbrin en. „Ich bin ganz taub," sagte fie. „Seien Sie so gut und sprechen Sie recht langsam und deutlich, dann lese ich Ihnen jedes Wort von den Lippen." Die Magd sah mitleidsvoll nach Thyra hin über. Sie dachte: „Darauf bin ich gut ein geübt ! Tas arme Fräulein ... ja, ja, so was ist schwer zu tragen." Dann wiederholte fie langsam und deutlich was fie zuvor gesagt, wenn auch in anderer Form' Dies Haus gehörte der Witwe des Sauitäls- rats Graf, einer älteren Dame, die es mit ihrem Sohne, dem Landschaftsmaler Paul Gras bewohnt. Thyra erschrak. Sollte Theophil — oder sie selbst — fich in der Hausnummer geirrt haben ? Vielleicht wohnte Gräfin P. nebenan? „Oder Nr. 18 oder 38 ?" Die Magd schüttelte den Kopf. „Ach nee," sagte fie, „eine Gräfin P. gibt's in janz Nei- stadt nich." Thyra schloß die Augen und ein GessM der Ohnmacht wandelte fie an. <su i (Schluß Wlat.»