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l. MeiLage zu Mr. ^02 des Allgemeinen Anzeigers Sonnabend den 23. Dezember 1899 Schriftleitung, Druck und Verlag: A Schurig, Bretnig. und die Grete .1 Stimmen der weihnachtsfrohen Gemeinde. auf seinen Arm, er, der schöne, geistvolle .Kann nicht, Junge, bin bei Kommer ¬ kleinen Burschen aufs Knie. .Paulchen willst der alten Dame, wo Alfred schon als Kind !> gestillte Thränen. Und während der Gesang ringsum ver- Guten aufgeschlägen. Heilige Nacht Nacht der unend- Uelmren ?S88Mä sl8 MImsM8ge8l:kkiili Maschinenfabrik, empfiehlt sein großes Lager in mit der Lampe, — er horchte angestrengt, nein, sie konnte es nicht sein, die huschte ja das weißt du doch, du zu uns", — — ihre die Kirchenmusik, der er schuhe, die er sich vorhin zwischen Pinsel und Farben hervorgesucht. Es war so traulich rings umher, Tannenduft vermischte sich mit dem Duft frisch gebackener Kuchen, und unter ihm hörte er das geschäftige Treiben fleißiger Füße und Hände. — Wie der Wirbelwind flog Paul aus dem Atelier, die Thür so heftig hinter sich zuschlagend, daß die Fenster klirrten, und einige Studien blätter von der Erde in die Höhe flogen. Alfred war wieder ans Fenster getreten, und blickte auf das hellerleuchtete Gotteshaus, „Aber Freddy, gehörst ja eigentlich Stimme klang wie vorhin gelauscht. Künstler war der einzige, der ihrem stolzen zienrats eingeladen, das weißt du doch." — Herzen gefiel, sie mußte ihn besitzen, um jeden Alfred zog in einer plötzlichen Aufwallung den Preis. Wollte sie doch Millionen auf den Altar seiner Kunst dafür niederlegen. i .,Na, der Grete, die hat dir ja auch j etwas gestickt, ich sage dir aber auch nicht Jetzt kamen sogar Schritte die Treppe— lange, lautlos. Er glaubte das Spiel der hinauf zu ihm, — das war gewiß die Gretes Orgel zu vernehmen, und die jauchzenden ihm selbst neulich geraten, die reiche Adele I sam geworden, fühlte auch er diese unendliche zu heiraten, um sich eine Zukunft zu gestal»! Liebe für seine künftige Braut, wie eben im ten. — Das verstand er einfach nicht, da' I mußte er hinunter, mußte sie fragen; ach Un° du mal sehen, was der Weihnachtsmann hier für euch abgegeben hat?" „Nein, ich will gar nichts haben, wenn du doch heute Abend fortgedst, Onkel Freddy. Grete hat sogar darüber geweint, als du gestern abend fortwarst, — und früher hat sie immer zu Weihnachten gelacht und gesungen mit mir", kam es trotzig von den frischen Lippen. „Grete hat geweint, — kann denn Grete überhaupt weinen, mein Junge?" Alfred Kruno Nitzsche. Klempnermstr. Lr» Leichter Gang! Dauerhaft gebaut! „Ja, ich gehöre zu euch, Grete", sprach er ihr nach, „Paulchen lauf mal immer vor zur Mutter, sag ihr, sie möchte mir auch mit bescheren, ja, mein lieber Junge?" Als der Kleine fort war, zog Alfred die Geliebte in den kleinen Garten, der hinter dem Hause der Tante lag. „Du, Grete, soll ich dir mal was schenken?" fragte er sie leise, sich dicht an das Ohr des zitternden Mädchens neigend. „Jetzt schon Freddy!" „Wenn du willst, ja, gib mal dein Patsch händchen her, die linke, siehst du, er paßt wie angegossen, der alte Ring." „Nein, Alfred! Nein, das kann ich nicht annehmen; Mama hat mir erzählt, das — das wäre deiner Mutter Verlobungsring! — Nein, Alfred, den mußt du selber behalten." „Aber Liebchen," lachte dieser da ganz glückselig, „darum schenke ich ihn dir ja, weil es auch der deinige ist und du meine Frau werden sollst." Fast fromm küßte er den blaffen Mund, der sich ihm bot, — so heilig wie jetzt war dem jungen Künstler noch nie zu Mute gewesen. „Grete, willst du das alte Ding behalten?" Sie antwortete gar nichts, stumm lehnte sie den blonden Kopf an seine Brust, die Augen voller Thränen zu dem besten aller Gotteshause gesungen wurde? Wenn nun Adele die Grete wäre, ohne Vermögen und einfach wie diese, würde er auch dann das schwarzäugige, schöne Mädchen als Frau in das schlichte Atelier führen? — Nein, tausend mal nein, dann nicht, dann könnte er es ja garnicht. Aber mit der Grete wäre es doch gegangen! — Alfred stand plötzlich in der Kirche und starrte hinüber nach dem schwarzen Pfeiler unter der Kanzel, wo sr gar oft ein liebes, blondes Mädchenhaupt so andächtig beten ge sehen hatte. Da saß sie auch heute, dicht an den Bruder geschmiegt. In den blauen Augen lag es wie verhaltene Thränen, und um die Lippen, welche so mutig das Weihnachtslied Christbaumschmuck, Spezialität: Kartons enth. 12 Stück große Glasformsachen, »Karton 5«^, in sehr großer Auswahl, empfiehlt G A Bode«. konnte sich gar nicht denken, daß die klaren Thürpfosten und lauschte den holden Tönen, Blauaugen der blonden Kousine sich je trübens— — wie war das? Nacht der un- konnten. — „Morgen abend bin ich bei euch, i unendlichen Liebe, eine Liebe, die nie, nie- Paulchen", wollte er hinzufügen, aber nein, das malS aufhören würde? — — Ja, seine konntcerdaunnichtmehralsAdelensBräutigam. Mutter hatte ihn so geliebt, unendlich, ohne Ganz heiß stieg es auf in seinem lebens- Ziel und Maß, bis sie dann die müden Augen frohen Herzen, Grete hat um ihn geweint,! schloß. Und er, der übermütige, sorglose seine vernünftige kleine Grete, und dabei! Junge, der in diesen zwei Tagen so schweig- „Mütterchen," sagte er auf einmal, „Mütterchen, kann ich mir nun noch selbst getreu bleiben? — Dazu ist es doch viel zu spät." Er trat hastig ins Zimmer zurück, zog Hut und Mantel an, und griff fast trotzig nach den Schlittschuhen, die Paul vorhin in seiner Hast auf den Boden geworfen. „Ich liebe ja Adele, gewiß liebe ich sie," — sagte er plötzlich ganz laut, und schlich dann leise und behutsam die Treppen hinunter, ihm war als träume er, träume einen schweren, bangen Traum. Er wollte aber nicht erwachen, wollte nicht, er sah nur noch die glänzende Zukunft, sah sich mit freien Schwingen zum Ruhm emporfliegen, zur Macht durch das unent behrliche Gold. Aber den Ring sollte die Grete haben, ja, — das sollte der Abschied von der Jugendgespielin sein. Lautlos ging er durch den hohen Schnee, an der Kirchenthür blieb er stehen und legte das Ohr an das kalte Holz. „Heilige Nacht, Nacht der unendlichen Liebe", klang es von innen. Atemlos lehnte der große Mann am schlugen. Er hielt die Ringe, die er gestern gekauft,! Glocken läuten schon nicht mehr in der Hand, und neben ihm lagen die Schlitt-, ist gewiß ohne mich gegangen." Weihuachtspsalm sprach, — wurde es licht und klar in dem ratlosen Herzen oes grübeln den Mannes am Kircheneingang. Er wachte auf aus dem langen Traum, er wußte nun, daß er für keine andere wie die Grete diese unendliche Liebe habe; mochte er auch weiter schaffen und ringen ums tägliche Brot und er im stillen Hause der Tante zeitlebens sein schmuckes Atelier behalten müssen. In Ge meinschaft mit einer herzlich geliebten Frau würde das Glück auch hier im bescheidenen Häuschen nicht untergehen, und der Sonnen schein mit seinem fleißigen Lieb nicht erblassen. „Fahrt wohl, ihr stolzen Träume vom Golde und Ruhm, — sich selbst getreu bleiben, ja, mein Mütterlein, das will ich, dein An denken sei gesegnet." * * Die Christmeffe war zu Ende. In den Fenstern blitzten die ersten Lichter der Tannen bäume auf, und die Kinder auf den Straßen jubelten schon jetzt beim Anblick der fremden Weihnachtskerzen. Paul hatte die Schwester schnell fortge zogen aus der drängenoen Menge, die aus der Kirche strömte: „Grete, noch eine halbe Stunde, — Grete, freust du dich denn gar nicht?" Das blonde Mädchen sah weder auf die aufflammenden Weihnachtsbäume ringsum, noch in die glücklichen Augen des Bruders, nur die dunkle Gestalt des geliebten Manne» erblickte sie, die eben, jjust als sie über die i Kirchenschwelle kamen, zu ihnen getreten war. „Grete, ich möchte heute Abend lreber !bei euch bleiben, darf ich, Grete, wirds auch der Mutter recht sein?" Mit großen, erschrockenen Augen, gerade so, wie Alfred sichs gestern in Gedanken au»- ; gemalt hatte, sah sie zu ihm auf, während dunkle Röte in das feine, schmale Antlitz stieg. „Sie halten mich gewiß für gefühllos, mein Freund," — es kam weich, fast verschämt von ihren Lippen, „nein, das dürfen Sie nicht, ich habe nur den Kinderglauben an die Be- deutung dieses Festes verloren. — Meine Eltern haben mich nun mal so freidenkend erzogen, des halb brennt doch morgen der Weihnachtsbaum bei uns, aber wenn Sie solch böses Gesicht machen, dann kommen Sie lieber nicht. — Oder wollen Sie freundlicher sein morgen, Fischlein ?" Sie standen vor einem großartig gezierten Portal, hinter dessen Gitter" die Besitzung des Kommerzienrates, weiß, mie der blendende Schnee, hervorleuchtete. Der bunte Schein einer altdeutschen Laterne fiel gerade ank die Sprecherin, und ließsie schöner denn je erscheinen. „Ich komme, Fräulein Adele, natürlich Laternen, sowie alle Arten Küchengeräte in Gußeisen, Blech Emaille, Glas-, Por zellan» und Steingutwaren, Christbaumschmuck, Lichthalter, Lichter, EonfektHalter, ^ptet- Waren, alles zu billigen Preisen. empfiehlt sein großes Lager von Nanga-, liavk- und Wandlampen, Has kleine Häuschen der verwitweten Frau Iden hatte ihr deine Mama schon als Kind Baumeister Arnhelm. Oben mit einer Art Glas- versprochen, weil ihn die Grete immer so dach das Atelier des Malers, unten die Wohnung hübsch fand." der alten Dame, wo Alfred schon als Kind Mit einem Ruck setzte Alfred den Knaben sangen, zuckte es wie tiefes, unverstandenes oftmals bei Taute Bertha und Onkel Bau-! auf den Boden. „Hat sie das zu dir gesagt, Weh. die Grete, — Paul? ! NWZMAATMNSN .4 Mm- -n. „ , „na, — sags , mir mal!" „Deinen Rmg mit den blauen Steinen, . ... ... stummte, der Pfarrer segnend die Hände über i... „. gar nicht gewußt, ich hab' aber immer seine frommen Kinder ausstreckte und den lichen Liebe!" flüsterten Alfreds Lippen. je MM iMÄ »PÜM r« »ml iÄW ÜIMV LmM, KmMMU Sich selbst getreu. .WeihnächtSgeschichte von Else Krafft. (Schluß.) „Um Gotteswillen, schenken Sie mir nicht Mch noch etwas, ich höre und sehe seit vter- ehn Tagen nichts anderes, als Geschenke und Keheimnisthuerei, und das ist mir ein Greuel. NB bekommt ja jeden Tag im Jahre etwas geschenkt. — Ich finde Weihnachten überhaupt schrecklich langweilg, bin immer froh, wenn erst sdet ganze Krimskram vorüber ist. — Für gläubige Kinder hat das Fest wohl Reiz, doch wil aufgeklärte Menschen, — nein, ich mache Mil nichts aus Weihnachten." komme ich und bringe Ihnen meine Christgabe morgen. Aber allein möcht' ich's Ihnen geben, sind Sie vor der Bescherung auf der Eis bahn wie sonst um diese Zeit?" . _ . ...... „Wie sonst, bis 6 Uhr, Herr Professor. > sinn, — der Junge hat sicher dummes Zeug Adieu, heut' dürfen Sie nicht mit herein, der! geredet, natürlich, das macht er ja oft so. Weihnachtsmann ist drinnen, wenn Sie's nuns „Onkel", sagte dieser plötzlich, ,Onkel, einmal so haben wollen." was schenkst du ihr denn?" .„Endlich," — flüsterten ihre Lippen, als I Wem denn, Paulchen?" der Diener eilfertig die Thür hinter ihr schloß. I * 4- * l - , . Am andern Tage, als die Dunkelheit was. Weißt du, was sie sich wünscht?" kaum angebrochen, klang schon das Läuten der „Na," — Alfred legte die bärtige Wanze vvrLLitKvrv »oed bis S4 üi«8«8 HIon»t8. kiilMtr. LM. kkllgknßglikl'. HM alten, süßen Glauben gehalten: Welt ging s die Fenste- strahlt? Guck mal, Onkel." verloren, Christ ist geboren, freue sich, freue' Der blonde Lockenkopf zog den stillen Mann dich, o Christenheit! «ans Fenster. „Siehst du Onkel, da drüben Ob Adele merkte, was in dem schweigenden stehen sie, die Tannen, ganz dicht am Altar Manne vorging? Sie legte plötzlich die Hand muß es sein, komm' mit, Onkel, ja?" kaum angebrochen, klang schon das Läuten der „N», — Arirev ^rg^r Kirchenglocken feierlich durch die stillen, be- an das heiße Kindergesicht, schneiten Straßen. Gerade dem Gotteshause gegenüber lag! kleine Häuschen der verwitweten Frau! Alfred zog den Mantel fester um dies wie auf Elsenfüßen, Paul war's, der liebe, Sjulter, ihn fröstelte plötzlich. Stumm sah! wilde Junge, was wollte denn der schon eriuf das liebreizende Geschöpf an seiner Serte, wieder hier oben? nein, sie wußte gewiß nicht was sie sprach, — s „Onkel Freddy, kommst du mit Weihnachten, wie viel Seligkeit lag für ihn, zur Kirche, da brennen schon zwei große Weih- in diesem Wort, wie fest hatte er stets an' nachtsbäume — siehst du, wie hell es schon durch ider gemütlichsten Ecke seines Ateliers, den gesehen, wie sie.ihn auf dem Fing:r hatte." I stopf horchend zum Fenster geneigt, woher die Und hastig setzte er hinzu: „Siehst du, Onkel, reinen Glockentöne so feierlich an sein Ohr jetzt komme ich zu spät in die Kirche, die meister geweilt hatte. Nach dem Tove der Mutter hatte er so lange be' der Tante gequält und gebettelt, bis sie es ihm endlich gestattet, sein Nest überihr auszuschlagen, und die siebzehn- ivr^ vorp jährige Ärete sowie ihr Bruder Paul hatten i der eine Stein kaput war, den Ring getragen damals redlich beim Quälen geholfen. . hatte. Zwei Tage lang, Onkel. Mama hat Und nun saß Alfred im Dämmerlicht in' es -"Ninku i<4» k-k.' , ----- , Seine Grete, sein treuer Kamerad in „Ach nein, Onkel, ich denk' es mir bloß, Freud und Leid, sie hatte um ihn, den sorg- weil sie neulich, als du verreist warst, und losen Gesellen, Thränen vergossen, bittre, un- der Ring vom Goldarbeiter kam, weil doch