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Allgemeiner Anzeiger : 23.09.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189909238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18990923
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18990923
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-09
- Tag 1899-09-23
-
Monat
1899-09
-
Jahr
1899
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 23.09.1899
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Politische Rrmdscharr. Tcutsckland. * Der Kaiser ist am Dienstag mittag in Malmö (Schweden) eingetroffen, von wo aus er sogleich per Extrazug nach den 40 Kilometer entfernten Gütern des Grafen Piper weitersuhr. *Der Kaiser hat den früheren Minister des Innern, Frhrn. v. d. Recke, zum Ober- präfidcnten der Provinz Westfalen er nannt. Frhr. v. d. Recke ist bereits nach Münster abgereist. * Gegen die Boykottierung der Pariser Weltausstellung wird, wie aus sicherer Quelle verlautet, seitens der Reichs- Regierung mit aller Macht angekämpft werden. Deutschland würde sich nur selbst schädigen, wenn es in letzter Stunde zurücktreten wollte, insbesondere da England die äußersten An strengungen machen wird, um Deutschland zu überflügeln. * Unter den neunzehn türkischen Offizieren, welche am 1. Oktober d. mit Genehmigung des Kaisers in das preußische Heer eingestellt werden, befinden sich drei Vizemajors, vier Hauptleute, vier Rittmeister, sieben Oberleutnants und ein Leutnant. Die Offiziere werden auf alle Truppengattungen verteilt und gelangen sämtlich als Leutnants wie folgt zur Einstellung: acht kommen zur In fanterie (zwei von ihnen zur Garde), fünf zur Kavallerie, zwei zur Feldartillerie, zwei zur Fuß artillerie, einer zum 3. Pionier-Bataillon in Spandau und der Vizemajor Fettah zum Eisen bahn-Regiment Nr. 1. *Die lippische Frage, die ziemlich lange geschlummert hatte, wacht wieder auf. In der ,Deutschen Juristenzeitung' veröffentlicht Prof. Laband, der bekanntlich die Schaumburger Ansprüche verficht, einen Artikel, in dem er über einige Kritiken des Dresdener Schiedsgerichts- Urteils berichtet. Aber dem Urteil des Dresdener Schiedsgerichts haben sich beide Teile im voraus unterworfen. Gegen das Urteil gibt es keine Berufung. Es hat die gültige Rechts grundlage geschaffen. *Für den Arbeiterschutz in der Hausindustrie sind, wie die offiziösen ,Berl. Pol. Nachr.' schreiben, neue gesetzliche Be stimmungen nichtin Aussicht genommen. Schon jetzt sei es laut kaiserlicher Verordnung gestattet, mit Zustimmung des Bundesrats die Bestim mungen der Gewerbeordnung für Arbeiterschutz in denjenigen hausindustriellen Betrieben einzu führen, in denen der Arbeitgeber nicht aus schließlich zu seiner Familie gehörige Personen beschäftigte. * Es ist mehrfach vorgekommen, daß kon traktbrüchige russisch-polnische und sonstige ausländische Saisonarbeiter zwangs weise zur Arbeit zurückgeführt find. Da diese Arbeiter nicht unter die Preuß. Gesindeordnung fallen, und da das Gesetz vom 24. April 1854 betr. die Verletzungen der Dienstpflichten des Gesindes und der ländlichen Arbeiter nur Geld strafe oder Gefängnis, nicht aber die zwangs weise Zurückführung Vorsicht, so ist letztere in diesem Falle nicht zulässig. Es ist denn auch von den zuständigen Regierungsorganen darauf aufmerksam gemacht worden, daß die betreffenden Arbeiter vorkommendenfalls vor die Wahl zu stellen find, entweder freiwillig auf ihre Kosten in das von ihnen unrechtmäßigerweise verlassene Dienstverhältnis zurückzukehren oder zwangs weise aus dem Deutschen Reichsgebiet aus- gewiesen oder in ihre Heimat abgeschoben zu werden. *Bei der Postagentur in Tsintau (Kiautschou) sind in der Zeit vom 1. Juli 1898 bis 30. Juni 1899 aufgegeben: 236 288 Brief sendungen, darunter 8366 eingeschriebene Briefe, 1948 Postanweisungen, über zusammen 313 306 Mark, 19 Geldbriefe und 306 Pakete. Ein getroffen find von auswärts: 191724 Brief sendungen, darunter 2816 eingeschriebene, 1139 Postanweisungen über zusammen 42 597 Mk., 1160 Pakete und 13130 Zeitungen auf 406 Abonnements. 46 Telephonapparate waren am Schluß des Berichtsjahres in Betrieb. Frankreich. *Der französische Ministerrat hat am Der Sörscnkümg. 23) Roman von Karl Ed. Klopfer. (Fortsetzung.) „Komm', sag'ich! Du wirst mir auf der Stelle ftrlgen." Und Snoward zwang Elvira in der That, einen Schritt vorwärts zu thun. In diesem Moment ertönte von der Thürschwelle her Schwerdtners markige Stimme. „Nein, Mr. Snoward, die Dame wird Ihnen nicht folgen!" Der Amerikaner sah den kühnen Eindring- lmg sprachlos an, offenbar seinen Augen nicht trauend. Elvira dagegen schnellte förmlich empor. Sie riß sich von der Hand ihres Mannes los und eilte von ihm weg, so weit sie konnte. Sie war noch zu verwirrt, um recht zu begreifen, was überhaupt vorging, sie sah nur Schwerdtner mit flammenden Augen in die Mitte des Ge maches Keten, während im Nebenzimmer Baron Ellerich, Robert und eine zunehmende Menge der Gäste sichtbar wurden, von den stark ge sprochenen Worten des jungen Mannes ange lockt. Sein Auftreten mußte auf seinem Wege hierher allgemeine Befremdung erregt haben. „Wollen Sie sich nicht deutlicher erklären?" fragte Snoward aufrichtig erstaunt. „Ja, das will ich, und mehr als Ihnen lieb sein kann. — Herr Baron, und Sie alle, meine Herrschaften, verzeihen Sie mir den Skandal, den ich hier erregen muß, aber wir dürfen nicht dulden, daß ein gemeiner Verbrecher auch nur eine Minute nach seiner Entdeckung sich hier nngebrandmarkt bewege. Der Mann da — Ralph Snoward — ist der Mörder des Bankiers Döbel!" Dienstag die Begnadigung Dreyfus' im Prinzip beschlossen, dieselbe k^> in einigen Tagen zur Ausführung gelangen. — Dreyfus hat seinen Revisionsantrag zurückgezogen. * Londoner Zeitungen melden, Labori und Frau Dreyfus besuchten Folkestone und nahmen Wohnung daselbst, damit Dreyfus nach seiner Freilassung dort mit seiner Familie wohne. *Der Senator Scheurer-Kestner ist am Dienstag gestorben. * Finanzminister Caillaux hat an die Mit glieder des Parlaments den definitiven Bud getplan für 1900 verteilen lassen. Ec stellt darin fest, daß die Staatsschuld „nur" 30 Milliarden (30000 Millionen) beträgt und nicht 35, wie vor einiger Zeit in Pariser Zeitungen zu lesen war. Er spricht die Hoff nung aus, daß die Staatsschuld bis zur Rütte des nächsten Jahrhunderts, die regelmäßige Amortisierung und keine unvorhergesehenen Aus gaben vorausgesetzt, bis auf 22 Milliarden sinken werde. * Wo ist der Herzog von Orleans, unser künftiger König? Die Frage beschäftigt die Pariser schon seit einiger Zeit. Seit Monats frist hat man von dem Aufenthalt Sr. Hoheit nichts vernommen, und die Vermutung, daß er zu den Belagerten der Rue Chabrol gehört, gewinnt immer mehr an Boden. ,Amore' behauptet, es seien neue Anzeichen vorhanden, die den Verdacht bestätigen. *Ueber den französischen Kolonialskandal wird man demnächst noch Genaueres erfahren. Der Dampfer „Ville de Maranhao" wird am 23. d. in Bordeaux erwartet. Derselbe über bringt die zwischen der Mission Voulet und dem Oberst Klobb gewechselte Korrespondenz. England. *Jn London hält man jetzt eine fried liche Lösung der Transvaalfrage für unmöglich. Chamberlain kehrte von Birmingham nach London zurück. Wegen Ab wesenheit vieler Mitglieder war der Termin zur Einberufung des Kabinettsrates auf Mittwoch verschoben worden. (So kriegerisch England auch gestimmt ist, eine Kriegserklärung kann es an Transvaal noch nicht absenden, denn vor Mitte Oktober ist es in Südafrika überhaupt nicht aktionsfähig.) * Im Arsenal von Woolwich treffen stündlich große Lieferungen von Feldtelegraphen, komprimiertem Proviant, Geschirren für Ochsen und Maultiere, Pontons ein, die innerhalb der letzten Wochen bestellt wurden. Ferner liefen Kabelgesuche um weitere Lieferungen von Ge wehren und Maschinengeschützen ein. Dänemark. *Jn einer Uebersicht über die nunmehr be endigte große Arbeiteraussperrung teilt die,Nationaliidende' mit, daß, wenn der mittlere Arbeitslohn der Arbeiter zu 3 Kronen pro Tag angesetzt wird, der Verlust an Arbeits lohn ungefähr 12 Mill. Kronen beträgt, und wenn man die ausgezahlten Unterstützungen, den Verlust der Arbeitgeber rc. mitrechnet, kann man annehmen, daß die Sperre dem Lande ungefähr 50 Mill. Kronen gekostet hat. Rustland. *Die ,Neue Freie Presse' veröffentlicht eine Unterredung mit dem Ober - Prokurator des heiligen Synod Pobedonoszew. Von einer Verbrüderung mit den österreichi sch e n P a n s I a w i st e n wollte Pobedonoszew nichts wissen. Die Tschechen ständen ganz im Banne der deutschen Bildung, und die Polen bedrückten aufs schmählichste die in Galizien wohnenden Russen. Pobedonoszew erklärte sich für einen scharfen Gegner der päpstlichen Nuntiatur in Petersburg. Die Beziehungen zu Deutschland bezeichnet er als gut. Balkanstaaten. *Die kürzlich erwähnte Palastrevo lution in Konstantinopel muß doch nicht so harmlos gewesen sein. Der dieser Tage von dort nach Tripolis abgegangene Dampfer „Taif" hatte 30 Personen an Bord, welche in die Verbannung geführt wurden. Der größte Teil der Verbannten waren Angestellte des Mdiz-Palais. * Im Belgrader Hochverrats prozeß hielt der Staatsanwalt die Anklage gegen sämtliche Angeschuldigten aufrecht. Das Urteil dürfte kaum vor Eirde der Woche ge sprochen werden. Asten. * Die jüngsten Differenzen zwischen Frank reich und China wegen der Eisenbahn konzessionen erscheinen beigelegt. Nach einer Meldung des Reuterschen Büreaus aus Peking ist das französisch-chinesische Abkommen betreffend den Eisenbahnbau von Luntschau nach Nanningfu am 15. d. unterzeichnet worden. Die chinesische Regierung steuert zu dem Bau der Bahn 3100 000 Taels bei. Das Werk soll in drei Jahren vollendet sein. Das Baumaterial und die Ingenieure werden aus Frankreich kommen. Aus KerUn. Am Montag nachmittag erschien an den Anschlagsäulen folgende Bekanntmachung: „1000 Mark Belohnung. Am 18. September morgens um 6"/4 Uhr wurde der Bildhauer Luigi Valen tini, am 20. 6. 54 zu Novara in Italien ge boren, in seiner Wohnung Wilhelmstraße Nr. 118 in dem im Erdgeschoß des Hinterhauses gelege nen Klosett mit Wunden im Gesicht und auf der Schädeldecke tot aufgefunden. Derselbe ist zwischen 12 und 1 Uhr nachts in seine Wohnung zurück gekehrt. Kurz vor IV2 Uhr sind von dem Hausdiener, welcher eine zum zweiten Stock führende Glasthür aufschloß, zwei Männer be merkt worden, welche an ihm vorübergehend das Haus in der Richtung nach dem Bellealliance platz zu verließen. Diese Personen erscheinen nach den bisherigen Feststellungen der That ver dächtig. Dieselben sind etwa 30 Jahre alt, der eine über mittelgroß, beide ohne Ueberzieher, mit dunklen Anzügen und Hüten bekleidet. Die Rock kragen hatten sie in die Höhe geschlagen. Da die in der vor dem Thatorte gelegenen Wohnung des Getöteten befindlichen Behältnisse offenbar nur nach Geld durchsucht worden find, solches auch in der Wohnung nicht mehr vorgefunden ist, so muß angenommen werden, daß das Geld entwendet worden ist. Vermutlich hat ein Kampf zwischen dem sehr kräftigen Valentini und den Thätern ftattgefunden und find letztere vielleicht verletzt worden. Aerzte und Unfall stationen werden hierauf aufmerksam gemacht. Alle sachdienlichen Mitteilungen nehmen die Kriminalpolizei entgegen. Berlin, 18. 9. 99. (gez.) Der Polizeipräsident v. Windheim." Zehn Minuten vor drei Uhr war die Ge- richtskonumsfion mit der Ortsbefichtigung und Aufnahme des Thatbestandes fertig. Die Leiche wurde, nachdem man sie genau untersucht hatte, in das Schauhaus gebracht. Valentini trug einen grünlichen Anzug, einen grauen Havelock, einen schwarzen Hut und auffallend Helle gelbe Schuhe. Nachdem die Leiche abgeholt werden war, blieb Polizeidirektor von Meerscheidt- Hülleffem noch am Thatort und in der Wohnung, um beide noch einmal auf das genaueste abzu- fuchen. Teilchen von dem bei der Leiche und auf der Erde gefundenen Blute und das Mord werkzeug nahm er an sich. Zwei Personen wurden im Laufe des Tages als verdächtig eingezogen und auf dem Polizei-Präsidium ein gehend verhört. Die Vernehmungen waren am Spätnachmittag noch nicht beendet. Nach Ab suchung des Thatortes und der Wohnung begab sich Polizeidirektor von Meerscheidt - Hüllessem nach dem Präsidium, um seine Wahrnehmungen und Schlüsse in einer eiligen schriftlichen Aus arbeitung festzulegen. Zu 5 Uhr nachmittags wurden sämtliche Kriminalbeamte zu einer außer ordentlichen Konferenz bestellt. Diese außerordentliche Konferenz der Kriminal beamten war so zahlreich besucht, daß sie in zwei Abteilungen abgehalten werden mußte. Die Ermittelungen haben bisher nur sehr wenig An haltspunkte zur Entdeckung der Mörder zu Tage gefördert. Der einzige, der diese gesehen hat, ist der Hausdiener Schwandtke, und der kann leider keine auch nur einigermaßen genaue Be schreibung von ihnen geben. Zwei sistierte Personen sind wieder entlassen worden. Kriminalkommissar von Böckmann hat alle Gehilfen und Gehilfinnen, die bei Valentini be schäftigt waren, vernommen. Dabei hat sich herausgestellt, daß der Ermordete eine silberne Remontoir-Uhr kug. Diese ist ebenfalls geraubt. Leider kennt man ihre Nummer nicht. Es ist eine Uhr mit Doppelkapsel und Goldrand. Ob der Hintere Deckel glatt oder verziert ist oder eine Gravierung enthält, weiß man nicht. Das weiße Zifferblatt aber kägt in blauer Schrift den Namen Liugi Valentini. Die Kette ist an scheinend aus Nickel oder versilbert, sieht aber schon etwas gelblich aus. Don Uah und Fern. Charlottenburg. Ganze fünf Pfennige Kommunalsteuerzuschlag entrichtet die Witwe Grube alljährlich an die Gemeinde Charlotten burg. Die Sache hängt wie folgt zusammen, i Frau Grube ist Eigentümerin eines in der > Kaiser Friedrichstraße gelegenen Stückchen Landes, das, seinem Wert entsprechend, mit einem Jahresbetrag von drei Pfennigen zur Grund steuer veranlagt worden ist. Zu dieser Steuer erhebt die Stadt Charlottenburg einen jährlichen Kommunalsteuerzuschlag von 180 Prozent, das macht laut Steuerausweis auf das Jahr fünf Pfennige, oder, da diese Steuer vierteljährlich erhoben wird, vierteljährlich 1V< Pfennig. Von ! dieser Thatsache erhält die grundsteuer- pflichtige Cenfitin alljährlich einmal durch ein amtliches Schreiben Mitteilung, das dem i Staat zehn Pfennig Porto kostet. Glück licherweise ist es ihr gestattet, den Jahres betrag der Steuer in der Höhe von fünf Pfennig auf einmal zu entrichten; müßte sie quartaliter ! zahlen, so würde es ihr schwer fallen, ein ge- eignetes Zahlungsmittel zur Begleichung ihrer , Steuerschuld zu finden. Viertelpfennige gibt es nämlich auch in Charlottenburg nicht. Den Bekag der Steuer auf zwei Jahre pränumerando in Gestalt eines Zehnpfennigstückes abzuliefern, ! ist Frau Grube auch nicht möglich, da der An nahme dieser Vorauszahlung, wie ihr erklärt wurde, gesetzliche Bedenken entgegenstehen. München. In der Sitzung der Gemeinde kollegien teilte Bürgermeister v. Borscht mit, daß der Prinz Regent die Absicht kundgegeben habe, die nach ihm benannte, durch die Hochflut eingestürzte Brücke aus eigenen Mitteln von neuem erbauen zu lassen und zum zweiten Male der Stadtgemeinde München zum Geschenk zu machen. — In Walburgskirchen (Niederbayern) wurde kürzlich ein sechs Wochen altes Kind ermordet aufgefunden. Ueber diese That ist jetzt ein entsetzliches Licht verbreitet worden: Die eigene Mutter hat ihre beiden Kinder, die 6jährige Theres und die 9jährige Hedwig, zu dem Mord an dem jüngsten Kinde angeleitet, sie hat den beiden Spielzeug versprochen, wenn sie das kleine Würmchen umbringen würden! Und die Kinder waren folgsam und thaten, was ihnen die Mutter befohlen hatte. Sie trugen das Kind in den Wald und zertrümmerten der Kleinen den noch weichen Schädel. Das un natürliche Weib wurde verhaftet. Würzburg. Während der Brigadestab in den Manöver» war, wurden aus einem im ! Büreau der 2. Artillerie-Brigade untergebrachten eisernen Schrank mittels Einbruchs sämtliche ge heimen Mobilmachungspapiere gestohlen. Der Verdacht des Diebstahls lenkt sich auf den fett einigen Tagen flüchtigenTrainsergeantenSchlofscr, der in jenem Büreau als Brigadeschreiber kom mandiert war. Nürnberg. Ein Schutzmann, der bei einer Rauferei zwischen jungen Burschen einschreiten wollte, wurde von einem derselben erstochen. Metz. Bei dem Sächs. Fuß-Art.-Regiment Nr. 12 ist eine Typhusepidemie ausgebrochen, deren Ursprung man bis jetzt nicht feftstellen konnte. Es ist möglich, daß dieser Truppenteil, der vor kurzer Zeit von einer Schießübung von der Wahner Heide zurückkehrte, den Keim zuk Krankheit mitgebracht hat. Die getroffenen Maß nahmen lassen hoffen, daß die Krankheit nicht weiter um sich greift. Das wirkte, als wenn eine Sprengbombe unter die Gesellschaft gefallen wäre. Ein allge meines, ungeheures Staunen machte sich in einem Durcheinandertoben Luft, das sich mit einer Wellenbewegung von Zimmer zu Zimmer fortpflanzte. Dann wurde es still, denn jeder wollte sich bestätigen lassen, ob er denn auch wirklich recht gehört habe. Baron Ellerich, der wie gelähmt mit ausgespreizteu Beinen in der Thür stand, versperrte den anderen, ohne es zu wissen, den Weg. Er konnte nur abwechselnd bald Schwerdtner, bald den Amerikaner an starren. Dieser war bei Friedrichs fürchterlichem Wort zurückgebebt, und das wäre auch ein Schuldloser vor einer solchen Anklage. Jedenfalls aber war er von allen der erste, der seine Fassung zurück gewann. „Schwiegervater! Haben Sie keine Zwangs jacke bei der Hand?" sagte er, mit einer Ge bärde verächtlichen Mitleids auf den jungen Gelehrten zeigend. Diese Bemerkung löste den allgemeinen Bann. Ein entrüstetes Gemurmel erhob sich. Man war allgemein der Ansicht, daß Schwerdtner ange trunken sei, und daß ihm in diesem ungewohnten Zustande seine durch jene halbvergessene Mord geschichte erregte Phantasie diesen „ungeheuer blamablen Streich" gespielt habe. Jetzt trat der Hausherr zwischen ihn und den Schwiegersohn. „Ich beschwöre Sie, Herr Dok tor ! Was treiben Sie denn für Unsinn...!" „Ich bin durchaus nüchtern und bei vollem Verstand," rief Schwerdtner, sich mit einer Auf merksamkeit heischenden Gebärde an die ganze Versammlung wendend. Und jetzt erzählte er in sich überhastenden Worten, was er vor der Unter suchungsbehörde ausgesagt hatte, und wie er vor einer knappen halben Stunde draußen im Vor zimmer Snoward als den Mörder erkannt habe, während dieser unter dem Kronleuchter dieselbe Haltung eingenommen habe wie damals im Bahn wagen, wo er die Lampe verlöscht und ihn, den halb Schlummernden, mit dem chloroformierten Tuch betäubt habe. Das machte gewaltigen Eindruck. Man sah sich entsetzt an, nicht wissend, was man denken sollte. Da unterbrach ein Schrei aus Roberts Munde die momentane Totenstille. „Eilt!" rief der Knabe und stürzte in die Fensternische, wo Elvira ohnmächtig zusammen gebrochen war. Die meisten Personen, darunter auch Ellerich, bemerkten überhaupt erst durch diesen Zwischenfall die Anwesenheit der jungen Frau. Einige Damen sprangen zur Hilfeleistung herbei. Snoward wollte sich mit imponierender Haltung Platz schaffen. Wieder schien er der einzige von allen, dessen Nerven den Sturm unerschüitert überdauert hatten. „Lassen Sie doch diesen Narren hinaus schaffen," sagte er zu dem Freiherrn. „Indessen sorge ich für meine Frau." „Wagen Sie es nicht, die Dame auch mir mit einer Fingerspitze zu berühren!" schrie ihm Schwerdtner entgegen. Seine furchtbare Er regung wurde durch die impertinente Ruhe dieses Menschen bis zur Raserei gesteigert. In dem ahnenden Gefühl, daß Snoward sich durch sein freches Aufketen die günstige Meinung der Zu schauer eroberte und möglicherweise entschlüpfen konnte, ehe es ihm gelang, mit seinen Beweis gründen endgültig durchzudringen, verlor er alle Besinnung und der Trieb, den Todfeind physisch niederzuwerfen, da er ihn mit Worten zu be siegen verzweifeln mußte, gewann jetzt allein die Oberhand. Snoward erkannte das im Nu. In seine« Augen leuchtete es auf — aber es war nicht Zorn, es war nicht Furcht, sondern ein kalter, teuflischer Triumph. „Gib acht, lügnerischer Bube," rief er de«> Widersacher höhnend zu, „oder ich vergesse, daß ich es mit einem Verrückten zu thun habe ..., Schwerdtner sprang mit einem Wutschrei, mit hocherhobener Faust auf ihn zu. Snoward wich mit erstaunlicher Gewandtheit bis an de« Kamin zurück, riß mit Blitzesschnelle einen del beiden schweren Armleuchter vom Sims Hera" und schlug den Unglücklichen damit zu Bodc«- Dieser neue Auftritt hatte sich mit solches Geschwindigkeit abgespielt, daß in dem Tum«« niemand war, der die Bewegungen der beides genau verfolgt hätte, geschweige denn, daß eE hätte abwehrend eingrcifen können. Erst "f dumpfe Schlag, gleichzeitig mit dem Sturz dz Getroffenen, brachte allen zum Bewußtsein, w«" geschehen war. Snoward wischte sich das Gesicht mit de« Taschentuche und schien eben erst zur Besinn^ zu kommen. „Sie haben gesehen," sagte er mit gesenkte Haupte, sich an die erstarrte Versammm . wendend, „es war — ein Akt der Notwey^, Der Irrsinnige wollte auch crdross-ln. Es
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