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ausgesehen wie »ein richtiger Whlder". Eine Bemerkung, welche zu Mißdeutungen führen konnte, durch die er aber die Voll kommenheit männlicher Schönheit bezeichnen wollte. Als die vierspännige Kutsche mit dem jungen Paar nach dem Bahnhof abgefahren war, wurde sowohl ini Pfarrhause, als auf dem Gut eine große Lücke empfunden, welche jedoch von sehr ver schiedener Art war. In ersterem herrschte das Gefühl deS Ver lustes und der Einsamkeit, denn mit der Braut war das Licht aus ihres Oheims Hause verschwunden, aus dem Gut aber empfanden alle das Gefühl der Erleichterung. Lennox mußte am nächsten Morgen Abschied nehmen, denn jetzt, nachdem sein Freund abgereist war, blieb ihm kein Vorwand mehr, noch länger in Craglands zu bleiben. Nach der Trauung jedoch erhielt er ein Billet, das sein Bedauern milderte. Es war eine Einladung von Lady Grail, einige Zeit in Crook-Park zu verweilen. Er hatte diese Einladung sofort angenommen, erfreut, daß er noch länger in der Nachbarschaft von Grace Wylder bleiben konnte. Während der letzten Wochen war eine Veränderung in ihrem Benehmen gegen ihn vorgegangen, welche er nicht verstehen konnte. bezeichnet hatte, und das war die Ursache der Veränderung in ihrem Wesen gegen Lennox. Sie war nicht so thöricht ihn tHniger zu lieben, weil er reich war. Aber deswegen schrak sie dav^r zurück, ihn ahnen zu lassen, wie sehr sie ihn liebte. Der junge Mann hatte sie in das Gewächshaus begleitet, um ihr behilflich zu sein — er konnte auch kaum anders. — Grace sammelte Blätter und Blumen, und ihr Ellenbogen streifte leise seine Aermel. „Ich bedauere sehr, Craglands zu verlassen," sagte er. „Papa wird Sie sehr vermissen," erwiderte sie. „Sonst niemand?" fragte er in halb ernstem halb scherzen dem Tone. „O ja," sagte sie, mit dem Bouquet beschäftigt, „Mama gewiß auch." „Und warum nicht Sie, Grace?" fuhr er jetzt ernsthaft fort. „Ich habe zu einer Zeit gedacht — gehofft, es werde so sein, aber Sie haben sich sehr verändert. Was hat Sie beleidigt?" „Nichts," erwiderte sie mit gezwungenem Lachen. „Ich habe natürlich kein Recht, eine Erklärung zu verlangen," Träumerei. Nach dem Gemälde von F. M. Bredt. Ihr Wesen war vollkommen freundschaftlich, aber weniger un befangen und herzlich. Er wußte, daß er keine Veranlassung dazu gegeben hatte, und entschloß sich zu einem Schritt, vor welchem mancher andere Verliebte ängstlich zurückgeschreckt wäre. Er wollte sie fragen, was die Ursache dieser Veränderung in ihrem Wesen sei, und beabsichtigte, dies für jetzt nur scherzend zu thun. Er war bescheiden, in Bezug auf seine Vorzüge und glaubte, daß jein Aufenthalt in Craglands zu kurz gewesen sei, um einen so großen Preis wie Graces Hand zu gewinnen. Am Morgen seiner Abreise nach Crook-Park befand er sich in dem Gewächshause im Garten, Grace allein gegenüber. Ihr Vater hatte sie, sehr zu ihrem Verdruß, dahin gesandt, um ein Sträußchen für das Knopfloch des jungen Mannes zu holen. „Lady Grail soll nicht sagen," bemerkte er, „wir haben unsere Pflicht gegen ihn vernachlässigt." Natürlich hatte er das im Scherz gesagt, aber sie wußte, daß er nicht so gesprochen hätte, wenn Mister Lennox der arme Leutnant gewesen wäre, für den er ihn zuerst gehalten hatte. Während der letzten Monate hatte sie die Schwierigkeiten der Familie kennen gelernt und sie wußte, wie willllkommen ihrem Vater ein Schwiegersohn wäre, welchen Grant als einen Krösus erwiderte er ernst. „Junge Damen können sich bewegen, wie sie wollen. Aber wenn irgend etwas vorgefallen ist, was sie ent fremdete —" „Sagen Sie nicht entfremdete, Mister Lennox," erwiderte sie, „denn wir sind sehr gute Freunde, hoffe ich. Aber etwas ist vor gefallen, Sie wissen, was es ist, aber Sie müssen mir erlassen, es anzudeuten, und — und — es ist nicht Ihre Schuld." Sie war verwirrt und fühte, daß sie einen Mißgriff gemacht hatte, indem sie den Grund ihrer Veränderung auch nur andeutete. „Soll ich daraus verstehen," fragte er, „daß ich das Opfer der Umstände bin?" „Wenn Sie wollen — ja. Dies ist schon vielen guten Leuten vor Ihnen widerfahren, aber es thut mir sehr leid." Er überlegte, welcher Umstand das sein könne und glaubte, ihn gesunden zu haben. Tiefe Röte stieg auf feinen Wangen auf. „Steht das — wenn ich fragen darf — irgend wie in Ver bindung mit Geldangelegenheiten?" Jetzt war an Grace die Reihe zu erröten. Es war nicht dasselbe, wenn sie begriff, daß sein Reichtum ein Hindernis zwischen ihnen sein werde, als wenn er das erriet. tgonjctzulig folgt.)