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Allgemeiner Anzeiger : 06.09.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189909060
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18990906
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- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1899
-
Monat
1899-09
- Tag 1899-09-06
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Monat
1899-09
-
Jahr
1899
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 06.09.1899
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Arensberg. Der Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande, — die Wahrheit dieses Sprichwortes kann man wieder einmal aus der Behandlung einer „Prophetin" ersehen, die an den Berliner Magistrat die nachfolgende Kund machung gerichtet hat: „Ich kann es nicht unter lassen, noch einen Notschrei zu senden und dringend zu bitten, der Bevölkerung Berlins durch Plakate mitznteilen, daß die schreckliche Katastrophe der Zerstörung Berlins durch Erd beben in der Nacht vom 28. zum 29. d., also zwischen Montag und Dienstag nächster Woche eintritt. Ein kleiner Teil von Moabit bleibt stehen, Flemmingstraße und nächste Umgebung. Vom Mittelpunkte Berlins zwei Meilen im Um kreise wird alles vernichtet werden. Dies zeigt nochmals mit blutendem Herzen an — die Prophetin: Frau X., geb. Y., Arensberg bei Treptow a. R., den 26. August 1899." — Daß die Arensberger Kassandra auch den Mut der Ueberzeugung hat, ergibt sich daraus, daß sie zu ihrer Kundgebung eine offene Postkarte be- Mtzt hat. Anstatt diese nun schleunigst zum Abdruck weiter zu geben, hat sie der böse Magistrat dem Arensberger Gemeindevorsteher zur weiteren Veranlassung übersandt. Lübeck. Eine nicht genannt sein wollende Persönlichkeit hat dem hiesigen Mnsikverein das respektable Sümmchen von 50 000 Mk. über wiesen mit der Maßgabe, dieses Kapital als Grundstock zu einem großen Saalbau zu ver wenden, in dem auch Volksunterhallungsabende und ähnliche Veranstaltungen abgehalten weiden könnten. Nun hat sich der Verein mit dem Kameradschaftsbund der 76er und 162er in Ver bindung gesetzt, um, wenn möglich, mit diesem gemeinsam einen großen Konzertsaal zu bauen, da der Kameradschaftsbund sich ernstlich mit der Absicht trägt, ein eigenes Kriegerheim großen Stils zu errichten. Kahla. Der Großlaufmann Zecke wurde nach einem Privattelegramm unter dem Ver dacht, Wechselfälschungen im Betrage von 100 000 Mk. begangen zu haben, in Leipzig verhaftet. Diese Affäre steht im Zusammen hang mit der Angelegenheit des durch Riesen- defraudation seines Direktors verkrachten Spar- und Vorschußvereins. Düsseldorf. Der Verdacht, den Mord im Gräfenberger Walde ausgeführt zu haben, hat sich jetzt auf einen Insassen der Gräfenberger Irren-Anstalt gelenkt. Der Mann, ein früherer Metzger, soll trotz seiner Krankheit für harmlos gehalten und mit Botengängen beschäftigt worden sein. Am Tage des Mordes hat man ihn nach Gerresheim geschickt. Den Leuten, mit denen er in Berührung kani, fiel er durch sein sonderbares Wesen auf. Als der Mord bekannt wurde, machten sie bei der Polizei Anzeige. Der Ver dächtige wird in der Anstalt unter strenger Auf sicht gehalten. Burgdorf (Hannover). Eine Reisegesell schaft, die sich am Sonntag bei dem Orte Wicchen- dorf vergnügte, ließ einen mit Benzin gefüllten kleinen Luftballon auffteigcn, dieser explodierte über einem strohgedeckten Wohnhanse, entzündete das Gebäude, und das ganze Gehöft brannte nieder, auch kamen mehrere Schweine in den Flammen um. Die Reisegesellschaft ergriff schleunigst die Flucht. München. In Feilenbach hat sich der frühere Bürgermeister Greimel aus Salzburg erschossen, nachdem auch sein Schwiegersohn, der Pächter eines Hotels in Gastein, wegen Finanz- schwierigkeiten sich eine Kugel durch den Kopf gejagt hatte. Wien. Der gewesene Prager Korps- kommandant Graf Grünne, welcher in einer hiesigen Privatheilanstalt interniert war, wurde auf sein Schloß Dobbersberg gebracht. Der Graf ist unheilbar geisteskrank. Auch der General konsul Oskar Baumann mußte wieder ins Sana torium geschafft werden. Krakau. 160 Gegenstände für 3 Mk. bietet ein angebliches Versandtgeschäft, das sich Ebers und Sohn nennt und in Krakau in Galizien zu Hause ist, öffentlich zum Kauf an. Das verlockende Anerbieten beruht auf Schwindel. Unter den mit Nachnahme auf Kosten des Käufers eingesandten Gegenständen befindet sich eine kleine Schachtel, die nicht weniger als 120 von den verheißenen Sachen enthält. Es finden sich darin: 40 Stecknadeln, 25 Nähnadeln, 20 Haar nadeln, 5 Stricknadeln, 5 Tuchnadeln, 2 Sicher heitsnadeln, 9 Paar Haken undOesen, 12 Hemden knöpfe, 7 Einziehnadeln und ein Fingerhut, zu sammen 120 Gegenstände. Mit den übrigen 40 Dingen sieht's ähnlich aus. Der wirkliche Wert des ganzen Krams beträgt höchstens 50 Pf., während die hereingefallenen Besteller mit Einrechnung des Portos dafür 3,40 Mk. zu entrichten haben. Einer der Getäuschten hat gegen das „Versandthaus" mit der sauberen Geschästspraxis bei der Staatsanwaltschaft An zeige wegen Betruges erstattet, so daß wohl nicht viele Leute mehr mit den 160 Gegenständen für 3 Mk. werden beglückt werden. Budapest. In der Nähe der Gemeinde Borbolya ist ein vorsintflutliches Tier von un gewöhnlicher Größe gefunden worden, um dessen Bestimmung der Oedenburger Professor Bella sich bemühte. Prof. Bella berichtet darüber: „Der Fund von Borbolya ist ein Waltier, dessen Länge acht Meter beträgt. Nach der Erdschicht zu urteilen, in welcher er gemacht wurde, ist das Tier das älteste der in Europa bisher gefundenen; es übertrifft an Alter und Größe die beiden be kannten, in Antwerpen und Bologna verwahrten und ist in Oesterreich jedenfalls einzig. Bis zum Eintreffen der Budapester Geologen habe ich die Bergung des Fundes verfügt." — Der wegen Unterschlagung steckbrieflich verfolgte Viehhändler Kaliwoda aus Roßbach sowie der Buchhalter Binder aus Hamburg find hier verhaftet worden. London. Der Obersheriff der Grafschaft Donegal, Montgomery Sinclair, stand Sonntag morgen vor der Thür seiner Wohnung in Bonnyglen, als ihm ein Telegramm eingehändigt wurde, das ihm den Tod seiner Lieblingstochter Rosabell, eines sechzehnjährigen Mädchens, an zeigte. Sie sei, hieß es in der Depesche, beim Baden in Burtonport — wo das Mädchen den Sommer verbrachte — ertrunken. Unmittelbar nach Empfang dieser Depesche hörte man aus dem Zimmer Sinclairs einen Knall, und als die Bedienten des Hauses herbcistürzten, fanden sie Sinclair blutüberströmt, die Pistole in der Hand, auf dem Boden liegen. Nach wenigen Stunden starb er. Tragisch wird der Tod da durch, daß sich nachträglich herausstellte, daß die von einem anonymen Absender in Dublin stammende Depesche eine Mystifikation war. Miß Rosabell eilte auf die Nachricht von dem Unglück von Burtonport sofort nach Hause. Es war ihr nicht der geringste Unfall zugestoßen und sie hatte sich nicht einmal vorübergehend in der Gefahr des Ertrinkens befunden. ' Sinclair war 55 Jahre alt. Woolwich. Die hiesigen königlichenKanonen- fabriken haben eben eine Kanone erzeugt, die eine ganz außerordentliche Schußweite hat, die nur annähernd abgeschützt werden konnte. Die Artilleristen schätzen sie auf 15 (engl.) Meilen. Damit ist ein außerordentlicher Rekord ge schlagen. Kopenhagen. Die Rattenplage ist hier so groß geworden, daß man Preise für die Tötung von Ratten aussetzen mußte. In den letzten drei Wochen hat der große Krieg gegen die Ratten begonnen. In der ersten Woche wurden nach den offiziellen Berichten 6094 Ratten ge tötet, in der zweiten 6616 und in der dritten 6780. Man hofft unter den Natten allmählich eine Sterblichkeitsziffer von 10 000 in der Woche zu erreichen, obwohl das Jagdmaterial gegen wärtig ausgegangen ist. Man schlägt vor, die Antirattenbewegung auf das ganze Land aus- zndehnen. Die Frage der Vertilgung der Ratten ist zu einer Nationalfrage geworden. Oporto. Nach gewissenhaften Berichten er weist sich die Absperrungskette in Oporto als ein Scheinmanöver. Während 1855 20 000 Mann nötig waren, obwohl damals die Stadt nur ein Viertel des jetzigen Gebiets einnahm, stehen gegenwärtig nur 2500 Mann zur Verfügung, die eine thatsächliche Absperrung nicht durchführen können. In Wirklichkeit verlassen denn auch täglich Hunderte aus allen möglichen Fahrzeugen die Stadt, um in den Vororten Eisenbahnzüge Zu besteigen, die von dort anstandslos abgelassen ' werden während allerdings die Bahnstationen der eigentlichen Stadt geschlossen find. So wird die Absperrung zur Posse. Am Dienstag und Mittwoch fanden weitere Versammlungen statt, die gegen die Absperrung Einspruch erhoben. New Uork. Nun hat sich auch eine Ver einigung gegen den Straßenlärm gebildet. In Amerika wird die Sache vom pathologischen Gesichtspunkt betrachtet. An der Spitze der Bewegung gegen das Straßengeräusch steht ein Arzt, der auf das bestimmteste erklärt, daß die Zahl der Selbstmorde in New Jork in Zukunft stark zunehmen wird, wenn nicht bald Schritte unternommen werden, um den Lärm abzuschaffen. In London bringt man der amerikanischen Be wegung große Sympathie entgegen. Gerichtsffalle. Palermo. Wegen Entführung einer sizilianischen Baronesse Clorinda di Valpetroso stand der Student Gerolamo Campist dieser Tage vor dem hiesigen Schwurgericht. Am 18. Juni ö. hatte der verliebte Student mit einigen Genossen der Baronesse auf gelauert, als sie sich mit ihrer Mutter in den An lagen von Palermo erging. Die Entführer schleppten die junge Dame in einen bereitstehenden Wagen und führten sie in ein Bauernhaus vor der Stadt. Der Student zwang dort die Baronesse, einen Brief zu schreiben, der vom Tage vorher datiert war, und in dem Clorinda den Studenten einlud, sie zu entführen. Im übrigen that man der jungen Dame nichts zuleide. Am andern morgen sollte die Baronesse nach dem Landgute ihres Entführers gebracht werden, allein unterwegs stießen die Entführer auf Jäger, die das Fräulein befreiten. Die Baronesse, eine Dame von außerordentlicher Schönheit, hat sich inzwischen ver- mählt und ist heute Gräfin von Cascio-Ferro. Aus den Zeugenaussagen erhellte, daß sie sich die Huldi gungen des Studenten, seine Serenaden und Liebes botschaften gefallen ließ; dazu kam, daß die Zofe der Baronin und der ThürMer des frciherrlichen Palastes den Studenten absichtlich irre führten. Sie redeten ihm die Ohren voll von der großen Liebe, die ihre junge Herrin zu ihm verspüre, und entlockten ihm n^h und nach 2000 Lira. Anfangs Juni hinter brachten sie ihm die Nachricht, daß Graf Cascio- Ferro um die Hand der schönen Clorinda angehalten habe. Das brachte den verliebten Studenten zur Verzweiflung, zumal er ja felsenfest glaubte, daß Clorinda ihn liebe. So beschloß er die Geliebte zu entführen. Einige Zeugen suchten die Mitschuld eines Helfers des Studenten folgendermaßen zu erklären: „In unserem Lande leistet man solche „Dienste" sehr leicht, ohne sich Schlimmes dabei zu denken." Das Urteil der Baronesse über Campifi lautete: „Er, der Gebildete, war ordinärer als die Straßenräuber, die ihn bei der Entführung unterstützten." Der Student Eampisi und vier seiner Genossen wurden zu je drei Jahr Zuchthaus verurteilt; Campisi wurde außerdem für zwei Jahre unter Polizeiaufsicht gestellt. Der Kogel-Massenmord auf Helgoland kam auf der Provinzialversammlung der Schles- wig-Holsteinschen Tierschutzvereine in Friedrich stadt zur Sprache. Der Verbandspräsident Rentier Schuck aus Kiel führt darüber folgendes aus: Dieser Gegenstand hat schon oft die Ver bandstage, auch die Tierschntzvereine des Deut schen Reiches beschäftigt. Auf Veranlassung des Verbandes hat unser Küstenornithologe Ober lehrer Rohwedder aus Husum vier Wochen lang auf Helgoland Untersuchungen angestellt und darüber Mitteilungen gemacht. Wenn in einer einzigen Nacht 15 000 Wachteln und an einem einzelnen Tage 200 Singvögel gefangen werden und mit dem Schlagnetz in einer Nacht bei Laternenschein 100 000 Lerchen getötet und deren 20 Stück für 1,50 Mk. verkauft werden, um größtenteils, den Badegästen als Leckerbissen auf- getischt zu werden, so kann hier Wohl von grau samem Tiermorde geredet werden. Bereits als Helgoland noch unter englischer Herrschaft stand, hat der Verband Schritte zur Beseitigung des Vogelfanges gethan, jedoch vergeblich; auch eine vom deutschen Tierschutz-Kongreß an die deutsche Reichsregierung eingereichte Petition hatte keinen Erfolg. Erst nach den Untersuchungen des Ober lehrers Rohwedder-Husum erließ die Regierung eine Verfügung, nach der Personen unter 15 Jahren der Vogelfang gänzlich verboten und Erwachsenen nur unter besonderen Voraussetzun gen gestattet ist. Ein gänzliches Verbot wurde nicht erlassen, weil nach den Behauptungen der Insulaner der Vogelfang zu deren Versorgung mit der nötigen Fleischnahrung durchaus nötig sei, und sie sich auf ihre verbrieften Rechte, die ihnen bis zum Jahre 1910 gewährleistet sind, berufen. Da die Versammlung jedoch der Ueber zeugung war, daß die Ernährungsverhältnisse auch der ärmeren Bevölkerung Helgolands sich seit 1893 infolge erhöhten Besuches von Bade gästen und des Aufenthalts von Militär ge bessert haben, auch eine zweimalige tägliche Ver bindung mit Hamburg die tägliche Versorgung mit Fleisch ermögliche, so beschloß sie, in diesem Herbst eine Kommission, bestehend aus den Herren Oberlehrer Rohwedder-Husum und Busse-Hamburg nach Helgoland zu entsenden, die die Angelegen heit noch einmal gründlich untersuchen und das Resultat dem Präsidenten der deutschen Tier schutzvereine, Hartmann-Köln, zur weiteren Ver anlassung bei der Staatsregierung mitteilen soll. Der Monat September ist in diesem Jahre der an Jahrhundert- und Fünfzigjahr-Gedenktagen reichste Monat. Der 3. September ist der 50 jährige Todestag des berühmten Verfassers der Schrift „Zur Diätetik der Seele", Ernst Freiherrn v. Feuchtersleben, und der 100 jährige Todestag des bekannten Philologen Carl Ludwig Bauer. Am 4. find hundert Jahre seit der Geburt des hervorragen den Historikers Friedrich Wilhelm Barthold und fünfzig Jahre seit dem Tode des fruchtbaren und einst vielgelesenen Romanschriftstellers Friedr. Aug. Schulze, der unter dem Pseudonym Laun schrieb, vergangen. Am 5. werden die Jünger der Wasserheilkunde den 100 jährigen Geburtstag ihres Altmeisters Vinzenz Prießnitz, des Begründers der modernen Wasserheilkunde, begehen, gleichzeitig fällt auf dieses Datum der 50 jährige Todestag des bekannten Sprach forschers Karl Ferdinand Becker. Der 10. Sep tember ist ein Doppel-Gedenktag: Der hundert jährige Geburtstag des berühmten Arztes F. A. v. Ammon, des Verfassers des weitverzweigten Buches „Die ersten Mutterpflichten" und der 300 jährige Geburtstag des Herzogs Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, der sich als Feldherr im 30 jährigen Kriege auszeichnete. Am 15. September begeht die musikalische Welt den 150 jährigen Geburtstag des berühmten italienischen Opernkomponisten Domenico Cime- rosa, den 17. ist der 100 jährige Geburtstag des hervorragenden Staatsrechtslehrers Robert von Mohl. Am 25. September sind sünfzig Jahre seit dem Tode Johann Strauß des Aelteren vergangen, der ebenso wie sein Sohn als Walzer-Komponist einen bedeutenden Ruf hatte. Der 29. September ist eia besonderer Gedenktag für die Stadt Berlin: Der 100 jährige Ge burtstag des langjährigen Berliner Bürger meisters Franz I. Naunyn. Gleichzeitig find an diesem Tage 250 Jahre seit der Geburt des einst vielgenannten Epigrammendichters Christian Gryphius vergangen. Endlich ist der 30. Sep tember der 100 jährige Todestag des verdienst vollen Historikers und Hallenser Philosophie- Professors Johann Christoph Krause. Kuntes Allerlei. Ernte-Schätzung. Das ungarische Acker bauministerium veröffentlicht, wie alljährlich, die Ernteschätzung der ganzen Erde. Danach zeigt sich im Vergleich mit dem vorigen Jahre ein bedeutender Rückgang, nicht nur in Europa, sondern auch in den transatlantischen Staaten. Der Weizenertrag des vorigen Jahres war an nähernd 980, der diesjährige kaum 870 Millionen Hektoliter, der Roggenertrag 500, der diesjährige 450 bis 455, der vorjährige Gersteertrag 335 bis 340, der diesjährige Ertrag 312, der vor jährige Haferertrag 940 bis 950, der diesjährige 910 bis 915 Millionen Hektoliter. * * Nicht ganz abgeneigt. Blutjunger Herr: „Sie ahnen nicht, wie ich Sie verehre, Fräulein Emilie. Wie herrlich müßte es sein, wenn unsere Familien in ein näheres verwandtschaft liches Verhältnis zu einander treten würden." — Fräulein Emilie: „Hm! Ja, das wäre so übel nicht. Ist denn Ihr Herr Vater ver witwet?" Mißmutig anklopfend. „Aber was hilft's. Fan gen wir an!" Er entledigte sich wieder der Kleider, du M behindert hätten, befahl dem Gefährten, euren der Stühle heranzurücken und die Laterne darauf zu stellen, und machte sich an die Arbeit. Stunoenlang mußten Bohrer, Stichsäge und Neiße! mit Emsigkeit schaffen, bis sie in die Seitenwand des eisernen Schrankes nur eine Nennenswerte Narbe gebracht hatten. Und der Einbrecher wußte zu gut, daß solche Kaffen doppelte Wände von je drei bis vier Zoll Stärke besitzen. Die äußere Hülle dieses Kastens Äer bestand aus dem härtesten Stahl. Erst nach einer Stunde ließ sich der Athlet ablösen, aber Johns Stärke beruhte mehr im Mandolin- und Tambourinschlagen oder allen falls im bloßen Langfingermachen, und Schlosser- mde mußte gar bald wieder zugreifen, wenn er vas begonnene Werk gefördert sehen wollte. Endlich war das Bohrloch im Schrank so N daß eine eingeführte Ahle auf die Achsen- Mung zwischen den beiden Eisenwänden stieß. Letzt steckte Schlosserlude eine feine Uhrfeder- >°ge, wie sie in Gefängnissen zum Durchfeilen von Gittern gebraucht wird, in die Oeffnung und begann mit dem langwierigsten, wenn auch AM so mühsamen Stück Arbeit: mit dem Aus- Allen eines Loches, durch das man in das innere des Schrankes sollte greifen können. - Mittag war längst vorbei, bis die erste fesche gelegt war. Jetzt kam die zweite Wand, allerdings weniger Widerstand versprechen durfte. Sie wurde in derselben Weise gearbeitet. Doch ehe Schlosserlude an seinem Ziele war, wußte die Blendlaterne wieder angezündet wer den, da durch die Ritzen der Fensterjaloufien nicht mehr genug Tageslicht eindrang. Die Uhr wies schon nahe an Vier. Endlich, endlich konnten sie das zweite aus gesägte Stück Stahlplatte herausheben. Schlosser- "d? hundemüde, wie er sagte, das Brot und der Schnaps waren längst aufgezehrt, und nur die Befriedigung, endlich am Ziele zu sein, hielt ihn noch aufrecht. Er kannte die Anordnung solcher Kaffen- schränke und hatte seine Bemühungen, die im wahrsten Sinne des Wortes einer besseren Sache würdig gewesen wären, mit gutem Bedacht auf den eigentlichen Tresor des Eisenspindes ge- richtet, von dem er nur die beiden Querfächer erreichen konnte. Aus dem oberen zog seine tastende Hand jetzt nacheinander zwei Holz- schüffeln hervor, von denen eine schwer mit Silbergeld, die andere mit einer Handvoll Gold stücke gefüllt war. Diese Beute war im Nu geteilt und in den Taschen der beiden Spieß gesellen verschwunden. Dann schob sich die Diebesfaust des Athleten abermals in die ziem lich weite Oeffnung und förderte ein ledernes Portefeuille heraus, bei dessen Anblick der Mulatte einen leisen Triumphschrei nicht unter drücken konnte. „Da haben wir das Hauptstück vom Braten!" Die Tasche enthielt nahezu dreitausend Mark in größeren und kleineren Banknoten. Aber was war das gegen die Erwartungen der beiden Gauner, besonders Johns?! Dieser Wackere hatte mindestens auf eine Million gerechnet. Freilich, wäre Snoward am Abend zuvor nochmals wie sonst in sein Büreau zurückgekehrt, um vom Hauptkasfierer die gewöhnlichen Fonds für die nächste Woche zu seiner Handkaffe zu empfangen, so wäre wenigstens Schlofferlude zufrieden gewesen! So aber bestand der Haupt inhalt des Portefeuilles nur aus Geschäfts- Papieren, die für die zwei Gauner keinerlei Wert hatten. Nachdem man alle Fächer der Tasche durch stöbert, jedes Blatt besehen hatte, warf sie Schlosserlude fluchend zu Boden und griff aufs Geratewohl nochmals in den Schrank. „Da ist noch was," sagte er rasch, „eine kleine Kassette, auf der das Portefeuille lag." Damit zog er den angekündigten Gegenstand schon hervor. Es war eine lackierte Eisenkassette, sehr schwer, mit einem hermetisch schließenden Deckel, der nur durch einen geheimen Mechanis mus geöffnet werden zu können schien, denn nirgends war ei« Drücker, ein Schlüsselloch oder etwas dergleichen daran zu entdecken. „Das sieht aus wie ein Schmuckkästchen," meinte der Mulatte, das Ding begierig er greifend und es ebenfalls von allen Seiten be trachtend. „Vielleicht haben wir da ein Stück, das sich lohnt." „Pah," machte der andere verdrießlich. „Wer weiß, was für Schund es enthalten mag. Ich sehe schon, wir haben Pech. Schmuck ist übri gens schlecht zu verwerten. Zum Juwelier oder Goldschmied darf man es nicht tragen, weil man da leicht in Teufels Küche geraten könnte, und der Schärfenspieler (Hehler) gibt nur eine Lum perei dafür." „Es hat immerhin ein schönes Gewicht." -Dummkopf, das macht die Eisenkonstruktion l Schlofferlude nahm dem Mulatten das Käst chen wieder ab und schüttelte es. Es gab einen dumpfen Ton, als ob ein mäßig großer Gegen stand darin schlotterte. „Es ist innen gepolstert und enthält emea- ziges Ding, ein Schmucketui vielleicht- „Wollen wir's nicht aufzubrechen suchen? „Daß ich ein Narr wäre! Ich habe mich heute schon genug abgerackert, als daß ich mir an dem Qumck da mit seinem Vexierschloß noch die Zähne ausbeißen möchte. Das nehmen wuc mit wie's ist, du kannst es schleMM du hast dich mehr schonen können als ich, in der Kaschemme (Gaunerwirtshaus, Verbrecherschlupfwinkelj haben wir Zeit genug zu einer gründlichen Unter suchung." „So wären wir nach deiner Meinung hier fertig?" . . „Leider ja! Sollen wir etwa die Thür da drüben noch trennen saufbrechenst die in die an deren Stuben führt? Sie ist wieder mit Eisen beschlagen und wir finden wieder Kassen von diesem Kaliber. Wir brauchen bis morgen mittag, um einer solchen beizukommen; jetzt ist's bereits Abend, wir haben nicht genug Zeit, und übrigens — ich kann nicht mehr, mir sallen die Knochen auseinander. Schlofferlude griff nochmals in den aufge brochenen Tresor, um sich zu überzeugen, das; Miklich leer war, und nachdem John na . dasselbe gethan, schickten sie sich an, den Rück^ anzutreten. DB rs (Fortsetzung folgt.)
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